Leopold Hager — seltsam im Schatten

  • Denkt man an österreichische Dirigenten, dann wird man wohl sofort die Namen Karajan, Böhm und Harnoncourt parat haben. Leopold Hager, der in diesem Jahr das 80. Lebensjahr vollendet und wie Karajan aus Salzburg stammt, wird dagegen meistens übergangen, obwohl er seit etwa einem halben Jahrhundert tätig ist. Auch bei Tamino findet man sehr wenig über diesen Dirigenten, und das Wenige ist nicht immer sonderlich schmeichelhaft. Ich muss gestehen, dass mir der Name zwar schon lange bekannt ist, ich aber praktisch keine einzige Aufnahme bewusst gehört habe. Welche sind besitzenswert? Vielleicht bringt ja dieser Thread etwas Licht ins Dunkel.



    Leopold Hager, geboren am 6. Oktober 1935 in Salzburg, ist ein österreichischer Dirigent und Musiker.


    Zwischen 1949 und 1957 absolvierte er ein Studium am Salzburger Mozarteum (Klavier, Orgel, Harfe, Orchesterleitung und Komposition). Zu seinen Lehreren zählte Bernhard Paumgartner, Gerhard Wimberger, Cesar Bresgen, Johann Nepomuk David sowie Egon Kornauth.


    1957—1962 war er Dirigenten-Assistent am Staatstheater Mainz, 1962—1964 Dirigent am Landestheater Linz, 1964—1965 Dirigent an der Oper Köln, 1965—1969 Generalmusikdirektor in Freiburg im Breisgau, 1969—1981 Chefdirigent des Mozarteumorchesters Salzburg, 1981—1996 Chefdirigent des Rundfunk-Symphonieorchesters Luxemburg (heutiges Philharmonisches Orchester Luxemburg) und 2005—2008 Chefdirigent der Wiener Volksoper. Zwischen 1992 und 2004 war er zudem als Professor für Orchesterleitung an der Musikuniversität Wien tätig.


    Er machte sich insbesondere als Interpret der Wiener Klassiker Haydn, Mozart, Beethoven und Schubert einen Namen.


    Im Jahre 2000 wurde ihm das Große Silberne Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich verliehen.


    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Lieber Joseph, Du bringst in diesen Tagen immer neue Dirigenten ins Spiel. Ich lerne Namen kennen. Es kommt Schwung ins Forum. Darüber bin ich froh.


    Hager ist aber auch mir ein Begriff. Ich habe ihn immer als Operndirigent wahrgenommen, als einen sehr zuverlässigen, nicht unbedingt als spektakulären Inspirator, der aufhorchen lässt. Als einen jener Dirigenten also, ohne die nichts läuft in Opernhäusern. Ich würde nicht eine Aufnahme und nicht ein persönliches Erlebnis sofort und einzig allein mit seinem Namen in Verbindung bringen. Das ist keine Kritik, das ist eine respektvolle Feststellung. Zuletzt habe ich ihn hier in Berlin als musikalischen Leiter der bis zur Unkenntlichkeit zusammengestrichenen Oper "Cassandra" von Vittorio Gnecchi (dafür kann Hager nichts) und "Elektra" von Richard Strauss an einem Abend erlebt. Es war ehr die läppische Inszenierung, die verstörend bei mir hängen blieb - und nicht die Leistung dieses Dirigenten. Womit ich mich wieder in meiner persönlichen Auffassung bestätigt fand, dass eine banale Inszenierung und mehr als schlichte sängerische Leistungen den Dirigenten nicht retten können - umgekehrt aber auch nicht. Es muss alles stimmen.


    Seine Aufnahmen berühren ja ehr das Repertoire am Rande, darunter viel früher Mozart. Einige Titel sind bereits genannt. "Il Re Pastore", "Ascanio in Alba", "Betulia liberata", "Il Sogno di Scipione", "La finta Giardiniera" oder "Mitridate" könnten noch hinzugeführt werden. Damit macht man natürlich keine Weltkariere.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Ich habe Leopold Hager im August 2004 in der Usher Hall in Edinburgh als Dirigenten einer grandios besetzten konzertanten "Capriccio"-Aufführung erlebt: Soile Isokosky war die Gräfin, Anne-Sophie von Otter sang die Clairon, Siegfried Vogel war der prächtige La Roche, Christopher Maltman der Olivier und Jonas Kaufmann der Flamand.


    Vor drei oder vier Jahren habe ich hier dne Rundfunkmitswchnitt auf CD erworben und es nicht bereut:


    http://listserv.bccls.org/cgi-…BOPQ;20110106233926-0500a


    Kaufmann selbst verweist auf seiner Homepoage auf diesen Mitschnitt:


    http://www.jkaufmann.info/private.htm

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Denkt man an österreichische Dirigenten, dann wird man wohl sofort die Namen Karajan, Böhm und Harnoncourt parat haben. Leopold Hager, der in diesem Jahr das 80. Lebensjahr vollendet und wie Karajan aus Salzburg stammt, wird dagegen meistens übergangen, obwohl er seit etwa einem halben Jahrhundert tätig ist


    Es gibt neben LEOPOLD HAGER noch eine ganze Reihe ausgezeichneter österreichischer Dirigenten, die zwar nicht mit KARAJAN oder BÖHM in einem Atemzug genannt werden können, die sich aber durch ihr Können auch international hohe Anerkennung verschafften, und von denen auch sehr hörenswerte Einspielungen vorliegen. Ich denke dabei z. B. an BERNHARD PAUMGARTNER, FRANZ LITSCHAUER, ROBERT WAGNER oder nicht zuletzt HANS SWAROWSKY, der nicht nur zu den größten Dirigentenerziehern seiner Zeit gezählt werden kann, und der zahlreiche berühmt gewordene Dirigenten zu seinen Schülern zählte, u. a. ABBADO und MEHTA, sondern der auch durch Aufnahmen von Werken BEETHOVENs, MOZARTs, SCHUBERTs und auch WAGNERs, unter Beweis stellte, daß er unbedingt zu den großen Dirigenten seiner Zeit gerechnet werden muß.


    wok

  • Spontan fallen mir auch noch Erich Kleiber und Nikolaus Harnoncourt ein - wenn auch letzterer in Berlin zur Welt kam. Spontan gebe ich aber auch zu, dass dies hier OT ist...


    :untertauch:

    .


    MUSIKWANDERER

  • Ich kehre zurück zu Leopold Hager - Wie man anhand seiner Diskographie sehen kann ist er doch recht bekannt und gesucht. Es gibt auch eine WIKIPEDIA Eintragung über ihn - und zwar in 7 Sprachen. Ich konnte mich in den letzten Wochen und Monaten davon überzeugen, daß zahlreiche Interpreten über keine solche verfügen.
    Allerdings gehört er offenbar zu jenen Künstlern, die zwar ausgezeichnet musizieren, es aber nicht verstehen - bzw verstehen wollen - sich in den Mittelpunkt zu stellen. Leopold Hager verfügt nicht mal über eine eigene Website. Trotz internationaler Bekanntheit hat sich kein Major-Label aufraffen können ihm einen langfristigen Vertrag anzubieten, der die Marke "Leopold Hager" als Mozartspezialist in den Mittelpunkt gestellt hätte. Fast jede seiner Aufnahmen entstand mit einem anderen Label. Diese Eigenart finden wir oft bei österreichischen Interpreten. Vermutlich weil sie mit ihrem doch recht guten Bekanntheitsgrad im Reinen sind und ihr Privatleben nicht einer sogenannten "internationalen Jet-Set-Karriere" opfern wollen.
    Dennoch - man kennt ihn doch besser als behauptet.
    Hier ein Von Bruce Duffie in englischer Sprache geführtes Interview mit Hager
    http://www.bruceduffie.com/hager.html


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Trotz internationaler Bekanntheit hat sich kein Major-Label aufraffen können ihm einen langfristigen Vertrag anzubieten, der die Marke "Leopold Hager" als Mozartspezialist in den Mittelpunkt gestellt hätte.


    Da gab es aber doch schon mit Philips und DG interessante Mozart-Projekte, dessen Frühwerke betreffend. Ich hatte mir damals diese Gesamtaufnahmen alle zugelegt und mich damit befasst. Wenn ich ehrlich bin, gingen sie mir nicht sonderlich nahe. Ich fand sie ziemlich behäbig und langweilig, nicht eigentlich stürmisch, wenn ich das erwartet hatte. Es gab später viel packendere Produktionen, wenngleich meistens live. Die Hager-Einspielungen habe ich alle wieder abgestoßen. Vielleicht habe ich ihm damit Unrecht getan. Ich weiß auch nicht, wie sie sich am Markt behauptet haben. Dennoch hat er viele Anstöße gegeben, das dramatische Frühwerk Mozarts in ein neues Lucht zu rücken. Der Erste muss ja nicht der Beste sein.


    Lieber Alfred, kennst Du seine Mozart-Produktionen genauer?

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Spontan fallen mir auch noch Erich Kleiber und Nikolaus Harnoncourt ein - wenn auch letzterer in Berlin zur Welt kam. Spontan gebe ich aber auch zu, dass dies hier OT ist...


    Ja, ERICH KLEIBER dürfen wir in diesem Zusammhang natürlich gar nicht vergessen, dieser kann auch ohne weiteres in einem Atemzug mit BÖHM und KARAJAN genannt werden, und dann gewiß auch nicht JOSEF KRIPS, einen ebenfalls ganz großen Österreicher! Diese kleine, aber wichtige Zusatzbemerkung sei mir noch einmal OT gestattet!


