"Hänsel und Gretel" in der Wiener Staatsoper

  • Am 19. November 2015 hatte Hänsel und Gretel in der Wiener Staatsoper Premiere - die erste Vorstellung dieser Oper in diesem Haus seit 30. März 1944.


    Dirigent: Christian Thielemann
    Regie: Adrian Noble
    Ausstattung: Anthony Ward
    Licht: Jean Kalman
    Video: Andrzej Goulding
    Choreographie: Denni Sayers
    Kinderchorleitung: Johannes Mertl


    Peter Besenbinder: Clemens Unterreiner (eingesprungen für den erkrankten Adrian Eröd)
    Gertrud: Janina Baechle
    Hänsel: Daniela Sindram
    Gretel: Ileana Tonca (eingesprungen für die erkrankte Chen Reiss)
    Knusperhexe: Michaela Schuster
    Sandmännchen und Taumännchen: Annika Gerhards


    "Regietheater"-Fans werden diese Produktion besser meiden. Das ist eine wunderhübsche Bilderbuch-Inszenierung, die auch Kindern gefallen wird. Wer eine gelungene Deutung oder Interpretation auf der Bühne erwartet, möge sich (vielleicht Jahrzehnte?) gedulden, bis irgendwelche Festspiele eine Produktion dieser Oper bringen. Die aktuelle Inszenierung ist eine so genannte repertoiretaugliche.


    Das große Wunder kam aus dem Orchestergraben - dank Thielemann. So schön präzise und differenziert habe ich diese Musik noch in keiner Aufnahme gehört. Tempowechsel, die mich bei Thielemann früher an manchen Stellen bei Wagner, Strauss oder Bruckner gestört haben, waren hier eine Bereicherung. "Laut" bzw. dick aufgetragen war's nur dort, wo es angebracht war. Sehr schön!


    Von den Darstellerinnen der Gertrud und der Knusperhexe hätte ich mir stimmlich manchmal mehr Power gewünscht. Es kann nicht an akustischen Hindernissen durch das Bühnenbild gelegen haben, dass diese Stimmen manchmal etwas untergingen. Solche konnte ich nicht erkennen. Ebensowenig an Thielemann, der recht rücksichtsvoll dirigierte. Vielleicht hätte ich einfach unbefangener hingehen sollen, ohne die Stimmen von Gwyneth Jones und Christa Ludwig noch im Ohr zu haben.


    Wunderschön die kitschigen Videoeffekte im Vorspiel und in den Zwischenspielen, sowie die Auftritte der Kinder (z. B. zwischen dem zweiten und dritten Bild als 14 Engel). Ein unvergesslicher Abend, an dem ich wieder Kind sein durfte.


    Wiener Staatsoper:
    http://goo.gl/8hPOvl (siehe "Bildergalerie")


    Genaueres in diesen Besprechungen:
    http://goo.gl/BIl6gM (Die Presse)
    http://goo.gl/PB2qmT (Der Standard)
    http://goo.gl/0MXT7i (Wiener Zeitung)


    Die Premiere wird heute Abend (21.11.2015) im Radio Ö1 ab 19:30 Uhr gesendet:
    http://oe1.orf.at/programm/


    ORF 2 (Fernsehen) bringt diese Produktion am 27.12.2015 um 09:05 Uhr.

    Bitte bedenken Sie, dass lautes Husten - auch zwischen den Stücken - die Konzentration der Künstler wie auch den Genuss der Zuhörer beeinträchtigt und sich durch den Filter eines Taschentuchs o. ä. erheblich dämpfen lässt.

  • Eine Ergänzung:
    Arte bringt diese Aufführung, auf die ich mich gewaltig freue, schon am 24.12 um 16.00h.


    Das freut mich für alle, die ORF nicht empfangen können und das gerne sehen und hören möchten. Ich habe bei Arte ein leichtes Rauschen und bei ORF 2 nicht, also gedulde ich mich bis 27.12.

    Bitte bedenken Sie, dass lautes Husten - auch zwischen den Stücken - die Konzentration der Künstler wie auch den Genuss der Zuhörer beeinträchtigt und sich durch den Filter eines Taschentuchs o. ä. erheblich dämpfen lässt.

