AUBER, Daniel Francois Esprit: L'AMBASSADRICE

  • Daniel François Esprit Auber ( 1782 - 1871 )
    L’Ambassadrice
    (Die Botschafterin)


    Komische Oper in drei Akten
    Libretto: Eugene Scribe
    Originalsprache: Französisch


    Uraufführung: Paris 1836


    PERSONEN DER HANDLUNG
    Graf Valberg, Botschafter, Tenor
    Gräfin Augusta, seine Schwester, Sopran
    Fortunatus, Theaterdirektor, Bass
    Benedikt, erster Tenor
    Madame Barneck, ehemalige Sängerin, Sopran
    Henriette, ihre Nichte, Primadonna, Sopran
    Charlotte, Sängerin
    Diener, Theaterleute


    Ort und Zeit der Handlung: München und Berlin, 19. Jahrhundert


    INHALTSANGABE


    ERSTER AKT
    München. Ein einfach eingerichtetes Zimmer
    Madame Barneck studiert eifrig Briefe von verschiedenen Bewerbern an Henriette. Sie will ihrer Nichte mit gutem Rat zur Seite stehen und ihr die beste Partie aussuchen. Doch diese nimmt ihr die Briefe aus der Hand und wirft sie ins Feuer. Sie trällert das Lied von der Plätterin, die alle Bewerber abweist: „Kommt morgen wieder, ich muss plätten.“ Sie will nicht auf Männer bauen. Ihre Leidenschaft ist die Sangeskunst und der Beifall.
    Charlotte, ihre Freundin kommt und erzählt von dem Gerücht unter den Sängern, dass ein Fremder sich in sie verliebt und nach ihrer Adresse erkundigt habe. Der Tenor Benedikt sei bereits eifersüchtig. Henriette erklärt, der Fremde sei doch nur ein Liebhaber ihrer Kunst, mehr nicht. Charlotte lädt Henriette zu einer Feier am heutigen Abend ein, an dem eigentlich die neue Oper gegeben werden soll. Auch Benedikt wird anwesend sein, der eine Heiserkeit vortäuschen will.
    Inzwischen hält draußen der Wagen des Theaterdirektors und Madame Barneck bittet die Damen, sie mit ihm allein zu lassen, da sie es besser verstehe, für Henriette einen günstigeren Vertrag auszuhandeln. Sie gehen und auch Madame Barneck verlässt den Raum, um den alten Vertrag Henriettes zu holen.
    Fortunatus kommt herein und besingt in einer Arie die Großartigkeit seines Unternehmens. Doch gleich darauf wird er von Madame, die mit dem abgelaufenen Vertrag für Henriette eintritt, mit einer hohen Forderung für dessen Erneuerung konfrontiert. Während sie noch verhandeln, kommt Benedikt, den der Direktor inzwischen von seinem Vorhaben der Heiserkeit abgebracht hatte, und der mit Henriette ein Duett für den Abend einüben soll, mit einem Blumengebinde herein. Benedikt glaubt, dass das Gebinde ein Geschenk des Direktors für Henriette sei, doch bald stellt sich anhand eines beigefügten Briefes heraus, dass es von einem Fremden abgegeben wurde, der Henriette ein Engagement in London zu einem hohen Gehalt anbietet. Nun kann Madame ihre Forderung noch erhöhen, wenn Fortunatus Henriette halten will, und auch Benedikt unterstützt verständlicherweise, sich heiser schreiend, dieses Ansinnen. Madame gibt dem Direktor eine Bedenkzeit von zwei Stunden und beide verlassen den Raum.
