Carmen (Bizet), Repertoirevorstellung an der Hamburgische Staatsoper, 11.02.2015

  • Repertoire kann wirklich gut sein. Es handelte sich um die 14. Vorstellung nach der Premiere am 14. Januar vor einem Jahr.
    Die stimmlichen Leistungen waren durchweg herausragend, wenngleich mir Solen Mainguené als Micaela zu viel Vibrato zeigte.
    Mir persönlich liegen für diese gesanglich zentrale Figur mehr vibratoarme, nur wenig schwingende Stimmen, wie ich sie früher
    von Helen Donath (als Micaela) gehört hatte. Frau Mainguené sang kraftvoll, gut hörbar bis in die oberen Ränge und, wie für
    die Micaela notwendig, recht beseelt. Der noch relativ junge mexikanische Tenor Arturo Chacón-Cruz bot den besten José,
    den ich seit langem gehört habe. Kraftvoll, höhensicher und mit viel Schmelz in der Stimme geriet seine Rosenarie für mich zum
    Höhepunkt des Abends, seit Domingos Auftreten in dieser Rolle in Hamburg hat hier kaum jemand so schön und viril zugleich den
    eifersüchtig Liebenden gesungen (zumindest nicht in den von mir besuchten Aufführungen; Jonas Kaufmann kenne ich in dieser
    Rolle nur von der Fernsehübertragung). Der lettische Bassbariton Egils Silins füllte die Rolle des Escamillo stimmlich voll aus und
    überzeugte auch mit seiner weniger dem stimmlichen Pomp verpflichteten Liebesansage (Carmen gegenüber) zu Beginn des
    letzten Bildes. Als Carmen trat das Ensemblemitglied Cristina Damian an. Mein Eindruck bleibt gespalten. Sie sang mit schön
    klingendem und kräftigem Mezzosopran, so dass an ihrer gesanglichen Leistung nichts auszusetzen war. Ihre Rollengestaltung wirkte
    auf mich aber nicht eigentlich von innen her empfunden (wie das bei der von mir hier zuletzt gehörten Rinat Shaham der Fall war).
    Bei mir blieb der Eindruck nach, als ob sie neben ihren beein­druckenden gesanglichen Leistung zeigen wollte, was ihr schauspielerisch
    vom Regisseur beigebracht worden war. Diese leise Kritik soll aber ihre Gesamtleistung und die des Ensembles nicht schmälern. Von den
    kleineren Rollen fielen zudem Christina Gansch (Frasquita) und Ida Aldrian (Mercedes) positiv auf, unter den Männern ist Florian
    Spiess
    als Offizier Zuniga herauszuheben. Der Beifall des vollbesetzten Haues war jubelnd, besonders für Solen Mainguené und
    Arturo Chacón-Cruz, aber auch für Cristina Damian und die anderen Beteiligten. Dirigiert hat Axel Kober.

    Oper lebt von den Stimmen, Stimmenbeurteilung bleibt subjektiv