Unter den Jubilaren des Jahres 2015 in der klassischen Musik sticht er besonders prominent hervor: Johan Julius Christian ("Jean") Sibelius, geboren am 8. Dezember 1865 in Hämeenlinna, Finnland, seinerzeit Russländisches Reich. Die Klassikwelt begeht die 150. Wiederkehr seines Geburtstages. Grund genug, einen eigenen, diesem Anlass gewidmeten Thread ins Leben zu rufen.
Wie ist die Bedeutung von Sibelius heutzutage einzuordnen?
In Skandinavien und in den angelsächsischen Ländern wäre es wohl eher müßig, überhaupt diese Frage zu stellen. In den USA wurde Sibelius in einer repräsentativen Umfrage der 1930er Jahre zum bedeutenden Komponisten gewählt und schaffte es 1937 aufs Titelblatt des "Time Magazine" (s. o.). Dergleichen wäre im deutschsprachigen Raum wohl heute noch undenkbar. Bis in die 1960er Jahre gab es tatsächlich auch nur sehr sporadisch Sibelius-Aufnahmen aus Deutschland und Österreich. Man geht wohl recht in der Annahme, wenn man die Wende dorthin datiert, denn um 1965 nahmen sich sowohl Herbert von Karajan mit den Berliner Philharmonikern als auch Lorin Maazel mit den Wiener Philharmonikern des finnischen Komponisten an. Letzterer brachte eine Gesamtaufnahme der sieben Symphonien heraus, die neben den Zyklen von Sir John Barbirolli (Hallé Orchestra) und Leonard Bernstein (New York Philharmonic) die beginnende Stereo-Ära dominierten.
Noch 1982 listete Reclams Konzertführer lediglich die ersten beiden Symphonien von Sibelius auf. Aus heutiger Sicht geradezu absurd. Mittlerweile sind zahlreiche Werke des Komponisten auch im deutschen Sprachraum bis ins Standardrepertoire vorgedrungen, mindestens die 1., 2. und 5. Symphonie, das Violinkonzert, die Tondichtungen "En Saga", "Finlandia" und "Tapiola", die "Karelia"-Suite, die "Lemminkäinen"-Suite (besonders "Der Schwan von Tuonela") sowie der Konzertwalzer "Valse Triste". Doch auch bis dato selten aufgeführte Werke wie "Kullervo", "Pohjolas Tochter", "Die Okeaniden", "Nächtlicher Ritt und Sonnenaufgang", "Die Waldnymphe", "Der Sturm" oder "Luonnotar" erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Das Sibelius-Jahr mag in dieser Hinsicht noch einiges bewirken.
Was steht im Sibelius-Jahr 2015 an?
Was Wien angeht, hier das Programm der laufenden Spielzeit 2014/15:
Musikverein:
- Violinkonzert; J. Fischer; St. Petersburger Philharmoniker/Temirkanov (Mai)
- Auszüge aus "Kuolema", Symphonie Nr. 3; Wiener Symphoniker/Elts (Mai)
- Symphonie Nr. 3; ORF RSO Wien/Meister (Mai)
Konzerthaus:
- Auszüge aus "Pelleas und Melisande"; Wiener Symphoniker/Saraste (Januar)
- Symphonie Nr. 2; Orchestra dell'Accademia Nazionale di Santa Cecilia/Pappano (Mai)
- Symphonie Nr. 1; Wiener Symphoniker/Vänskä (Juni)
Ehrlich gesagt, bin ich ziemlich enttäuscht darüber, dass Wien hier einige Chancen verpasst. Wieso etwa zweimal die 3. Symphonie von zwei verschiedenen Orchestern und nicht lieber dafür etwas anderes?
Wie sieht es in anderen Städten aus?
Liebe Grüße
Joseph