    Henriette kommt und will mit Benedikt das Duett proben. Sie bemerkt das Blumengebinde und Benedikt gibt vor, dass es von ihm sei. Dann spricht er sie auf den jungen Mann an, der im Theater immer nur auf sie schaut und dessen Blicke sie erwidert. Sie erklärt, dass es ihr nur auf den Applaus der Menge, den besonders er so heftig spendet, ankomme. Von Liebe wolle sie weder von ihm noch von jemand anderem etwas wissen, was natürlich Benedikt ein wenig schockiert.
    Dann proben sie das Duett, wobei Benedikt immer wieder bei seinen Gedanken an die heimlich geliebte Partnerin seine Rolle vergisst. Am Schluss umarmt er Henriette und fällt ihr zu Füßen.
    In diesem Augenblick tritt Madame mit dem Fremden aus dem Theater ein. Erschrocken sehen sie die sich ihnen bietende Szene, doch Henriette gibt vor, dass das eine Szene der Verzweiflung sei, die so im Libretto der Oper stände. Im Verlauf des Gesprächs stellt sich dann, sehr zum Ärger Benedikts, heraus, dass dieser kein Agent der Londoner Oper ist, sondern ein Verehrer, der Henriette schon ein paarmal vor den Proben getroffen hat, sich als Kunstverehrer und Komponist ausgibt und nun um Henriettes Hand bitten will.
    Doch da kommt Charlotte herein und entlarvt den Fremden. Auch ihr habe er schon schöne Augen gemacht. Er sei ein Graf und Botschafter. In einem Quintett drücken alle ihre unterschiedlichen Gefühle aus. Henriette lehnt seinen Antrag ab, da er zu hoch über ihr stehe. Madame Barneck ist verbittert, dass diese nach ihrer Meinung gute Partie nicht zustande kommt und auch der Graf geht enttäuscht ab.
    Schon wollen Henriette, Charlotte und Benedikt zum Theaterdirektor gehen, um einen neuen Vertrag mit ihm auszuhandeln, als ein Diener des Grafen einen an Madame Barneck gerichteten Brief abgibt. Madame bittet Charlotte und Benedikt, sie zu verlassen, verbietet ihnen aber, wegen des Vertrages zu Fortunatus zu gehen.
    Nachdem sie mit Henriette allein ist, bittet sie schnell um ihre Ausgehsachen, drückt Henriette den Brief in die Hand und eilt fort.
    In dem Brief erklärt der Graf, dass er ohne Henriette nicht leben könne, sich die königliche Erlaubnis zur Heirat einholen wolle und notfalls bereit wäre, seine Diplomatenlaufbahn aufzugeben. In einer längeren Arie schmilzt Henriettes ursprüngliche Ablehnung dahin.
    Madame kommt eilig herein und verkündet Henriette, dass der Graf bereits in einer Kutsche auf sie warte und diese eilt hinaus.


    ZWEITER AKT
    Berlin: Zimmer des Grafen im Hotel.
    Henriette freut sich, dass der Graf endlich von einer dreimonatigen Diplomatenreise aus Wien zurückkehrt. Er hat sie als Baronesse ausgegeben und sie sowie Madame Barneck in die Obhut seiner Schwester gegeben. Dort hat sie sich sehr gelangweilt, weil sie – um ihre Identität vor der Hochzeit nicht zu verraten – weder singen noch über Kunst reden durfte. Ihre Tante, die sich in der Rolle einer Baronin besonders wohlfühlt, hätte sie aber beinahe schon ein paarmal verraten.
    Die Gräfin kommt und charakterisiert ihren Bruder als flüchtigen Liebhaber, der aber hoffentlich an Henriette Seite zur Vernunft kommen werde. Sie lädt Henriette zu einer Wohltätigkeitsveranstaltung ein, an der nur Frauen des Adels teilnehmen. Auf Henriettes Bitte hin gibt der Graf vor, diese habe Kopfschmerzen, was die Gräfin – und das ist für Henriette noch schlimmer – veranlasst, ihr dann Gesellschaft zu leisten. Sie schlägt vor, Henriette Gesangsunterricht zu erteilen. Sie habe gerade die Noten für die neue Oper (in der Henriette die Hauptrolle spielen sollte) erhalten, die in München für viel Furore gesorgt habe.
    Der Graf kann Henriette noch zuflüstern, möglichst schlecht zu singen, was sie auch während der Gesangsprobe zunächst versucht, aber dann immer besser wird, so dass am Ende die Gräfin ihr Talent lobt.
    Dann stolziert Madame Barneck aufgeputzt herein. Die Gräfin erklärt ihr, dass ihre Nichte Talent zum Singen habe und der Graf kann gerade noch verhindern, dass sie sich durch den Ausspruch, dass dies doch nichts Besonderes sei, beinahe wieder verrät. Schließlich gehen sie die Liste der eingeladenen Gäste durch. Außer all den adligen Herrschaften hat der Baron auch Fortunatus, der in Berlin ein Theater übernehmen will, Charlotte und Benedikt eingeladen. Die Gräfin wundert sich, woher Henriette und ihre Tante diese Leute kennen. Auch hier kann der Graf noch eine Entlarvung verhindern, indem er erzählt, die Herrschaften seien – so wie er – täglich in München als Zuschauer in der Oper gewesen. Als ein Diener ein Schreiben übergibt und Fortunatus ankündigt, verschwindet Henriette eilig in ihr Zimmer.
    Fortunatus ist erstaunt, Madame Barneck, die geblieben ist, hier zu sehen. Auch hier kann es der Graf durch ein Zeichen gerade noch verhindern, dass alles auffliegt. Der Direktor ist gekommen, um die Herrschaften zu einer von Benedikt gegebenen Benefizveranstaltung einzuladen.
    Zu allem Unglück platzt aber jetzt Charlotte herein, die nicht mehr länger auf den Direktor hatte warten wollen. Sie beginnt zu lachen, als sie Madame Barneck sieht.
    In einem Quintett klärt sie die Gräfin auf, während die anderen in Unruhe geraten. Da hilft es auch nicht, dass der Graf mit dem inzwischen geöffneten Schreiben die Genehmigung des Königs zur Hochzeit mit Henriette vorweisen kann. Die Gräfin ist entschlossen, ihre Zustimmung nicht zu erteilen. Sie verschwindet in ihrem Zimmer und der Graf, der sie zu besänftigen versucht, folgt ihr.
    Nun kommt auch noch Benedikt, dem Fortunatus andeutet, hier sei wohl nichts zu holen, der Graf sei schlecht gelaunt. Benedikt solle sich an die Baronin wenden, die, obwohl auch er sie erkannt hat, immer noch verächtlich gegenüber „diesen Schauspielern“ tut. Alle – außer Benedikt – verlassen den Raum. Dieser entdeckt durch die von Madame Barneck offen gelassene Tür Henriette und zieht sich in den Hintergrund zurück.
    Henriette tritt ein. Sie hat erfahren, dass durch das königliche Schreiben die Hindernisse für ihre Hochzeit beseitigt sind. Benedikt, der sich heimlich verdrücken will, stößt dabei an einen Stuhl und wird von ihr bemerkt. Er, der sie jetzt mit „Euer Gnaden“ anredet, ist zunächst befangen. Doch sie erklärt, dass sie dem früheren Bekannten nützlich sein wolle. In einem Duett schwärmen beide von der Vergangenheit und dem freien Künstlerleben. Benedikt erzählt, dass Charlotte jetzt ihre Rolle übernommen habe. Sie habe auch in Wien großes Aufsehen erregt und alle adligen Gäste hätten ihr zu Füßen gelegen.
    Nun erscheint die wütende Gräfin und erniedrigt Henriette. Sie werde der Mesalliance zwar zustimmen, aber unter Bedingungen, die Henriette als Ehefrau des Grafen nicht akzeptieren kann. Henriette aber erwidert, dass sie als künftige Gräfin ihre Rechte schon zu wahren wisse. Daraufhin verlässt die Gräfin zornig den Raum.
    Benedikt lobt sie dafür und preist auch ihre früheren Fähigkeiten. Da sie keinen Wert auf ein Leben als Gräfin, jedoch auf die Liebe des Grafen legt, deutet auch Benedikt ihr an, dass die Liebe des Grafen wohl nur flüchtig sei, weil er jede verehre, die große Kunst zeige, was er auch in Wien bewiesen habe. Das erkennt sie nun auch, als sie das ihr angebotene Päckchen mit den angeblichen Logenkarten öffnet und darin einen Brief Charlottes an den Grafen findet, der ihn in eine abschließbare Loge zu einer Unterredung mit ihr einlädt.
    In diesem Augenblick stürzt Fortunatus herein: Er sei ruiniert. Charlotte habe die Vorstellung wegen Heiserkeit abgesagt. Henriette bittet ihn, zu bleiben. Die Vorstellung sei gerettet, wie, will sie noch nicht verraten. Das Päckchen mit den Karten für die Loge überreicht sie einem Diener zur Weitergabe an den Grafen. Dann kleidet sie sich an und geht mit Fortunatus und Benedikt ab.


