Wolfgang Amadeus Mozart: Streichquartett Nr. 20 KV 499

  • Irgendwie scheint es zu diesem Quartett von Mozart bisher keinen thread zu geben oder ich habe ihn übersehen.
    Egal, das Werk entstand 1786 zwischen der Gruppe der 6 Haydn Quartette und den letzten 3 sog. Preussischen Quartetten. Es steht in D-Dur und trägt die Satzbezeichnungen:


    Allegretto, in D-Dur
    Menuetto: Allegretto, in D-Dur, mit einem Trio in D moll
    Adagio, in G-Dur
    Allegro, in D-Dur


    Das Quartett wurde von Franz Anton Hoffmeister publiziert und ist wohl auch für diesen geschrieben, deshalb trägt es auch den Beinamen Hoffmeister Quartett.


    Es ist eines meiner liebsten Mozart Quartette und wurde heute Abend gehört in der Interpretation des Julliard String Quartet. Wenn ich diese schon vierzig Jahre alte Aufnahme höre, fallen mir zwei Dinge auf: (1) mit dieser Intonation würden die Julliards heute vermutlich keine Endrunde eines internationalen Wettbewerbs mehr erreichen und (2) trotzdem ist es eine sehr schöne Aufnahme.

  • Ich sehe auch keinen Thread; ein wenig ist aber in einem allgemeinen Thread zu Mozarts Streichquartetten zu finden. Als Einzelstück läuft es leider ein wenig Gefahr, "hintenrunterzufallen" (meines Wissens haben z.B. das Petersen und das Emerson Qt. die 6 Haydn gewidmeten Werke und die "Preußischen" eingespielt, während KV 499 fehlt).
    Es scheint auch einigermaßen rätselhaft, warum das Werk allein steht; das war seinerzeit unüblich und normalerweise wurden mindestens 3, meist 6 Werke zusammengefasst. (Mozart hat z.B. die Bläserserenade c-moll als Quintett bearbeitet, um zusammen mit KV 515/16 drei Werke anbieten zu können; im Falle der Klavierquartette KV 478 und 493 erschienen dem Verleger die Stücke zu schwierig, nur deswegen blieb es bei zweien) Ich finde keine näheren Informationen außer der Vermutung, dass eigentlich wieder eine Serie geplant war, zu der es aber nicht gekommen ist.
    Mir hat das Stück auch schon immer sehr gut gefallen. Es ist nicht so "demonstrativ" ehrgeizig wie die Haydn gewidmeten Quartette, dabei aber ähnlich konzentriert mit einem (für Mozart ungewöhnlich) nahezu monothematischen Kopfsatz (obendrein auch noch mit sehr schlichtem Material, was wieder mehr an Haydn erinnert).

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Entgegen meiner Äusserung im "Was hört ihr gerade Jetzt" - Thread, besitze ich doch eine ganze Reihe von Aufnahmen des Werkes, enthalten in den Gesamtaufnahmen, die grösstenteils nich ungehört in der "Warteschleife" stehen. Einige davon habe ich aktiviert und in das Quartett KV 499 hineingehört. Ich gestehe, dass ich mit diesem Quartett so meine Startschwierigkeiten hatte, Ich fand es auch nach 4 maligem Hören noch immer nicht einprägsam, soll heissen der Wiedererkennungswert ist (für mich!) nicht besonders ausgeprägt. Warum das Quartett - entgegen den Gepflogenheiten der Zeit - als Solitär stehen blieb, darüber ist viel gerätselt worden. Mir gefällt der Gedanke von Johannes Roehl, das Werk seie als erstes einer geplanten Dreier- oder Sechserreihe gedacht gewesen, die aber nie realisiert wurde. Es könnte - wenn ich den Gedanken weiterspinnen darf - auch der Fall gewesen sein, daß das Quartet, wie schon die Klavierquartette davor, keinen Anklang beim Publikum gefunden hätten.? Allmählich beginne ich Gefallen an dem Werk zu finden.....


    mfg aus Wien
    Akfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Es scheint auch einigermaßen rätselhaft, warum das Werk allein steht; das war seinerzeit unüblich und normalerweise wurden mindestens 3, meist 6 Werke zusammengefasst.

    Im Beiheft zur Aufnahme des Quatuor Mosaïques heißt es dazu: »Man vermutet, dass Mozart damit seine Schulden beim Verlegerfreund [F. A. Hoffmeister] beglich. Es erschien in einer monatlichen Kammermusikreihe mit Quartetten von Vanhal und Hoffmeister selbst. Mozart komponierte dieses Werk wahrscheinlich im Hinblick auf eine Veröffentlichung im Rahmen dieser Reihe, da er sonst, wie es damals üblich war, selber eine eigene Serie von drei oder sechs Quartetten komponiert hätte.«

  • Vielleicht wäre es möglich, etwas zu den persönlichen Eindrücken zu schreiben, die das Quartett bei Euch hinterlassen hat.
    Es muß ja soll keine musikwissenschaftliche Analyse sein. Persönlich fand ich das Quartett beim Ersthören* als eher belanglos und stellenweise sogar spröde. Bis dato ist da kein Thema mit hohem Wiedererkennungswert, kein Ohrwurm, keine markante Aussage. Im Harenberg Kammermusikführer findet man Bemerkungen über die "Zwiespältigkeit" des Werkes, zwischen "anmutiger Schönheit" und "abgründiger Tiefe" , auch die gelegentlich schroffen Stellen werden erwähnt.
    In meiner Formulierung hieße das: Ein eher sprödes Werk mit unausgeglichenem Grundcharakter,teilweise unauffällig mit niedrigem Wiedererkennungswert, das vermutlich beim ersten Mal hören nur wenigen gefallen kann. (?)


    mfg aus Wien
    Alfred



    *Ersthören - Da meine Liebe zu Streichquartetten erst seit einigen Jahren besteht, habe ich weder alle Streichquartette Haydns noch Mozarts oder Schuberts je komplett gehört. bzw kann ich mich nur an die "Renner" erinnern.
    So gesehen ist hier "Ersthören" gemeint, denn selbst wenn ich das Quartett vor 15, 20, oder mehr Jahren gehört haben sollte - es ist mir nicht in Erinnerung geblieben......

