Am Schluss viel Arbeit für Marzelline - eine "Fidelio"-Inszenierung in Trier

  • Ich deutete diese Inszenierung gestern schon an, die mir ein Freund von der Mosel telefonisch schilderte. Leider wurden wir aus wichtigen Grunde unterbrochen, so dass ich mich erst heute näher informieren konnte.
    Also zu Beginn die Männer im Urinal, die dann dem Publikum zeigten, was sie aus der Hose geholt hatten und Selbstbefriedigung simulierten (Anderenorts wäre das als Exhibitionismus mit Strafe belegt worden). Die Wärterwohnung Roccos strotzte vor Schnaps und Säcken für die Leichen. Leonore duscht mit der verliebten Marzelline und dieser fällt überhaupt nicht auf, dass sie eine Frau ist (Ob Liebe wohl so blind macht?). Florestan wird im Kofferraum eines Transporters angekarrt, in dem er zusammengekauert seine Arie singen muss. Inzwischen bereiten Rocco und Leonore mit Geräten für eine Baustelle und dem üblichen Kasten Bier, den diese schwere Arbeit erfordert, ausgerüstet Florestans Grab vor. Er wird zwar gerettet, aber am Schluss mach der Regisseur, der nach der Meinung einiger "Künstler" ist, alles platt. Nur Marzelline bleibt übrig, die als Reinigungskraft das viele Theaterblut wegputzen muss.
    Das sind nur einige Details, man kann hier nicht alles schildern. Man kann in verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften mehr darüber nachlesen.
    Dazwischen gab es Szenen, die gar nicht zur Oper gehören, wie z.B. eine rabiate Verhörszene und eingeblendete Musik moderner Komponisten. Hin und wieder erklang dann auch Beethoven.


    Ich frage nun:
    1. Darf man so etwas überhaupt als "Fidelio" von Beethoven verkaufen?
    2. Ist es übertrieben, wenn ich und viele andere das als "Verunstaltung" eines Meisterwerks ansehen?
    3. Ist es schon eine Verletzung der Würde eines Regisseurs, wenn man das als "Unsinn" bezeichnet und sich als normal denkender Mensch fragt, wie jemand solch absurde Ideen haben kann?
    4. Ist es unzulässig, sich aus solchen Details ein Urteil zu bilden, ob man sich so etwas antun, dafür kostbare Zeit und das gar nicht so locker sitzende Geld verschwenden möchte?
    5. Wird es jetzt hier wieder einen riesigen Aufstand geben?


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)


  • Lieber Gerhard,


    meine Meinung dazu in aller Kürze:


    1. Meiner Meinung nach nicht - für meine Empfinden handelt es sich um etwas Neues, das man als eine Oper "nach Motiven von Beethovens Fidelio" bewerben sollte, zumal hier noch andere Musik dazumontiert wird. Was ja auch nicht schlecht sein muss - nur sind die Änderungen m. E. zu stark, als dass man hier von einer reinen Interpretation Beethovens sprechen kann, hier wurde etwas Neues geschaffen.


    2. Nun ja, wenn das Deine Meinung ist, finde ich das durchaus legitim. Das ist eine harte Kritik, die jedoch auf die Sache bezogen ist und nicht auf den Menschen, der Regie führt, von daher hielte ich diese Aussage für akzeptabel.


    3. Eine Inszenierung als "absurd" oder "unsinnig" anzusehen, v.a. wenn man es anhand konkreter Beispiele belegt und transparent macht, wie Du es immer tust, finde ich auch in Ordnung. Das heißt ja nicht, dass der Regisseur ein schlechter Mensch ist, oder man ihn als Menschen nicht respektiert, aber seine Arbeit darf man sicherlich auch scharf kritisieren - damit muss ein jeder Künstler rechnen, der sich in die Öffentlichkeit begibt, so auch der Regisseur.