    DRITTER AKT
    Berlin. In Innern einer Loge. Im Hintergrund der zum Zuschauerraum geschlossene Vorhang.
    Charlotte hat sich heimlich in die Loge geschlichen, um den Grafen zu erwarten. In einer Arietta preist sie die Vorteile einer solchen Loge für kleine Schäferstündchen.
    Der Graf tritt ein. Charlotte erinnert ihn an die Versprechen, die er ihr in Wien gegeben hat. Sie will von ihm für einen jungen Verehrer einen Posten bei der Gesandtschaft erpressen. Als der Graf sich einer Antwort entziehen will, weil sie ja gleich auf die Bühne müsse, erklärt sie, dass sie Heiserkeit vorgetäuscht habe und wundert sich, dass die Oper trotzdem angesetzt wurde. Wahrscheinlich wird eine weniger talentierte Sängerin die Rolle übernehmen und es wird einen Skandal geben, worauf sie sich schon freut. Nun will der Graf für die Erfüllung ihrer Bitte seinen Lohn und beginnt sie zu bedrängen.
    Da hört man hinter der Szene das Publikum nach dem Beginn der Oper rufen. Der Graf zieht den Vorhang zurück und man hört Benedikt, der verkündet, dass Charlotte unpässlich sei, was großen Tumult im Publikum erzeugt. Als er aber als Ersatz eine berühmte Sängerin ankündigt, die extra aus Paris angereist sei, beruhigt sich die Menge.
    Charlotte will nun die Loge verlassen, um sich diese Sängerin anzusehen. Aber ehe sie heraustreten kann, erscheint Madame Barneck. Sie sucht ihre Nichte und findet erstaunt Charlotte beim Grafen vor. Inzwischen kündigt sich durch Bravorufe der Beginn der Oper an. Erschrocken müssen die drei in der Loge feststellen, dass Henriette die Rolle singt. Die Szene auf der Bühne endet mit einem rauschenden Applaus des Publikums.
    Danach erscheint auch die Gräfin und verspottet ihren Bruder, der unglücklich ist, denn nie hat Henriette so schön gesungen. Zu allem Überfluss kommt jetzt auch noch Fortunatus mit Henriette, die ausdrücklich verlangt hatte, in der Pause in die Loge geführt zu werden. Der Graf beteuert noch einmal seine Liebe, doch Henriette hat sich entschieden, jetzt nur noch für ihre Kunst zu leben. Im Schlussensemble sagt sie dem Grafen Lebewohl, während Charlotte über die erneute Konkurrenz und Madame Barneck über das verlorene glanzvolle Leben enttäuscht sind, die Gräfin jedoch erleichtert aufatmet. Da der zweite Akt der Oper gleich beginnt, führen Fortunatus und Benedikt Henriette hinaus, während die Gräfin ihren Bruder, der ihnen folgen möchte, zurückhält und Madame Barneck ohnmächtig in Charlottes Arme sinkt.

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

    3 Mal editiert, zuletzt von Gerhard Wischniewski ()