    Gruß
    wok

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Es gibt neben LEOPOLD HAGER noch eine ganze Reihe ausgezeichneter österreichischer Dirigenten, die zwar nicht mit KARAJAN oder BÖHM in einem Atemzug genannt werden können, die sich aber durch ihr Können auch international hohe Anerkennung verschafften, und von denen auch sehr hörenswerte Einspielungen vorliegen. Ich denke dabei z. B. an BERNHARD PAUMGARTNER, FRANZ LITSCHAUER, ROBERT WAGNER oder nicht zuletzt HANS SWAROWSKY, der nicht nur zu den größten Dirigentenerziehern seiner Zeit gezählt werden kann, und der zahlreiche berühmt gewordene Dirigenten zu seinen Schülern zählte, u. a. ABBADO und MEHTA, sondern der auch durch Aufnahmen von Werken BEETHOVENs, MOZARTs, SCHUBERTs und auch WAGNERs, unter Beweis stellte, daß er unbedingt zu den großen Dirigenten seiner Zeit gerechnet werden muß.


    wok


    Ein weiterer nicht unbedeutender österreichischer Dirigent fällt mir im Nachhinein noch ein: PAUL ANGERER, Komponist und auch ein hervorragender Bratschist - 1953 - 1956 1. Solobratschist der WIENER SYMPHONIKER - und es gibt mit ihm als Solisten zusammen mit WALTER SCHNEIDERHAN und dem WIENER FESTSPIELORCHESTER unter FRANZ LITSCHAUER eine ganz vorzügliche Einspielung von MOZART's Sinfonia Concertante KV 364 !!


    PAUL ANGERER dirigierte von 1956 - 1964 das WIENER KAMMERORCHESTER und arbeitete von 1960 - 1970 am WIENER BURGTHEATER, anschließend an der BONNER OPER, dann am ULMER THEATER, war von 1967 - 1972 Opernchef am SALZBURGER LANDESTHEATER. Anschließend war er Direktor der HEILBRONNR SPIELE und ab 1971 Leiter des SÜDWESTDEUTSCHEN KAMMERORCHESTERS. 1977 leitete er die Uraufführung von BORIS BLACHER's Divertimento für Streicher.


    Mit PAUL ANGERER als Dirgenten gibt es eine ganze Reihe ausgezeichneter Plattenaufnahmen mit dem ORCHESTER DER WIENER VOLKSOPER, dem CONCILIUM MUSICUM und dem PRO MUSICA ORCHESTER STUTTGART.


    wok

  • Leopold Hager hat heute Geburtstag. Dazu habe ich diese Aufnahmen ausgesucht>:





    Er feiert heute seinen 80. Geburtstag.


    Herzlichen Glückwunsch!


    Willi :jubel::jubel::jubel::jubel::jubel:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Liebe Taminos,


    Leopold Hager 'konnte auch Opéra-comique und Operette'!


    Eine Studio-Produktion des "Fra Diavolo" (Auber) entstand 1969 beim WDR in einer Funkfassung von Karheinz Gutheim (mit Dialogen!) und in der Funkregie von Karl O. Koch. Es sangen: Fra Diavolo - Sándor Kónya; Lord Kookburn - Lothar Ostenburg; Lady Pamela - Dagmar Naaff; Lorenzo - Werner Krenn; Matteo - Hans Franzen; Zerline - Lotte Schädle; Beppo und Giacomo - Ferry Gruber und Arwed Sandner; Ein Sergeant - Anton Maxen / Der Kölner Rundfunkchor und das Kölner Rundfunk-Sinfonie-Orchester - Dirigent: Leopold Hager.


    Im Archiv des WDR befindet sich auch der Mitschnitt einer konzertanten Aufführung von Millöckers "Der arme Jonathan" in der Düsseldorfer Tonhalle vom 7. 11. 1980 mit folgender Besetzung: Jonathan - Rüdiger Wohlers; Molly, seine Braut - Dora Koschak; Mr. Vandergold, Millionär - Werner Hollweg; Harriet, Sängerin - Hildegard Heichele; Der Impresario Mr. Quickly - Benno Kusche; Miss Big, Catalucci und Brostolone, Mitglieder in Mr. Quicklys Truppe - Angelika Milster, Thomas Lehrberger und Hans Franzen; Graf Nowalsky, Abenteurer - Klaus Hirte; Arabella, seine Schwester - Josefine Engelskamp; Billy, Chefkoch bei Mr. Vandergold - Ferry Gruber; Dr. Holmes, Mr. Vandergolds Rechtsanwalt - Herbert Steinmetz; Prof. Dryander, Harriets Onkel - Kurt Bock / Der Kölner Rundfunkchor und das Kölner Rundfunkorchester unter der Leitung von Leopold Hager / Bearbeitung und Dialogregie: Imo Moszkowicz.


    Viele Grüße!


    Carlo

    Einmal editiert, zuletzt von Carlo () aus folgendem Grund: Zeilenkorrektur