    4. Ich finde es auch legitim, wenn man sich einer solchen Inszenierung verweigert, weil sie den eigenen Wünschen und Vorlieben zuwiderläuft. Warum soll man nicht subjektiv entscheiden, welche Aspekte einer Inszenierung man sehen möchte, und ablehnen, was man dazu als inkompatibel ansieht? Davon unberührt bleibt ja, dass ein anderer genau diese Inszenierung vielleicht mit Genuss und Gewinn betrachtet, und der Regisseur vielleicht auch viel Arbeit und Überlegung investiert hat - jeder nach seinem Gusto, denke ich, ohne dass deswegen jemand, der andere Aufführungen bevorzugt, einen schlechten Geschmack oder ein mangelndes Kunstverständnis hätte - er möchte einfach etwas anderes sehen, bekommt es auch geboten - das ist ebenso legitim und honorig wie die konservative Auffassung (der ich ja auch überwiegend anhänge). Toleranz ist da das Gebot der Stunde, und wenn ich v.a. weiß, dass jemand anders sehr an dieser für mich inakzeptablen Inszenierung hängt, und ein großartige Erlebnis damit verknüpft, dann kann ich darin auf jeden Fall einen Wert sehen, selbst wenn der sich mir subjektiv nicht in der gleichen Weise erschließt.


    5. Lieber Gerhard, ich hoffe nicht! Zumindest denke ich, dass eine sachlich geführte Diskussion immer konstruktiv ist, wenn die Achtung vor den Gesprächspartnern gegeben ist und der Künstler, dessen Werk ich kritisiere, nicht als Mensch diskreditiert wird. Ich kann zwar verstehen, dass insbesondere die Oper mächtige Gefühle erweckt, mehr noch als andere Kunstformen, und dass dann die Diskussion leicht emotional wird - jedoch denke ich hier, dass die impulsive Gefühlsaufwallung ein schlechter Ratgeber ist. Auch, wenn andere Menschen meine mir so kristallklar scheinenden Argumente nicht einsehen und andere Schlussfolgerungen ziehen - damit kann ich gut leben. Das macht das Leben doch erst bunt, dass wir nicht alle das Gleiche denken, meinen, empfinden, fühlen.


    Feiern wir doch diese Mannigfaltigkeit und Vielfalt, anstatt uns in missionarischem Eifer zu ärgern, dass wir andere nicht von unserer Haltung "überzeugen" können.


    herzlich,


    Don Gaiferos

  • Lieber Don Gaiferos,


    du hast genau das gesagt, was ich auch denke. Vielen Dank für deine erschöpfende Antwort. Ich hoffe auch, das hier nicht wieder ein solcher unsinniger Aufstand entsteht, wie z.B. bei der Meinung zu einer im ersten Beitrag eines Themas aufgeworfenen Frage, ob die Zuschauer ein Bühnenbild ohne Anleitung verstehen (ich hielt es in solchem Fall für verfehlt) oder dass ich ein Papierschiffchen in einer Oper "Vasco da Gama" persönlich als Lächerlich empfinde. Es muss ja keiner der gleichen Meinung sein (viele waren es), aber es muss auch nicht persönliche Angriffe zur Meinung eines anderen geben.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • oder dass ich ein Papierschiffchen in einer Oper "Vasco da Gama" persönlich als Lächerlich empfinde. Es muss ja keiner der gleichen Meinung sein (viele waren es)


    Von denjenigen Taminos, welche den Berliner "Vasco" wirklich gesehen habe, und das waren fünf, war NIEMAND deiner Meinung, dass das lächerlich gewesen sei! Im Übrigen frage dich doch mal bitte, lieber Gerhard, ob du mit deinem penetranten Wiederaufwärmen solcher Streitdiskussionen bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit hier wirklich als "Friedensengel" tätig bist...

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Lieber Stimmenliebhaber,


    Und wenn zehn Leute anderer Meinung sind, verlangst du doch nicht etwa, dass ich auch dieser Meinung bin? Ich gehöre nicht zu den Leuten, die jeder Mode nachlaufen. Ich habe mir ein Leben lang meine Individualität bewahren können. Ich lasse euch gerne eure Meinung, lasst mir bitte auch meine. Ein Meinungsdiktat (ich will es nicht gerade Gehirnwäsche nennen) kannst du bei mir nicht anbringen.
    Und versucht nicht immer, mir und anderen im Forum das Anprangern entstellender Inszenierungen verbieten zu wollen oder kannst du beweisen, dass wir irgendwo versucht haben, eure Meinung mit allen Mitteln zu unterbinden?



    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Lieber Gerhard,


    es geht darum, dass du zum Berliner "Vasco" eine Rubrik über ein "lächerliches, kindisches, albernes Papierschiffchen" aufgemacht hast - und dass alle, die drin waren, dir widersprochen haben, weil die Live-Wirkung im Raum eine ganz andere war. Natürlich kannst du weiter Inszenierungen, die du nicht gesehen hast, auf Grundlage von Szenenfotos beurteilen, du musst dann aber auch akzeptieren, dass ich und viele andere Inszenierungsbeurteilungen von Leuten, welche die Inszenierung wirklich gesehen haben, ernster nehmen. Mit Meinungsdiktat hat das nichts zu tun, sondern mit der Qualität und Kompetenz von Urteilen und der Breite ihrer Grundlage.


    Und das Papierschiffchen-Thema hast du hier in dieser Rubrik zum bestimmt fünften Male innerhalb der letzten 14 Tage nachgeschoben, obwohl es längst durch ist, aber ich habe bei dir leider das Gefühl, dass du auch nicht Ruhe geben kannst, bis du das Gefühl hast, dich in allen Streitpunkten vollständig durchgesetzt zu haben. Du solltest also ruhig mal überlegen, ob du "Vasco", "Boccaccio" und was du hier in deinem vorletzten Beitrag noch alles wieder nachgeschoben hast, wirklich immer wieder nachschieben musst - oder darfst dich andernfalls über das Echo nicht wundern!

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Lieber Stimmenliebhaber,


    diese Wiederholungen sind natürlich lästig, aber sie dienen immer wieder als Beweis, wie versucht wird, andere hier im Forum nieder zu knüppeln. Ginge der Versuch nicht weiter, wären auch diese wiederholten Hinweise darauf nicht nötig.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • 1. Darf man so etwas überhaupt als "Fidelio" von Beethoven verkaufen?

    Ich frage mich ja selbst manchmal, ob es in Ordnung ist, wenn man eine Scarlatti-Sonate, gespielt auf einem modernen Klavier und nicht auf dem Cembalo, einfach so unter Scarlatti verkauft und das falsche Instrument nicht eigens kennzeichnet. So würde ich das dann wohl auch in diesem Fall sehen.



    2. Ist es übertrieben, wenn ich und viele andere das als "Verunstaltung" eines Meisterwerks ansehen?

    Ja, natürlich ist das übertrieben, so verliebt man in das Wortspiel Veru/anstaltung auch sein mag. Es ist eine Interpretation. Holger hat hier schon oft und zur Genüge dargelegt, was es mit der sogenannten Werktreue auf sich hat. Ich sehe hier einen erheblichen Spielraum und ich bin mir nicht sicher, ob es mir, über eine persönliche Meinungskundgebung à la gefällt mir oder kann ich nichts mit anfangen hinaus, zusteht, da Werturteile zu fällen.



    3. Ist es schon eine Verletzung der Würde eines Regisseurs, wenn man das als "Unsinn" bezeichnet und sich als normal denkender Mensch fragt, wie jemand solch absurde Ideen haben kann?

    Ich wäre da zurückhaltender, denn manches, was mir als absurd vorkommt, hat dennoch einen Sinn. Ich habe gelernt, dass es viele Sachen gibt, die ich nicht verstehe. Und was ein normal denkender Mensch ist, kann ich mit meinen fast 64 Jahren immer noch nicht sagen. Zur persönlichen Verunglimpfung würde es, wenn von Horrorinszenierungen die Rede wäre, wie sie Regisseure verbrechen (sie begehen ein Verbrechen), oder von der Seuche des Regietheaters (die Regisseure machen, bildlich gesprochen, etwas, das zu einer ansteckenden Krankheit führt), oder vom Missbrauch (auch das ein Wort, das den Regisseuren eine schlimme Handlung unterstellt) der Musik eines fremden Komponisten, oder von einer neuen geplanten Schandtat eines berüchtigten Regisseurs, oder wenn Regisseure als Überschmierer bezeichnet werden. Ein persönlicher Angriff wäre es auch, wenn man von modischen Regisseuren reden und ihnen unterstellen würde, sie würden sich statt für das Werk und seine Musik nur für ihre eigene Person interessieren und die daher nach Belieben die Werke anderer verunstalten würden, oder sie würden das nur um ihrer Selbstdarstellung willen tun.



