Deutsche Oper am Rhein Düsselorf: Lucia di Lammermoor Belcanto Gesang in Reinkultur

  • Gestern Abend war ich in Düsseldorf in Donizetti `s Lucia di Lammermoor. Wie häufig in dieser Spielzeit war das Haus sehr gut besucht. Die Inszenierung ist von Christoph Loy aus dem Jar 1999 damals noch mit Alexandra von der Weeth in der Titelpartie. Man könnte die Inszenierung als RT light bezeichnen. Sie spielt hauptsächlich auf einem Wachturm . Die Kostüme passen auch zu der Zeit. Im dritten Akt vor Lucias Wahnsinnsarie muss der Chor sich natürlich wieder mal sexuell betätigen, da eine Orgie stattfindet. Aber das ganze ist eher Ringelpietz mit Anfassen. Die Sänger waren allesamt sensationell gut. Die Lucia wurde vom neuen Ensemble Mitglied Adela Zaharia gesungen. Sie feuerte die Koleraturen nur so heraus das es eine wahre Freude war ihr zuzuhören und hatte auch in den Höhenlagen überhaupt keine Probleme. Nach ihre Wahnsinnsarie wurde sie mit minutenlangen Bravos und sogar Fußgetrampel bedacht. Jeder Ton sitzt bei ihr perfekt. Sie wird ganz bestimmt ihren Weg machen. Ganz hervorragend auch der Enrico gesungen vom Koreaner Tito You. Endlich mal ein Bariton mit einer sehr guten Barition Stimme der die Höhen mühelos meisterte, der aber auch wunderbar die leisen Töne singen kann. Auch ganz hervorragend der Raimondo gesungen von Bogdan Talos. Ein rabenschwarzer Bass der auch bei seiner Arie im dritten Akt keine Mühe hatte über den Chor hinweg zu singen. Nicht ganz mithalten konnte der Edgardo gesungen von Georg Vasiliev . Schon als Nemorino hat er mir nicht gefallen. Seine Stimme wirkt heiser und bei den hohen Tönen muss er sich anstrengen. Glänzend aufgelegt wie immer der Chor der Rheinoper . Auch der Dirigent Enrico Dovico leistete hervorragende Arbeit und dirigiert sehr flott und sängerfreundlich. In dieser Inszenierung gab es sogar die kleine Szene nach dem Tod von Lucia zu sehen, wo Raimondo Normanno den Vorwurf macht, das er Unheil über das Haus gebracht hat. Ich muss mich korrigieren, denn ich habe behauptet das es an der Rheinoper die Glasharmonika bei Lucias Wahnsinnsarie gibt. Sie wird nur von einer Flöte begleitet. Am Ende gab es 10 Minuten stehende Ovation, rythmisches Geklatsche., Bravos für Chor , alle Sänger besonders für Lucia und den Dirigenten und den Flötenspieler der am Ende Extraapplaus bekam.

  • Eine schöne Beschreibung, die Lust macht, sich die Sänger/in zu merken und sich die Aufführung anzuschauen, vielen Dank, lieber Rodolfo

    Oper lebt von den Stimmen, Stimmenbeurteilung bleibt subjektiv

  • Lieber Rodolfo, ich schließe mich dem Dank an. Da ich gerade in der Nähe bin, habe ich spontan eine Karte für die nächste Vorstellung erworben. Der Enrico wird dann allerdings von Bogdan Baciu gesungen.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Ich komme gerade aus dem Opernhaus Düsseldorf aus einer Aufführung von "Lucia di Lammermoor" und kann mich Rodolfos Bewertung in allen Punkten anschließen. Adela Zaharia in der Titelrolle war großartig, wieder einmal eine Widerlegung des "früher war alles besser"-Lamentos. Nicht nur sängerisch, sondern auch darstellerisch hat sie die langsam dem Wahnsinn verfallene Lucia überzeugend verkörpert. Gut gefallen hat mir, dass Lucia hier schon im 4. Bild erste Anzeichen einer psychischen Deformation zeigt. Den Enrico sang heute der rumänische Bariton Bogdan Bacio, auf den sich die lobenden Worte, die Rodolfo für Tito You fand, 1:1 übertragen lassen. Auch Bogdan Talos (Rumäne) als Raimondo und Ovidio Purcel (Rumäne) als Arturo haben mir sehr gut gefallen. (Gibt es eine besondere Verbindung der Deutschen Oper am Rhein nach Rumänien - auch Adela Zaharia stammt aus diesem Land?) Am schwächsten besetzt fand ich die Nebenrollen des Normanno (Hubert Walawski) und der Alisa (Iryna Wakula). Auch Georgy Vasiliev als Edgardo vermoche mich nicht wirklich zu begeistern.


    Ein paar Worte zur Inszenierung von Christof Loy: er verzichtet - Gott sei Dank! - auf alles schottische Lokalkolorit, die Handlung findet auf einer eher karg möblierten Bühne statt, so dass man nicht von der Interaktion der Personen abgelenkt wird. Die Kostüme würde ich zeitlich am Ende des 19. Jahrhunderts verorten, auch die Möbelstücke auf der Bühne deuten auf Gründerzeit oder Belle Epoque hin. Die berühmte Quelle im 2. Bild ist nur ein Wasserhahn. Die von Rodolfo angesprochene Kopulationsszene - sehr zurückhaltend ohne nackte Haut in Szene gesetzt - hat mich insofern gestört, als sie hinter einem Gaze-Vorhang im Hintergrund der Auseinandersetzung zwischen Enrico und Edgardo im 5. Bild stattfand und die Blicke von diesen beiden ablenkte. Dass sich in der Hochzeitsnacht nicht nur die Brautleute vergnügen, ist ja nicht weiter überraschend. Ganz witzig fand ich dann die abrupte Beendigung der unmoralischen Aktivitäten beim Auftauchen des Geistlichen in der folgenden Szene. Gar nicht gefallen hat mir die stark überzeichnete Darstellung des Normanno als epileptische (?) Karikatur eines Bösewichts. Alles in allem ist die Inszenierung kein großer Wurf, aber die Personenführung stimmte, und das eher karge Bühnenbild traf durchaus meinen Geschmack. Einige Bilder mögen einen Eindruck davon vermitteln. Auf jeden Fall war es ein sehr gelungener Opernabend, und ich danke Rodolfo sehr für seinen Hinweis auf diese Aufführung. Für mich war es nach vielen Jahren der Abwesenheit eine schöne Rückkehr in dieses Opernhaus, in dem ich während meiner leider weit zurückliegenden Jugendjahre viele gute Aufführungen erleben durfte.





    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Lieber Bertarido,
    freut mich das die Aufführung die gefallen hat. Was es mit der Verbindung nach Rumänien auf sich hat, , da kann ich dir leider nichts zu sagen. Die Überzeichnung des Normanno sollte laut Regisseur bedeuten, das er sich nicht so sicher ist auf welcher Seite er steht und das er von Gewissensbissen geplagt wird.

  • In den verschiedenen Fassungen des Werkes spielt Normanno tatsächlich unterschiedliche und auch unterschiedlich gewichtige Rollen.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"