Max Reger – Die Konzerte

  • Lediglich zwei veritable Konzerte hat uns Max Reger hinterlassen – das Violinkonzert in A.dur op 101 und das Klavierkonzert op 114. Dazu kommen noch kleinere Werke, wie zwei Romanzen für Violine und kleines Orchester op. 50 und die Rhapsodie für Violine und Orchester op 147, ein von Florizel von Reiter fertiggestelltes Fragment, ferner das Scherzino für Streichorchester und Horn.
    DA das heute von mir erstmals gehörte Violinkonzert Anlass für diesen Thread ist, möchte ich es als erstes Werk hier kurz vorstellen und bitte um Stellungnahmen und Ergänzungen von anderen Mitgliedern.
    Eigentlich hatte ich mir ein sperriges Werk erwartet, denn selbst Reger meine singemäß, es sei kein Werk, welches sich dem Hörer anbiedere. Der Geiger der Erstaufführung, Henri Marteau , für den das Konzert geschrieben wurde, war indes begeistert – und bezeichnet das Stück als „kolossal“ – und das ist es in der Tat – in der Erstfassung, sie wurde am 15. Oktober 1908 in Leipzig uraufgeführt, dauerte das Stück etwa eine Stunde. Allein der erste Satz hat die sagenhafte Länge von ca. 27 Minuten.
    Reger selbst schätzte sein Werk recht hoch ein. Er meinte, es in die Reihe Beethoven – Brahms – Reger einreihen zu können, denn nach Brahms sei ja kein wirkliches Violinkonzert geschrieben worden. Eine gewisse Orientierung an Brahms ist nicht zu leugnen, so beispielsweise die Verschmelzung von Soloinstrument mit dem Orchester.
    Reger stellt hohe Ansprüche an den Solisten, schreibt ihm aber keine brilliant-virtuosen Stellen, vom Komponisten als „technische Firlefanzerei“ bezeichnet, womit dieser hätte glänzen können. Reger verzichtet gezielt auf jegliche „Effekthascherei“ – wie er schreibt.
    Dementsprechend war auch die Uraufführung kein Erfolg, Reger war – obwohl er auf derlei vorbereitet gewesen war – maßlos enttäuscht – vertraute aber darauf, dass die Popularität seiner Musik erst in Zukunft zunehmen würde. Das ist bis heute leider nicht eingetroffen. Wobei ich das in Bezug auf dieses Violinkonzert wirklich nicht nachvollziehen kann. Zugegebenermaßen ist es einigermaßen unübersichtlich, aber ich habe mich während der Stunde, die es dauerte, keine Sekunde lang gelangweilt, war im Gegenteil oft von der Lieblichkeit einzelner Sequenzen ziemlich überrascht.
    Ich habe vor vielen Jahren Musik von Reger gehört, die mir als widerborstig erschien – davon kann hier nicht die Rede sein. Ob dies mit dem Konzert an sich, oder meinen erweiterten Hörgewohnheiten zusammenhängt, das weiß ich nicht – die Zukunft wird es weisen.


    Mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !




  • Ja, beide Regerkonzerte haben sich bisher wohl nicht richtig durchsetzen können. Vom Violinkonzert steht bei mir seit Längerem eine neue Aufnahme und wartet darauf, endlich gehört zu werden. Es braucht wohl diesen Anlass.

  • Ich freue mich, daß es zu diesen angeblich sperrigen Werken doch Resonanz gibt. Die Hyperion-Aufnahme klingt natürlich etwas besser als meine alte Berlin Classic Aufnahme - dafür hat jene einen idealen Preis für Neugierige, die noch nicht allzuviel Geld investieren wollen, was bei mir hier wohl der Fall war. Indes werde ich mir, nachdem ich kurz hineingehört habe auch die hyperion-Aufnahme zulegen (etwa Mitte Juni) Mich interessiert auch ob es sich dort um die Urfassung, oder die gekürzte Fassung handelt, die nur etwa 50 Minuten dauert.
    Diese Fassung entstand auf Anraten des damals jungen Geigers Adolf Busch (1891-1952) - Reger folgte dessen Rat - allerdings nur widerwillig. Auch diese Kürzung machte das Werk nicht populärer. So sehe ich keinen Grund zur Urfassung zurückzukehren. An dieser Stelle möchte ich betonen, daß die auch in meinem Beitrag immer wieder erwähnte "Unbeliebtheit" des Werkes nur eine relative ist, die zudem eher auf Vorurteilen beruht. Zudem dürfte die Beliebtheit als Tonkonserve wesentlich größer sein, denn als Konzertprogramm. Immerhin gibt es derzeit FÜNF lieferbare Aufnahmen des Werkes am Markt. Ein Wort noch zu Adolf Busch - die meisten kennen ihn als Gründer des berühmten Busch-Quartetts. Er wurde quasi der "Botschafter" für dieses Violinkonzert, nachdem sich Reger mit Henri Marteau überworfen hatte.


    Inzwischen habe ich das Originalzitat Regers gefunden, welches ich in Beitrag 1 kurz angedeutet hatte:


    “Ich weiß, dass es arrogant klingt, das so zu sagen, aber meiner Ansicht nach setzt dieses Violinkonzert die Linie von Beethoven und Brahms fort.”


    Ich würde in diesem Fall nicht widersprechen.....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hierzu ist sicherlich auch der Kommentar von Tanja Becker-Bender interessant, die sich in diesem Video äußert und das Werk ja auch eingespielt hat (s. lutgras Empfehlung in Beitrag 2.)


    Auch sie beruft sich auf das von Alfred genannte Zitat, das eine Nachfolge von Beethoven und Brahms nahelegt.


  • Vorab muss ich sagen , dass Max Reger nicht gerade der Komponist ist, der mich in seiner spröden, manchmal langweiligen Art, vom Hocker reissen könnte.


    Ich habe seit vielen Jahren die gute Orchesterwerke-Box von Berlin Classics mit den Dirigenten Konwitschni, Blomstedt, Herbig, Rögner, Suitner, Bongartz.


    Auch das VC A-Dur op.101 ist mit M.Scherzer, Violine, Staatkapelle Dresden, H.Blomstedt enthalten ... einen bleibenden Eindruck hat das Konzert bei mir nicht hinterlassen - Reger hat sich auch keine gefallen damit getan, das Werk auf ca. 1Stunde Spieldauer "aufzubohren" - denn seine Hoffnungen damit an die Konzerte von Beethoven und Brahms anzuknüpfen scheiterte - er konnte sich mit dieser "Produktion" nicht duzrchsetzen. Ich kann es deutlich nachvollziehen, bei mir "zieht" es nicht ...
    damit möchte ich keinesfalls den hohen Anspruch des Konzertes schmälern, aber was nützt das alles - es ist zu langatmig!



    Das Klavierkonzert f-moll op.114 von 1910 ist quasi eine "Sinfonie mit obligatem Klavier", schon deshalb interessant auch zu erwähnen, dass es keine Kadenzen hat!
    Die 3 Sätze haben eine Spieldauer von ~42Minuten:
    1. Allegro moderato ~ 20Min.
    2. Largo con gran expressione ~ 10-11Min.
    3. Allegretto con spirito ~ 11-12Min.


    In der Berlin Classics - Box ist die Aufnahme mit Amadeus Webersinke, Klavier, Dresdener PH, Günter Herbig enthalten, die soweit ganz OK ist. Besser soll die Aufnahme mit Serkin / Ormady (SONY) sein, soweit ich mich erinnere, die ich mal auf einer CBS-LP hatte. Doch finde ich das KK auch nicht so prickelnd, dass ich mir nach der BerlinClassics-Box das Werk nun unbedingt noch einmal in dieser Aufnahme auf CD zulegen wollte ...
    Reger hat das Konbzert als Pendant zum Brahms KK Nr.1 d-moll konzipiert ... na ja, aus meiner Sicht hat er das Ziel nicht in dem Maße erreicht, auch wenn er es mit der kunstvollen Verarbeitung zweier Choralmelodien versucht hat.



    Das dritte Konzert von Reger ist das Konzert im alten Stil (für Orchester) op. 123.
    (Dauer 23Minuten) Es ist auch dreisätzig im Sinne der italienischen Ouvertüre (schnell-langsam-schnell) mit barocken Vorbildern angelegt. Hier sollen Bachs Brandenburgische Konzerte Pate gestanden haben.


    Hier die Reger-BOX, die für mich zumindest keine weiteren Kaufwünsche bezüglich Reger ausgelöst hat:



    Berlin Classics, 1963-1984, ADD


    Alle Werke aus dieser Orchesterwerkebox habe ich in Gänze noch nicht alle gehört, weil das Interesse einfach durch die spröde Art nicht wirklich geweckt wird ... ich habe den Eindruck, dass er gefühlmässig nie richtig "aus den Socken" kommt.
    Fazit: Der Typ ist nicht ganz mein Fall ...


    Am Besten finde ich immer noch seine Böcklin - Suite!

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Da Reger auch sonst oft wie eine Art "Über-Brahms" komponiert, kann diese Selbsteinordnung kaum überraschen. Beide Konzerte (die ich auch nicht gut kenne) sind in vieler Hinsicht eher "sinfonisch" als "konzertant". Elgars Violinkonzert hat ebenfalls vergleichbare Dimensionen und noch einen draufgesetzt hat dann Busoni, aber sonst fallen mir keine Spätromantiker mit ähnlich umfangreichen und gewichtigen Werken ein.


    Das Klavierkonzert habe ich nur in einem inoffiziellen Mitschnitt mit Peter Serkin (Vater und Sohn Serkin haben sich immer stark für Regers Werke eingesetzt), das Violinkonzert in der Reger Edition bei koch/schwann mit Forchert/Stein/Bamberger. Das Konzert im alten Stil fehlt mir anscheinend noch.


    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)