Karl Ditters von Dittersdorf: Doktor und Apotheker - Scharlatan und Ignorant(?)

  • Liebe Opernfreunde,


    dieser Thread ist sozusagen der Vorbote zum Eintrag gleichen Namens in unseren Opernführer, an dem ich grad arbeite.
    Wie einige hier schon wissen ist die deutsche Spieloper in all ihren Spielarten ein besonderes Anliegen von mir. - Speziell weil sie bei den meisten Opernfreunden ja nicht so besonders hoch im Kurs zu stehen scheint.
    "Doktor und Apotheker" ist in vielerlei Hinsicht etwas Besonderes.
    Einerseits kann man hier sehr gut die Eitelkeit von Ärzten und Apothekern des achtzehnten Jahrhunderts geschildert bekommen.


    Interessant auch das Bindeglied zwischen Mozart und Lortzing , von beiden finden sich Elemente, so z.B der eitle Apotheker, der Arien des Van Bett vorwegnimmt, aber auch an Rossinis Bartolo erinnert - alles VOR Rossini. Hier dürfte Dittersdorf Werk als Vorbild gedient haben.


    "Galenus und Hyppokrates sind gegen mich nur Stümper"


    man höre nur das Finale der Arie, die fast identisch mit jener "Einen Doktor meinesgleichen" scheint



    Die Oper besteht aus 24 Gesangsnummern die durch gesprochene Texte verbunden sind.


    Auch sehr hübsch das Duett von Stössel und Krautmann:


    "Sie sind ein Scharlatan und Ignorant"


    oder das Couplet des dem Trunke nicht abgeneigten Hauptmans Sturmwalds "Der Wein ist ein Spezifikum" ....


    Fast hätte ich vergessen die herrliche Musik zu würdigen:
    Hier ist nichts schwerfälliges düsteres, alles ist freundlich , teilweise ironisch, oft volkstümlich. Man findet Anklänge an die Zauberflöte und ihre "Schwestern" die wir in diesem Forum schon ausführlich besprochen haben, zudem Arien, bzw Couplets in Lortzingscher Manier.


    Als die Oper am 11. Juli 1786 in Wien uraufgeführt wurde, übertraf der Erfolg jenen der wenige Wochen vorher uraufgeführten "Hochzeit des Figaro" von Mozart !!........


    Nun zu den Aufnahmen, ich weiß nicht ob es überhaupt mehrere gibt.


    Meine (von Bayer Records) ist IMO nahezu optimal, wenn man die Unart akzeptiert, daß die Sprechstellen von Schauspielern gesprochen werden - übrigens vorzüglich - gar nicht hölzern.
    Allerdings ist zwischen der (absichtlich) unsympathischen Sprechstimme des Hauptmann Sturmwald und der Singtimmer (Gerhard Unger) schon ein gravierender Unterschied.



    Ich hoffe einigen ein wenig Appetit auf diese von Ohrwürmern strotzende Oper gemacht haben


    und verbleibe


    mit freundlichen Grüßen


    aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Danke, Alfred, dass Du mich an diese Oper erinnerst!



    Zumal ja auch meine Frau [Claudia] dort eine Rolle bekleidet ;) - das ahnte ich natürlich damals noch nicht.


    Mit ungefähr elf oder zwölf Jahren hörte ich das Werk erstmals: Ich hatte mir die Schallplatten meiner besten Freundin, der Bibliothekarin, ausgeliehen - wieder einmal auf der Suche nach einem guten Opernlibretto. Die Oper ist allerdings so gut, dass sie kein Pendant benötigt oder duldet, schon gar nicht von mir. Einige Nummen hatte ich dennoch versuchsweise "neu" komponiert:


    Nämlich die Arie des Sichel "Wann hörst Du auf, verliebte Qual..." mit anschliessendem Duett Sichel/Gotthold "Wenn man will zu Mädchen gehen..." sowie das große Sextett "Was ist das für ein Betragen..." [Claudia, Rosalia, Leonore, Gotthold, Sichel, Stößele].


