25.10.2014 (Theater Lübeck) Christoph Willibald Gluck "Armide"

  • Armide : Sabina Martin
    Hidraot : Gerard Quinn
    Renaud : Daniel Jenz
    Phénice : Steinunn Soffia Skjenstad
    Sidonie : Evmorfia Metaxaki
    Der Hass : Wioletta Hebrowska Klein
    Ubalde : Steffen Kubach
    Der dänische Ritter : Hyungsoek Lee


    Philharmonisches Orchester der Hansestadt Lübeck und Chor & Extrachor des Theater Lübeck unter der musikalischen Leitung von Jan-Michael Krüger; Inszenierung Michael Wallner, Bühnenbild Heinz Hauser, Kostüme Tanja Liebermann.


    (Premiere am 28.Februar 2014)


    Bevor ich es ganz vergesse, möchte ich doch noch von meinem ersten Besuch im Theater Lübeck in der aktuellen Saison 2014/15 berichten, denn wieder hatte sich das Haus nach Korngolds Die tote Stadt und zuletzt den beiden Zemlinsky-Einaktern Der Zwerg und Eine florentinische Tragödie an ungewöhnliches Repertoire gewagt: Armide, Drama héroique in fünf Akten von Christoph Willibald Gluck. - Ich erspare es mir und Euch, die dem Genre entsprechend etwas unübersichtlich Handlung dieser Oper wiederzugeben und verweise auf den sehr gelungenen Eintrag in unserem Opernführer (Armide im TAMINO-Opernführer). Gespielt wurde eine um ca. 40 Minuten gekürzte Fassung, so daß die Spielzeit ein wenig über 2 Stunden betrug (Leider kenn ich das werk nicht gut genug, um die Striche benennen zu können).


    Um es vorweg zu nehmen, meine Begleiter und ich waren uns wieder einmal darüber einig, daß sich die Reise von der einen in die andere Hansestadt gelohnt hat: Geboten wurde ganz ausgezeichnetes Musiktheater! Allen voran dabei Sabine Martin in der Titelpartie; die Sopranistin verfügt über eine große, dramatische und in den Höhen sichere Stimme, mit der sie m.E. ohne Probleme auch größere Häuser füllen könnte. An diesem Abend stand sie fast ununterbrochen auf der Bühne und vollbrachte ihre Aufgabe ohne erkennbare Ermüdungserscheinungen. Ihr zur Seite standen Steinunn Soffia Skjenstad als Phénice, sowie Evmorfia Metaxaki als Sidonie, welche ebenfalls beide überzeugten. Weiters wäre in der Damenriege Wioletta Hebrowska Klein zu nennen, die einen kurzen, aber sehr effektvollen Auftritt als Der Hass hatte.
    Bei den Herren lieferte Gerard Quinn einen gewohnt soliden, wenngleich etwas leisen Hidraot, während Steffen Kubach und Hyungsoek Lee sängerisch gut zwei etwas tölpelhaft-nassforsche Kreuzritter gaben und so für Abwechselung zu Beginn des vierten Aktes sorgten. Als einen praktischen Ausfall hingegen muss man leider Daniel Jenz (Renaud) bezeichnen, der zumindest an diesem Abend über keinerlei Flexibilität in der Stimme verfügte und im Wesentlichen ohne jegliche Dynamik auf einem Ton sang bzw. eher deklamierte.


    Ganz hervorragend wiederum das junge Orchester der Hansestadt Lübeck unter dem erst 32jährigen Jan-Michael Krüger. Beide näherten sich der Musik Glucks kenntnisreich und mit einiger Verve. So war es sehr schön, daß nach der Pause eine der Ballettmusiken als Einleitung zum vierten Aufzug dem Orchester eine zusätzliche Möglichkeit bot, sein Können unter Beweis zu stellen.


    Die Inszenierung Michael Wallner tat das, was in meinen Augen bei solcherart mythologisch-unwahrscheinlichen Handlungen am besten funktioniert, nämlich gemäßigte Abstraktion statt Naturalismus, der schnell ins lächerliche abzugleiten droht. Im Zentrum der (Dreh-)Bühne also war ein spiralförmiger Aufgang zu sehen, der durch entsprechende Drehung und vor allem durch (nicht zu übermäßige) Lichteffekte in Szene gesetzt wurde. Durch die derart strukturierte Bühne (Photos auf der Seite des Stadttheater Lübeck; zuletzt aufgerufen am 10.11.2014) entstand ausreichend Spielfläche für eine, wenn auch nicht immer zwingende, aber zumindest nie unlogisch wirkende Personenregie. Meinem Gefühl nach sehr gut gelungen der Auftritt des Hasses, der am Ende einer Königin der Nacht gleich nach oben entschwebte.


    Insgesamt hat sich wieder gezeigt, dass der Besuch eines vermeintlich "kleinen" Hauses dem der hiesigen "Staatsoper" in keinster Weise nachsteht! Und dies gilt umso mehr, wenn einem zudem selten Gespieltes auf so gelungene Art und Weise präsentiert wird :jubel:

    mfG Michael


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