MSchenk schrieb hier:
Ultimative Notizen aus dem Opernmuseum
ZitatWenn ich also eine Opernaufführung dem musealen zuordne, gebe ich damit genau das auf, was ich an einer Opernaufführung so sehr schätze: den Moment des unwiederholbaren Augenblicks.
Ganz sehe ich die Logik hier nicht, denn der Idealfall wäre eine Aufzeichung einer optimalen Aufnahme, die dann als "immerwährende Referenz" gelten kann - wobei es im Laufe der Jahre immer wieder PARALLEL laufende Referenzen geben könnte. Genau diese Situation haben wir im Bereich der Schallplatte (CD)
Ich möcht hier ein wenig vom Thema Regietheater wegkommen, vielleicht auf das Thema "unwiederholbarer Augenblick" in der klassischen Musik hin fokussieren.
Seit Menschengedenken war es der Wunsch der Komponisten, daß ihre Werke so notiert werden, daß sie an jedem Ort und zu jeder Zeit - somit auch in fernen zukünftigen Tagen- wieder ORIGINALGETREU REPRODUZIERT werden kann.
Zahlreichen Komponisten war der Begriff schon an sich zuwider. Wer war es noch der da gesagt hatte: "ich beauche keine Interpreten, man soll das Stück so spielen, wie ich es aufgeschrieben habe"
Das ist natürlich ein unerfüllbarer Wunsch, denn die Notenschrift ist nicht exakt genug um feinste Nuancen der Aufführung festzuhalten. - auch wenn dies ursprünglich der Wunsch war. Wenn wir diese Aussage akzeptieren, dann folgt fürs erste daraus, daß "Interpretation" eigentlich ein notwendiges, unvermeidbares Übel ist, welches naturgemäß eine Verfälschung des Werkes zu Folge hat.
Es hat aber immer wieder Aufführungen gegeben, die das Wohlgefallen des Komponisten (so er noch lebte), des Publikums UND der Kritik gleichermaßen hervorriefen. Diese Aufführungen, einmal aufgezeichnet, könnte man als "Idealfall", als "Referenz" betrachten - unverrückbar für alle Zeiten. Wenn hier nun eine Welle des Protestes über mich hinwegfegt, dan weise ich darauf hin, daß dies der EIGENTLICHE Sinn einer Tonaufnahme ist: Den "unwiederholbaren Augenblick" für alle Ewigkeit festzuhalten und für spätere Generationen zu konservieren
Schon Kaiser Franz Joseph I von Österreich hat das - allerdings nur auf Sprechstimmen historisch interessanter Persönlichkeiten bezogen - schon 1903 erkannt:
ZitatErfreulich ist es die Fortschritte zu verfolgen, welche im Laufe der letzten Jahrzehnte das Ineinandertreiben von Wissenschaft und Technik erzielten. So war es, unter Anderem, die Zeichensprache des Telegraphen, durch die hoerbare des Telephons ergaenzt. Und nun gelang es auch mit Phonographen, gesprochene Worte bleibend festzuhalten, um sie selbst nach vielen Jahren, späteren Geschlechtern wieder vorzufuehren. Wohl sind die Konstruktionsschwierigkeiten des letzteren (????s) Apparates noch nicht vollstaendig ueberwunden. Doch wird es dessen ungeachtet, von Interesse sein, auch in dieser, nicht ganz vollkommenen Weise, die Stimmen hervorragender Persoenlichkeiten aus frueheren Zeiten zu vernehmen und deren Klang und Tonfall, sowie die Art des Sprechens, gewissermassen als historisches Dokument, aufbewahrt, zu erhalten. Aehnlich wie im Anderen - Stimme, Sprache und Portraet - ist es sehr wahr. Und Wenn die Lehre, die Akademie der Wissenschaften, jetzt darangeht saemtliche Sprachen und Dialekte unseres Vaterlandes phonographisch zu fixieren, so ist das eine Arbeit die sich in der Zukunft sicherlich lohnen wird. Es hat mich sehr gefreut, auf Wunsch der Akademie der Wissenschaften, meine Stimme in den Apparat hineinzusprechen und dieselbe dadurch der Sammlung einzuverleiben.
mit freundlichen Grüßen aus Wien
Alfred