    Ich erinnere mich auch an eine ziemlich gelungene Feuerwerksarie [Tenor, Pauken, Trompeten].


    Leider weiß ich nicht mehr, welche Einspielung es war, das Plattencover war weiß, das Bild der alten Apotheke war aber sogar auch darauf, wenn ich so nachdenke...


    In jedem Falle muss ich diese Oper wieder in meiner Sammlung haben. "Doktor und Apotheker" war sicherlich für Dittersdorf eine Art Durchbruch, dem wir es verdanken müssen, dass wir das Wort "Dittersdorf" auch heute noch gelegentlich auf der Zunge haben. "Dittersdorf" war sogar damals aufgrund dieser Oper das Kennwort für mein kleines Kindersparbuch. ;)


    Textdichter des Librettos war - wenn ich noch richtig weiß - Gottlieb Stephanie d. J., welcher auch - unverkennbar - Librettist zu Mozarts "Entführung aus dem Serail" war.


    Von Scharlatenerie kann hier keineswegs die Rede sein, dagegen spricht der damalige Erfolg und, dass das Werk auch heute noch sehr liebenswert ist und gelegentlich einen Platz auf der Bühne bekommt. Ignoranz? In gewissem Masse ja, da Dittersdorf, wie zuvor Mozart 1782/83, sich für die "Teutsche Oper" engagierte und die italienische seria und buffa zu diesem Zweck einfach ignorierte...


    Liebe Grüße
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Hallo Ulli,


    "Scharlatan und Ignorant" bezog sich nicht auf die Person von Dittersdorf, es ist vielmehr ein Zitat aus dem berühmten Duett zwischen Arzt und Apotheker, wo sie sich gegenseitig ihre Fehler an den Kopf werfen.......


    Es ist übrigens kein Zufall, daß Gottlieb Stephanie d.J sowohl das Libretto zu Mozarts Entführung, als auch zu Dittersdorfs "Doktor und Apotheker" schrieb. Beide Opern entstanden im Auftrag von Joseph II,
    der Librettist wurde angeblich quasi mitgeliefert.


    Freundliche Grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Salut,


    Gottlieb Stephanie d. J. schuf ja auch das Sujet zu "Der Schauspieldirektor" von W. A. Mozart, was zu Deiner obigen Aussage ja passt.


    Nur zu dumm, dass ich Holgers Gutschein etwas voreilig [aber keineswegs schlecht!] eingelöst habe... trotz des Threads habe ich es wieder einmal "verpasst" mir den "Doktor und Apotheker" zuzulegen. Beim nächsten Mal ganz bestimmt... vermutlich sogar die von Dir empfohlene Aufnahme. Ich werde mal stöbern, was es sonst noch auf dem Markt so gibt...


    LG
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Zitat

    Original von Ulli
    Leider weiß ich nicht mehr, welche Einspielung es war, das Plattencover war weiß, das Bild der alten Apotheke war aber sogar auch darauf, wenn ich so nachdenke...


    Wenn es mit eine schmalen, blauen Rand umgeben war, dann war es eine Turnabout-LP (i.e. Amerikanisch!!). Links und Rechts waren schrecklich getrennt. Es gab eigentlich keine Mitte.
    Der Haupttenor da hatte eine wunderbare Stimme. Schöner als die der heutigen CD-aufnahme.
    Wenn ich mich nicht irre, war es eine Aufnahme der in Wien gemacht wurde. Es ist bereits soviel Jahre her. Vermutlich muß ich noch irgendwo diese Platte haben.


    Das war meine erste Bekanntschaft mit diesem Werk. Und ich fand diese Querschnitt bereits damals (rund 1965) die Mühe wert. Als später das bereits von Alfred Schmidt erwähnte Werk auf LP kam, mußte ich es unbedingt haben. Genauso wie die spätere CD-überspielung.

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