Hans Gal - die Kammermusik

  • Hans Gal, der 1890 in Brunn geborene österreichische Komponist, der als Jude 1933 Deutschland und 1938 Österreich verlassen musste, um schliesslich in Edinburgh seine Arbeit und sein Leben bis ins hohe Alter fortsetzen zu können, hat nicht nur 4 Symphonien (hier gibt es einen thread) und mindestens vier Opern komponiert, sondern auch viel Kammermusik.


    Der gewichtigste Part davon dürften die vier Streichquartette sein, daneben gibt es noch ein Streichquintett, ein Klarinettenquintett, zwei Klaviertrios sowie diverse Sonaten für ein Soloinstrument mit Klavier.


    Insgesamt gibt es sogar sechs Kompositionen für Streichquartett:


    5 Intermezzi op. 10 (1914)
    Streichquartett Nr.1 f-Moll op.16 (1916)
    Streichquartett Nr.2 a-Moll op.35 (1929)
    Improvisation, Variationen und Finale über ein Thema vom Mozart (aus Don Giovanni) op. 60b (1934)
    Streichquartett Nr.3 op.95 (1969)
    Streichquartett Nr.4 op.99 (1970)


    Diese 6 Werke liegen in einer Einspielung durch das Edinburgh Quartett als zwei Einzel- oder eine Doppel-CD vor. Aufgrund des hohen Preises hier im Lande habe ich über einen schweizerischen Anbieter bestellt, der die Doppel-CD günstiger anbot, aber zweimal durfte ich feststellen, das jeweils die erste CD technisch defekt und ab Mitte der CD nicht mehr abspielbar war. Der Anbieter hat die erste Reklamation sofort kostenfrei ersetzt und nach der zweiten den Kaufpreis rückerstattet. So habe ich jetzt die zweite CD (mit SQ 2 und 3 + Intermezzi) doppelt und nichts dafür bezahlt.


    Das erste Streichquartett komponierte Hans Gal 1916 als 26-jähriger und soweit ich das hören mochte (ab dem dritten Satz vermiesen Störgeräusch den weiteren Genuss) ist dieses Quartett noch in der romantischen Tradition geschrieben, Brahms im ersten Satz und Mendelssohn im zweiten sind offensichtliche Einflüsse. Immerhin wurde das Stück gleich vom legendären Adolf Busch Quartett uraufgeführt.


    Das zweite Streichquartett stammt von 1929 und ist wesentlich fortschrittlicher. Zum einen hat Gal hier einen eigenen Ton entwickelt und auch wenn das Werk immer noch tonal ist, gibt es schon einige harmonische Schärfungen. Im zweiten Satz, einer Toccata, ist z.B. der Einfluss von Bartok unüberhörbar. Insgesamt ist das fünfsätzige Werk eine Bereicherung für das Repertoire und kann mit den Werken von Korngold oder Zemlinsky mithalten.


  • Die Streichquartette von Hans Gal sind derzeit vergriffen (es sei denn, man hat keinerlei finanzielle Limitationen), was ich sehr ärgerlich finde. Ich hatte die Doppel-CD mit allen vier Quartetten zweimal über einen Anbieter beim Werbepartner geordert, als Neuware. Und jedesmal war die erste CD mit den Quartetten 1 und 4 technisch defekt. Letztendlich hat der Anbieter dann das Geld zurückerstattet, aber es fehlte mir jetzt die erste CD während ich die 2. doppelt habe. Dem habe ich heute als Zwischenlösung durch einen download bei itunes ein Ende bereitet, so dass ich die erste CD zumindest als Kopie in akzeptabler Klangqualität habe.


    Wie im Eingangsbeitrag erwähnt, ist das erste Quartett von 1916 noch ganz im 19. Jahrhundert verhaftet, Schubert, Mendelssohn und Dvorak wären Bezugsgrößen, die mir einfielen, wobei das Werk durchaus eigenständig wirkt durch Modulationen und Fortschreitungen, die die genannten Komponisten (noch) nicht gewagt hätten. Ein relativ unkompliziertes, hörenswertes Werk von knapp 30 min Dauer mit den üblichen vier Sätzen.


    Das 1972 geschriebene 4. Quartett zeigt zwar eine Fortentwicklung der Tonsprache gegenüber dem 54 Jahre jüngeren Werk. Aber aufgrund seiner weitestgehenden Verhaftung in der Tonalität wirkt es verglichen mit zeitgenössischen Quartetten (z.B. Ligeti, Lutoslawski) natürlich völlig aus der Zeit gefallen. Das muß man sicher auch mehrmals hören, um die Feinheiten richtig zu erfassen. Davon demnächst.