Franz Liszt: Sinfonische Dichtung Nr 5: Prometheus


  • Düster, dramatisch und bedrohlich ist der Beginn dieses Werkes, Danach folgt ein lebhafter geradezu furioser Teil – Richard Wagner lässt grüßen.
    Dargestellt wird der Titan Prometheus, sein Leiden, seine Beharrlichkeit und sein Triumph.
    Das Lesen der Prometheussage ist sicher Motivation sich näher mit der 13 Minuten langen Sinfonischen Dichtung auseinander zu setzen. Wie ich schon in früheren Folgen die Serie über Liszts Sinfonische Dichtungen ausgeführt habe, halte ich die Zusammenhänge zwischen titelgebenden Personen, Sagen oder Ereignissen für konstruiert, Liszt wollte sich dadurch meiner Meinung nach lediglich Aufmerksamkeit sichern,


    Die Komposition selbst ist eine Umarbeitung des Vorspiels zu Herders: „Der entfesselte Prometheus“. Sie stammt aus dem Jahre 1850 und wurde dort noch im gleichen Jahr, am 24. August, in Weimar uraufgeführt. Liszt unterzog die Komposition 1855 einer Revision.


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Wie ich schon in früheren Folgen die Serie über Liszts Sinfonische Dichtungen ausgeführt habe, halte ich die Zusammenhänge zwischen titelgebenden Personen, Sagen oder Ereignissen für konstruiert, Liszt wollte sich dadurch meiner Meinung nach lediglich Aufmerksamkeit sichern,

    Ist das so? Wenn man dem Booklet der Einspielung, die ich habe, glauben darf, so hatte die Prometheus-Sage für Liszt schon eine besondere Bedeutung: »Seit seinen französischen Jugendjahren repräsentiert Prometheus für Liszt so etwas wie ein Symbol für den Künstler und dessen Wirken in der Gesellschaft: der Halbgott, der den olympischen Göttern das Feuer entreißt, um es den Menschen zu bringen, und zur Strafe dafür gefesselt am Kaukasus schmachten muss.«


  • Wie ich schon in früheren Folgen die Serie über Liszts Sinfonische Dichtungen ausgeführt habe, halte ich die Zusammenhänge zwischen titelgebenden Personen, Sagen oder Ereignissen für konstruiert, Liszt wollte sich dadurch meiner Meinung nach lediglich Aufmerksamkeit sichern,

    Das ist natürlich gleich in mehrerer Hinsicht falsch. :D Aufmerksamkeit hatte Liszt nun wahrlich genug - als vom Publikum gefeierter Klaviervirtuose. Und wenn man in der Zeit der Romantik mit symphonischer Musik Aufmerksamkeit erregen wollte, schrieb man Symphonien. Die Symphonie haben die Romantiker nicht nur zur Referenzgattung, sondern zum Inbegriff von Musik schlechthin erhoben.


    Vergessen darf man nicht, dass das Ansehen der Musik im Vergleich mit den anderen Künsten in dieser Zeit ein denkbar schlechtes war. Bei Immanuel Kant z.B. nimmt sie den niedrigsten Rang unter den Künsten ein - ihr einziger Sinn und Zweck ist die emotionale Wirkung. Bei Hegel ist es ähnlich - natürlich ist die Poesie (also die Dichtung) - die höchste aller Kunstformen. Liszt wollte mit der Idee der Symphonischen Dichtung nicht weniger, als die Musik den großen Werken der klassischen Literatur gleichstellen - also in der Verbindung mit einem literarischen Sujet ihr eine Bedeutung verschaffen, die mit Homers Ilias, Dantes Göttlicher Komödie oder der Faust-Tragödie konkurrenzfähig ist. Eduard Hanslick, der ein puristischer Anhänger der Idee "absoluter Musik" war, hat die "Programmmusik" diskreditiert. Die sich daran anknüpfende polemische Auseinandersetzung hat schlicht den Sinn der Symphonischen Dichtung verkannt. Zu keiner musikalischen Gattung existieren so viele Klischees wie zu dieser. U.a. war es ein Musikwissenschaftler vom Kaliber eines Carl Dahlhaus, der gezeigt hat, dass Liszts Symphonische Dichtungen eine wirklich Ernst zu nehmende ästhische Konzeption verkörpern.


    Schöne Grüße
    Holger

  • Ich freue mich, daß hier über Liszts sinfonischen Dichtungen - oder eigentlich eine sehr subjektive Aussage meinerseits dazu - diskutiert , und der Thread somit wahrgenommen wird. Ich habe - im Gegensatz zu meinen sonstigen - oft in der Tat dogmatisch anmutenden - Aussagen die Subjektivität meiner Meinung betont. Zugleich halte ich es für interessant, an Hand der Sinfonischen Dichtungen sich die literarischen Vorlagen dazu wieder zurück ins Gedächtnis zu rufen, oder die eine oder andere erst kennenzulernen, bzw deren Hintergründe. Umso bemerkenswerter ist, daß Liszts Kompositionen auf diesem Gebiet heute eher wenig Beachtung finden, ich gestehe ich habe sie lange Zeit selbst unterschätzt. Erst die Beschäftigung mit Raff hat mein wirkliches Interesse geweckt. ich schätze die Kompositionen, seit ich mich näher mit ihnen befasse, durchaus - habe aber Schwierigkeiten, die ihr vermutlich innewohnenden Bezüge zum titelgebenden Ereignis oder Helden zu erkennen.
    So dürfte es auch den meisten Verfassern von Booklettexten und Konzertführern ergehen, denn ihre Texte sind - von "technischen Kenndaten" zum Werk abgesehen - äusserst allgemein und tendieren zur Belanglosigkeit
    Mag sein, daß ich dieses Manko für mich dereinst neutralisieren kann. Bis dahin höre ich Listzs Sinfonische Dichtungen mit Genuss als (fast) "absolute Musik" - immer auf der Jagd nach einer eventuellen "Verbindung" zum Titel.


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat von Alfred Schmidt

    ich schätze die Kompositionen, seit ich mich näher mit ihnen befasse, durchaus - haber aber Schwierigkeiten die ihr vermutlich innewohnenden Bezüge zum titelgebenden Ereignis oder Helden zu erkennen.


    Lieber Alfred, das kann ich bei diesem Werk gut nachvollziehen, obwohl mir dieser Mythos ziemlich vertraut ist. Anfänglich ging es mir nämlich ähnlich. Ich habe es immer auf die doppelte Brechung zurückgeführt, die zwischen Titel "Prometheus" und Musikstück besteht. Prometheus ist ein mythischen Stoff, der bereits in der Antike verschieden überliefert ist. Dem hat sich Herder gewidmet und das bietet den Ausgangspunkt für Liszts Vertonung. Auch wenn Liszt den sinfonische Dichtung von Herder Chören löste, so ist die Komposition imO doch eher den durch Herders Werk hervorgerufenen Gefühls- und Stimmungsmomenten verpflichtet, denn dem Mythos selbst. Liszt selbst formuliert das wie folgt:
    "Leid und Verklärung! So zusammengedrängt erheischte die Grundidee dieser nur zu wahren Fabel einen gewitterschwülen, sturmgrollenden Ausdruck. Ein tiefer Schmerz, der durch trotzbietendes Ausharren triumphiert".
    Dieses Ertragen von Leid in der Gewissheit, dass die Zukunft gut sein wird, hat sich vom eigentlichen Mythos (Hybris gegenüber den Göttern) entfernt. Vor dem Hintergrund dieser Brechung ist mir die Liszt’sche Tonsprache dann viel klarer geworden.


    Mit herzlichem Gruß
    JLang

    Gute Opern zu hören, versäume nie
    (R. Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln)

  • Bis dahin höre ich Listzs Sinfonische Dichtungen mit Genuss als (fast) "absolute Musik" - immer auf der Jagd nach einer eventuellen "Verbindung" zum Titel.


    Hier ist auch wiederholt kein direkter Handlungsablauf vorgegeben, sodass man mit dem Thema Prometheus im Hinterkopf diese fetzige Musik ohne weiteres als "Absolute Musik" hören kann. Allerdings kaufe ich Liszt ohne wenn und aber ab, das er das Thema Prometheus so wie von ihm gewollt umgesetzt hat, so wie Llang Liszt Worte bescheinigen (Beitrag 5) und hier nichts "konstruiert" wurde.


    Zu den Aufnahmen:
    Ich besitzte alle drei nennenswerten/wichtigen Aufnahmen. Haitink (Philips) wiederum nobel und die goldene Mitte wählend; Masur (EMI) etwas mehr die Dramatik betonend und IMO an der Spitze mit packendem Gestus rundum Stimmig dann Solti / London SO (Decca):


    Solti mit dem London SO und Orchestre de Paris


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    LesPreludes, Festklänge, Prometheus, Mephistowalzer I, Von der Wiege bis zum Grabe
    Decca, 1975, 1978, ADD


    Bei mir stammt diese Decca-CD aus der Decca-Serie Emotionen (Abb nicht mehr verfügbar).

    Gruß aus Bonn, Wolfgang