Willem van Hoogstraten — An der Seite einer großen Frau


  • Willem van Hoogstraten und Elly Ney


    Prof. Dr. h. c. Willem Jacob van Hoogstraten, geb. am 18. März 1884 in Utrecht, Niederlande, gest. am 11. September in Tutzing, war ein niederländischer Dirigent und Violinist.


    Van Hoogstraten erlernte vom achten Lebensjahr an Violine. Sein Lehrer war u. a. Alexander Schmuller, Bram Eldering und Otakar Ševcik. Verschiedene Stationen führten ihn hierzu auch nach Köln und Prag.


    Seine Dirigentenkarriere begann er kurz darauf und dirigierte das Kleefelder Orchester von 1914—1918 während des Ersten Weltkrieges.


    Er war sechzehn Jahre lang, 1911—1927, mit der deutschen Pianistin Elly Ney verheiratet. Sie lernten sich bereits 1907 am Kölner Konservatorium kennen. Zusammen mit dem Cellisten Fritz Reitz traten sie europaweit als Trio auf. Sie hatten eine gemeinsame Tochter, Eleonore van Hoogstraten, bevor die Ehe 1927 geschieden wurde.


    Van Hoogstraten dirigierte beim Brahms-Festival in Wien und beim Mozart-Festival in Salzburg und war als Gastdirigent in ganz Europa tätig. Zwischen 1922 und 1939 dirigierte er regelmäßig das New York Philharmonic. 1927 dirigierte er Gershwins "Rhapsody in Blue" mit Gershwin selbst als Solisten. Van Hoogstraten fungierte als Übergangsdirektor des New York Philharmonic zwischen Josef Spransky und Willem Mengelberg (1922).


    Von 1925—1938 war er Musikdirektor des Oregon Symphony in Portland, USA, und zwischen 1939 und 1945 ständiger Dirigent am Mozarteum in Salzburg.


    1926 wurde ihm ein Ehrendoktorat der Universität Oregon verliehen. 1939 wurde er zum Ritter des Ordens von Oranien-Nassau ernannt. 1953 wurde ihm vom Bundesland Baden-Württemberg der Professorentitel verliehen.


    Willem van Hoogstraten starb 1965 im Alter von 81 Jahren. Seine Ex-Frau Elly Ney wurde später an seiner Seite am Neuen Friedhof in Tutzing bestattet.


    Aufnahmen:



    Zu den berühmtesten Aufnahmen van Hoogstratens zählen die drei letzten Klavierkonzerte von Beethoven mit den Nürnberger Symphonikern und seiner Ex-Frau Elly Ney am Klavier (aufgenommen für Colosseum Schallplatten 1960/61).

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • WILLEM VAN HOOGSTRATEN, damals 78 Jahre, hörte ich 1963 in einem Konzert in Würzburg zusammen mit seiner ehemaligen Gattin ELLY NEY.
    Auf dem Programm standen die LEONOREN-OUVERTÜRE Nr. 3 op. 72a, das Klavierkonzert Nr. 5 op. 73, und nach der Pause die Symphonie Nr. 7 op. 92. Wie so oft, wenn ELLY NEY auftrat, also ein reines BEETHOVEN-Konzert. Es war das letzte Konzert, das ich mit den beiden Künstlern hörte.


    wok.

  • Lieber wok,


    danke sehr für diese persönlichen Erinnerungen an den Dirigenten Willem van Hoogstraten.


    Es scheint ja nicht gerade viele Aufnahmen von ihm zu geben. Bei einer ersten kurzen Recherche fand ich auf CD tatsächlich nur das 3., 4. und 5. Klavierkonzert von Beethoven mit Elly Ney. Womöglich gab es auf LP deutlich mehr?


    Ich konte mir zwischenzeitlich diese besagten Aufnahmen von 1960/61 anhören und bin voll des Lobes. Das fängt bei der Pianistin an und hört bei der sehr guten Stereo-Tonqualität auf. Anfängliche Befürchtungen, die Nürnberger Symphoniker, seinerzeit nicht eben ein Spitzenorchester, könnten sich als Schwachpunkt erweisen, erwiesen sich als unbegründet. Ganz im Gegenteil schafft es das Orchster unter der Leitung van Hoogstratens eigene Akzente zu setzen. Besonders das 5. Klavierkonzert will ich hervorheben, das allein schon durch seine getragen zelebrierten Tempi heraussticht (21:15 - 8:42 - 10:41). Mir sind nur ganz wenige noch langsamere Aufnahmen bekannt (Barenboim/Klemperer, Rubinstein/Barenboim). Man meint förmlich die Jahrzehnte lange enge Verbindung zwischen dem Dirigenten und der Solistin herauszuhören. Van Hoogstraten scheut sich nicht, dem Pathos, dass die Ney anschlägt, zu folgen. Man fühlt sich beim Anhören dieser Einspielung gleichsam ins späte 19. Jahrhundert zurückversetzt. Dass das Nürnberger Label Colosseum den beiden exzellente Aufnahmebedingungen bot, sei erwähnt. Es gab keinen Zeitdruck, was sich sicherlich nicht negativ auf diese Aufnahmen ausgewirkt hat.


