Carla Gavazzi - herbe Schönheit aus Bergamo


  • Carla Gavazzi war eine italienische Sopranistin, die am 26. Februar 1913 in Bergamo geboren wurde und am 25. Mai 2008 in Mailand starb. Die biografischen Angaben sind lückenhaft und teilweise ungenau. Sie soll 1940 als Mimi in „La Bohéme" debütiert haben. Andere Quellen nennen ihr Auftreten in der italienischen Erstaufführung von Händels „Acis und Galatea" beim Maggio Musicale Florenz in gleichen Jahr als den Beginn ihrer Karriere, die weitgehend regional blieb und keine internationale Ausdehnung erfuhr. Stationen waren u. a. Mailand, Neapel, Palermo, Venedig, Rom und Bergamo, wo sie auch bis zum Schluss lebte. Die Gavazzi pflegte ein sehr umfangreiches Repertoire. Sie trat in Opern von Rimskij-Korsakow, Refice, Monteverdi und Liviabella auf, feierte gleichzeitig aber auch große Erfolge in Werken von Puccini, Mascagni und Alfano. Gerühmt wurden ihre darstellerischen Fähigkeiten, die in einer leidenschaftlichen Film-Version von „Cavalleria rusticana" dokumentiert sind. Sie hat einige sehr eindrucksvolle Operngesamtaufnahmen hinterlassen. An erster Stelle sind „Fanciulla del West" von Puccini und „Adriana Lecouvreur" von Cilea zu nennen. Diese Produktionen zeichnen sich durch eine beispielhafte dramatischen Dichte aus. Die Stimme der Gavazzi ist vom Volumen her relativ klein. Der Klang ist herb, nicht eigentlich schön und nicht sonderlich lyrisch. Sie klingt immer ein bisschen nervös, was ihre Gestaltungskraft aber ungemein steigert. Dadurch überzeugt sie vor allem in den beiden zuletzt genannten Opern mehr als in einer Produktion von Mozarts "Don Giovanni" als Elvira. Ihre Karriere fand relativ frühzeitig ihr Ende - nach eigenen Krankheit und in Folge einer schweren Erkrankung ihres Sohnes, um den sie sich kümmerte. 1960 zog sie sich ins Privatleben zurück. Es wurde sehr still um sie. Erst im Alter kehrte sie noch einmal zurück ins Rampenlicht. Sie trat in dem 2008 veröffentlichten Film „Opera fanatic" von Jan Schmidt-Garre in Erscheinung – charismatisch, klug und schön. Nun wurden auch Aufnahmen mit ihr wieder verstärkt aufgelegt. Neben ihr traten auch andere italienische Diven in dem Film auf, darunter Anita Cerquetti, Leyla Gencer, Magda Olivero, Marcella Pobbe, Gina Cigna, Fedora Barbieri, Iris Adami-Corradetti. Für mich ist das einer der schönsten, wenn nicht der schönste Film über Oper.




    Und hier noch die Stimme der Gavazzi:



    Leider klingen die Aufnahmen bei YouTube nicht optimal. Sie wurden offensichtlich "bearbeitet". Für einen Eindruck reicht es. Die CD-Ausgaben sind wesentlich besser.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent