ADAM, Adolphe Charles: LA POUPÉE DE NUREMBERG (Die Nürnberger Puppe)

  • Adolphe Charles Adam (1803-1856):


    LA PUPÈE DE NUREMBERG
    (Die Nürnberger Puppe)
    Komische Oper in einem Akt
    Libretto von Adolphe de Leuven und Victor Arthur Rousseau de Beauplan nach E.T.A. Hoffmanns „Der Sandmann“


    Uraufführung am 21. Februar 1852 in Paris, Opéra Comique



    DIE PERSONEN DER HANDLUNG


    Cornelius, Spielwarenproduzent in Nürnberg - Bass
    Benjamin, sein Sohn - Tenor
    Heinrich, Neffe von Cornelius - Bariton
    Bertha, Freundin von Heinrich - Sopran


    Die Handlung geht im Laden von Cornelius zu Beginn des 19. Jahrhunderts vor sich.



    INHALTSANGABE DES EINZIGEN AKTES


    Der Nürnberger Spielwarenproduzent Cornelius hat, man muss es so platt sagen, an seinem Sohn Benjamin eine Narren gefressen. Dass er sich um eine alltägliche Rundumversorgung kümmert, ist durchaus verständlich, dass er sich aber in seiner närrischen Vaterliebe auch noch um eine geeignete Frau für den Filius sorgt, wirkt auf den Mitteleuropäer des 21.Jahrhunderts schon etwas lächerlich. Deshalb sei der geneigte Leser daran erinnert, dass hier eine zweihundert Jahre alte Geschichte erzählt wird. Und die geht so:


    Cornelius hat die Suche nach einer Frau für Benjamin aufgegeben. Seine Vorstellungen von einer geeigneten Kandidatin waren vielleicht doch nicht so kompatibel, wie er gedacht hatte: Schönheit gepaart mit Sittsamkeit - das ist offensichtlich nicht zu bekommen. Als kenntnisreicher Mechaniker wusste sich Cornelius jedoch zu helfen: Er konstruierte eine weibliche Puppe, die er tatsächlich für geeignet hält, seine Schwiegertochter zu werden. Für dieses Geschöpf passende Kleidung zu finden, war das kleinste Problem. Schwieriger war es, der Schönen Leben einzuhauchen. Hier kommt aber Cornelius' zweite Begabung ins Spiel: Zauberei mit der Hilfe des Herrn Mephisto - den er noch nie gesehen hat - soll für den Odem des Lebens sorgen. Die erforderlichen Bücher hat er ja, wenn da nur nicht diese vielen rätselhaften Anweisungen wären. Bisher hat es jedenfalls mit der „Vollendung seiner Schöpfung“ noch nicht geklappt. (Wer hier an Meister Spalanzani denkt, liegt durchaus richtig.)


    Benjamin macht sich Sorgen um seinen Vater; der, so meint er, allzu sehr mit seiner merkwürdigen Arbeit beschäftigt ist. Um ihn auf andere Gedanken zu bringen, hat er beschlossen, mit dem Vater auf einen Ball zu gehen. Den Gedanken, seinen Cousin Heinrich, der als Gehilfe des Vaters mit im Hause wohnt, ebenfalls mitzunehmen, hat er schnell verworfen, denn der Papa ist dagegen - er mag Heinrich nicht leiden, hält ihn, obwohl ihm auch ein Erbteil zusteht, fast wie einen Sklaven. Sollten Onkel und Cousin aber geglaubt haben, dass sich Heinrich über diese Zurücksetzung ärgert, haben sie sich geschnitten - für Heinrich ist es viel wichtiger, sich mit seiner Freundin Bertha zu einem Tête-à-Tête treffen.


    Bertha ist, kaum, dass Vater und Sohn aus dem Haus sind, schnell zur Stelle. Heinrich, der sich auf heiße Küsse und wilde Umarmungen gefreut hat, muss jedoch feststellen, dass seine Liebste heute schmollt, weil sie aus Geldmangel nicht an dem Ball, an dem ihr doch so viel lag, teilnehmen kann. Ihre Laune wird nicht gerade besser, als sie das Kleid sieht, das Cornelius für die Puppe besorgt hat: Das gefällt ihr, darin würde sie sicher eine gute Figur machen. Kurzentschlossen zieht sie sich das wunderschöne Kleid an, betrachtet sich im Spiegel und ist mit dem Anblick zufrieden. Heinrich und Bertha beschließen, doch verkleidet auf den Ball zu gehen - Heinrich als Mephisto verkleidet.


    Das verliebte Pärchen hat sich jedoch verrechnet, denn Cornelius und Benjamin kommen wegen eines heftigen Gewitters vorzeitig zurück. Cornelius glaubt nämlich, dass dieses stürmische Wetter mit Donner und Blitz hervorragend geeignet ist, das Zauberwerk an der Puppe zu vollenden. Bertha und Heinrich gelingt es gerade noch, sich zu verstecken: Bertha in der Puppenwerkstatt und Heinrich hangelt sich im Wohnzimmer am Kamin hoch. Während Benjamin im Kamin Feuer macht, ist sein Vater bereits mit dem Zauberbuch beschäftigt. Dem Publikum wird schnell klar, dass sich der Kaminkletterer nicht wird halten können und tatsächlich stürzt er kurz darauf mit Gepolter nach unten. Mit dem Luftzug erlischt die Flamme im Kamin.


    Cornelius traut seinen Augen nicht: Der Höllenfürst ist tatsächlich erschienen! Sofort beginnt er die Zauberformeln zu rezitieren; durch den Lärm hervorgerufen, erscheint Bertha im Zimmer. Und sie plappert munter drauf los. Plötzlich verlangt „Puppen-Bertha“ in harschem Befehlston von Vater und Sohn, dass sie sich in die Küche begeben und Essen herrichten. Dann tobt sie sich wütend aus, zerdeppert das Geschirr und lässt die beiden entgeisterten Männer wie Soldaten exerzieren. Als Benjamin dann mit dem Essen aus der Küche kommt, verschwindet „Puppen-Bertha“ schnell in der Werkstatt.


    Cornelius ist ratlos: Da hat er doch tatsächlich einen Dämon geschaffen, keine geeignete Frau für Benjamin! Entschlossen holt er einen Hammer, um sein Geschöpf zu zerstören. Doch „Mephisto-Heinrich“ hält ihn mit Floskeln zurück, damit sich seine geliebte Bertha umziehen und der Puppe ihr Kleid wieder anziehen kann. Gerade noch rechtzeitig gelingt ihr die Flucht aus der Werkstatt, ehe Cornelius mit dem Hammer in die Werkstatt das stürmt, um sein Geschöpf zu zerstören.


    Heinrich hält es jetzt für angebracht, die Situation zu bereinigen; er bleibt jedoch nicht bei der Wahrheit, sondern gesteht, als „Zauberlehrling“ mit der Puppe experimentiert zu haben und dabei, leider, Fehler gemacht zu haben. Er habe, damit es der Onkel nicht merkt, ein Mädchen engagiert, dass in das Kleid der Puppe geschlüpft sei. Und diese junge Maid habe er nun mit seinem Hammer getötet! Cornelius reagiert entsetzt und begreift sehr schnell, dass er des Mordes angeklagt werden wird; er muss versuchen, den Zeugen seines „Mordes“ loszuwerden. Geld, weiß Cornelius, hilft in solchen Fällen immer und er übergibt Heinrich zehntausend Taler. Heinrich ist über den Geldsegen hoch erfreut, entschließt sich aber jetzt, mit der ganzen Wahrheit herauszurücken.


    Das ist das Zeichen für Bertha, wieder auf der Bildfläche zu erscheinen: Mit der vollen Börse lässt sich nicht nur die Hochzeitsfeier ausrichten, sondern sie hat mit Heinrich auch ein gutes Startkapital für die gemeinsame Zukunft. Der Heirat steht, mit Onkel Cornelius Einverständnis, nun nichts mehr im Wege.


    Ach ja: Und Benjamin? Eine gute Frage. So wie es aussieht, muss er wohl weiterhin auf die schöne und tugendsame Frau warten...



    © Manfred Rückert für den Tamino-Opernführer 2015
    unter Hinzuziehung folgender Quelle:
    Klavierauszug Schott, 1930

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    MUSIKWANDERER

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  • Bei den Tamino-Werbepartnern fand ich eine historische Aufnahme von 1951:




    Das Label Walhall bietet diese historische Aufnahme mit den Solisten Walter Berry, Friedrich Berger, Franz Fuchs und Elisabeth Roon an; Kurt Tenner dirigiert das Große Wiener Rundfunkorchester.














    Das ist die gleiche Einspielung, erschienen bei Line Music, allerdings um eine zweite CD mit dem seinerzeit ebenfalls sehr erfolgreichen Einakter "Le Chalet" von Adam ergänzt.


    :hello:

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    MUSIKWANDERER