Richard Wagner: Siegfried - die unverzichtbaren Aufnahmen der Taminos

  • Von allen "Ring"-Opern scheint es "Siegfried" am schwersten zu haben. Manch einem erscheint sie lediglich als Aufwärmphase für die "Götterdämmerung", viele kritisieren das Finale. Für mich war es dagegen gewissermaßen Liebe auf den ersten Blick. Ich entsinne mich gut, als ich die Solti-Aufnahme vor nunmehr etwa sieben Jahren zum ersten Mal hörte. Sofort zog es mich in einen Bann (die vorangehende "Walküre" fand ich damals seltsamerweise weit weniger fesselnd). Für mich noch heute eine der besten Wagner-Opern.


    Damit habe ich bereits eine der großen Referenzen für alle Zeiten aufgeführt. Eine Einspielung, bei der eigentlich alles stimmt. Selbst der bereits angeschlagene Hotter passt als ältlicher Wanderer hier hervorragend ins Bild.



    - Windgassen, Stolze, Nilsson, Hotter, Neidlinger, Böhme, Höffgen, Sutherland; Wiener Philharmoniker/Sir Georg Solti (1962)


    Was sind eure Favoriten beim "Stiefkind" der "Ring"-Tetralogie?


    Liebe Grüße
    :hello:


    P.S. Es dürfen bereits aufgeführte Aufnahmen mehrfach genannt werden.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Dann setze ich hier mal diese Aufnahme dagegen. Hier singt ein "echter Siegfried". Auch die anderen Sänger/Sängerinnen gehören zur Spitze der Wagner-Elite. Auch Erich Leinsdorf dirigiert mit viel Gefühl.


    W.S.

  • Ganz unverzichtbar sind für mich diese Sudio-Szenen mit grandiosen Sängern, die zusammen eine wenn auch gekürzte Gesamtaufnahme ergeben, auch wenn gerade der Siegfried des für mich in dieser Rolle unerreichten Lauritz Melchior glücklicherweise fast vollständig aufgenommen ist.



    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Neben diversen Mitschnitten unter Keilberth und Knappertsbusch will ich noch auf eine besonders exzentrische Aufnahme hinweisen:



    - Remedios, Dempsey, Hunter, Bailey, Hammond-Stroud, Grant, Collins, London; English National Opera Orchestra/Sir Reginald Goodall (1973) (engl.)


    Exzentrisch deswegen, weil Goodall sehr langsame Tempi wählt (Gesamtspieldauer 4 h 38 m) und weil auf Englisch gesungen wird, was indes kein Ausschlusskriterium sein sollte, da die englische Sprache m. E. Wagner am ehesten entgegenkommt, wenn denn eine Übersetzung gewählt wird. Wer eine Aufnahme nach der "alten Wagner-Auffassung" sucht, die vor Pathos und Monumentalität nicht zurückschreckt, aber nur Stereo gelten lässt, wird hier jedenfalls bestens bedient.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • SIEGFRIED ist mir der liebste Teil des RINGES. Ich möchte nicht nur ein paar Aufnahmen nennen, sondern kurz auch etwas zum Stück sagen, weil sonst nicht klar würde, warum ich mich für diese oder jene Einspielung entscheide. Es gibt wunderbare Szenen in dem Werk, die ich so in den anderen Teilen nicht sehe. Nehmen wir nur das tiefmenschliche Nachsinnen Siegfrieds über die Frage, wer denn sein Vater sei. Es zieht sich durch die gesamte Handlung und erfährt unter den Bäumen mit dem Waldweben und dem Waldvogel seinen Höhepunkt. Das ist ganz großes Theater. Mehr geht nicht. An der hintersinnige Rätselszene kann ich mich auch nicht satt hören. Da muss man erstmal drauf kommen. Der Beginn das zweiten Aufzuges, wenn Alberich und Wanderer aufeinander treffen, ist unheimlich und witzig zugleich. Überhaupt ist SIEGFRIED bei aller Dramatik voller Witz und beißender Ironie. Wo, bitte findet sich in der gesamten Opernliteratur ein Szene wie das Ende des zweiten Aufzuges, als Mime gegen seinen eigenen Willen, seinen Hass und die Giftmischerei gegen Siegfried ausplaudern muss? Die "selige Oede auf sonniger Höh'" ist tatsächlich komponiert. Siegfried Ängste vor dem Erwachen Brünnhildes sind reinste Psychologie. Vom gesteigerten Finale ganz zu schweigen, in dem sich das Schicksal Siegfrieds beschließt.


    Obwohl ich sonst auf Stereo nicht den allerletzten Wert lege, bei Siegfried sind klangliche Kompromissen nicht angebracht. Das Werk ist quasi in Stereo komponiert. Nur technisch völlig ausbalancierte Aufnahmen kann ich aushalten. Deshalb fällt meine erste Wahl auf den SIEGFRIED aus dem Solti-Ring, den auch Joseph genannt hat. Er ist auch glänzend besetzt mit einem jung wirkenden und lyrischem Siegfried Wolfgang Windgassen. Gerhard Stolze als Mime neigt zu Übertreibungen, macht seine Sache aber sehr gut. Neidlingers Alberich ist ohne Konkurrenz, und Hotter liebe ich nachgeradezu als Wanderer. Die Nilsson empfinde ich ja immer als etwas eindimensional. Da müsste noch mehr Ausdruck sein. Dafür hat sie diese unerschöpflichen Reserven und die strahlende Höhe. Nicht fehlen dürfen in meinem Ranking auch der bei Testament erschienenen Keilberth-Mitschnitt in Stereo aus Bayreuth 1955. Karl Böhm gefällt mir auch sehr gut. Schade, schade, dass die Knappertsbusch-Mitschnitte nicht diesen Stereo-Glanz haben. Sie wären womöglich der Gipfel. Hier die verbleibenden Cover, der Solti ist schon vorhanden:


    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Die ersten beiden "Siegfried"-Akte mag ich innerhalb des "Rings" auch ganz besonders - den dritten leider überhaupt nicht.