    Jedenfalls war Willem van Hoogstraten alles andere als ein bloßer Begleiter, was sich ja auch in seiner Vita widerspiegelt. Immerhin leitete er die Oregon Symphony dreizehn Jahre lang und amtierte als Interimschefdirigent des New York Philharmonic.


    Beste Grüße
    Joseph

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Halllo Joseph,


    Ich glaube nicht, daß es mit WILLEM VAN HOOGSTRATEN, seit 1953 übrigens Professor, allzu viele LP-Aufnahmen gibt. Zumindest sind die bekanntesten tatsächlich die Einspielungen der BEETHOVEN-Klavierkonzerte mit ELLY NEY.


    Die NÜRNBERGR SYMPHONIKER hießen bis 1963 noch FRÄNKISCHES LANDESORCHESTER, das am 01. 06. 1946 gegründet wurde, und nannten sich mit Beginn der Eröffnung der Meistersingerhalle NÜRNBERGER SYMPHONIKER.
    Langjähriger Dirigent dieses Orchesters war ERICH KLOSS, der sein FRÄNKISCHES LANDESORCHESTER von 1949 - 1968 zu einem ausgezeichneten Klangkörper aufbaute und entwickelte. Als Franke konnte ich während meiner ganzen Jugend dieses Orchester im Bayerischen Rundfunk jeden Sonntag mittags mit Konzerten auch weniger bekannter Komponisten in absolut hervorragender Qualität hören.


    In der Konzert-Saison 1960/61 hörte ich dann dieses Orchster in Nürnberger Symphonie-Konzerten und Burgserenaden auch mit bekannten Solisten, wie z. B. CLAUDIO ARRAU, ERIK THEN-BERGK, ERICH APPEL u. a. Ich meine, daß dieses Orchester schon zu dieser Zeit ein durchaus hohes Niveau auswies, und auch über die Grenzen von Bayern hinaus einen sehr guten Namen hatte.


    Was das Nürnberger Label Colosseum anbetrifft, so habe auch ich sehr gute Erinnerungen an dieses, dem ich u. a. die Aufnahme von CARL LOEWE-Balladen mit meinem Lieblingstenor JOSEF TRAXEL und dem Pianisten ERICH APPEL verdanke, ein Juwel für mich, das auch die leider nie richtig zum Zuge gekommenen Qualitäten TRAXELs als Lied-Interpret offenbart, wenn auch wohl die meisten die LOEWE-Balladen lieber von einem Bariton gesungen hören.


    ERICH APPEL lernte ich schon 1961 in einem Sinfonie-Konzert des FRÄNKISCHEN LANDESORCHESTERS in Nürnberg mit dem SCHUMANN-Klavierkonzert kennen und schätzen. Er war es auch, der wohl als der letzte Pianist BEETHOVEN's letzten GRAF-Flügel bespielen durfte - neben ELLY NEY, deren junger Kollege er war - als 1965 das unbespielbar gewordene Instrument zur Nürnberger Klavier-Fabrik J.C. Neupert gebracht wurde. ERICH APPEL spielte auf diesem BEETHOVEN-Flügel dessen Bagatellen op. 33, sowie das Klavierkonzert Nr. 1 mit den NÜRNBERGER SYMPHONIKERN unter dem ebenfalls vorziüglichen Dirigenten ROBERT SEILER, den ich ebenfalls in Nürnberger Konzerten mehrmals erleben konnte, ein. Eine Kostprobe davon im Anschluß!


    Viele Grüße
    wok


    .youtube.com/watch?v=cAJAC4Joets

  • In den 1950er Jahren fanden in der Stuttgarter Liederhalle alljährlich BEETHOVENTAGE statt.


    Mein erster Konzertbesuch damals hinterließ bleibende Eindrücke, beinhaltete er doch 3 geniale Werke des großen Komponisten.
    Die Stuttgarter Philharmoniker spielten unter Leitung von Willem van Hoogstraten, Solistin war Elly Ney.


    Gespielt wurden:
    Leonoren-Ouvertüre Nr. 3
    Klavierkonzert Nr. 5
    Sinfonie Nr. 5


    :hail::hail::hail:

    Freundliche Grüße Siegfried