Viktor Kalabis - Die Streichquartette

  • Viktor Kalabis hat sieben Streichquartette komponiert vergleichbar seinem großen Vorbild Bohuslav Martinu und der polnischen Kollegin Grazyna Bacewicz. Wenn man dem Booklet der vorliegenden GA glauben darf, so haben tschechische Quartette das eine oder andere Kalabis Quartett im Repertoire. Mir sind sie bisher nicht begegnet.
    Die Kompositionen entstanden zwischen 1949 und 1993, wobei zwischen den ersten drei Quartetten jeweils eine lange Pause von 14 Jahren liegt. Kalabis betrachtete seine Quartette als ebenso wichtig wie seine symphonischen Werke und als "ein Tagebuch, eine Konfession", nicht unähnlich des russischen Kollegen DSCH.


    Das erste Quartett von 1949 ist IMO bereits ein ganz erstaunliches Werk. Das Werk hat die standardmässigen vier Sätze ist aber ansonsten völlig eigenständig. Ich kann beim besten Willen keine Quartette benennen, an die es mich erinnert. Die Tonsprache ist gemäßigt modern, Kalabis verwendet ungewohnte Themen und sowohl die Instrumentation als auch viele Einzelheiten weisen ihn als geborenen Quartettschreiber aus. Die Musik verlangt ziemlich konzentriertes Hören und ist nicht wirklich eingängig. Aber sehr interessant und originell.


    Die Aufgaben auf der Doppel-CD teilen sich das renommierte Kocian Quartett (SQ 1-3) und das jüngere Zemlinsky Quartett (SQ 4- 7). Ich bin sehr gespannt auf die anderen sechs Beiträge.

  • In den letzten beiden Tagen habe ich vier weitere Quartette von Kalabis gehört und auch wenn ich nur ein recht oberflächliches erstes Resumee abgeben kann, so will ich es doch tun. Die Quartette 2 und 3 entstanden - wie schon erwähnt mit jeweils 14 Jahren Abstand zum ersten, also 1962 bzw 1977. Das vierte und fünfte dann fast gleichzeitig 1983/84. Während das erste Quartett vier Sätze hatte und gut 25 min Spielzeit, sind alle weiteren drei- oder einsätzig und kürzer, das vierte ist mit knapp 12 min das kürzeste. Der Stil von Kalabis erscheint mir über die lange Zeit doch recht konstant, eine auffällige Weiterentwicklung kann ich bisher nicht entdecken. Weder hat Kalabis den Schritt zur seriellen Musik a la Darmstadt getan noch verwendet er geräuschartige Einlagen wie Penderecki, Ligeti, Xenakis oder Lachenmann. Die Musik von Bela Bartok scheint doch die Hauptinspirationsquelle von Kalabis in diesem Genre. Das bedeutet, dass die Musik noch entfernt tonal ist, aber häufig ziemlich dissonant und recht anstrengend zu hören, mindestens so anstrengend wie Bartoks Quartette. Da braucht es erfahrungsgemäß mindestens 3-5 Hörduchgänge, bis man die Struktur eines Stücks halbwegs erfasst hat. Das wird also dauern. Ich befürchte, dass auch viele aus Zeitgründen vor dieser notwendigen Hörarbeit zurückschrecken werden.