Zugegeben: Der Threadtitel ist ein wenig provokativ. Gleichwohl trifft er den Kern eigentlich recht gut, wie im Nachfolgenden noch gezeigt werden wird. Dass Bungert bei Tamino in über zehn Jahren so wenige Nennungen hat und bis dato kein eigenes Thema, ist natürlich völlig unhaltbar. Deswegen nun die Abhilfe.
Friedrich August Bungert (* 14. März 1845 in Mülheim an der Ruhr; † 26. Oktober 1915 in Leutesdorf) war nicht nur Komponist, sondern auch Dichter.
Geboren am 14. März des Jahre 1845 in Mühlheim an der Ruhr, wuchs er mit seinen jüngeren Geschwistern Henriette und Mathilde auf. Zwar fiel seine musikalische Begabung bereits früh auf, doch hielt der Vater, ein gutbegüterter Kaufmann, davon herzlich wenig und sprach von einer "unglückseligen Neigung". Er wollte ihn ebenfalls als Kaufmann oder wenigstens als Arzt sehen. Die Mutter hielt zwar zum Sohn, doch verstarb sie, als Bungert gerade neun war. Das Verhältnis zum strengen Vater eskalierte und führte letzten Endes zur Flucht des 16-Jährigen nach Köln, wo er das Konservatorium besuchte und Schüler von Hubert Ferdinand Kufferath wurde. Dort wurde er von der Schwester des Komponisten Max Bruch entdeckt, welche vom Conservatoire de Paris den Auftrag erhalten hatte, einen begabten Musiker für eine Ausbildung in Paris ausfindig zu machen. Bungert sagte sofort zu und siedelte über.
Nun darf man sich die Situation des jungen Bungert in Paris keinesfalls idyllisch vorstellen. Er hielt sich gerade so über Wasser, indem er Klavierstunden gab. Schließlich zeigte sich der Vater doch bereit, ihm zumindest eine kleine Hilfe zukommen zu lassen. Am Conservatoire erregte Bungert dann zwar die Aufmerksamkeit von Berlioz, Rossini und Auber, doch beklagte er später trotzdem mangelhafte Förderung. Nicht zuletzt deswegen (und wegen einer unglücklichen Liebschaft) kehrte er nach Deutschland zurück. 1869 wurde er Chorleiter, 1870 Direktor des Kurorchesters Bad Kreuznach. Obschon es zu einigen Kompositionen kam, erfüllte ihn diese Stellung keineswegs. 1874 ging Bungert nach Berlin, wo ein Studium bei Friedrich Kiel folgte. Dort entstanden weitere Kompositionen, darunter ein 1878 mit einem Preis ausgezeichnetes Klavierquartett (Preisrichter war u. a. Brahms). Das Preisgeld ermöglichte ihm 1879 eine Reise nach Italien, die er zusammen mit seiner Schwester Mathilde antrat.
Italien faszinierte Bungert dergestalt, dass er seinen Wohnsitz nach Pegli bei Genua verlegte (gesundheitliche Gründe zur Übersiedlung waren wohl vorgeschoben). Niemand Geringerer als Friedrich Nietzsche war in Pegli sein Nachbar; die beiden verband eine lockere Freundschaft. Zudem traf er dort mit Verdi zusammen. Seine Oper "Aurora" entstand dort und wurde 1884 in Leipzig uraufgeführt.
Sein Leben sollte sich durch die Bekanntschaft mit der Dichterin Carmen Sylva (das Pseudonym der Königin Elisabeth von Rumänien, geborene Prinzessin zu Wied) entscheidend ändern. Durch sie erlangte Bungert Zugang zu den höchsten Adelskreisen und war häufiger Gast auf den fürstlich-wiedischen Schlössern und auch am schwedischen und rumänischen Königshof.
Die Königin schenkte ihm 1890 einen wertvollen Bechstein-Flügel und 1894 ein Haus mit großem Garten am Rheinufer in Leutesdorf im neoklassizistischen Stil.
Bungert, der fortan einen luxuriösen Lebenstil pflegte, feierte in dieser Zeit seine größten Erfolge. So vertonte er etwa Gedichte der Königin und schrieb Rheinlieder.
Zwischen 1896 und 1903 erfolgte die Uraufführung seiner Operntetralogie "Homerische Welt", die ursprünglich als Hexalogie geplant war und das hehre Ziel verfolgte, Wagners "Ring" zu übertreffen. Die Uraufführung fand in Dresden statt und bescherte Bungert neuerlich europaweite Triumphe. Bis 1910 folgten mehr als 100 weitere Aufführungen. Diese griechische Tetralogie verlieh ihm den Ruf eines Antipoden Richard Wagners.
1911 wurde Bungert zum Professor an der Universität Leipzig berufen und hielt dort mehrere Vorlesungen über seine eigenen Werke. 1912 fand in Wiesbaden ein seinerzeit viel beachtetes Bungert-Festival statt.
Nach längerer Krankheit starb August Bungert schließlich am 26. Oktober 1915 in seinem Haus in Leutesdorf im Alter von 70 Jahren. Eine Bestattung auf dem katholischen Friedhof ebendort blieb dem evangelisch-reformierten Komponisten verwehrt. Seine letzte Ruhestätte fand er folglich auf dem Friedhof der Feldkirche in Neuwied.
Die beiden Weltkriege bedingten ein zunehmendes Vergessen seiner Werke. Bereits während der NS-Zeit wurde er immer stärker in den Schatten Wagners gedrängt.
Sein Hauptwerk:
"Homerische Welt" (Die Odyssee), Opern-Tetralogie (Libretto von August Bungert)
- Teil I: "Kirke" (Vorspiel: "Polyphemos"), Musik-Tragödie in drei Akten, op. 30/1
Uraufführung: 29. Januar 1898, Hofoper Dresden
- Teil II: "Nausikaa" (Vorspiel: "Die Sirenen und Odysseus' Strandung"), Musik-Tragödie in drei Akten, op. 30/2
Uraufführung: 1887, Leipzig (Erstfassung)
Uraufführung: 20. März 1901, Hofoper Dresden (Zweitfassung)
- Teil III: "Odysseus' Heimkehr" (Vorspiel: "Telemachos' Ausfahrt"), Musik-Tragödie in drei Akten, op. 30/3
Uraufführung: 12. Dezember 1896, Hofoper Dresden
- Teil IV: "Odysseus' Tod" (Vorspiel: "Telegonos' Abschied") Musik-Tragödie in drei Akten, op. 30/4
Uraufführung: 30. Oktober 1903, Hofoper Dresden