Robert Heger — zwischen Spieloper und Wagner

  • Vor vielen Jahren echauffierte man sich in diesem Forum andernorts sehr über den Dirigenten Robert Heger. Dies trug sicherlich mit dazu bei, dass ihm bis zum heutigen Tage kein gesonderter Thread gewidmet wurde. Angesichts seiner künstlerischen Bedeutung ist dies freilich nicht hinnehmbar, so sehr man gewisse Dinge in seiner Vita kritisieren kann.


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    Robert Heger, geboren am 19. August 1886 in Straßburg, gestorben am 14. Januar 1978 in München, war ein deutscher Dirigent, Komponist und Hochschullehrer.


    Er studierte in Straßburg (bei F. Stockhausen), Zürich (bei L. Kempten) und München (bei M. v. Schillings). Anschließend war er zunächst als Cellist tätig. Im Jahre 1907 begann seine Karriere als Opernkapellmeister in Straßburg. Es folgten Ulm (1908), Barmen (1909) und die Wiener Volksoper (1911). 1913 wurde Heger Chefdirigent am Opernhaus Nürnberg, wo er zudem die Philharmonischen Konzerte leitete. 1920 wurde er zum Ersten Kapellmeister des Nationaltheaters München berufen. 1925—1933 wirkte er als Kapellmeister an der Seite von Franz Schalk an der Wiener Staatsoper. An derselben erlebte seine eigene Oper "Der Bettler Namelos" am 10. November 1932 ihre Uraufführung in prominenter Besetzung (Max Lorenz und Viorica Ursuleac). Zudem amtierte Heger als Konzertdirekto der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien.


    Im Dritten Reich sympathisierte Heger mit den Machthabern und wurde 1933 als ständiger Dirigent an die Berliner Lindenoper berufen. 1936 erfolgte dort die Uraufführung seiner Oper "Der verlorene Sohn". 1937 trat er in die NSDAP ein. Zwischen 1941 und 1945 war er Vorsitzender des Internationalen Ausschusses für Singen und Sprechen. 1942 fungierte Heger als Gastdirigent des neu gegründeten Stadttheaters Thorn, dessen Eröffnung er als "Beweis für den Kulturwillen des wiedergewonnenen deutschen Ostens" ansah. Im August 1944 wurde er vom Führer und Reichskanzler auf die sog. Gottbegnadeten-Liste der wichtigsten Dirigenten aufgenommen, was ihm jedweden Kriegseinsatz ersparte.


    Nach Kriegsende konnte er seine Karriere ohne erkennbaren Bruch fortsetzen. Bereits 1945 wurde er an die Städtische Oper Berlin verpflichtet. 1950 kehrte Heger als Erster Staatskapellmeister nach München zurück, wo er zudem bis 1954 Präsident der Hochschule für Musik und Theater war. 1964 dirigierte er einmalig bei den Bayreuther Festspielen ("Die Meistersinger von Nürnberg").


    Der Komponist Heger hinterließ mehrere Opern, drei Symphonien, verschiedene Instrumentalkonzerte, Chorwerke, Lieder und Kammermusikwerke.


    Auszeichnungen:


    1956 Großes Bundesverdienstkreuz
    1959 Bayerischer Verdienstorden
    1961 Ehrenbürger von München
    1961 Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste
    1963 Johannes-Brahms-Medaille des Senates der Freien und Hansestadt Hamburg
    1967 Österreichisches Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst I. Klasse
    Goldener Ehrenring der Stadt Bayreuth


    Heger legte zahlreiche Aufnahmen vor, insbesondere Einspielungen heiterer Opern für EMI, machte sich aber auch einen Namen als Wagner-Dirigent.




    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Man lasse die Kritiker kritisieren.
    Bis auf die oben gezeigten Wagner-Aufnahmen habe ich Hegers Einspielungen im Regal stehen. Ich hege sie - sie sind mir durch die Bank ans Herz gewachsen...


    :hello:

    .


    MUSIKWANDERER

  • Man lasse die Kritiker kritisieren.


    Lieber Musikwanderer,


    die Problematik der Verstrickung von Künstlern mit dem damals herrschenden totalitären Regiem diskutierten wir bereits häufig. Anpassen oder alle Nachteile des Widerstands zu tragen hieß die Entscheidung. Können wir sicher sein, wie wir gehandelt hätten? Ich meine, Robert Heger wurde neben seinen künstlerischen Leistungen auch durch die hohen Auszeichnungen, die er nach dem Krieg von Deutschland und Österreich erhalten hat, sichtbar rehabilitiert.
    Papa Heger, wie ihn die Sänger liebevoll nannten, hatte eine besondere Affinität für die deutsche Spieloper. Er hatte das Gespür für die Emotionen, das gemütvoll Traditionelle, die Romantik, die in dieser Musik liegt. Er läßt die herrlichen Melodien klingen und die Sänger singen. Sein "Freischütz", sein "Zar und Zimmermann" und seine "Lustigen Weiber von Windsor" sind unvergängliche Belege seines künstlerischen Könnens und unvergängliche Erinnerungen an die leider so selten gespielten Spielopern.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!


  • Mein Lieblingsaufnahme von Heger ist zweifellos Lortzings "Wildschütz" in einer kaum zu überbietenden Besetzung. ich hatte die Aufnahme ursprünglich als Vinylversion. Längere Zeit war sie überhaupt nicht im Handel. Aber seit Jänner 2013 hat sie jpc wieder im Programm, abenso wie den Freischütz, den ich einfach bisher übersehen hatte. Soeben ist er auf meiner Bestelliste gelandet und wird somit der 6. "Freischütz in meiner Sammlung.....


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !





  • Lorenz - Buchner - Klose - Prohaska - Hofmann


    Wenn man Paula Buchner gegen Maria Müller und Max Lorenz gegen Franz Völker austauscht, hat man die Solistenbesetzung einer "Lohengrin"-Vorstellung unter Rober Heger an der Staatsoper Berlin (wohl auch von 1942 oder 1943, der Heerrufer ist Walter Großmann), die mir vor mehr als 20 Jahren ein älterer Opernfreund auf Schallplatte vermacht hat.


    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Anpassen oder alle Nachteile des Widerstands zu tragen hieß die Entscheidung.

    Anpassen musste man sich, wenn man bleiben wollte, aber zwingend in die NSDAP eintreten musste man nicht, zumindest haben viele andere, die geblieben sind, diesen Schritt nicht getan.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Papa Heger, wie ihn die Sänger liebevoll nannten, hatte eine besondere Affinität für die deutsche Spieloper. Er hatte das Gespür für die Emotionen, das gemütvoll Traditionelle, die Romantik, die in dieser Musik liegt. Er läßt die herrlichen Melodien klingen und die Sänger singen. Sein "Freischütz", sein "Zar und Zimmermann" und seine "Lustigen Weiber von Windsor" sind unvergängliche Belege seines künstlerischen Könnens und unvergängliche Erinnerungen an die leider so selten gespielten Spielopern.


    Besser als operus könnte man die Qualitäten von ROBERT HEGER kaum beschreiben. Eben jener Sinn für Emotionen und Romantik ist es, der diesen bedeutenden WAGNER- und STRAUSS-Dirigenten vor allem die Opern ALBERT LORTZINGs wohl exemplarisch erklingen ließ, wie zahlreiche LP-Aufnahmen belegen. Nicht umsonst hatten FURTWÄNGLER und BRUNO WALTER eine hohe Meinung von diesem großartigen Opernkapellmeister im besten Sinne des Wortes, der an allen großen Häusern in Deutschland und Österreich auftrat, und sich 1964 auch in Bayreuth mit den "Meistersingern" Respekt verschaffte.


    Für mich war eine seiner imponierendsten Leistungen die Einspielung des Rosenkavaliers vom September 1933 mit den WIENER PHILHARMONIKERN und den hochkarätigen und kaum zu übertreffenden Gesangssolistinnen LOTTE LEHMANN (großartig ihr "Ach! Du bist wieder da!), MARIA OLZEWSKA und E. SCHUMANN, in der ROBERT HEGER trotz relativ rascher Tempi den Sängern genug Zeit und Raum für deren individuelle Ausgestaltung läßt. Eine Aufnahme, die bis heute nichts von ihrem Reiz und ihrer Bedeutung verloren hat!l



    wok


  • Giuseppe Verdi - Rigoletto


    Nicht zu vergessen,
    diese Aufnahme in deutscher Sprache von Verdis Rigoletto.
    Diese historische Aufnahme von1944
    mit Robert Heger und der Staatskapelle Berlin
    erschien als CD zuvor bei Preiser Records.

    mfG
    Michael

  • Bei der Durchsicht meiner kleinen "Heger-Diskographie" ist mit die hier gezeigte Aufnahme (natürlich anders verpackt)von Flotowa "Martha" in die Hände gefallen. Die darf man den Liebhabern der deutschen Spieloper natürlich nicht unterschalgen - vor allem nicht bei dieser Besetzung: Anneleise Rothenberger - Nicolai Gedda - Hermann Prey - Brigitte Fassbender - besser gehts wohl nicht....EMI-Electrola war damals noch ein Begriff in Sachen Operngesamtaufnahmen....


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Heute möchte ich an Robert Hegers Geburtstag erinnern. Ich habe hier seinen Freischütz aus meiner Sammlung ausgesucht:



    Heute ist Robert Hegers 129. Geburtstag.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Wenn man Paula Buchner gegen Maria Müller und Max Lorenz gegen Franz Völker austauscht, hat man die Solistenbesetzung einer "Lohengrin"-Vorstellung unter Rober Heger an der Staatsoper Berlin (wohl auch von 1942 oder 1943, der Heerrufer ist Walter Großmann), die mir vor mehr als 20 Jahren ein älterer Opernfreund auf Schallplatte vermacht hat.

    Diese Aufnahme wurde von Preiser seinerzeit auf CD herausgebracht, war mir allerdings auch lange ganz unbekannt. Es ist erstaunlich, wie viele Operngesamtaufnahmen bereits in dieser Zeit produziert wurden. Laut Preiser entstand die Aufnahme 1942. Robert Heger wurde dabei häufig berücksichtigt, so auch für den dritten Aufzug der Götterdämmerung mit Max Lorenz von 1944. Die weitere Sängerbesetzung ist auch hier prominent. Angehängt ist zudem Brünnhildes Schlussgesang mit Marta Fuchs unter Carl Leonhardt von 1937.


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    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Ich bin ja wahrlich ein Freund traditioneller Opernaufführungen, aber die von Joseph II. eingestellten Cover (#11) von "Lohengrin" und "Götterdämmerung" muten den heutigen Betrachter schon ziemlich martialisch (um nicht zu sagen komisch) an ….


    Doch hier geht es ja um Robert Heger.


    Dieser von mir hochgeschätzte Dirigent hat sich, wenn auch nicht überwiegend, abseits des gängigen Repertoires bewegt. So gibt es von ihm eine Einspielung von Wagner Frühwerk "Das Liebesverbot" mit einer recht prominenten Besetzung:

    in der u.a. Hilde Zadek (Isabella), Hanny Steffek (Dorella), Anton Dermota (Claudio) und Kurt Equiluz (Luzio) zu hören sind.

    Robert Heger dirigiert Chor und Orchester des ORF Wien (Aufnahme: 1963).

    Wahrscheinlich ist es ein Live-Mitschnitt, das geht aber aus dem Klappentext nicht hervor. Es handelt sich um eine Ausgabe von Membran Ltd., die beim großen Urwaldfluß günstig zu haben ist. Kennt jemand diese Aufführung?


    Mit Robert Heger habe ich noch einige Aufnahmen in meiner Sammlung, die bisher hier noch nicht genannt wurden:

    die in den 1960er Jahren zusammen mit der Lortzing-Serie aufgezeichnet wurde (die übrigen wurden bereits erwähnt). Lortzings "Undine" war, merkwürdig genug, die Lieblingsoper von Kaiser Wilhelm II.


    Sodann noch diesen schönen "Evangelimann"-Querschnitt:


    und diese wenig bekannte weihnachtliche Kantate von Joseph Rheinberger:

    mit Rita Streich (Sopran) und Dietrich Fischer-Dieskau (Bariton) als Solisten.

    Eine schlichte, glänzend gesungene Aufnahme, vom Text her etwas sentimental, aber für die "stille Zeit zwischen den Jahren" bestens geeignet. Wer Weihnachten gerne traditionell begehen möchte, wird damit sehr zufrieden sein.

    Die Original-Ausgabe der Kölner ELECTROLA erschien auf LP in dieser Aufmachung:

    Josef Gabriel Rheinberger* - Rita Streich, Dietrich Fischer ...


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Im Netz gibt es eine - wie ich finde - sehr gute und ausführliche Robert-Heger-Diskographie. Zentrale Aufnahmen, die nie aus den Katalogen verschwunden sind, wurden berteits genannt. Aber es findet sich noch viel, viel mehr. Musiksammlungen, in denen kein Bogen um historische Produktionen gemacht wird, wäre nichts ohne ihn. Genannt werden auch Auszüge aus "Tefland", die bei Walhall erschienen sein sollen. Kennt jemand die CD? Sind die Szenen hier mit drauf? Ich habe nur ein digitalisiertes Band mit diesem Inhalt:


    Eugen d‘Albert

    TIEFLAND

    Reichsrundfunk Berlin

    Dirigent Artur Rother


    Marta Liselotte Enck

    Pedro Willy Störring *

    Sebastiano Georg Hann

    Tommaso Wilhelm Lang

    Nuri Lore Hoffmann

    Antonia Elfriede Marherr

    Pepa Margarete Düren

    Nando Reinhold Dürr

    19. Juli 1943

    Keine weiteren Angaben


    * in der oben verlinkten Diskographie "Willi Storring" geschrieben

    Vorspiel

    Erste Szene, dritte und vierte Szene – zweite Szene fehlt:
    Ohe! Ohe! (Nado) / Na, mein Pedro (Sebastiano) / Hast du’s gehört? (Pedro)


    Erster Aufzug

    Erste Szene bis dritte Szene:

    Sag uns doch, ist es wahr? (Pepa) / Da bin ich (Nuri) / O, sie ist fort (Nuri)

    Vierte Szene bis siebte Szene:

    Sein bin ich (Marta) / Er kommt! / (Die Bauern) / Das ist er (Pepa) / Ist Pedro noch nicht da? (Sebastiano)

    Achte Szene bis zehn Szene:

    Marta! / Tu mit mir, was du willst (Sebastiano, Marta) / Er will kein Stutzer sein (Die Männer) / Was suchst du noch, Moruccio? (Sebastiano)

    Elfte Szene:

    Das Fest ist vorbei / Es kam in jeder Nacht ein Wolf (Pedro)

    Das sagst du mir? (Pedro)


    Zweiter Aufzug

    Erste Szene:

    Die Sterne gingen zur Ruh (Nuri)

    Zweite Szene:

    Da ist Marta (Nuri)

    Dritte Szene und vierte Szene:

    Wo willst du hin? (Tommaso)

    Ich weiß nicht, wer mein Vater war (Marta) / Da ist Tommaso (Pepa)

    Fünfte Szene, Sechste Szene - siebente bis zehnte Szene fehlen:                                                                                                                                                                                                                                             

    Ei, so mürrisch, so verdrießlich (Pepa) / Das Essen ist da (Pedro) – bis So komm! (Pedro) / Ich komm (Marta)

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Bevor dieser Thread über einen bekannten, aber wenig populären Dirigenten wieder in den Tiefen des Forums versinkt, möchte ich noch ein paar bemerkenswerte Aufnahmen mit Robert Heger nennen, so z.B. diese:

    Palestrina HANS PFITZNER: PALESTRINA

    in einer großartigen Besetzung, 1964 live mitgeschnitten in der Wiener Staatsoper.


    Es gibt von diesem schwierig zu besetzenden und selten aufgeführten Werk noch eine weitere Aufzeichnung mit Robert Heger, die 1951 in München entstand. Offensichtlich lag dem Dirigenten diese Oper sehr am Herzen.


    Des weiteren finde ich noch erwähnenswert:

    Wesendonk-Lieder / Glockenlieder - Tiana Lemnitz, Peter Anders ...

    Hier begleitet er mit der Staatskapelle Berlin Wagners "Wesendonck-Lieder" mit Tiana Lemnitz (1944) und dies selten zu hörenden "Glockenlieder" von Max von Schillings mit Peter Anders (1943).


    Zum Schluß noch eine kleine Kostbarkeit, eine 45er EP der DGG:

    45cat - Elfride Trötschel - Rusalka - Die Verkaufte Braut ...


    In den 1950er Jahren war vor allem das Mondlied aus Dvoraks "Rusalka" mit Elfride Trötschel in zahlreichen Wunschkonzerten zu hören. Ich selber besaß diese kleine Platte, sie ist aber leider nicht mehr in meinem Bestand.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Es gibt von diesem schwierig zu besetzenden und selten aufgeführten Werk noch eine weitere Aufzeichnung mit Robert Heger, die 1951 in München entstand. Offensichtlich lag dem Dirigenten diese Oper sehr am Herzen.

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    Ich werde nie vergessen, lieber Nemorino, wie mir diese Plattenkassette einst in Zürich in einem Palattenladen, den es wohl auch nicht mehr geben dürfte, in die Hände fiel. Darauf war ich nicht vorbereitet. Es war das reine Glück, wie man das heute nicht mehr erlebt. Dieser Mitschnitt ist meine liebste Aufnahme des Werkes geblieben. Ich finde sie noch magischer, noch erfüllter als den Wiener Mitschnitt. Und Patzak bleibt in der Titelrolle mein Favorit wie Hotter als Borromeo. Obwohl Wunderlich den Palestrina wunderbar singt und gestaltet, ist er mich am Ende doch zu jung und zu wenig gebrochen. Ich bin froh, dass Du diese Münchner Produktion aus dem Prinzregententheater erwähnt hast. Sie ist ein Ereignis in der Diskographie Hegers.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Das ist ein schöner Thread! In meinem Regal stehen sein Tristan mit Max Lorenz ebenso, wie die Teile des dritten Akts der Götterdämmerung, ebenfalls mit Max Lorenz.

    Lust habe ich beim Lesen auf seinen Freischütz und auf den Palestrina bekommen.

    ..., eine spe*ifisch deutsche Kultur ist, jenseits der Sprache, schlicht nicht identifi*ierbar.
    -- Aydan Ö*oğu*

  • Lust habe ich beim Lesen auf seinen Freischütz und auf den Palestrina bekommen.

    Was den "Freischütz" anbelangt, wäre ich an Deiner Meinung interessiert, lieber Hans. "Palestrina" ist wirklich im wahrsten Sinne des Wortes eine Offenbarung. Unglaublich, wer da alles mitgesungen hat.


    Zum Schluß noch eine kleine Kostbarkeit, eine 45er EP der DGG:

    Du schneidest da ein interessantes Thema an, lieber Nemorino - die so genannten 45er. Sie sind ein Kapitel für sich in der Geschichte der Schallplatten. Nicht alles ist auf moderne Tonträger übertragen worden. Du bist doch immer so sehr gut informiert. Kennst Du einschlägige Literatur oder Kataloge?

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Dieser Mitschnitt ist meine liebste Aufnahme des Werkes geblieben.

    Lieber Rüdiger,


    wahrscheinlich weißt Du, daß der Münchener Mitschnitt von 1951 auch auf CD übertragen wurde. Bei Amazon ist er z.Zt. vergriffen, aber es gibt ihn relativ günstig bei eBay zu kaufen:

    Hans-Pfitzner-Palestrina-Teil-1-ROBERT-HEGER-Julius-Patzak-Hans-Hotter-Sabo  Hans-Pfitzner-Palestrina-Teil-2-ROBERT-HEGER-George-Wieter-Kaethe-Nentwig-2CD


    Beide Alben kosten zusammen ca. 16 €, + Versandgebühr. Wie die Überspielung ausgefallen ist, vermag ich allerdings nicht zu sagen. Es gibt in dieser Billig-Serie klanglich durchaus akzeptable Ausgaben, aber ich habe auch schon einige Reinfälle erleben müssen.

    Bei MYTO Records ist der Live-Mitschnitt in einer Box erschienen, die aber momentan nur aus den USA zu beziehen ist, und das zu einem gepfefferten Preis.

    Lust habe ich beim Lesen auf seinen Freischütz und auf den Palestrina bekommen.

    Was den "Freischütz" anbelangt, wäre ich an Deiner Meinung interessiert, lieber Hans.

    Diesen "Freischütz", lieber Rüdiger, habe ich als CD-Album in meiner Sammlung:

    und zwar in der links abgebildeten Ausführung. Eine sehr schöne, von echter Romantik erfüllte Aufnahme. Robert Heger ist hier ganz und gar in seinem Element.

    Mit der Sängerbesetzung habe ich allerdings einige Probleme: Birgit Nilsson bemüht sich zwar um schlanke Tongebung und singt mit Engagement, aber eine überzeugende Agathe ist sie (für mich) nicht. Ihre Stimme ist einfach zu groß, zu wagnerisch, um ein junges Mädchen glaubhaft darzustellen. Kein Vergleich mit Elisabeth Grümmer (Keilberth, EMI) oder Gundula Janowitz (Kleiber, DGG). Nicolai Gedda, der von mir hochverehrte Tenor, singt zwar erfüllt und wunderschön, aber ein forscher, draufgängerischer Jägerbursche ist er nicht. Sein Vortrag ist, wie man so schön sagt, "astrein", aber viel zu kühl und zurückhaltend. Trotzdem habe ich mir die Kassette (vom Dirigenten abgesehen) wegen ihm angeschafft, und er macht IMO seine Sache wesentlich besser als z.B. Peter Schreier (Kleiber, DGG), der als Max recht unterbelichtet bleibt. Großartig und rollendeckend hingegen möchte ich Walter Berry (Kaspar) hervorheben, obwohl auch er die Bosheit und Verschlagenheit, die dieser Rolle zukommt, nicht mit letzter Konsequenz zu zeigen vermag. Sängerisch aber eine herrliche Leistung. Als weitere Pluspunkte sind Erika Köth, die ein sehr treffendes Rollenporträt des Ännchen liefert, sowie Franz Crass (Eremit) zu nennen. Der Chor und das Orchester der Staatsoper München geben ihr Bestes, wobei dem Chorleiter Wolfgang Baumgart noch ein Sonderlob gebührt. Von Robert Heger war weiter oben sich die Rede.

    Die Aufnahme entstand im Juni 1969 im Bürgerbräukeller München und klingt für ihr Alter ganz ausgezeichnet. Eine dicke Empfehlung!


    Auch ich bin gespannt auf die Eindrücke von Hans Heukenkamp!


    LG Nemorino



    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • die so genannten 45er. Sie sind ein Kapitel für sich in der Geschichte der Schallplatten. Nicht alles ist auf moderne Tonträger übertragen worden. Du bist doch immer so sehr gut informiert. Kennst Du einschlägige Literatur oder Kataloge?

    Lieber Rüdiger,


    …. das hatte ich eben total übersehen!


    Leider kann ich da wenig weiterhelfen, obwohl es in meiner Plattensammlung eine stattliche Anzahl 45er EPs gegeben hat, die zum Teil auch noch erhalten sind. Aber spezielle Kataloge darüber habe ich nicht (mehr). Ich besaß mal einen Gesamtkatalog der Deutschen Grammophon von 1959, damals noch in echtes Leinen gebunden (das waren noch Zeiten!), und den habe ich lange Jahre sorgsam gehütet, doch irgendwann ist er "unter die Räder gekommen", vermutlich bei einem Umzug. Jedenfalls ist er nicht mehr auffindbar. Darin waren auch sorgfältig, nach Komponisten geordnet, alle 45er Platten aufgeführt. Natürlich waren das nur die DGG-Ausgaben, aber die verfügte damals über eine Riesenauswahl in diesem Kleinformat. Viele populäre Arien aus italienischen und französischen Opern gab es sogar, von demselben Künstler, sowohl in der Originalsprache als auch in deutsch gesungen. Das muß man sich mal vorstellen! So hat z.B. der Franko-Kanadier Léopold Simoneau viele Arien doppelt eingespielt, wie in dieser 10 CD-Kassette nachprüfbar:

    Aber auch Rita Streich, Peter Anders, Kim Borg und Josef Greindl (sowie noch einige andere) waren mit solchen Doppelausgaben vertreten. Die Glanzzeit der 45er EP war in dem Moment vorüber, als die Preisbindung für Schallplatten aufgehoben wurde und zahlreiche 30 cm-Sammelplatten plötzlich für 10 DM (statt wie bisher für 25 bzw. 21 DM) zu haben waren.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Heger war auch an diesem "Potted Ring" von HMV beteiligt und dirigierte da einige Ausschnitte. Seine Kompositionen waren hingegen nicht wirklich erfolgreich. Seine Oper "Der Bettler Namenlos", eine Bearbeitung der Odyssee, wurde von Spöttern abwechselnd als "Bettler Samenlos" oder als "Bettler Einnahmenlos" betitelt.

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