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • Persönlich fand ich das Quartett beim Ersthören* als eher belanglos und stellenweise sogar spröde. Bis dato ist da kein Thema mit hohem Wiedererkennungswert, kein Ohrwurm, keine markante Aussage.

    Das Zweit- oder Dritthören heute war in Deinem Sinne für mich auch wieder ein Ersthören. Ich wurde dabei irgendwann durch ein Telefonat gestört und ich war vorher nicht gepackt und habe danach überhaupt nicht so recht reingefunden. Ich musste dann mal an Max Reger denken, wo man sehr aufmerksam zuhören muss, wenn’s einem gefallen soll.

  • Zitat

    Ich musste dann mal an Max Reger denken, wo man sehr aufmerksam zuhören muss, wenn’s einem gefallen soll.


    So seltsam es klingen mag - das ist ein sehr guter Vergleich. Nur daß man das bei Mozart eben nicht erwartet.
    Es gehört auch ein gewisser Mut dazu, derlei öffentlich zu schreiben, denn allzuleicht könnte man als "Banause" abgestempelt werden. Daher mein ausgesprochener Dank für dieses Statement..


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ich hatte das Stück früher als eines meiner Favoriten unter Mozarts Quartetten verbucht, vermutlich wegen des ersten Satzes. Denn so ganz klar, war mir das beim Wiederhören auch nicht mehr. Der Außenseiterstatus kam mir beinahe nachvollziehbar vor. Die "preußischen" Quartette sind ohne Zweifel melodischer und zugänglicher, ebenso das "Jagd-Quartett" und die anderen "Haydn-Quartette" sind vielleicht nicht allzu eingängig, aber leidenschaftlicher und weniger "trocken" als stellenweise KV 499.
    Flothuis sieht es als Zwischenglied weniger zu den "preußischen", sondern zu den großen Quintetten und hier mehr zu den "Haydn-nahen" KV 593 und 614 als zu den opernhaft-leidenschaftlichen KV 515/16. Ähnlich wie im Konzert KV 503 verwendet Mozart teilweise sehr neutrales, "Allerweltsmaterial", was für melodiefokussierte Hörer das Stück weniger zugänglich erscheinen lassen mag. Andererseits hat man es auch in Verbindung mit dem in der Zeit komponierten "Figaro" gebracht und es gibt eine Phrase im ersten Satz, die mich immer an "poco contante, poco contante" in "Non piu andrai" erinnert hat. Ich schreibe später noch ein wenig zu dem Werk.


    Es gibt hier einige sehr persönliche Anmerkungen zum Kopfsatz.
    Noten online bei der NMA
    http://dme.mozarteum.at/DME/nma/nmapub_srch.php?l=1

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Ich weiß ja nicht, ob es an mir liegt - ich finde dieses Werk sogar ganz ungemein eingängig! Hier komme ich zu einer anderen Einschätzung als Alfred und Johannes - Natürlich gibt es da die ein- oder andere Kühnheit, den ein- oder anderen Sprung und manche überraschende Wendung; aber insbesondere die letzten beiden Sätze finde ich sehr prägnant, und die Steigerungen, die Mozart immer wieder mit neuem Anlauf und neuem Schwung einbaut, gefallen mir sehr. Auch sehe ich keinen Mangel an melodiösen, reizvollen, sanglichen Linien - ich erkenne da nichts Sperriges, Trockenes oder Sprödes, ich mag dieses in vielerlei Hinsicht singuläre Quartett sehr.


    Eine m. E. sehr gelungene Einspielung mit dem Festetics Quartet kann man hier auf youtube nachvollziehen:



    viele Grüße

  • Wie gesagt, hatte ich früher auch keine Schwierigkeiten mit dem Werk. Jetzt habe ich es gestern und heute je einmal gehört, einmal auch mit Noten verfolgt und es kommt mir jedesmal schwieriger vor... ;)
    (Da ich das Stück schon viele Jahre kenne, habe ich natürlich auch keine Schwierigkeiten mit den Themen, die kenne ich halt inzwischen, egal ob eingängig oder nicht.)
    Der Kopfsatz ist "schwierig", weil er, was in dieser Form für Mozart eher ungewöhnlich ist, praktisch sofort das Material der Anfangstakte durchführt, dann aber doch noch "Seitenthemen" einführt, die sich aber kaum recht etablieren können, außer vielleicht dem Schlussgruppenthema, über das Ulli in dem verlinkten posting in Ekstase gerät.
    Das Finale ist einzigartig und abgedreht. Mit dem seltsamen "Tarantella"-Beginn, dem dann später ein zweites Thema folgt, das endlich wie ein "normales" Mozartsches Finalethema klingt. Auch das ein sehr langer und ausführlicher Satz (selbst ohne die Wdh. des 2. Teils)


    clck 470

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

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  • Alfred_Schmidt

    Hat den Titel des Themas von „Wolfgang Amadeus Mozart Streichquartett Nr. 20 KV 499“ zu „Wolfgang Amadeus Mozart: Streichquartett Nr. 20 KV 499“ geändert.