Wer war eigentlich dieser Glinka ?

  • Auch wenn die Threads über die "Gruppe der 5" und über Rimsky Korsakoff noch auf keine Antworten stießen, so setze ich die Serie dennoch fort, darauf bauend, daß irgendwann doch Interesse aufkeimt.
    Michail Iwanowitsch Glinka (1804-1857) stammt aus adeligen Kreisen. Erst im Alter von 11 Jahren beginnt er sich für Musik zu interessieren. Auslöser waren hier russische Lieder, welche er in Privatkonzerten im Hause seines Onkels hören konnte. Er bekam Privatunterricht in den Fächern Violin und Klavier. Als Schüler des höheren pädagogischen Adelsinstituts war es selbstverständlich, daß er Gesangsunterricht erhielt, ebenso wurde er in Musiktheorie unterrichtet. Schon mit 18 Jahren debütierte er mit dem Klavierkonzert in a-moll von Johann Nepomuk Hummel und unternahm erste Kompositionsversuche.
    Seinen Dienst im Verkehrsministerium quittierte er schon nach 4 Jahren.
    Es folgte ein Italienaufenthalt, wo er Bellini, Donizetti und Mendelssohn Bartholdy kennenlernte. 1834 folgten Studien bei Siegfried Dehn, der Glinkas Suche nach einer eigenständigen russischen Musiksprache förderte. Glinkas Bedeutung für Russland liegt vor allem darin, daß er einen russischen Nationalstil entwickelte, einerseits in seinen Liedern, andrerseits in seinen beiden Opern.
    Glinka wird gerne als "Vater der Russischen Oper" aber auch als "Begründer der russischen klassischen Musik" bezeichnet. Vor Glinka gab es zwar eine sehr aktive Klassikszene, die indes - speziell auf dem Gebiet der Oper - aber nicht nur dort - die aber sehr von westlichen Einflüssen geprägt war, in Falle der Oper von italienischen.
    Mit seiner ersten Oper, "Iwan Sussanin" beginnt nach offizieller Sicht die eigenständische russische Oper. Hier werden erstmals Bauern als handlungsvortreibendes Element auf die Bühne gebracht, was Widerstand beim Adel hervorrief und dem Werk die spöttische Bezeichnung "Kutschermusik" eintrug. Allerdings hatte Glinka die besseren Karten: Das Libretto stammte vom Privatsekretär des Zaren, Baron Giorgi Fjodorwitsch von Rosen (1800-1860) und Glinka folgte dem Wunsch von Nikolaus I. die Oper noch vor der Premiere in "Ein Leben für den Zaren" umzubenennen. Die Premiere fand am 9. November 1836 in St. Petersburg statt. Der Zar war anwesend und spendete Beifall. Glinkas adelige Gegner mussten schweigen.....


    Natürlich ist noch lange nicht alles über Glinka gesagt, über seine Liebschaften, seine Liebe zum Russischen Volkslied und über seine Instrumentalmusik. Offen bleibt auch die Frage, weshalb einerseits seine Bedeutung so hoch eingeschätzt wird und man andrerseits seine Musik so selten zu hören bekommt.....


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred


    TAMRUSINFO

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !




  • Ich hörte heute zum ersten Mal Glinkas wohl berühmtestes Werk, die Oper "Ein Leben für den Zaren", allerdings in der üblichen sowjetischen Fassung als "Iwan Sussanin". Die Neufassung des Librettos besorgte Sergei Gorodezki 1939. Die Aufnahme von Mark Ermler von 1979 ist wirklich erstklassig und lässt keine Wünsche offen. Wo genau liegen denn die Veränderungen im Libretto? Scheinbar wurde der enge Bezug zur Romanow-Dynastie getilgt, die Oper aber in ihrer vom Komponisten vorgesehenen Handlungszeit Anfang des 17. Jahrhunderts ("Zeit der Wirren") belassen. 1613 bestieg Michail Romanow als Michael I. den Zarenthron, was den Hintergrund für diese Oper lieferte. In der sowjetischen Fassung wurde (natürlich) die Rolle des Volkes, das hier als Verteidiger des Vaterlandes auftritt, besonders betont. Ist mittlerweile wieder die Urfassung die üblicherweise gespielte?

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Nachdem inzwischen sogar die Namenswürigkeit Glinkas für Straßen und Plätze (oder im konkreten Fall U-Bahn-Stationen) infrage gestellt wird, weil er ein übler Nationalist und Antisemit, ja gar Kommunist (nichts ist zu absurd, um nicht vorgebracht zu werden) gewesen sei, empfehle ich sehr diesen Artikel zu lesen:


    https://van.atavist.com/tarnopolsky-glinka

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Ohne Partei und Person irgendwie bewerten zu wollen finde ich in diesem Zusammenhang diese Aktion durchaus köstlich und angebracht:


    https://www.welt.de/regionales…l?cid=onsite.onsitesearch

    Mir ist es unbegreiflich, warum manche offenbar nicht in der Lage sind zu unterscheiden, was in ein Klassik-Forum gehört und was nicht. Eine Bewertung des Komponisten Glinka, auch seiner Vita, gehört zweifellos in ein Klassik-Forum, eine von Karl Marx zweifellos nicht, es sei denn, es geht um den gleichnamigen Komponisten.


    https://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Marx_(Komponist)

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Es geht bei der Aktion auch weniger um Karl Marx als vielmehr um eine Kritik an blindwütiger, selbstgerechter, selektiver "Bilderstürmerei". Und von der ist Glinka seit kurzem urplötzlich ja auch betroffen.

    Er hat Jehova gesagt!

  • Mir ist es unbegreiflich, warum manche offenbar nicht in der Lage sind zu unterscheiden, was in ein Klassik-Forum gehört und was nicht. Eine Bewertung des Komponisten Glinka, auch seiner Vita, gehört zweifellos in ein Klassik-Forum, eine von Karl Marx zweifellos nicht,

    Du wirst aber doch nicht abstreiten können, daß Karl Marx ebenso zur "deutschen Kultur" gehört wie Hegel, Feuerbach oder Kant. "Das Kapital" hat immer noch einen enormen Wahrheitsgehalt. Man sollte Marx nicht nur an seinem Aufruf zur "Vereingung des Proletariats" messen, sonst stellst Du Dich auf eine Stufe mit denen, die z.B. in Gera über Nacht das Straßenschild "Karl-Marx-Allee" abmontierten und in die weiße Elster geworfen haben. Zum Glück wurde der Übeltäter geschnappt und (mild, zu milde) bestraft. Er besitzt seit den 90-er Jahren in Gera mehrere Häuser und vermietet die Wohnungen so, wie er es aus dem Kapital gelernt haben könnte. Die Häuser stehen übrigens in der Karl-Marx-Allee, die auch jetzt noch so heißt.

    Und das ist in meinen Augen kein politischer Beitrag, sondern zum Umgang mit deutscher Kultur.


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Nochmal: Die ist die Rubrik zu Michail Glinka und ich habe hier einen Artikel, der sich mit ihm beschäftigt, verlinkt. Außerdem sind wir hier im Tamino-KLASSIKforum, "Kulturforum" nennt sich ein anderes Forum, aber nicht dieses!


    Wenn du der Meinung bist, dass Karl Marx in dieses Forum gehört, dann eröffne von mir aus unter Philosophie eine Karl-Marx-Rubrik, aber weder der Philosoph Karl Marx noch der Komponist Karl Marx gehören in die Rubrik, die dem Komponisten Glinka gewidmet ist!

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"