Premiere am 18.09. 2015 an der Rheinoper Düsseldorf Strauss Arabella

  • Gestern Abend war ich in Düsseldorf in der Premiere von Arabella. Diese Oper haben meine Begleiterin und ich gestern zum ersten Mal live gesehen und waren leider nur von der musikalischen Seite ganz begeistert. Inszeniert oder verunstaltet ( wie Gerhard immer so schön schreibt ) wurde das ganze von einer Frau und zwar von Tatjana Gürbaca. Die Rheinoper Verantwortlichen haben sich wahrscheinlich gedacht das bei der Arabella eine Frau die Hauptfigur ist also kann man die Oper auch von einer Frau verunstalten lassen. Das ganze Einheitsbühnenbild besteht aus einer weißen Wand die dank Drehbühne immer auf und zu gefahren werden werden kann, was nach einiger Zeit nervig wird. Meine Freundin und ich hatten am Anfang die Gleiche Idee das das Ganze wohl in einer Irrenanstalt spielen soll anstatt in einem Hotel. Im zweiten Akt hab ich mich auf eine zünftige Massenorgie gefreut wurde aber leider enttäuscht. Da war das doch eher RT für Anfänger und es gab nur zwei nackte Choristen die sexuelle Handlungen angedeutet haben , die Frauen haben sich leider nicht entkleidet. Bei einem Regisseur wäre das anders gewesen . Auch die Fiaker Milli hatte keine Strapse oder Lack und Leder an sondern nur einen schwarzen Frack. Dafür war es um die musikalische Seite viel besser bestellt. Den Rosenkavalier habe ich so oft schon live gesehen muss aber feststellen das mich das Duett im ersten Akt zwischen Arabella und Zdenka und das Duett im zweiten Akt zwischen Arabella und Mandyka mehr berührt hat als das Terzet im Rosenkavalier im dritten Akt. Obwohl mich die Figuren doch etwas an den Rosenkavalier erinnern. Graf Waldner erinnert mich an den Ochs, Arabella an die Marschallin, Mandryka an Faninal . Jaquelyn Wagner war eine berührende Arabella die sowohl die leisen als auch die lauten Passagen wunderbar singen konnte . Auch darstellerisch konnte sie wie die anderen Sänger überzeugen. Simon Neal war ein gut aussehender Mandryka mit einem kernigen Bariton. Ganz hervorragend war Anja Nina Bahrmann als Zdenka. Ebenfalls überzeugend waren Thorsten Grümbel als Waldner und Susan Maclean als Gräfin. Einen leider nur kurzen Auftritt hatte Elena Sancho Pereg als Fiaker Milli. Am Ende gab es mehr Jubel als bei einer Wagner Vorstellung und bei Jaquelyn Wagner gab es sogar stehende Ovationen. Chor und Sänger wurden lautstark gefeiert während der Dirigent Lukas Beikircher einige unberechtigte Buhrufe über sich ergehen lassen musste. Insgesamt spielten die Düsseldorfer Symphoniker ganz wunderbar ab und an wurde es etwas lauter aber das war zu ertragen. Das Regieteam wurde ausgebuht bekam aber von einigen Verirrten lautstarke Bravos. Ich werden mir die Oper noch mal ansehen aber nur wegen der schönen Musik die Inszenierung kann man leider vergessen.

  • Die erste Kritik steht schon online im opernetz und dort wird meine Auffassung bezüglich der Regie und der Sänger geteilt. Nur der Dirigent kommt dort auch sehr schlecht weg.





    Satire statt Komödie


    Die Aufgabe des Regisseurs ist, einen Stoff zu verstehen, ihn zu durchdringen, bislang möglicherweise nicht erfasste Denkansätze zu formulieren und das Ergebnis seiner Arbeit in einer Form auf die Bühne zu bringen, die das Publikum in einer Weise berührt, die es bislang nicht kannte. Das ist ein hoher Anspruch, den nicht viele Regisseure im Musiktheater einlösen können. Klappt es bisweilen noch in der Theorie, ist das dann in hehren Worten im Programmheft nachzulesen – und der Zuschauer staunt, weil er das alles so gar nicht auf der Bühne gesehen oder das Gesehene so nicht verstanden hat. Viel häufiger also klemmt es bei der Umsetzung von der Theorie in die Praxis. Und das führt dann zu der Massenware, die wir immer häufiger auf den Bühnen geboten bekommen.


    Tatjana Gürbaca gilt als erfahrene Regisseurin mit einem breiten Repertoire, war 2013 „Regisseurin des Jahres“ und von 2011 bis zum vergangenen Jahr Operndirektorin in Mainz. 2009 inszenierte sie Salome an der Deutschen Oper am Rhein Düsseldorf Duisburg – und polarisierte. Jetzt eröffnet sie die Spielzeit in Düsseldorf mit einer Neuinszenierung der Arabella. Eine durchaus anspruchsvolle Aufgabe, weil dramatische und Dialogelemente immer wieder die eigentliche Feierlaune des Stücks überlagern.


    „Die Drehtür dreht sich, schwingt, schwingt, schwingt …“ schrieb Vicki Baum 1929 in Menschen im Hotel. Für Gürbaca das Moment, das sie für ihre Einstudierung aufgreift. Sie lässt Henrik Ahr eine reduzierte Guckkastenbühne auf der Bühne ganz in weiß bauen, die im Wesentlichen aus zwei Drehtüren besteht. Zwei Stühle ergänzen die Ausstattung. Eine dermaßen starke Reduktion ist mutig, muss sie doch durch Kostüme oder eine überaus starke Personenführung kompensiert werden. Für die Kostüme zeichnet Silke Willrett verantwortlich. Und enttäuscht. Warum Strickware, die auch noch zur Selbstgeißelung von Zdenko dienen muss, zum Verständnis der Figuren beiträgt, weiß vermutlich allein Willrett. Eine Arabella, die sich als Barbie in pink präsentiert, ehe sie am Ende in Trauer vulgo einem schwarzen, hochgeschlossenen Kleid in die doch eigentlich glückliche Zukunft schreitet – auch das wird sich allein der Kostümbildnerin erschließen. Ansonsten lässt sie ihrer Fantasie freien Lauf; ein Lauf, der dem Publikum neben der Buntheit einer Feiergesellschaft verborgen bleibt. Und während die Drehtüren sich weitgehend unmotiviert weiter bewegen, wartet das Auditorium auf die Personenführung. Die nimmt nahezu satirische Züge an. Wenn Oper sich über Oper lustig macht: so darf man etliche Szenen berechtigt überschreiben. Wenn die Rampe als wichtigster Aufenthaltsort entsteht, unechte Abgänge zur Regel werden oder Mandryka immer wieder verzweifelt die verschiedenen Punkte einer weißen Wand anstarrt. Die „Orgie“, in der das Regelwerk überzogener Moralvorstellungen in das Rauschhafte umkippt, ist so gestaltet, dass man sie auch ohne Schwierigkeiten im Kindergarten zeigen kann, ja, auch dann, wenn sich Männlein und Weiblein in Zweier- und Dreiergruppen, lesbisch, schwul und hetero begatten. Das ist so aufregend wie ein Alka-Seltzer im Wasserglas. Dass sich das Ende an der Rampe gestaltet wie der endlose Zug an einem alten, festgeklebten Kaugummi auf dem erhitzten Asphalt einer Bundesstraße im Sommer, ist dann nur noch logische Konsequenz.


    Eine solche Inszenierung kann man sich nur leisten, wenn man über Sängerinnen und Sänger verfügt, die ihre Stimmen in überdurchschnittlicher Qualität zum Einsatz bringen. Und damit kann die Rheinoper punkten. Jacquelyn Wagner glänzt als Arabella in allen Tonlagen ohne Schwierigkeiten. Ein Genuss! Susan McLean beherrscht die Adelaide. Und Anja-Nina Bahrmann gefällt ausgesprochen gut in ihrer anfänglichen Hosenrolle als Zdenko, aus dem dann später Zdenka wird. Simon Neal behauptet sich überwältigend als Mandryka gegen das Orchester. Wie inzwischen gewohnt, gefällt Corby Welch ausnehmend gut in der Rolle des Matteo. Die Diskrepanz im Alter von Arabellas Vater und dessen künftigem Schwiegersohn nimmt man gerne hin, weil man so die Leistungen von Thorsten Grümbel als Graf Waldner erleben darf. Mit expressiven Koloraturen begeistert Elena Sancho Pereg, die auch schauspielerisch die Sonderrolle der Fiaker-Milli erfrischend im Griff hat. Auch in den übrigen Rollen gibt es sowohl schauspielerisch als auch sängerisch nur Erfreuliches zu berichten.


    Ganz im Gegensatz zur Musik. Seiner Biographie zufolge debütiert Kapellmeister Lukas Beikircher mit dieser Arabella-Aufführung. Und ist damit überfordert. Das Gefühl für Strauss fehlt ebenso wie die Balance zwischen Bühne und Graben. Gnadenlos werden die nach Kräften laut agierenden Sängerinnen und Sänger von der Musik völlig überflüssig überdeckt. Fair ist zu erwähnen, dass so mancher Dirigent die Möglichkeiten des neuen Grabens und der verbesserten Akustik im Düsseldorfer Opernhaus unterschätzt. Aber mit dieser Vehemenz und fehlenden Differenzierung hat man es doch selten erlebt.


    Ausnahmsweise teilt das Publikum die Auffassung des Kritikers. Selten hat man in der jüngeren Vergangenheit so viel überzeugte Buh-Rufe für die musikalische und inszenatorische Leistung erlebt, während das Personal auf der Bühne förmlich mit Bravo-Rufen überschüttet wird.


    Michael S. Zerban













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  • Ein Satz in der Kritik im Opernnetz weist auf ein Kriterium hin, das die heutigen Operninszenierungen zum Verunstaltungtheater degeneriert:

    Zitat

    Zitat: Und das führt dann zu der Massenware, die wir immer häufiger auf den Bühnen geboten bekommen.

    Das von Rodolfo vermutete "Irrenhaus" scheint immer wieder so eine beliebte und dumme Inszenierungsidee zu sein, ähnlich wie wir häufiger Opern als Zirkus erleben. Die Oper wird immer mehr zu einer zusammengewürfelten Ware von der Stange, die man einkauft und nach Belieben neu zusammensetzt. Wo bleibt der Regisseursnachwuchs, der Regie nicht nur oberflächlich studiert hat und sich an leuchtenden Beispielen der Vergangenheit orientiert? Warum folgen alle nur dem Modetrend, alles in die Gegenwart zu verlegen und es der Seichtigkeit der Fernsehserien zu bieten, die häufig sogar noch Gold dagegen sind.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)