    4. Ist es unzulässig, sich aus solchen Details ein Urteil zu bilden, ob man sich so etwas antun, dafür kostbare Zeit und das gar nicht so locker sitzende Geld verschwenden möchte

    Man muss für sich eine Entscheidung treffen, was man sich anschaut. Dabei ist es jedem selbst überlassen, wie er zu seiner Entscheidung kommt. Es ist natürlich zulässig, sich aus solchen Details ein Urteil zu bilden. Man sollte sich dabei allerdings im Klaren darüber sein, dass dieses Urteil höchst subjektiv und angreifbar ist.

  • Zitat

    Ich frage mich ja selbst manchmal, ob es in Ordnung ist, wenn man eine Scarlatti-Sonate, gespielt auf einem modernen Klavier und nicht auf dem Cembalo, einfach so unter Scarlatti verkauft und das falsche Instrument nicht eigens kennzeichnet.


    Liebe Dieter,


    ich denke, wenn diese Scarlatti-Sonate, sagen wir auf einem Steinway, sagen wir von Horowotiz gespielt wird, und wenn dieser Vortrag der Partitur entspricht, dann kann man das schon unter Scarlatti verkaufen:



    Dieses dürfte man dann ja auch nicht unter Bach verkaufen:



    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Die Frage von Dieter ist schon berechtigt. Wenn man darauf besteht, dass eine Oper in historisch "korrekten" Kulissen und mit historischen Kostümen aufgeführt wird, so wie es dem Komponisten seinerzeit vorschwebte, und eine Aufführung in zum Beispiel moderner Kleidung als Verfremdung ablehnt, dann müsste man erst recht die Aufführung von für das Cembalo komponierten Barock-Stücken mit einem modernen Steinway als Verfremdung ablehnen.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

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  • Lieber Gerhard,


    dies sind Antworten von meinem Bekannten, der selber als Regisseur arbeitet und auch schon den Fidelio inszeniert hat.


    1. Leider ja, denn der ganze Handlungsplott dreht sich immer noch um Fidelio der die Hauptfigur ist.


    2. Jeder hat zum Glück eine andere Sichtweise


    3. Nein ein Regisseur mag es wenn am Ende Bravos aber auch Buhrufe kommen denn nur so kann man über eine Inszenierung diskutieren und umso länger wird sie auch in der Presse diskutiert.


    4. Es gibt ja in jedem Opernhaus auch preiswerte Karten und man sollte sich immer ein eigenes Bild von der Inszenierung machen. Es gab ja vor einigen Wochen einen konventionellen Tannhäuser aus der MET in den Kinos. Da gab es aber auch fast so gut wie keine Resonanz aus dem Taminoforum.

  • Zitat

    Zitat von Rodolfo: Es gab ja vor einigen Wochen einen konventionellen Tannhäuser aus der MET in den Kinos. Da gab es aber auch fast so gut wie keine Resonanz aus dem Taminoforum.


    Ja, das ist schade. Ich kenne diese wunderbare Inszenierung von Otto Schenk aus der MET, allerdings mit Cassily, Marton, Troyanos, Weikl und habe sie auf DVD. Deshalb hatten wir uns vorgenommen, uns die Inszenierung im Kino anzusehen, was aber durch zwei Operationen meiner Frau verhindert war, die vorläufig nicht über längere Zeit sitzen darf.
    Interessant ist aber auch die Antwort deines Freundes zu meiner ersten Frage: Leider ja. Ich muss dazu weiterhin fragen: Ist das nicht ein Betrug am unvorbereiteten Publikum, das sich Karten für einem "Lohengrin" von Wagner gekauft hat und nun solch ein Debakel erleben muss? Für Verärgerung ist mir jeder Cent zu schade, nein sogar geschenkter Ärger ist nicht zu akzeptieren. Wie ich gelesen habe, haben viele Zuschauer den Saal schon während des ersten Aktes verlassen. Da finde ich den Vorschlag, dass man so etwas als "nach Motiven von Beethoven Fidelio" deklarieren sollte gut. Dann weiß wenigstens jeder im Voraus, woran er ist und muss sich das gar nicht erst ansehen. Und diejenigen, die so etwas lieben, wissen auch Bescheid.
    Früher konnte man bedenkenlos in die Oper gehen. Heutzutage bleibt also gar nichts anderes Übrig, als sich vorher an Bildern, Ausschnitten und Berichten zu orientieren, wenn man sich keinen Ärger einhandeln will.



    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Wie furchtbar, Gerhard! Und das wird von unseren Steuergeldern unterstützt! Hoffentlich werden bald die Subventionen vollends gestrichen, dann ist schluss mit der Nabelschau!

  • Und das wird von unseren Steuergeldern unterstützt! Hoffentlich werden bald die Subventionen vollends gestrichen, dann ist schluss mit der Nabelschau!


    Und wieder einmal der Hinweis, dass der Anteil der Kultursubventionen am Steuerhaushalt (leider) verschwindend gering ist - vulgo: Da wird keiner von uns ein Frühstücksei weniger essen müssen! - und es dann nicht Schluß mit der Nabelschau, sonder Schluß mit Oper ist!

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Lieber Knusperhexe,


    wie recht du hast. Zwar wird niemand von uns dadurch - wie Michael Schenk meint - ein Frühstücksei weniger essen, aber es gibt wesentlich förderungswürdigere Projekte als solchen Unsinn. Handwerkern kürzt man ja auch die Rechnung bzw. bezahlt nicht, wenn sie Pfusch gemacht haben. Ggf. kündigt man ihnen. Regisseuren, die für mich ebenfalls nur (gelernte) Handwerker ihres Fachs sind, die eine im Originalwerk vorgegebene Aufgabe zu erfüllen haben (nicht wie hier oft behauptet wird, eigenständige "Künstler", schon gar nicht, wenn ihre "Kunst" allein darin besteht, fremde Werke zu überschmieren), zahlt man noch Geld für diese Art der Selbstverwirklichung ohne Rücksicht auf das Werk. Diese Gelder sollte man in bessere Projekte investieren. Aber jetzt werden mir hier wieder einige Verletzung der Menschenwürde vorwerfen.
    Uns als Steuerzahlern kann nicht egal sein, was mit unserem Geld geschieht. Gerade jetzt vor Weihnachten bekommt man von allen möglichen Institutionen, die man gar nicht alle bedienen kann, demonstriert, wo das Geld fehlt. Natürlich ist das Geld für gute Kultur nicht hinausgeworfen und ich spende auch gerne - neben den Steuergeldern - für kulturelle Zwecke, soweit sie sinnvoll sind. Aber für so einen Zweck prangere ich - wie du - die Verschwendung von Steuergeldern an.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Und wer entscheidet dann, was "gute Kultur" ist? Soll das per Abstimmung unter den Opernbesuchern ermittelt werden? Wenn man die Förderung von Kunst und Kultur immer nur am jeweils gegenwärtigen Publikumsgeschmack ausgerichtet hätte, dann sähe unser heutiger Kanon von Meisterwerken ziemlich arm aus :D


    Der nächste Schritt ist dann, auch nur noch diejenigen Musiker auftreten zu lassen, die das Publikum sich wünscht. Dann tun mir allerdings unsere Klavier-Freunde leid, die müssen dann noch viel mehr Lang-Lang ertragen als jetzt schon :hahahaha:

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Diese Gelder sollte man in bessere Projekte investieren. Aber jetzt werden mir hier wieder einige Verletzung der Menschenwürde vorwerfen.

    Kannst Du mir erklären, was das eine mit dem anderen zu tun hat? Oder sollte das nur ein polemischer Einwurf sein?



    Und wer entscheidet dann, was "gute Kultur" ist? [...] Der nächste Schritt ist dann, auch nur noch diejenigen Musiker auftreten zu lassen, die das Publikum sich wünscht.

    Wie war das mit dem Publikumsurteil seinerzeit bei manchen neuen Werken von Beethoven?

  • Wie furchtbar, Gerhard! Und das wird von unseren Steuergeldern unterstützt! Hoffentlich werden bald die Subventionen vollends gestrichen, dann ist schluss mit der Nabelschau!


    Es ist wirklich erbärmlich, wie hier wirklich JEDER konkrete Thread zu einer konkreten Produktion (die ich in diesem Fall nicht kenne und daher auch gar nicht verteidigen möchte) dazu missbraucht wird, allgemeine Plattitüden abzusondern und allgemeinen Grundüberzeugungen zu diesem Thema gebetsmühlenartig zu wiederholen. Selbst wenn diese Produktionen ein Schuss in den Ofen gewesen sein sollte, ist es absurd, von dieser einen Produktion auf alle schließen zu wollen und mit der Streichung der Subventionen das Ende live erlebbaren Musiktheaters in Deutschland zu fordern. Sorry, aber bei Sätzen wie den zitierten kann ich mir nur echt an den Kopf fassen, das Schütteln desselben in angemessenem Maße wäre schon zu schmerzhaft und schwindelerregend! ;(



    Bleibt bei der konkreten Inszenierung und spart euch das permanente Wiederkäuen solcher Plattitüden, dann gibt's auch keinen Zoff!

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Es ist wirklich erbärmlich, wie hier wirklich JEDER konkrete Thread zu einer konkreten Produktion (die ich in diesem Fall nicht kenne und daher auch gar nicht verteidigen möchte) dazu missbraucht wird, allgemeine Plattitüden abzusondern und allgemeinen Grundüberzeugungen zu diesem Thema gebetsmühlenartig zu wiederholen.


    Lieber Stimmenliebhaber!


    Der Charme dieses Threads ist ja gerade, dass die diskutierte Produktion überhaupt noch niemand wirklich gehört und gesehen hat!
    Also:
    "Geliebter, spare den Zorn
    s' war nur des Nachtwächters Horn."


    Wahrscheinlich ist es sein Fluch, alle Stunde in dieses Horn blasen zu müssen.
    Er wird es auch noch tun, wenn es gar keine Opernaufführungen mehr gibt.
    Bis dahin scheint es aber noch gut Weile zu haben.
    Das sollten wir genießen und uns nicht von einem obsessiven Nachtwächter und seinen Zwanghandlungen vermiesen lassen!


    Caruso41


    P.S.:

    5. Wird es jetzt hier wieder einen riesigen Aufstand geben?

    Nein, warum sollte sich denn jemand über Deine Beiträge aufregen?


    C41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

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  • Zitat

    Bertarido: Der nächste Schritt ist dann, auch nur noch diejenigen Musiker auftreten zu lassen, die das Publikum sich wünscht. Dann tun mir allerdings unsere Klavier-Freunde leid, die müssen dann noch viel mehr Lang-Lang ertragen als jetzt schon :hahahaha:


    Die brauchen dir nicht leid zu tun, lieber Bertarido, weil das Publikum von Pianisten, sei es in Recitals, sei es in Klavierkonzerten, nach meinen Eindrücken ein sehr sachverständiges und tolerantes ist. Ich habe noch kein Konzert in den letzen Jahrzehnten erlebt, in dem ich auch nur einen einzigen Pfiff vernommen hätte, selbst, wenn es zeitgenössische Werke zu hören bekam. Noch am 6. November konnte ich dies feststellen, als Elisabeth Leonskaja in Köln neben Beethoven, Liszt und Tschaikowsky auch 11 Humoresken von Jörg Widmann darbot. Es kommt dem Publikum stets nur auf die Qualität des musikalischen Vortrags an. Wenn dann natürlich noch Stücke wie die Sonate Nr. 17 d-moll op. 31 Nr. 2 von Beethoven oder die Grando Sonate G-dur op. 37 von Peter Tschaikowsky dabei sind und so großartig vorgetragen werden wie hier von Elisabeth Leonskaja, ist der Jubel natürlich besonders groß.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Vielleicht sollte man auch darauf hinweisen, dass sich das Ganze "Fidelio - Opernprojekt nach Ludwig von Beethoven" nennt.

    Gott achtet mich, wenn ich arbeite, aber er liebt mich, wenn ich singe (Tagore)

  • Zitat

    Zitat von MmeCortese: Vielleicht sollte man auch darauf hinweisen, dass sich das Ganze "Fidelio - Opernprojekt nach Ludwig von Beethoven" nennt.


    Liebe Mme Cortese,


    diese Benennung hat der Trierische Volksfreund nachträglich ins Spiel gebracht. Beworben wurde das Ganze - soweit mir bekannt wurde - eben nur als "Beethoven: Fidelio". Aber sei' s drum: Ich frage dennoch, warum man normalerweise Exhibitionismus bestraft, aber auf der Bühne zulässt und so etwas hier auch noch verteidigt wird. Jetzt haben sich die Gemüter Einiger wieder ausgetobt, aber das wird mich nicht hindern, weiterhin solche Missstände und Verdrehungen von Meisterwerken hinzuweisen und meine Meinung dazu zu sagen.
    Um frei nach Siegfried und MSchenk (und Beethoven) zu reden:
    Gott, in welches Dunkel ist unsere Opernkultur geraten?


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Der Charme dieses Threads ist ja gerade, dass die diskutierte Produktion überhaupt noch niemand wirklich gehört und gesehen hat!


    Das, lieber Caruso, ist eine überfällige Bemerkung. Worüber wird also geredet? Über einen FIDELIO, den der Freund eines Tamino-Mitglieds diesem am Telefon geschildert hat. Das ist neu. Es ist nicht einmal klar geworden, ob jener Freund vom Freund überhaupt selbst im Theater gesessen hat bis zum Schluss oder ob er selbst nur von einem Dritten und der wieder von einem Vierten ins Bild gesetzt wurde. Wir kennen das doch alle. Jeder macht noch etwas dazu. Das ist ganz menschlich. Die Debatte kreist also um einen Botenbericht. Um nichts anderes. Ein erzähltes Mittagessen! Das macht die Sache nicht einfacher. Das mindeste, was man erwarten kann, ist doch die Übermittlung des eigenen Eindrucks. Niemand wird im Thread über die Musik, die gerade gehört wird, Mitteilungen verbreiten, dass sich ein Bekannter von einem Bekannten vor zwei Stunden MOSES UND ARON vorgenommen hat. Wenn schon Inszenierungen nach einem Bild in der Zeitung be- oder gar verurteilt werden, auf dem ein Papierschiff zu sehen ist, das in der Aufführung nach meinem ganz eigenen Erleben einen starken Sinn machte, dann lassen wir uns doch in unserem Anspruch noch ein Stück weiter gehen, indem wir uns über eine Aufführung aufregen, die einer gesehen haben will, den kein Mensch hier kennt.


    Kehren wir doch zurück zu den eigenen Erfahrungen, Erlebnissen und Eindrücken. Geben wir uns nicht mit dem* Bild vom Bild zufrieden.


    Gruß Rheingold


    * nachträglich von "den" in "dem" korrigiert.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Wenn schon Inszenierungen nach einem Bild in der Zeitung be- oder gar verurteilt werden, auf dem ein Papierschiff zu sehen ist, das in der Aufführung nach meinem ganz eigenen Erleben einen starken Sinn machte

    Nach meinem (dreimaligen) eigenen Erleben auch. :)



    Kehren wir doch zurück zu den eigenen Erfahrungen, Erlebnissen und Eindrücken. Geben wir uns nicht mit den Bild vom Bild zufrieden.

    Meine Rede! :yes:

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Die Ankündigung "Projekt nach Beethoven" war auch vorher schon in der Presse zu lesen. Im übrigen urteile ich, wenn möglich, nicht nur nach Bildern oder Trailern, sondern versuche auch Rezensionen der fraglichen Aufführungen, die ja doch etwas mehr ins Detail gehen, zu finden. So habe ich es auch beim "Vasco" gehalten. Was in Trier wirklich abgegangen ist, kann man in einer Rezension des ja nun wahrlich nicht RT-feindlichen "Opernfreundes" nachlesen.


    http://www.deropernfreund.de/trier-12.html

    Gott achtet mich, wenn ich arbeite, aber er liebt mich, wenn ich singe (Tagore)

  • Liebe Mme Cortese,


    diese Benennung hat der Trierische Volksfreund nachträglich ins Spiel gebracht. Beworben wurde das Ganze - soweit mir bekannt wurde - eben nur als "Beethoven: Fidelio".


    Gute Nacht Gerhard!


    Nicht einmal die Mühe, im Internet zu schauen, wie die Produktion angekündigt wurde, hast Du Dir gemacht!
    Das ist der Gipfel der Peinlichkeit!!!


    Hauptsache, Du hast einen Anlass, in dein Horn zu tuten!




    Hier die Kopie der Spielplan-Übersicht, in der ausdrücklich steht "nach Beethoven":


    Fr 18.09.15
    19:30 Uhr
    Der Zauberberg Premiere
    Thomas Mann

    Walzwerk


    Sa 19.09.15
    19:30 Uhr
    Fidelio Premiere
    nach Beethoven

    Theater Trier


    So 20.09.15
    19:00 Uhr
    Thalamus Premiere
    Urs Dietrich

    Theater Trier


    Fr 25.09.15
    19:30 Uhr
    Ruhr-Ort Premiere
    Susanne Linke

    Theater Trier



    Hier die Erläuterung , die man zu der Produktion auf der Homrpage bekommt:
    (nachzulesen unter: http://teatrier.de/spielplan/fidelio/


    Als Anhänger der Ideen der Französischen Revolution glaubt Ludwig van Beethoven an die Kraft der Menschlichkeit und stellt in seiner einzigen Oper Fragen, die nichts an Aktualität eingebüßt haben: Wie lassen sich Terror und Diktatur durch Mut und Liebe verhindern? Wie positionieren sich die Menschen zu dem Staat, in dem sie leben? Unter welchen Bedingungen werden „Normalbürger“ zu Folterknechten?


    Die Trierer Aufführung hat Projektcharakter und geht überwiegend von der Frühfassung des Werks aus, das 1805/06 unter dem Titel LEONORE zur Uraufführung kam. Mit zusätzlichem musikalischen Material von u. a. Benjamin Britten, Karl Amadeus Hartmann und Hanns Eisler sowie Texten von Koffi Kwahulé (BIG SHOOT) und Samuel Beckett (PAS MOI) wird eine Linie entlang traumatischer historischer Erfahrungen bis in die Gegenwart gezogen. Die Notwendigkeit eines Aufstandes der Vernünftigen, wird ausgehend von der beethovenschen Utopie erfahrbar.



    Ob es Sinn macht, was das Trierer Theater da tut, will ich hier gar nicht diskutieren. Dann wäre ja auch zu diskutieren, was seit dem frühen Barock bereits an Bearbeitungen von Opern gängig war. Das wäre ein eigener Thread.


    Wichtig ist mir Rheingolds Aufruf zu unterstützen:

    Zitat

    Zitat von »Rheingold1876«
    Kehren wir doch zurück zu den eigenen Erfahrungen, Erlebnissen und Eindrücken. Geben wir uns nicht mit dem Bild vom Bild zufrieden.


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Danke für die Informationen, lieber Caruso. Jetzt sind wir schlauer. Wäre Trier nicht so weit, ich würde mir die Produktion schon gern anschauen. Nun gerade!


    Gruß Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

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