War Beethovens Tonsprache einzigartig ?

  • Liebe Forianer


    Fast jeder der "Großen" Komponisten hatte ein "Duplikat", oder besser gesagt einen Epigonen, Schüler, Zeitgenossen etc., dessen Werke bei flüchtigem Hören an die des Großmeisters erinnern.
    Stellvertretend sei hier nur Inace Pleyel genannt , von dem sogar Mozart meinte, er wäre in der Lage Haydn "zu ersetzen".
    Aber auch Mozarts Opern haben Konkurrenten: Soler, Salier und Cimarosa, um nur einige zu nennen.
    Selbstverständlich ist jedesmal, wenn so was behauptet wird die "Fachwelt" bemüht zu erklären, daß es da "riesige Qualitätsunterschiede" gäbe - in Wahrheit gar kein Vergleich.
    (Weniger stilsicher geben sich die Experten allerdings stets dann, wenn ein Werk keinen gesicherten Autor hat :D )


    Allein Beethoven hatte, so scheint es wenigstens auf den ersten Blick, keinen auch nur annähernd ebenbürtigen - aber davon abgesehen - auch nur annähermd stilähnlichen Konkurrenten bzw Kollegen (wie mans betrachtet)


    Ist Czerny Beethoven ähnlich ? Ich kenne nicht alles, aber ich glaube nicht.
    SCHubert ? Ja vielleicht die Nr 6 und die "Große" - aber gleichzeitig tragen die so schubertsche Züge, daß man auch das nur schwer bejahen kann. Am ehesten kämen da noch Schuberts Klaviersonaten in Frage, zumindest einige - Trotzdem - eine ausgeprägte Schuberlinie ist auch hier nicht zu leugnen.


    Vor etwa 8 Jahren jedoch brachte cpo eine CD mit Sinfonien des Beethoven-Schülers und Privatsekretärs Ferdinand Ries in den Handel.


    Ich möchte hier keinen Streit über Qualität und Originalität vom Zaun brechen, aber ich behaupte, daß NIEMAND in der gesamten Musikgeschichte Beethovens Tonsprache näher stand als gerade er.


    Trotzdem weisen einige Werke auch sehr persönliche Züge auf, Beethoven schätzte den Schüler sehr, wenn er ihm auch gelegentlich durch seine exzessive Verehrung des Meisters auf die Nerven ging.


    Interessanterweise blieb das Echo auf einen Beitrag über die Sinfonie
    Nr 5 in diesem Forum aus.


    Ferdinand Ries: Sinfonie Nr 5 in d-moll op 112 -Epigonales Meisterwerk ?


    Ich gehe davon aus, daß viel zu wenige die Sinfonien Ries´kennen um sich an einem Thread zu diesem Thema beteiligen zu können, aber ich kann nur jedem Beethoven-Freund mal empfehlen in eine Ries-Sinfonie hineinzuhören.
    Ich behaupte hier nicht, daß Ries die Genialität eine Beethoven aufwiese - sondern lediglich, daß er eine Tonsprche benutzt, die jener Beethovens sehr ähnlich ist - Das allein sollte schon genügen sich näher mit dem Komponisten zu befassen - und das wird auch geschehen: Weitere Spezialthreds über die einzelnen Sinfonien sind geplant.


    Vielleicht kennt aber sonst noch jemand im Forum Komponisten "nahe bei Beethoven" ?


    Freundliche Grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ludwig van Beethoven


    Die gepuderten Perücken waren weg. Das Rokoko-Zeitalter vorbei.
    Somit stand Beethoven am Anfang einer neuen Entwicklung.


    Sein Kompositionsstil ist gekennzeichnet durch einfache Strukturen
    und ist in seiner betonten Schlichtheit leicht zu konsumieren
    Beethovens Botschaft ist die vom "himmlischen Vater", der alles richtet.


    Wenn jemand einen Zugang zur Klassischen Musik sucht oder mit dem
    Leben unzufrieden ist, empfehle ich ihm die "Pastorale". Sie hat den
    Charakter einer Wärmeflasche, die man mit ins Bett nimmt, wenn es draußen kalt ist.


    Ich denke, es ist schon zehn Jahre her, dass ich zuletzt Beethoven
    gehört habe. Die Musikgeschichte ist weitergegangen. Der Klangteppich
    hat sich erweitert und verfeinert, ist ganz einfach kunstvoller geworden.


    Allein, diese schrecklichen Klaviersonaten!


    Debussy ist einmalig! Messiaen ist einmalig! Hovhannes ist einmalig!-
    aber doch nicht Beethoven.


    Sein Fidelio ist mir ein Greuel. Wenn schon Leonore, dann Fernando
    Paer, der das gleiche Textbuch vertont hat - und Grubers Edith singt die Marcelina


    Luzifer
    :angel:

  • Salut,


    Étienne-Nicolas Méhul [1763-1817] wird bzw. wurde als der französische Beethoven gehandelt. Das bezieht sich m. E. jedoch maximal auf die mittlere Schaffensperiode. Wie man aus Beethovens Briefen weiß, hatte B. auch großes Interesse an Méhuls Werk.


    Die ganzen weiteren europäischen "Mozarts", also z.B.


    - der "spanische Mozart": Juan Crisóstomo de Arriaga [1806-1826]
    - der "schwedische Mozart" Joseph Martin Kraus [1756-1792]


    werden nicht wegen ihrer Musik, sondern wegen der Lebensumstände als solche bezeichnet: Der frühe Tod bzw. nahezu identische Lebensdaten sind hier maßgebend gewesen.


    Als "spanischen Mozart" würde ich in musikalischer Hinsicht den von Dir bereits erwähnten Martín y Soler bezeichnen. Ich finde solche Bezeichnungen eher herabwürdigend, wenn sie auch im allgemeinen Sprachgebrauch eher als Ehrenabzeichen gelten sollen... man sollte die Eigenständigkeit all dieser Komponisten nicht unter den Teppich kehren.


    LG
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Hallo,


    dass ich Beethoven für einmalig, unverwechselbar und den Größten überhaupt halte, habe ich wohl an anderer Stelle schon erwähnt. Leider kenne ich die Sinfonien von diesem Ries nicht.


    Aber bei Schubert kann ich weder in den Sonaten noch in den Sinfonien echte Ähnlichkeiten zu Beethoven entdecken. Bei Beethoven spielt der klassische Themendualismus, der in der Durchführung dialogisch fortgeführt wird, eine viel stärkere Rolle als bei Schubert. Dessen zweite Themen haben sehr oft einen episodischen Charakter, die beiden Themen werden nicht "gegeneinander", sondern "nebeneinander" gestellt. Dies soll keine Wertung darstellen, zeigt aber doch, dass Schubert schon etwas mehr in der Romantik verwurzelt war, als dies der Grenzgänger Beethoven sein konnte.
    Am ähnlichsten sind die beiden sich oft in den Mittelsätzen, beispielsweise bei Schubert in der c-Moll Sonate D 958 und bei Beethoven in der ebenfalls c-Moll Sonate op. 10/1, da sehe ich durchaus Ähnlichkeiten.


    Dir am engsten an Beethoven angelehnte Klaviersonate überhaupt stammt von Johann Nepomuk Hummel, f-Moll op. 20. Vor allem das Finale bezieht sich überdeutlich auf den dritten Satz aus op. 3/1. Übrigens montiert Hummel auf diesen Schlusssatz zur Steigerung ein Dur-Ende, das auf dem Thema der Jupiter-Sinfonie aufbaut. Heutzutage könnte man ihn wegen Plagiat sofort auf Schadenersatz verklagen :D


    Gruß, flo

    "Das Leben ist zu kurz für schlechte Musik"


    Wise Guys 2000

  • Hier ein kleiner, nichtiger Beitrag von einem aus dem Wiener-Klassik-Inkompetenzteam.
    Für mich, der sich wie gesagt aus Desinteresse noch nicht viel mit der Wiener Klassik beschäftigt hat, ist Beethovens Tonsprache (abgesehen von seinen Spätwerken!!) nicht einzigartig. Ich kann also nicht dafür garantieren, daß ich einen frühen Beethoven von Mozart oder Haydn unterscheiden kann. Vielleicht ist diese Tatsache für WK-Kenner gerade wegen meines Unwissens interessant, da ich denke, jemand mit der gleichen Unkenntnis (aber NICHT absolute Ignoranz!) des Barock wohl BACH viel besser vom Rest unterscheiden könnte, für mich hat Bach die einzigartige Tonsprache (Nein, mit Krebs verwechselt man ihn nicht und mit Reger letztlich doch auch nicht).
    Viele Grüße

    Das Frühstück ist ihm viel zuviel Zeremonie. Die ganze Lächerlichkeit kommt zum Ausdruck, wenn ich den Löffel in die Hand nehme. Die ganze Sinnlosigkeit. Das Zuckerstück ist ja ein Anschlag gegen mich. Das Brot. Die Milch. Eine Katastrophe. So fängt der Tag mit hinterhältiger Süßigkeit an.

  • Tamino XBeethoven_Moedling Banner
  • Zitat

    Original von bubba
    Hier ein kleiner, nichtiger Beitrag von einem aus dem Wiener-Klassik-Inkompetenzteam.
    Für mich, der sich wie gesagt aus Desinteresse noch nicht viel mit der Wiener Klassik beschäftigt hat, ist Beethovens Tonsprache (abgesehen von seinen Spätwerken!!) nicht einzigartig.


    Du lieber Gott... mein herzliches Beileid. ?(


    Ich halte Beethoven zwar auch nicht für den Größten, aber wir wollen ja schliesslich über seine Tonsprache reden. Die finde ich oft weniger tief und anspruchsvoll als Mozarts Tonsprache, dennoch dürfte aber vieles ab der "frühen mittleren Phase" unverkennbar Beethoven sein. Nehmen wir die dritte Sinfonie, die Eroica. Aber auch schon die ersten beiden Sinfonien sind für den Kenner der Wiener Klassik mit Mozart und Haydn eigentlich nicht vereinbar.

  • Liebe Forianer


    Daß ich Engelberts Ansicht über Beethoven nicht teile, bedarf eigentlich keiner besonderen Erwähnung, so ist für mich Beethoven ex equo mit Mozart, ganz vorne an der Spitze der Klassikpyramide.
    Es gab später Anderes, Neueres, nie jedoch Besseres


    Ich beziehe mich im Folgenden nun wieder ausschließlich auf Beethoven:


    Wie kein zweiter Wiener Klassiker hat er es zustande gebracht, auch bei der Mehrheit jenes Publikums, das heute vorwiegend Bruckner und Mahler hört, unangefochten zu bleiben, im Gegensatz zu Mozart etwa, dem gelegentlch Süsslichkeit vorgeworfen wird.


    pianoflo


    Sehr schön, daß Du Hummel erwähnst, wie gesagt es sollen ja Seitenlinien verfolgt werden, das Ziel dieses Threads ist ja zu Unrecht in den Schatten gedrängte Komponisteten aus dem näheren Umfeld Beethovens wieder ins öffentliche Interesse zu rücken.
    -----------------------


    Ich persönlich habe mir Ries ausgesucht, weil ich eine Serie über die Ries-Sinfonien plane.
    Der erste Beitrag dieser Folge, vor einigen Monaten stieß auf null Interesse.
    Inzwischen hat sich die Zusammensetzung des Forums stark verändert, viele neue Mitgtlieder kamen hinzu.


    Es ist natürlich schwer über einen Komponisten zu diskutieren, wo kaum jemand eine CD daheim hat. Andererseits kann man Leute oft schwer davon überzeugen sich eine Vollpreis-CD anzuschaffen, wenn sie noch nie Musik von einem Komponisten gehört haben. Schlägt man bei Harenberg im Konzerführer nach um sich zu informieren - Fehlanzeige.
    Was kann das schon besonderes sein, denkt da (zu unrecht) mancher.


    Ich lade daher ein, sich bei amazon durch ein paar Sampletracks von Sinfonien anzuhören - das kostet nichts und verschafft Euch einen ersten Eindruck. Ich empfehle hier insbesondere die CD mit den Sinfonien 3 und 5. Die Fünfte hatte ihren Thread schon, die Dritte folgt in Bälde.
    Üblicherweise poste ich keine Zitate aus anderen Quelle über ein Musikprojekt. In diesem Fall mach nich aber eine Ausnahme, zu sehr liegt mir Die Musik von Ries am Herzen....




    Es ist mir einfach unverständlich, wie Musik solchen Kalibers in die Vergessenheit abrutschen konnte. Ein dreifaches Vivat an cpo, die hier Pionierarbeitgeleistet hat. Das Projekt dürfte übrigens erfolgreich sein, den Inzwischen sind schon alle Sinfonien und etliches kammermusikalische bei cpo von diesem Komponisten erschienen, sieben oder acht CDs wenn ich nicht irre.


    Eine CD von Raptus records ist ebenfalls mit Werken von Ries (und Beethoven) erschienen, darauf findet man eine Klaviersonate in E-dur op 11 Nr 1


    Freundliche Grüße aus Wien


    Alfred



    Anmerkung der Moderation:
    Aus diesem Thread wurden alle Beiträge mit persönlichen Angriffen anderer Forianer entfernt - ein Weg den die Moderation auch in Zukunft konsequent gehen wird.
    (Dieser Hinweis wird binnen 12 Stunden von mir gelöscht
    Alfred Schmidt Administrator)

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ich habe von Ries leider bisher noch keine Musik gehört (höchstens mal im Radio flüchtig). Ebenso gibt es Kammermusik des Prinzen Louis Ferdidand (?), kenne ich aber auch nicht näher.
    Zwar glaube ich, dass ab etwa Mozart die meisten Komponisten ziemlich unverwechselbar komponierten und im 19. Jhd. die meisten einen deutlichen eigenen Stil hatten, aber im Fall Beethovens ist tatsächlich erstaunlich, wie die ungeheure Verehrung, die er im 19. Jhd. genoß und der Einfluß seiner Musik auf fast alle Nachfolger damit einhergeht, dass dennoch kaum Verwechslungen auftreten dürften.


    Schubert ähnelt Beethoven IMO nur sehr selten, in den Sinfonien überhaupt nicht, die sind bis zur 5. an Haydn und Mozart, mit ein bißchen Rossini dazu, orientiert und in der 8. u. 9. ist er sehr eigenständig. Höchstens vielleicht einige Scherzi (9.), aber das liegt einfach daran, dass das die Sätze sind, bei der man auf stereotpye Figuren kaum verzichten kann. Am stärksten an Beethovne erinnern mich wohl das d-moll-Quartett und einzelne Sonatensätze (ca. c-moll D 958, Kopfsatz der D-Dur 850), aber wenn man einen ganzen Satz hört, zeigt sich meistens Schuberts Breite und Lockerheit, ebenso die stärker ausgeprägte melodisch-lyrische Seite einerseits bzw. die repetitive Rhythmik andererseits.
    (Seltsamerweise gibt es ein paar Beethovensätze, die fast wie Schubert klingen, z.B. die Mittelsätze des Trios op.70,2, ein wenig auch das Erzherzogtrio)


    Von den berühmten Komponisten vielleicht am engsten an konkreten Werken Beethovens orientiert, bis hin zum "Abkupfern" hat sich der junge Mendelssohn, z.b. in den ersten Streichquartetten a-moll und Es-Dur, die wörtliche Anspielungen sowie sehr deutliche formale Parallelen zu Beethovens f-moll, a-moll und einigen weiteren Quartetten enthalten.
    Aber verwechseln würde man die Stücke auch nicht.


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Original von ThomasBernhard


    Du lieber Gott... mein herzliches Beileid. ?(


    Ich halte Beethoven zwar auch nicht für den Größten, aber wir wollen ja schliesslich über seine Tonsprache reden. Die finde ich oft weniger tief und anspruchsvoll als Mozarts Tonsprache, dennoch dürfte aber vieles ab der "frühen mittleren Phase" unverkennbar Beethoven sein. Nehmen wir die dritte Sinfonie, die Eroica. Aber auch schon die ersten beiden Sinfonien sind für den Kenner der Wiener Klassik mit Mozart und Haydn eigentlich nicht vereinbar.


    Freut mich unglaublich, Dein Beileid erweckt zu haben, dennoch verstehe ich nicht, wieso. Mitleid darüber zu äußern, daß ich nicht zu den "Kennern" der Wiener Klassik gehöre, brauchst Du nicht, denn das suche ich mir natürlich selber aus.


    @Alfred:
    "Es gab später Anderes, Neueres, nie jedoch Besseres"
    Klar, denn der Begriff "besser" passt doch nun in der Musik und also Kunst am allerwenigsten.


    Viele Grüße

    Das Frühstück ist ihm viel zuviel Zeremonie. Die ganze Lächerlichkeit kommt zum Ausdruck, wenn ich den Löffel in die Hand nehme. Die ganze Sinnlosigkeit. Das Zuckerstück ist ja ein Anschlag gegen mich. Das Brot. Die Milch. Eine Katastrophe. So fängt der Tag mit hinterhältiger Süßigkeit an.

  • Zitat

    Original von bubba
    @Alfred:
    "Es gab später Anderes, Neueres, nie jedoch Besseres"
    Klar, denn der Begriff "besser" passt doch nun in der Musik und also Kunst am allerwenigsten.


    Ein wahr Wort sprichst Du gelassen aus :yes: Ich kann mit "besser" in Kunst und Musik auch eher wenig anfangen. Woran misst man es? Wie genau? Warum ist Beethoven "besser" als Nono? Ich denke, wenn man über diese Frage nachdenkt, stößt man auf so viele eigentlich zu berücksichtigende Parameter, dass man eine "Hitparadisierung" lieber sein lässt...


    Beste Grüsse,


    C.

    Die wirkliche Basis eines schöpferischen Werks ist Experimentieren - kühnes Experimentieren! (Edgar Varèse)

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  • Hallo!


    Was ist denn Beethovens Tonsprache?
    Betrachtet man Musik als Kommunikationsform, dann gehören die frühen Sonaten und die späten Streichquartette sicher zu sehr verschiedenen Sprachfamilien.
    Für mich persönlich ist Beethoven ein einzigartiger Künstler, auf seine Originalität bezogen. Allerdings kenne ich viele der Zeitgenossen überhaupt nicht, so daß mein Urteil nicht dezidiert genug ist.


    Eine Symphonie von Ries hatte ich einmal bewußt im Radio gehört, stilistische Ähnlichkeiten sind vorhanden, vom Stuhl gerissen hat mich das Werk nicht.
    In der nächsten Zeit (1 Jahr oder mehr) möchte ich zunächst die Symphonik Haydns, Mahlers und Bruckners besser kennenlernen.
    Wenn ich mit den "Mainstream"-Komponisten fertig bin, wende ich mich vielleicht Ries&Co zu, vorher wohl nicht.


    Viele Grüße,
    Pius.

  • Ich habe eine sehr ambivalente Einstellung zu Beethoven. Mir gefällt der 3. Satz der "Sonata quasi una fantasia" op. 27/2 cis-moll wahnsinnig gut, er spielt auf jeden Fall in der obersten Klaviermusikliga mit; den 2. Satz hingegen finde ich fast eine Tortur für die Ohren. Und so geht es mir eigentlich überall bei ihm. Hin und wieder gibt es sehr schöne Stellen. Meistens aber dünkt mich seine Musik ziemlich hässlich, besonders in den größer besetzten Werken (Fidelio, Missa solemnis). Und dann mein größtes Problem: Die Musik geht mir - mit Ausnahmen, die wunderbar sind - nicht nahe, sie weckt keine Gefühle in mir und lässt mich teilnahmslos außen stehen. Einzigartige Tonsprache? Bei Berlioz habe ich die gleichen Probleme...

  • Liebe Forianer,


    Ich gestehe offen, daß es mir bei diesem Thread AUCH darum ging, darauf hinzuweisen, daß es (zumindest) EINEN Komponisten gibt, der (oberflächlich gesehen) sehr nahe an der Tonsprache Beethovens ist. Während gelegentlich spekuliert wird, wie schade es ist, daß Beethoven nur 9 Sinfonien heschireiben hat (Mange Ingotanten lassen davon sowieso nur 7 gelten, weil ja die ersten beiden noch zu sehr Vorbildern der Vergangenheit vertpflichtet sind) liegen hier wirkliche Schätze weitgehend im Dunkeln.*
    Interessant ist jedoch, daß es Musikfreunde gibt, denen Beethoven nichts zu dagen hat, und die Musik teilweise hässlich finden. Obgleich, DAS herauszufinden nicht intendiert war - so ist es doch bemerkenswert - und natürlich respektiere ich das.
    Persönlich habe ich Beethovens Musik nie als schroff uoder gar hässlich empfunden, sondern sehr Majestätisch und wuchtig, manchmal auch feurig und stürmisch - aber Beethoven gibt kaum je wo den Klassischen Ansatz auf (zumindest nicht aus heutiger Sicht)


    Ich sehe, da gibt es noch Themen für viele Jahre.... ;)


    Freundliche Grüße aus Wien


    Alfred


    * ganz so arg , wie ich das darstelle dürfte es ja nun nicht mehr sein - cpo hat inzwischen 10 CDs mit Werken dieses Komponisten herausgebracht.

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Salut,


    ja, Du und Dein Riessling... ich bleibe beim Bordeaux:


    Ich darf dann nochmal dezent-penetrant auf Étienne-Nicolas Méhul [1763-1817] hinweisen, denn den höre ich gerade jetzt...


    Méhul ist zu den bedeutenderen Zeitgenossen Beethovens zu rechen. Méhuls Werke nahmen Einfluss auf Fidelio und Beethoven schätzte Méhul sehr, wie man aus seinen Briefen zu wissen glaubt.


    Zwar steht die 1ste Sinfonie g-moll ganz im großen französischen Stil, dennoch bemerkt hier Robert Schumann im vierten Satz eine "Ähnlichkeit mit dem ersten Satz der c-moll-Sinfonie von Beethoven" und zwar so auffallend, dass hier eine Reminiszenz von der einen oder anderen Seite im Spiel sein muss. Das Menuett der 1sten Sinfonie hat sogar bereits deutliche "schubertische Scherzozüge"...


    Auch in der 2ten Sinfonie D-Dur finden sich Parallelen zu Beethoven: Ebenfalls im vierten Satz könnte man - mit ein wenig Phantasie - Beethovens Violinkonzert erahnen...


    Méhul wird auch als der "französische Beethoven" gehandelt... :stumm:


    Viele Grüße
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Da Beethoven mein absoluter Lieblingskomponist ist muss ich aufpassen, dass ich nicht verblendet antworte. Ich versuche es trotzdem:


    Beethoven hat seine Musik in einem Stilbereich geschaffen, dem man sehr wohl eindeutig einer Zeitspanne zuordnen kann. ( auslaufende Klassik bis beginnende Romantik ).


    Das Einzigartige aber an seiner Musik, ja das was meiner Meinung die Genialität und den immergrünen Charakter seiner Werke ausmacht ist die Tatsache, dass sie nie angestaubt wirkt und somit immer wieder aufs neue entdeckt werden kann. So vergleiche ich seine Pastorale einfach mal mit einem Smaragd. Seine Choral wirkt auf mich immer wie ein riesiger Diamant...

    alle Menschen werden Brüder ...

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  • Da will ich gar nicht viel sagen.


    Zur Zeit hörte ich wiederholt den letzten Satz von Op. 131. Wo findet man so etwas sonst.......


    Lieben Gruß aus Bonn :jubel:

    Was Du nicht willst, das man Dir tu, das füg auch keinem andern zu

  • Zitat

    Original von Aquarius
    Beethoven hat seine Musik in einem Stilbereich geschaffen, dem man sehr wohl eindeutig einer Zeitspanne zuordnen kann. ( auslaufende Klassik bis beginnende Romantik ).


    Wie kann man dies festmachen? Wenn man mit Zeitgenossen Beethovens vergleicht, kommt man eher zu einem anderen Ergebnis, oder?


    :hello:


    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Vielleicht meist Du damit, daß die Zeitgenossen, besonders Schubert zur Romantik gezählt werden, ohne wenn und aber.
    Ehrlich gesagt, fällt es mir schwer, Beethoven in diese Schublade zu stecken, wenn auch die hohe Subjektivität dafür spricht.


    Aber, die Definitionslage ist beim Thema Romantik zu befürchten ähnlich schwierig wie bei der Literatur.


    Viele Grüße aus Bonn :hello: :hello: :hello:

    Was Du nicht willst, das man Dir tu, das füg auch keinem andern zu

  • Für mich eindeutig der Klassik zuzuordnen sind die Instrumentierung und - zumindest beim Frühwerk noch sehr bestimmend - die Kompositionsformen, beispielsweise bei der ersten und zweiten Symphonie. Obwohl man bei der zweiten Symphonie beim langsamen Satz schon deutlich andere - für mich eben schon bisweilen richtig romantische Züge - erkennen kann.


    Wohl nicht nur für mich kann man wohl, insbesondere was die vordergründig ausholende emotionale Intensität betrifft beispielsweise den langsamen Satz der Choral doch recht gut der Romantik zuordnen. Wenn da das einmalig schöne Hornsolo erklingt...


    Auch weniger bekannte Spätwerke von Beethoven - ich denke da sofort an sein Opferlied op 110, oder auch an Meeresstille und Glückliche Fahrt - da kann man doch schon nach Brahms Musik greifen.

    alle Menschen werden Brüder ...

  • Zitat

    Original von Aquarius
    Für mich eindeutig der Klassik zuzuordnen sind die Instrumentierung und - zumindest beim Frühwerk noch sehr bestimmend - die Kompositionsformen, beispielsweise bei der ersten und zweiten Symphonie. Obwohl man bei der zweiten Symphonie beim langsamen Satz schon deutlich andere - für mich eben schon bisweilen richtig romantische Züge - erkennen kann.


    Wohl nicht nur für mich kann man wohl, insbesondere was die vordergründig ausholende emotionale Intensität betrifft beispielsweise den langsamen Satz der Choral doch recht gut der Romantik zuordnen. Wenn da das einmalig schöne Hornsolo erklingt...


    "Romantische Züge" lasse ich gerade noch durchgehen... Aber: da ich Musik der Romantik überhaupt nicht mag, Beethoven hingegen schon, kann das gar nicht sein. :rolleyes:


    Zitat

    Auch weniger bekannte Spätwerke von Beethoven - ich denke da sofort an sein Opferlied op 110, oder auch an Meeresstille und Glückliche Fahrt - da kann man doch schon nach Brahms Musik greifen.


    Zwar kenne ich die beiden genannten Werke nicht, aber: Hätte nicht Brahms auf Beethoven zurückgegriffen [man sagt so], könnte etwas wahres daran sein.


    Am ehesten noch käme mir für Beethovens mittlere bis späte Werke der Begriff "Neoklassik" in den Sinn...


    :hello:


    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

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  • Es ist in der Tat die auch beim Spätwerk konsequent vorhandene Formentreue gekoppelt mit dem gegenüber dem Klangapparat der Romantik insbesondere bei der Blechbläserbesetzung eher kleinen Orchestergrösse, die den Begriff "Neoklassik" wirklich als sehr passend qualifizieren. Bei einer Live-Aufführung der Choral wurde mir erst bewusst, mit welch einem kleinen Orchester da gearbeitet wird.


    Übrigens, obwohl ich in erster Linie spätromantische Musik und Filmmusik bevorzuge ist Beethoven mein Lieblingskomponist - ein Indiz mehr dafür, wie universell doch seine Tonsprache ist.

    alle Menschen werden Brüder ...

  • War Beethovens Tonsprache einzigartig ?


    Offenbar. Denn wenn Louis Spohr die Sätze seiner Historischen Sinfonie, ein gar unerträgliches aber dennoch witziges Werk, so betitelt:


    I. Bach-Händelsche Periode [1720]
    II. Mozart-Haydnsche Periode [1780]
    III. Beethovensche Periode [1820] [sic!]
    IV. Allerneueste Periode [1840]


    dann ist das immerhin ein Indiz dafür, oder? Wie hätte er das Scherzo auch sonst nennen sollen? Etwa Weber-Riessche Periode, Schubert-Hummelsche Periode? Hat der Hummel überhaupt herumsymphoniert? Romberg-Eberlsche? Mendelssohn-Mehüllsche?


    :hello:


    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Ich suche immer noch nach Ideen Beethovens Werke zu verfilmen
    hier habe ich eine sehr witzige Idee zur 5. Sinfonie gefunden
    (ein Ehepaar-Streit)
    "http://www.youtube.com/watch?v=EEhF-7suDsM"