Louis Théodore Gouvy: Die Sinfonien - Werke von deutschem Ernst und französischer Elegance


  • Dieser Thread ist den Sinfonien des deutsch-französischen Komponisten Louis Théodore Gouvy (1819-1898) gewidmet. Im allgemeinen Thread wurde bereits in groben Zügen auf Herkunft und Karriere dieses heute verkannten Komponisten eingegangen, hier wollen wir uns mit seinen6 vollendeten Sinfonien befassen. Wir haben es hier nicht mit irgendeiner Randerscheinung der Musikgeschichte zu tun, auch wenn die Konzertführer und Musiklexika uns das glauben machen möchte, sondern mit einem vielgespielten Komponisten seiner Zeit - vor allem in Leipzig, wobei seine Karriere in Schüben verlief – noch dazu nicht immer parallell in Deutschland und in Frankreich. Das betrifft vor allem die öffentliche Wahrnehmung. In Komponistenkreisen war er schon recht bald angesehen.
    Auch über die Verfügbarkeit seiner Sinfonien soll hier gesprochen werden: NOCH gibt es die Gesamtaufnahme aller Sinfonien bei jpc im Paket und eine Sterling Aufnahme seiner 2. Sinfonie – ebenfalls zum Abverkaufspreis. Manche seiner Sinfonien gibt es auf cpo auch noch als Einzelveröffentlichung Man kann sich nun die Frage stellen inwieweit das mit der Qualität seiner Musik zu tun hat. Ich würde sagen; Gar nicht. Aber ist es ein Wunder wenn kein Musiklexikon Gouvy erwähnt, dass man sich schwer tut sich für den Kauf einer Aufnahme zu entscheiden. Die Musikhistorischer werden schon wissen, warum so einen Komponisten ignorieren. Leider ist das nicht der Fall. In der Regel wird bei Vorgängerautoren kritiklos abgeschrieben was das Zeug hält – und wer von der Musikgeschichte einmal vergessen wurde, der bleibt es auf ewige Zeiten – oder bis zur Wiederentdeckung durch cpo oder Naxos.


    Sinfonie Nr 1 op 9 in Es-Dur.


    An sich war es im 19. Jahrhundert schon riskant in Paris eine Sinfonie zu schreiben, denn das Pariser Publikum war auf Opern und Ballette fixiert. Gouvy war von Natur aus wohlhabend, was es ihm ermöglichte eine erste Aufführung seiner Sinfonie im privaten Kreis zu finanzieren. Sie fand am 7. Februar 1846 statt. Es spielte ein (der Überlieferung zufolge) gutes Laienorchester unter einem professionellen Dirigenten , Théophile Tilmant (1799-1878 ) Das Ergebnis ermunterte Gouvy das Scherzo der Sinfonie zu überarbeiten und erneut aufführen zu lassen, diesmal öffentlich im Salle Sax mit dem gleichen Dirigenten aber mit professionellen Musikern, eine dritte öffentliche Aufführung im Salle Herz folgte.
    In jenen Tagen (siehe auch Schumann und E.T. Hoffmann) war es üblich, dass Komponisten auch als Kritiker fungierten, und die Kritiken waren durchwegs überschwänglich. Vor allem jene von Hector Berlioz – Sie ist (auszugsweise ?) im Booklet abgedruckt – ist geratezu euphorisch – eventuell übertrage ich sie in einem weiteren Beitrag hier ins Forum – der Text ist schliesslich nicht mehr copyrightgeschützt.


    Die Musik der ersten bleibt in der Tradition Mendelssohns uns Schumanns – zumimndest sieht man das heute so – die zeitgenössischen Kollegen sage indes doch einige Neuerungen.


    Das Werk ist aus meiner Sicht klangschön, wenn der Vergleich mit Mendelssohn stimmt, dann am ehesten mit dessen „Italienischer“, sehr freundlich, luftig und hell. Zeitgenössiche Kritiker loben die ideale Verbindung von deuscher Ernsthaftigkerit mit französischer Eleganz.


    Der dritte Satz (andante con moto) schwelgt in überirdischer Schönheit.
    Forsch und fröhlich beginnt der 4. Satz (Allegro con brio) , eigentlich ganz „unsymphonisch“ und diesen Charakter behält er im wesentlichen auch bis zu seinem Ende bei. Man kann ja bei den Soundsamples hineinhören und sich selbst ein Bild machen.


    Mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • GOUVY Theodore: Sinfonie Nr 1 op 9 in Es-Dur.


    Es ist nun einige Zeit her, daß ich diesen Thread begonnen habe und er ist 5 Jahre unbeachtet geblieben. Das ist mir in gewisser Hinsicht unverständlich, denn Guvys Musik gat so ziemlich alles was eine schöne Musik ausmacht: Schwung, Effekte, ideenreichtum. liebliche Stellen und vor - allem - Eleganz.

    Interessanterweise hat man das schon zu seinen Lebzeiten bemerkt, positiv in Kritiken vermerkt, (Stepehen Heller, Berlioz und andere ) aber durchgesetzt hat sich sein Werk (bis jetzt) nicht. Im Harenberg wird Gouvy nicht erwähnt, dort befasst man sich lieber mit drittklassgen Komponisten des 20 Jahhunderts, dei nach ihrem Ableben in Vgergessenheit geraten werden, im Reclam Komponistenlexikon befasst man sich lieber mir Komponistinnen aus der zweiten und dritten Reihe.....