  • Ich hoffe, dass ich am 17. 12. wieder so weit hergestellt sein werde, dass ich von der Vorstellung an der Düsseldorfer Rheinoper, die du sicherlich, kennst, lieber rodolfo, ähnlich Positives berichten kann.


    Liebe Grüße


    Willi

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Nachdem nun der erste Teil beendet ist: Dies ist Dank Thielemans Können mein Musikerlebnis des laufenden Jahres. So habe ich das Vorspiel, den Hexenritt und den Abendsegen noch nie gehört!

  • Lieber Willi,


    dann wünsch ich Dir einen schönen Opernabend in Düsseldorf. Nur bei uns wird die Hexe von einem Tenor (Wolfgang Schmidt) gesungen. Und auch mit dem Rest der Besetzung hast du Glück. Und die Inszenierung ist sowieso Kult.

  • Meine Güte, wie kann ein Mensch so dirigieren?! Danke, Herr Thielemann!!!!


    Hoffentlich dirigiert er nächstes Jahr in Covent Garden auch Königskinder. Michaela Schuster singt jedenfalls die Hexe. Dummerweise ist es die schnarchige Verfremdungsorgie aus Frankfurt, die London übernimmt. Vielleicht schafft Thielemann es ja, Königskinder in Wien rauszubringen! Das letzte Mal gab es das da um 1940 mit Esther Rethy und Anton Dermota.

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Ich habe leider im Radio nur den Schluss gehört - und bin ebenfalls begeistert. Hat jemand den ganzen Mitschnitt?


    Beste Grüße


    Christian

    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."




  • Bei Ö1 kannst du jede Sendung (naja, fast jede) sieben Tage lang über die Ö1-Webseite nachhören.


    Tatsächlich! Das wusste ich gar nicht.
    Hier also der direkte Link:
    http://goo.gl/E3A1ON

    Bitte bedenken Sie, dass lautes Husten - auch zwischen den Stücken - die Konzentration der Künstler wie auch den Genuss der Zuhörer beeinträchtigt und sich durch den Filter eines Taschentuchs o. ä. erheblich dämpfen lässt.

  • Die heutige Vorstellung begann schon um 17:30 Uhr, also waren auch dementsprechend viele Kinder im Publikum, was für mich die Veranstaltung noch interessanter machte. Außerdem waren viele ORF-Fernsehkameras platziert, der Zuschauerraum wurde bis knapp vor Beginn jedes Teils hell bestrahlt, und während der Zwischenspiele war der Orchestergraben hell ausgeleuchtet - das war alles bei der Premiere nicht der Fall. Die lauten Stellen waren heute lauter als bei der Premiere, und heute hörte man den Souffleur kaum (bei der Premiere schrie er ja fast jeden Einsatz laut heraus). Fast alles war heute noch besser, auch Thielemanns Leitung und das Spiel des Orchesters. Und obwohl ich Unterreiner als Besenbinder tadellos fand, hat Adrian Eröd ihn heute weitaus übertroffen.


    Wie gesagt, die Produktion wird demnächst im Fernsehen gezeigt. Am 27.12. um 09:05 Uhr in ORF 2 und - wie schon weiter oben berichtet - von manchen Sendern schon früher.

    Bitte bedenken Sie, dass lautes Husten - auch zwischen den Stücken - die Konzentration der Künstler wie auch den Genuss der Zuhörer beeinträchtigt und sich durch den Filter eines Taschentuchs o. ä. erheblich dämpfen lässt.

  • Danke für die Info! Freue mich schon! Ehrlich gesagt, fand ich Unterreiner und die Schuster bei der Radioübertragung gesanglich am Überzeugendsten.

  • Unterreiner ist ein Garant für hervorragende Leistungen! Hab ihn letztes Jahr in Wels als Telramund erlebt. Der Mann hat was! :jubel:

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Hier noch Kommentare aus dem Online Merker:


    Premierenvorstellung (19.11.2015):
    http://der-neue-merker.eu/wien-staatsoper-haensel-und-gretel


    Vorstellung vom letzten Sonntag (29.11.2015):
    http://der-neue-merker.eu/wien…oper-haensel-und-gretel-2
    http://der-neue-merker.eu/wien…er-abend-in-dieser-saison

    Bitte bedenken Sie, dass lautes Husten - auch zwischen den Stücken - die Konzentration der Künstler wie auch den Genuss der Zuhörer beeinträchtigt und sich durch den Filter eines Taschentuchs o. ä. erheblich dämpfen lässt.

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Unterreiner ist ein Garant für hervorragende Leistungen! Hab ihn letztes Jahr in Wels als Telramund erlebt. Der Mann hat was!


    Ja, eine schöne (gemeinsame) Erinnerung, nicht wahr?


    Herzliche Grüße


    Christian

    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."



  • Hat jemand die Produktion vorhin in Arte gesehen? ORF 2 zeigt sie erst am Sonntagmorgen in der "Matinee".

    Bitte bedenken Sie, dass lautes Husten - auch zwischen den Stücken - die Konzentration der Künstler wie auch den Genuss der Zuhörer beeinträchtigt und sich durch den Filter eines Taschentuchs o. ä. erheblich dämpfen lässt.

  • Ich habe sie gesehen, kurz bevor ich mit Schwägerin und Bruder zum Heiligabend-Essen verabredet war. Immer, wenn ich Hänsel und Gretel sehe, dann greife ich zu meiner Referenzeinspielung in meiner Sammlung, der Inszenierung von August Everding unter Sir Georg Solti, oder ich erinnere mich an meine erste Hänsel und Gretel-Vorstellung vor über 50 Jahren in Münster, da hat es die Aufführung aus Wien aus Sicht der Regie einigermaßen schwer.
    Ein zentraler Punkt ist für mich die Abendsegen-Szene, wo Inhalt und Bühnenablauf incl. Bühnenbild für mich in der Everding-Inszenierung optimal aufeinander abgestimmt sind. In Münster war das, soweit ich mich erinnern kann, auch sehr gut gelöst.
    In Wien ist in der Traumpantomime der Inhalt und Ablauf des Geschehens doch sehr frei dargestellt, um es mal vorsichtig auszudrücken, die Pantomime ähnelt mehr einer Lauf-Tanz-Choreographie eines Kinderballetts. Die Luftballons könnten wohl den Sinn haben, die zunehmende Helligkeit in der Szene zu bewerkstelligen, aber ich könnte bei meiner Annahme auch völlig danebenliegen. Wie es aber im Libretto steht, kann es so keineswegs gewesen sein:

    Zitat

    Libretto zweites Bild, dritte Szene:...Vierzehn Engel, die kleinsten voran, die größten zuletzt, schreiten paarweise, während das Licht an Helligkeit zunimmt, in Zwischenräumen die Wolkentreppe herab, und stellen sich, der Reihenfolge des Abendsegens entsprechend, um die schlafenden Kinder auf, das erste Paar zu Häupten, das zweite zu Füßen, das dritte rechts, das vierte links, dann verteilen sich das fünfte und sechste Paar zwischen die übrigen Paare, sodass der Kreis der Engel vollständig geschlossen wird. Zuletzt tritt das siebente Paar in den Kreis und nimmt als "Schutzengel zu beiden Seiten der Kinder Platz, während die übrigen sich die Hände reichen, einen feierlichen Reigen um die Gruppe aufführen und sich zu einem malerischen Schlussbild ordnen.


    Dann fand ich die Minaturisierung des Heimes der Besenbinderfamilie sowie des "Knusperhäuschens" nicht adäquat, wobei ich mir aber im Klaren bin, dass man in heutigen Zeiten froh sein muss, überhaupt eine Inszenierung, in der man die Oper noch sehr gut erkennen kann, zu erleben. Viele Details, vor allem in den Kostümen, waren doch m. E. recht zutreffend. Um so trauriger stimmt es mich, dass ich meinen Besuch des Düsseldorfer "Hänsel und Gretel" wegen meiner akuten Bandscheibenproblematik um ein Jahr verschieben musste, sonst hätte ich schöne Vergleichsmöglichkeiten gehabt.
    Von den Darstellern gefiel mir am besten die Sängerin der Mutter, eine imposante, beinahe bedrohliche Erscheinung, während in der o. a. Verfilung von 1980/81 es m. E. keinerlei Schwachpunkte gab, wenn ich nur an Brigitte Fassbaender und Edita Gruberova als Hänsel und Gretel denke, an Hermann Prey und Helga Dernesch als Vater und Mutter oder an die göttliche (teuflische) Sena Jurinac als Hexe. Orchester und Dirigent, damals wie heute die Wiener Philharmoniker, und Dirigent, Damals Sir Georg Solti, heute Christian Thielemann, waren (sind) meines Erachtens über jeden Zweifel erhaben. Waren im Chor wie damals auch die Wiener Sängerknaben vertreten?


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Lieber Rodolfo,


    ich habe es im Beitrag darüber geschrieben, dass ich wegen meiner Bandscheibenbeschwerden leider nicht nach Düsseldorf fahren konnte.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Ich habe mir gerade die Aufzeichnung von gestern Nachmittag angesehen. Abgesehen einmal von der hervorragenden musikalischen Seite fand ich auch die Inszenierung im Großen und Ganzen gut. Der Regisseur hatte die Handlung nicht entstellt, die Darstellung war lebendig und auch die Kulisse - vor allem im zweiten Bild - märchenhaft. Dennoch fand ich einige Kleinigkeiten daran nicht unbedingt passend:
    Es war vielleicht ein guter Gedanke des Regisseurs, in der Ouvertüre eine Beziehung zu Weihnachten herzustellen, da diese Oper in der Regel um die Weihnachtszeit gespielt wird. Eine Bebilderung hätte in dieser Beziehung - wie von mir schon an anderer Stelle gesagt - im Gegensatz zu vielen anderen Opern, in denen die Ouvertüre völlig sinnlos bebildert erscheint, durchaus Sinn gemacht. Aber sie erschien mir wenig konsequent und daher bedeutunglos. Der Vater führte seine neue Laterna Magica vor, zeigte aber Bilder von Landschaften, dem Eiffelturm, der chinesischen Mauer usw., die wohl kaum in das Märchen hineinführten. Es gibt sicherlich alte Illustrationen zu Hänsel und Gretel, deren Bilder wohl zu dem Märchentraum der Kinder hätten führen können. Dazu die manchmal albernen Gesten des Vaters und der Familie. Mich hat das eher von der Musik abgelenkt. Erst als die Kinder mit dem Schattenspiel von der Hexe begannen, konnte man erkennen, worauf das hinauszielte.
    Nun hatte man eine großartige Kulisse des Weihnachtszimmers aufgebaut. Daher blieb wohl kein Geld mehr für ein etwas Größeres Haus des Besenbinders und gar das Miniatur-Knusperhäuschen auf einem hochgefahrenen Tisch fand ich etwas albern.
    Die Traum-Pantomime mit den vielen Kindern mit Luftballons konnte man natürlich auch so sehen, denn wer glaubt heute noch an Engel? Aber sie passte dann so garnicht zu der anschließenden Traum-Erzählung nach dem Erwachen. Ebenso brachten die herabschwebenden Luftballons am Ende für mich keine neue Erkenntnis.
    Dass die Hexe sofort den Hänsel fesselt und dann von ihrer Freundlichkeit zu Kindern erzählt, schien mir auch unglaubwürdig, ebenso, dass sie das "Fingerchen" von Hänsel einfach mitnimmt.
    Aber - wie gesagt - das sind Kleinigkeiten. Man kann schon froh sein - wie auch Willi schrieb -, wenn man heute noch eine Inszenierung, die dem Werk einigermaßen gerecht wird, geboten bekommt.
    Zu der von Willi genannten Verfilmung muss auch ich sagen, dass das wohl die beste Inszenierung dieser Oper war, die ich je gesehen habe. Und um die Frage zu beantworten: Die Wiener Sängerknaben waren dabei.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Danke, lieber Gerhard,


    für die Aufklärung und auch dir und deiner lieben Frau ein frohes Weihnachtsfest und ein glückliches und gesundes Neus Jahr!


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Hab mir auch grad die Aufzeichnung angesehen . Ganz hervorragend das Dirigat von Thielemann und die Sänger bis auf Frau Bächle als Mutter. Vor der Hexe musste man sich auch nicht unbedingt fürchten die sah eher lustig aus. Aber trotzdem muss ich sagen das die Düsseldorfer Aufführung von Hänsel und Gretel durchaus mit der Wiener mithalten kann und die Inszenierung ist noch schöner. Bei meinem letzten Besuch war Wolfgang Schmidt als Hexe einfach unübertroffen. Auch die anderen Sänger und der Kinderchor waren hervorragend und es gab mehr Applaus als in Wien .

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose