Das Werk stammt aus dem Jahre 1871. Die Uraufführung fand am 8. Februar 1872 in Wiesbaden statt. Noch im selben Jahr dirigiert der Komponist eine Aufführung in Leipzig. Entgegen der abwertenden Kritik der konservativen "Allgemeinen musikalischen Zeitung" (Siehe weiter unten) war sie beimzeitgenössischen Publikum sehr beliebt, stand aber dennoch im Schatten der beiden „Spitzenreiter“ unter Raffs Sinfonien, nämlich der 3. („Im Walde“) und der 5. („Leonore“)Sinfonie….
Zitat„Die Sinfonie Raffs ist ohne alle Bedeutung und steht der „Waldsinfonie“ (Sinfonie Nr op 153) weit nach. Sie ist aus allem Möglichen zusammengewürfelt und mit Wagnerischen Effekthaschereien reichlich ausgestattet, ohne innere logische Verbindung der einzelnen Teile“
Der damalige Kritiker hatte natürlich noch keine Sinfonie eines englischen Komponisten des 20. Jahrhunderts gekannt…….
Im Beiheft ist zudem gut nachzulesen, wie es zu solch einer vernichtenden Kritik kam: Sie wurde einfach gefälscht. Mehr dazu in Bälde im allgemeinen Raff-Thread.
So – nun zum subjektiven Urteil: Ein Werk, das in der Tat viele Richtungen miteinander vereint – aber das auf höchsten Niveau. Sehr extrovertiert, melodienverliebt – und wie immer bei Raff – raffiniert instrumentiert. Ich höre im ersten Satz durchaus Anklänge an Schubert.
Der zweite Satz ist quirlig und tempobezogen, von Stellen mit besonderem Liebreiz und Behaglichkeit unterbrochen. Ich bin mir voll bewusst, dass ich mich hier einer altertümlichen Sprache bediene – aber sie ist ideal geeignet Werke des 19. Jahrhunderts zu beschreiben, denn sie trifft genau den richtigen Ton. Genau diese behagliche, melodienselige Machart ist es, die schon den Kritikern um 1900 gegen den Strich gingen , die Sinfonien waren „rückwärtsgewandt“ – darum gefallen sie mir aber auch so gut.. und natürlich auch, weil ein wenig Beethoven (und nicht etwa Wagner) unterschwellig in der Sinfonie enthalten ist.
Mit freundlichen Grüßen aus Wien
Alfred