    Als Gesamtaufnahme möchte ich gerne noch diesen Live-Mitschnitt nennen:


    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Hallo liebe Taminos,


    ich möchte an dieser Stelle eine Lanze für den (immer noch) unterschätzten Dresdner Siegfried brechen.


    Ich tue mich zwar schwer mit der Entscheidung, ihn vor Solti zu stellen, aber insbesondere orchestral ist er einfach großartig und kann es durchaus mit den Wienern aufnehmen. Karajan ist in meiner Aufassung zumindest mit dem Siegfried weit abgeschlagen.


    Der Dresdner Ring besticht für mich neben der schieren Klangkultur der Staatskapelle und dem hervorragenden Klang vor allem durch die Transparenz der Leitmotivik, die vor allem Janowskis Dirigat und der Akribie seines Probenprozesses zu verdanken ist. Großartige tonmeisterliche Leistung von Claus Strüben, dem in allen Teilen der Tetralogie, die zwischen 1980-83 produziert wurden, ein kraftvolles und erstaunlich einheitliches Klangbild gelungen ist.


    Vokal kann sich die Janowski-Aufnahme zwar weder mit den bereits genannten Aufnahmen der 50er und 60er und manch älterer Aufnahme (Melchior!) ernsthaft messen, jedoch für die in den 80ern zur Verfügung stehenden Sänger respektabel. An den Wotan von Theo Adam musste ich mich wegen seiner für Wotan doch zu leichten / hohen Stimmlage lange gewöhnen, aber die Diktion bzw. seine Rollengestaltung gleicht auch hier manches aus.


    Wenn ich mich ganz eindeutig entscheiden müsste, würde ich final doch für die alles überragende Solti-Aufnahme votieren, die mir jahrelang eine der liebsten und meistgehörten Wagner-Aufnahmen in meiner Sammlung war. Ich bin nach wie vor derart extrem auf die Interpretationen von Hotter, Windgassen, Neidlinger und Böhme eingehört; die gegenüber der Böhm-Aufnahme und anderen Bayreuth-Mitschnitten akustisch einfach überragend inszeniert und bewahrt wurden, selbst wenn die genannten Sänger sich nicht (mehr) durchgehend auf der absoluten Höhe ihres Könnens befanden.


    Die klangliche Realisierung des Solti-Rings ist auch 50 Jahre nach seiner Entstehung Referenz. Trotzdem mag ich den Janowski-Siegfried als für mich zunehmend wichtiger werdende Aufnahme nicht mehr missen und kann ihn denen, die ihn nicht kennen sollten, nur wärmstens empfehlen.


    Beste Grüße


    Ottavio



  • Geschmäcker sind ja verschieden, aber dass der Karajan-Siegfried mit Jess Thomas nur beiläufig und dann noch negativ erwähnt wird, verstehe ich nicht. Die Aufnahme zählt für mich zu den allerbesten. Der Klang ist einzigartig, Jess Thomas als phänomenaler Siegfried, Stolze, der Inbegriff des Mime, Thomas Stewart als Wanderer, Helga Dernesch als bezaubernde Brünhilde…


    Neben Knappertsbuschs Bayreuth-Siegfried aus 1957 (Aldenhoff, Varnay, Hotter, Kuën…) würde ich noch den

    Leinsdorf-Siegfried erwähnen:


    Was neue Aufnahmen betrifft, möchte ich euch noch Axel Kobers Aufnahme empfehlen - der instrumentale Part ist hier ein wahrer Ohrenschmaus. Corby Welch ist bestimmt nicht der beste Siegfried aber immer noch um Welten erträglicher als Stephen Gould und zuverlässig.

    James Rutherford erweist sich als ebenso solider Wotan und Linda Watson bereitet als Brünnhilde große Freude.

    „Puccini ist der Verdi des kleinen Mannes, und Lehár ist dem kleinen Mann sein Puccini.“

  • So - und eine wahrhaft unverzichtbare Aufnahme hab ich euch vorenthalten. Kaum zu glauben, dass ich sie vergessen konnte.


    zusammengefasst:


    Wiener Symphoniker unter Rudolf Moralt.


    Wanderer - Ferdinand Frantz

    Günther Treptow - Siegfried

    William Wernigk - Mime

    Gertrud Grob-Prandl - Brünnhilde……

    „Puccini ist der Verdi des kleinen Mannes, und Lehár ist dem kleinen Mann sein Puccini.“

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  • Norbert

    Hat den Titel des Themas von „Richard Wagner: Siegfried - die unverzichtbaren Aufnahmen der Taminos (Stand 2014)“ zu „Richard Wagner: Siegfried - die unverzichtbaren Aufnahmen der Taminos“ geändert.