    Glücklicherweise haben die Independent Labels in den letzten 26 Jahren einen Höhenflug sondergleichen hinter sich - und ihnen verdanken wir zahlreiche Aufnahmen von Komponisten, die ansonst durch den Raste gefallen wärer - darunter auch Gouvy,

    Sinfonien im 19 Jahrhundert- zwischen Beethoven und Brahms haben in der Tat einen schweren Stand - notabene in Frankreich, wo man diese Kunstform nicht besonders schätzte sondern der Oper mit Haut und Haaren verfallen war.

    Die Vorzüge von Gouyis erster Sinfonie habe ich schon im Eröffnungsbeitrag recht ausführlich beschrieben, ich habe sie heute erneut gehört um meine Gedächtnis aufzufrischen - Das Problem der weniger bekannten Kompositionen ist ja, daß man sie leider zu selten hört....


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • GOUVY Louis Theodore: Sinfonie Nr 2 op 12 in F-Dur.




    Etwas stürmischer und Beethoven-näher als ihr Vorgänger präsentiert sich die 1848 entstandene Sinfonie Nr 2, wobei jedoch der elegante Gouvy-Stil nicht verloren geht.

    Auch Einflüsse von Mendeslssohn sind zu bemerken, etwas, das ihm mir sehr interessant macht - aber immer wieder Kritisiert wird, da Gouvy klassischen Vorbildern verpflichtet blie und die Moden der Zeit micht mitmachte. Diese Einstellung und die Tatsache, daß er zwischen zwei Kulturen anzusiedeln ist, hat es verhindert, daß er jene Würdigung erhielt, die er verdient hätte.


    Hector Berlioz 1851:

    Zitat

    „Dass ein Musiker vom Rang des Herrn Gouvy in Paris noch so wenig bekannt ist, während Schwärme von Mücken das Publikum mit ihrem hartnäckigen Gesumm belästigen, das muss die naiven Geister verblüffen und empören, die noch an den Verstand und die Gerechtigkeit unserer musikalischen Sitten glauben.“

    Ich habe die 2.Sinfonie in der cpo Einspielung gehört, es gäbe als Alternative indes eine Aufnahme von STERLING, die ich allerdings nicht kenne.



    mfg aus Wien

    Alfred


    clck 510

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • GOUVY Théodore_ Sinfonie Nr 3 op 20 in C-dur


    Wenn man den Thread einen unbekannte Komponisten startet, dan können 2 Fehler passieren:

    a) man schreibrt in seiner Begeisterung 5oder 6 Beiträge an einem oder 2 Tagen - und das Pulver ist verschossen

    b) man will dem Thread eine Pause gönnen, damit er nicht verglüht - und vergisst dann auf ihn - er entschlummert...


    Um diese Fehler zu vermeiden habe ich zwischen der zweiten und der dritten Sinfonie eine Pause von 2 Wochen eingeräumt-

    Gouvy liess indessen 2 Jahre verstreichen, seine dritte datiert von 1850. Es gab übrigens eine weitere Sinfonie, die als "verschollen" gilt, im Bookler stand indes, Gouvy habe sie wegen der zu geringen Anerkennung "verworfen"
    Über zuwenig Anerkennung konnte er sich in Bezug auf die Sinfonie Nr 3in C-dur nicht berklagen, die Uraufführung fand am 10. Jänner 1852 in Paris statt. Veranstaltet wurde das Konzert von Gouvy selbst. Am Dirigentenpult stand Francois Baptiste Seghers (1801- nach 1874) dem Gouvy das Werk widmete.

    Am 26. Jänner 1953 fand die deutsche Premiere in Leipzig mit Gouvy selbst am Pult statt,. Sie gestaltete sich zu einem Thriumph für den Komponisten.

    Ein Kritiker der damaligen Zeit spendet der Sinfonie zwar Lob - sah aber einen gewissen Mangel an "Eigentülichkeit, Großartigkeit und Tiefe"

    Sehe ich das auch so ? Nicht wirklich - Vielleicht aber auch deshalb weil ich andere Kriterien bei der Bewertung habe. Ein geschickter Epigone (wenngleich Gouvy sicher keiner ist) ist mich tausenmal lieber als ein "Innovator", der dafür gefeiert wird, "innovativ" zu komponieren - und dessen Werke "unanhörbar" sind.


    Ich würde sagen, daß bei Gouvy Anklänge an Mendelssohn zu hören sind (aber nicht mehr)-und hier vor allen einige Klangfarben und Stimmungen aus der "Italienischen"

    Die Sinfonie ist freundlich, klangschön und strahlend, klingt irgendwie vertraut- Nach dem stürmischen ersten Satz folgt der idyllische, versonnen, entspannte zweite, fast einer Betrachtung der stillen Natur an einem Ferientag vergleichbar.Man "lässt die Seele baumeln"

    Leihct und verspielt beginnt der dritte Satz. wo dann aber durchaus (moderate) Temperamentausbüche folgen-

    Temperament - das ist dem Finalsatz in jeder Hinsicht zu bescheinigen, Temperamentvoll, selbstbewusst und stürmisch vorwärtsdrängend, kämpferisch - da ist alles drinnen.

    Der große Publikmnserfolg der Leipziger Aussührung mit zahlrreichen Hervorrufen wurde sowohl in den deutschen, englischen als auch in der Französischen Musikjournalen erwähnt.


    Mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !