Aus Alt mach Neu - Respighi, Strauss, Vaughan Williams und ihre Bearbeitungen

  • Eventuell sind die anderen Liebhaber der alten Musik mit dieser Form von "Wiederbelebung" weniger glücklich und lehnen sie ab - ich nicht :D


    Es geht um die Bearbeitungen alter Musik hauptsächlich von Resphigi, Richard Strauss und Vaughan Williams.
    Die "Ancient Airs et Dances" von Respighi dürften auch eine gewisse Bekanntheit haben.
    Eine ähnliche Sammlung "Gli uccelli" (die Vögel) weniger, obwohl sie dem gleichen Muster folgen.


    Respighi interessierte sich sehr für alte Musik und besonders für die Gregorianik (eine Schülerin soll ihn dafür begeistert haben :D und nicht nur dafür, er heiratete sie später...).


    So finden sich Bearbeitungen von Tartini und Locatelli, er befasste sich mit Opern von Paisiello, Cimarosa und Monteverdi.
    Von Monteverdis Orfeo machte er auch eine recht bekannte Bearbeitung.
    Dann kamen die Lautentabulaturen hinzu.


    Man könnte behaupten ihm war nicht unbedingt an einer Wiederbelebung der alten Musik gelegen sondern er wollte wohl vielmehr vergessene Musikschätze in neuem "Sound" erklingen lassen.


    Ähnlich verhält es sich wohl auch mit den "Couperin und Lully Bearbeitungen" von Richard Strauss.
    Für die Aufführung des "Bürger als Edelmanns" komponierte er einige Stücke und orchestrierte diverse Werke von Lully und integrierte sie.
    Später wurde aus diesem Werk was wohl wenig erfolgreich war, die Oper "Ariadne auf Naxos"
    Wesentlich unbekannter, aber von mir sehr geschätzt sind seine beiden Balletsuiten nach Cembalo Stücken von Francois Couperin.



    Ich besitze hierzu diese CD des Bamberger Symphonie Orchesters unter Rickenbacher.


    Sie sollten als "Verklungene Feste" in Kostümen und Dekors der Epoche Louis XV aufgeführt werden. Das ganze war bewusst historisierend gehalten.
    Erfolgreich war dieser Anachronismus nicht, die Werke verschwanden recht schnell...



    Am bekanntesten dürfte wohl Brittens "The Young Person's Guide to the Orchestra Op.34" sein.
    Die pompöse Eingangsfuge ist ein Thema Henry Purcells (1659-1695) aus der Masque "Abdelazer"



    Ebenfalls sehr bekannt sind die Bearbeitungen englischer Melodien und Tänze des 16. und 17. Jahrhunderts von Ralph Vaughan Williams.
    Seine Bearbeitung des "Greensleeves" machte eine ohnehin schon bekannte Melodie weltberühmt.
    Daneben werden oft die anderen Werke, wie z.B. die "English Folksong Suite" oder die "Fantasie on a Theme of Thomas Tallis" übersehen


    Nun seid Ihr dran was kennt Ihr, was schätzt Ihr, welche Aufnahmen sind zu empfehlen, was muß man gehört haben, Eure Favoriten... :hello:

  • Mit Respighi kann man mich jagen, eine weitere Verhackstückung ist die Boutique fantastique oder so nach Rossinischen Themen. Auch die Strauss'schen Suiten habe ich in unguter Erinnerung
    Ein Kitschmonster, das Sir Thomas Beecham zu verantworten hat, ist "Handel in Bath", besser "Handel meets Victorian bad taste at its worst" genannt. :kotz:


    Hörenswert dagegen:
    Außer der großartigen Tallis-Fantasie gibt es noch eine weite Variationenreihe von Vaughan-Williams, die ich vor Jahren mal gehört habe, ebenfalls über eine altes Choral-Thema "Dives and Lazarus)


    Arrangements:
    Bach/Schönberg Präludium und Fuge Es-Dur
    Bach/Webern Ricercare aus dem Musikalischen Opfer
    Bach/Stokowski, diverse, v.a Toccata & Fuge d-moll (an der Kitschgrenze, aber lustig) :D



    etwas freiere Verarbeitungen:
    Ravel Le Tombeau de Couperin
    Stravinsky Pulcinella (Pergolesi und Nicht-Pergolesi)
    Hindemith Sinfonische Metamorphosen über Themen CM v. Webers
    Reger Mozart-Variationen (ein Stück, das ich früher zu verabscheuen geneigt war, inzwischen aber rührend finde)


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Salut,


    als ich den Namen Ottorino Respighi das erste Mal vernahm, klemmte ich die Füße unter die Arme und wollte das Weite suchen... zum Glück war ich nicht schnell genug und erhörte Teile der „alten Tänze und Weisen“. Wesentlich mehr kenne ich bis dato noch nicht von Respighi. Diese Musik hat mich von Beginn an fasziniert und mittlerweile erkenne ich sie sofort, wenn ich daraus etwas höre. Für mich persönlich hat Respighi etwas Wunderbares geschaffen – egal ob im Spaß oder im Ernst. Zum einen hat er, wie bereits der Lullist beschrieb, „Altes“ ausgegraben und in ein neues Kleid verpackt – und das mit Verlaub: gekonnt! Vielleicht hat er auch nur damit herumgespielt – oder er war, wie ich oben erfahre, selbst begeistert von dieser Musik. Gewisse Zutaten von Gustav Mahler erkenne ich da: Zum einen den „Aufbruch“ in eine „neue Musik“, zum anderen das etwas neckische Herumalbern mit alten und sehr alten Musikvorlagen. Der Übergang ist total verwischt, das ist auch gut so.


    Auch das will erst einmal nachgemacht sein.


    Mit Stokowski kann ich da rein geschmacklich eher weniger anfangen; mir sind die Bach'schen Originale doch weitaus lieber...


    LG
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Auch ich lernte die "Ancient Airs et Dances" von ihm zuerst kennen, bzw. die Passacaglia nach Roncalli.
    Daraufhin wollte ich alle Stücke hören - und war begeistert, er hat sie ungemein gekonnt und mit viel Gefühl instrumentiert.
    Das hat auch wiederum dazu geführt diese Werke - soweit auf CD erhältlich - auch in ihrer "originalen" Form hören zu wollen.
    Molinaro, Gallot, Kapsberger usw. befinden sich nun auch in meiner Sammlung.


    Beide Interpretationen liebe ich.
    Aber seine sinfonischen Dichtungen, römische Brunnen und Feste sind für meinen Geschmack wirklich kitschig...


    Wie gesagt die Bearbeitungen von R. Strauss sind das einzige was ich mir von ihm mit Genuß anhören kann, alles andere stößt mich (bisher)ab.


    Die Bearbeitungen von Leopold Stokovsky empfinde ich wiederum auch als ziemlich kitschig, etwas überladen. Aber jede definiert Kitsch eben anders - und das ist auch gut so :D

  • Hallo Lullist,


    ich hätte nicht gedacht, dass ich Dir jemals antworten würde, weil Dein Spezialgebiet Barock nicht meine Musikrichtung ist, aber die von Dir genannten Werke habe und schätze ich fast alle sehr.


    Meine Favoriten möchte ich kurz vorstellen:


    1.) Respighi: Antike Tänze Nr.1 - 3 Boston SO /Ozawa

    Diese Aufnahme ist eine von Ozawas absoluten Meisterstücken und wird von mit oft aufgelegt.


    2.) Respighi: Gli Ucceli (Die Vögel)-Suite
    Von diesem Werk habe ich zwei Aufnahmen, die beide sehr gut sind:
    Ormandy / Philadelphia Orchestra (CBS-LP) und Hugh Wolf (Teldec-CD); beide sind derzeit nicht im Lieferprogramm der Händler.


    3.) Richard Strauss: Der Bürger als Edelmann-Suite op.60
    mit Donanyi / Cleveland Orchestra (Decca-CD). Diese geniale Aufnahme mit Tod und Verklärung gekoppelt, habe ich auch nirgendwo gefunden.


    4.) Die von Dir auch genannte Couperin-Suite op. 86 von R.Strauss konnte mich bisher nicht begeistern. Nein, diese Musik ist mir zu langweilig !
    Diese Musik ist bei EMI unter dem Begriff "Der unbekannte Richard Strauss" herausgekommen - vieleicht habe ich nicht die richtige Aufnahme gehört.


    5.) Britten: Orchesterführer für junge Leute
    Ich nenne hier den deutschen Titel, aber es sind natürlich die Purcell-Variationen. Ein fantastisches Werk, das ich auch bei meinen Töchtern schon mit Erfolg "anbringen" konnte. Nur einer kann es so gut wie der Komponist Britten (Decca-CD) selbst interpretieren und das ist die TOP-CBS-Aufnahme mit Bernstein / NewYorker PH (SONY-CD).



    Die Britten-Aufnahme gibt es auch in anderen Kopplungen bei Decca. Die Bernstein-Aufnahme ist derzeit in dieser Version verfügbar.


    6.) R.V.Williams: Greensleeves-Fantasia und Tallis-Fantasie
    Die Decca-Doppel-CD bietet beide Werke in bester Technik und TOP-Interpretation mit Marrianer und Boult / Academy of St. Martin IDF.
    Das die enthaltende English Folk Song Suite sind Bearbeitungen von englischen Volksliedern - richtig die gehören auch hier hin.


    Gruß aus Bonn, Wolfgang