Daniel Steibelt – Komponist und Virtuose – eine schillernde Persönlichkeit

  • Daniel Steibelt, 1765 als Sohn eines preussischen Offiziers geboren, widerstrebte der für ihn bestimmten Karierre als Offizier in der preussichen Armee, er desertierte und schlug die Musikerlaufbahn ein. Nun folgte ein unstetes Leben eines reisenden Virtuosen,
    Ab 1790 nimmt er festen Wohnsitz in in Paris, wo er sich bald einen glänzenden Ruf verschafft, zum einen durch eine Klaviersonate, die den Untertitel „La Coquette“ trägt und für Marie Antoinette geschrieben wurde, zum anderen durch seine Oper „Romeo et Juliette“, die sogar von Hector Berlioz bewundert wurde,


    In Folge wechselte er zwischen Paris und London, wobei er in der englischen Hauptstadt in einem der berühmten Konzerte Peter Salomons auftrat und unter anderem dort auch sein Klavierkonzert Nr 3 op 22 „L’ Orage“ zur Uraufführung brachte
    Er tourte als Virtuose durch zahlreiche deutsche Städte und kam schliesslich über Prag im Mai 1800 nach Wien. Dort traf er auf Beethoven und forderte ihn zum virtuosen Wettspiel heraus. Diese Episode – sie ereignete sich im Hause des Grafen Moritz von Fries in Wien - ist gut dokumentiert, weil sie großes Aufsehen erregte und zudem von Ferdinand Ries, der anwesend war, schriftlich festgehalten wurde Zudem ist sie ironischerweise DAS Schlüsselerlebnis für Steibelts „Nachruhm“.
    Steibelt spielte eine (vorbereitete) „Improvisation" aus einem Satz eines Kammermusikwerks von Beethoven, was sowohl dieser als auch das anwesende Publikum als Provokation verstanden hatten.
    Beethoven improvisierte daraufhin aus einem kammermusikalischen Werk Steibelts – frisch vom Blatt weg, wobei er seinen Vortrag sehr zu Ungunsten des Stückes gestaltete, es quasi lächerlich machte und zudem noch absichtlich für alle sichtbar die Noten auf dem Kopf stehend ins Notenpult eingelegt hatte.
    Steibelt verließ noch vor Ende der Darbietung gedemütigt den Saal und brach seine Tournee ab, die ihm ironischerweise bis heute „Unsterblichkeit“ eingebracht hat.
    In Hinkunft machte er zur Bedingung, dass jemand der ihn für ein Konzert buchen wollte, Beethoven nicht ebenfalls für dieses Konzert einladen durfte,
    So sonderbar das klingt, er durfte sich das leisten, denn er war in jenen Tagen trotz des blamablen Vorfalls ein Modepianist der Sonderklasse. Steibelt ging nun wieder zurück nach Paris, wo er am Opernhaus am 24. Dezember 1800 die Erstaufführung von Haydns „Schöpfung“ leitete. (angeblich mit mäßigem Erfolg)
    1808 wurde er von Zar Alexander I nach St. Petersburg eingeladen ab 1811 die Leitung des Opernhauses zu übernehmen. Steibelt nahm das Angebot an und blieb dort bis zu seinem Tode (1823).


    Mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Was hat er eigentlich geschrieben, dieser Seibelt ?
    Bis vor kurzem hat ihn kaum jemand gekannt, den einst so eitlen Modekomponisten - und erst seit kurzem gibt es überhaupt eine Aufname von dreien seine Klavierkonzerte - Dazu mehr in den nächsten Beiträgen.
    Die deutsche Wikipedia listet 7 aus seiner Feder, aber es gibt 8.
    Überhaupt ist man dort recht zurückhaltend mit der Auflistung seiner Werke. Um wenigstens einigermaßen zu erfahren was Seibelt denn nun wirklich geschrieben hat muß man schon die englische Wikioedia konsultieren, dort findet man eine relativ ausführliche - aber dennoch unkomplette Liste seiner Werke:


    1) Stage
    Romeo et Juliette, 3 acts (1793)
    Albert et Adelaide, 3 acts (1798)
    Le retour de Zephyre, 1 act ballet (1802)
    Le jugement de Berger, 3 acts ballet (1804)
    La Belle Laitière, ou Blanche Reine de Castille (1805)
    La Fête de Mars, intermezzo (1806)
    La Princesse de Babylone, 3 acts opera (1812)
    La Fête de l'Empereur, ballet (1809)
    Der Blöde Ritter (1810)
    Sargines, 3 acts, opera (1810)
    Cendrillon, 3 acts opera (1810)
    Le jugement de Midas (1823?)


    2) Orchestral
    Concerto No. 1 for Piano and Orchestra in C (1796)
    Concerto No. 2 for Piano, Violin and Orchestra in E minor (1796)
    Concerto No. 3 for Piano and Orchestra in E "L'orage" (1799)
    Concerto No. 4 for Piano and Orchestra in E♭ (1800)
    Concerto No. 5 for Piano and Orchestra in E♭ "À la chasse" Op. 64 (1802)
    Concerto No. 6 for Piano and Orchestra in G minor "Le voyage au mont Saint-Bernard" (1816)
    Concerto No. 7 for Piano and Orchestra in E minor "Grand concerto militaire dans le genre grec", with 2 orchestras, (1816)
    Concerto No. 8 for Piano and Orchestra in E♭ "with bacchanalian rondo, acc. chorus" (1820), not published.
    Harp Concerto (1807)
    Ouverture en Symphonie (1796)
    Marches and Waltzes


    3) Chamber
    Rondo favorite, for violin or flute, and guitar
    3 String Quartets, Op. 17 (1790)
    3 Quintets for Piano and Strings, Op. 28
    3 Duos for Violin and Guitar, Op. 37
    3 String Quartets, Op. 49 (1800)
    3 Violin Sonatas, Op. 69
    1 Quartet for Piano and Strings
    26 trios for piano and strings
    6 trios for harp and strings
    115 duos for piano and violin
    6 duos for Piano and Harp (or for two pianos)
    6 sonatas for harp
    36 bacchanals and 12 divertissements for Piano, tambourine and triangle ad lib.
    77 sonatas for piano solo
    45 rondos
    32 fantasias
    21 divertissements
    12 caprices or preludes
    20 pots-pourris
    2 series of serenades
    25 series of variations
    16 sonatas for piano 4 hands
    Descriptive pieces (Triumph, sieges, marches funebres...)
    Waltzes, danses.
    Studies, Op. 78


    4) Methode de Pianoforte (1805)


    5) Songs
    6 romances (1798)
    Air d'Estelle (1798)
    30 songs, Op. 10 (1794)


    Ziemlich beeindruckend - nicht wahr ?


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Steibelt hat 8 Klavierkonzerte geschrieben. Die deutsche Wikipedia erwähnt nur 7, vermutlich wie die Nr 8 (mit Choreinlage) nicht gedruckt wurde.
    Die Frage stellt sich nun, ob man einem Komponisten mit derart viel Kompositionen lediglich einen Thread zugesteht, wo dereinst alle Werke, die je aufgenommen hnn müssen wir akzeptieren, daß bis dazo erst EINE Aufnahme von Seibelt existiert, und das erst seit 2015, und daß diese lediglich DREI der insgeamt acht Klavierkonzerte enthält. Es ist nicht mal gesichert, daß die gesamten Konzerte je auf CD erscheinen werden, ganz abgesehen vom Rest seiner Werke. Aus diesem grunde habe ich mich - schweren Herzens - dazu entschieden, alle Werke von Seibelt, so je weitere auf Tonträger erscheinen werden, in DIESEM Thread unterzubringen. Logischerweise beginnen wir mit den Klavierkonzerten. Bevor ich - oder ein anderes Mitglied diesesForums - in den nächsten Tagen oder Wochen die drei bereits existierenden vorstelle, zur Einführung ein paar Worte:
    Natürlich ist es schwer über ein "Gesamtwerk" zu sprechen, wenn man dieses lediglich auszugsweise kennt, Man weiß ja nicht ob das Vorhandene eine TYPISCHE oder ATYPISCHE Auswahl darstellt. Dennoch möchte ich, auch wenn mancher anderer Meinung sein wird, doch behaupten, daß sich Steibels Klavierkonzerte teilweise von anderen Komponisten seiner Zeit merklich absetzen, Das war zumindest mein erster Eindruck. Zudem sind sie sehr auf den Publikumsgeschmack zugeschnitten und warten teilweise auch mit drastischen Effekten auf. Einige intensive Hörsitzungen (jedes Konzert mehrmals einzeln) sind zu absolvieren, bis man sich ein einigermaßen zutreffendes Urteil erlauben kann. Vorausschauend sei indes gesagt, daß ich ihn nicht für einen typischen Vertreter der Wiener Klassik halte. auch wenn der Booklettext immer wieder Parallellem zu Mozart andeutet, so kann ich das nur schwer nachvollziehen. Ebenso sehe ich keine Anklänge an Beethovens Klavierkonzerte. Allenfalls das Klavierkonzert Nr 8 mit Choreinlage mag an Beethovens Sinfonie Nr 9 (nicht aber an ein Klavierkonzert) erinnern, Das kann ich mangels existierender Aufnahmen nicht kommentieren, lediglich soviel: Steibels Klavierkonzert Nr 8 wurde VOR Beethovens Neunter komponiert.....


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !