Der führende Mozart-Dirigent der Gegenwart

  • Tja - wer soll denn das wohl sein. Noch vor kurzem bekam ich auf diese Frage "Nikolaus Harnoncourt" zu Antwort.
    Auch wenn ich das nicht so gesehen habe - es war zu akzeptieren, schliesslich war er bei vielen heutigen Musikfreunden auch in diesem Segment anerkannt, wogegen ich ihn zeitlebens als "Vertreter der alten Musik" gesehen habe.
    vor 40 oder fünfzig Jahren war es auch nicht gerade leicht, den führenden Mozart-Dirigenten zu bestimmen.
    Wenngleich Karl Böhm im Umkreis von Wien, Salzburg, Gesamtösterreich und Japan - vielleicht auch in Deutschland (?)- so gesehen wurde, so gab es doch ein Menge Dirigenten die man ihm - je nach persönlicher oder regionaler Vorliebe an die Seite stellen konnte. Ich denke hier vor allem an Joseph Krips und Bruno Walter. Auch der Gründer der Camerata Academica Salzburg, Bernhard Paumgartner genoss zu Lebzeiten einen hervorragenden Ruf. Weiters wären hier noch Leopold Hager und Hans Graf, sein Nachfolger beim Mozarteum-Orchester Salzburg zu nennen. Im englischsprachigen Raum wären hier vor allem Neville Marriner und Colin Davies zu nennen - daß ich das nicht ganz so gesehen habe ist eher eine persönliche Sache.
    Ob Müller-Brühö zu den Mozart-Spezialisten zu zählen ist, daran werden sich wohl die Geister scheiden, Sandor Vegh indes dürfte indes weitestgehend akzeptier und geschätzt sein
    Es wird vermutlich auch darauf hinauslaufen, daß ich in Zukunft KEINEN Dirigenten als veritablen Mozart-Spezialisten werde akzeptieren können (wer weiß - vielleicht geschieht ein Wunder ?)- aber Nachdenken sollten man über diese Frage schon.


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo Alfred,


    wenn man sich u. a. an den existierenden Sinfonien-Gesamtaufnahmen orientiert, dann sind sicher noch weitere Namen zu nennen.
    Zumindest Christopher Hogwood, John Eliot Gardiner und Trevor Pinnock würde ich nicht unerwähnt lassen.
    Ebenso wie Harnoncourt haben sie jedenfalls deutlich zum aktuellen, "entschlackteren" Mozart-Bild und der Befreiung von unbotmäßigem, romantischem Ballast beigetragen.
    Ob es in der heutigen Zeit der (begrüßenswerten) Vielfalt - hinsichtlich Angebot aber auch Sichtweisen/Deutungen - so etwas wie den Mozart-Spezialisten/-Interpreten gibt (geben kann) - oder auch braucht - wage ich übrigens zu bezweifeln. Meiner Ansicht nach gibt es ihn ebenso wenig, wie den Beethoven- oder den Brahms-Spezialisten.


    Viele Grüße
    Frank

  • Lieber Alfred!
    Wofür braucht man denn "den" "führenden" Mozartdirigenten?
    Wen soll der denn führen? Und wohin?


    Lässt sich denn so ein Thread nicht auch etwas weniger Hierarchie-geil einführen?
    Beste Grüße


    Caruso41


    PS.: Für mich war Böhm ein Dirgent, dessen Aufführungen von Mozarts Werken mir - meist - gefallen haben.
    Aber ich habe in Berlin auch andere Dirigenten kennen lernen können, die mir bestimmt nicht weniger gefallen haben und die ich oft sogar überzeugender fand. Ich denke an so unterschiedliche Interpreten wie Sir Thomas Beecham, Ferenc Friscay, Istvan Kertesz und - keinesfalls zu vergessen - Benjamin Britten.

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Alfred wird das vermutlich aus ganzem Herzen ablehnen, aber wenn man in z.B. diese Aufnahme hineinhört, dann wird der unbefangene Hörer sicherlich eine überaus große Meisterschaft im Dirigat und der Mozartinterpretation feststellen können:



    Die für mich unglaublich schwer zu interpretierende g-moll-Symphonie Nr. 40 ist hier ebenfalls sehr sehr schön gelungen:



    Rattle vereint die klangsprachlich-artikulatorischen Elemente Harnoncourts mit der schwebenden Leichtigkeit, eine leicht abgedunkelte Klangschönheit und der klassischen Balance von Mozart-Dirigenten früherer Zeiten.
    Sein Mozart ist einerseits feurig/lebendig, andererseits aber nie übertrieben aufgerissen bis bizarr.
    Da solch eine Interpretation irgendwie nicht gleich hier und da aneckt, wird ihre hohe Qualität von manchen Klassikfreunden ggf. übersehen. Es lohnt sich aber sehr, einmal hinzuhören. Wer es tut, der weiß dann, wie sich Mozart-Glück anhört.


    Diese Mozart-Symphonien mit Rattle ( der ja Gott sei Dank noch am Leben ist) und dem BPO hätte ich so gerne....


    Gruß
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Bis zu seinem Tod hätte ich natürlich auch Harnoncourt genannt als einen der führenden Mozart-Dirigenten. Auch Charles Mackerras gehörte meiner Meinung nach dazu, aber auch der ist leider nicht mehr unter uns. Manche hätten vielleicht auch Marriner genannt (ich nicht). Von den erwähnten Protagonisten der HIP würde ich Gardiner und vielleicht noch Hogwood in die vorderste Reihe stellen, die Verdienste von Pinnock sehe ich eher im Barock-Bereich. Aber auch das sind ja alles schon alte Männer am Ende ihrer Karriere. Interessanter finde ich die Frage, wer von den jüngeren hier als führender Mozart-Interpret gelten kann oder zumindest das Potential dazu hat. Wenn ich mir überlege, von welchen Dirigenten in den letzten Jahren herausragende Interpretationen abgeliefert wurden, fällt mir gerade nur Currentzis ein, aber der hat insgesamt noch zu wenig Mozart vorgelegt, als dass man ihm schon diesen Rang zubilligen könnte. Und sonst???

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Ich kaufe zwar keine Mozartaufnahmen mehr, aber wenn ich noch Bedarf hätte, wären vermutlich welche unter Rene Jacobs dabei gewesen. JPC listet immerhin 17 Mozartaufnahmen unter seiner Leitung. Viele wurden gelobt.

  • Da es hier um die Gegenwart geht, kann der Name Hogwood (leider) nicht mehr wirklich fallen: Christopher Hogwood starb 2014 mit 73 Jahren.


    Ich bringe mal zwei weitere Namen ins Spiel: Jeffrey Tate und Daniel Barenboim.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Danke für den Hinweis, Joseph.
    Der Tod von Hogwood war mir nicht so präsent.


    Wobei ich das Schaffen von Hogwood und Harnoncourt trotz ihres Ablebens dennoch als bei weitem "Gegenwärtiger" empfinden, als bspw. Böhms Mozart.


    Viele Grüße
    Frank

  • Zitat

    Wobei ich das Schaffen von Hogwood und Harnoncourt trotz ihres Ablebens dennoch als bei weitem "Gegenwärtiger" empfinden, als bspw. Böhms Mozart.


    Natürlich, das ist eine Generationsfrage.
    Ald sie CD 1983 am Markt erschien war Böhm bereits 2 Jahre tot, Die Plattenfirmen versuchten das neue Medium zu vermarkten, indem sie Neuaufnahmen machten. Die DGG setzte damals auf eine Neuaufnahme der wichtigsten Mozart Sinfonien mit James Levine (die mir letzlich nicht gefiel), DECCA spielte ein paar Sinfonien unter Solti ein -(auch kein großer Wurf) und Teldec und LOiseau Lyre brachten Hogwood und Harnoncourt ins Spiel. Ich mochte beide nicht, wobei im Falle Hogwoods der "sirrende" Klang des Orchesters der Grund war. Heute empfinde ich das nicht mehr so, vermutlich war hier der 14 Bit DA Wandler mit 4 fach Oversampling schuld.
    Böhms Mozart waren Analogaufnahmen, die ersten Überspielungen kamen erst relativ spät am Markt . und sie waren klangtechnisch eher bescheiden, wobei schon die Originalpressungen auf Vinyl nicht den Gipfel der Tontechnik erreicht hatten.


    In der Tat habe ich Fricsay bei den alten Aufnahmen nicht erwähnt - sträflicherweise, muss ich sagen, denn seine Jupitersinfonie übertrifft sogar jene von Karl Böhm


    Zu Rattle: Ich lehne ihn nicht generell ab, aber als Mozart-Spezialisten sehe ich ihn nicht wirklich.
    In meinen Augen ist er ein Allrounder. Meine persönliche Meinung zu Rattle ist:
    Von Rattle KANN man alles kaufen - von Rattle MUSS man gar nichts kaufen.
    Nichts ist ein wirklicher Flop, ein guter Dirigent mit einem guten Orchester - Aber es ragt meiner Meinung nach nichts wirklich heraus, so dass man es zwingend besitzen müsste. Darüber hinaus gibt es die auf youtube geweigten Mozart Sinfonien nicht mal auf CD !!


    Rene Jacobs - damit kann man mich jagen !!!!


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Christopher Hogwood starb 2014 mit 73 Jahren.


    Ich bringe mal zwei weitere Namen ins Spiel: Jeffrey Tate und Daniel Barenboim.


    Dass Hogwood tot ist, war mir auch nicht bewusst. :| Die Nennung von Jeffrey Tate kann ich nachvollziehen, auch wenn ich von ihm bislang nichts wirklich Herausragendes gehört habe. Aber Barenboim? Was macht den zum führenden Mozart-Dirigenten?


    Ich kaufe zwar keine Mozartaufnahmen mehr, aber wenn ich noch Bedarf hätte, wären vermutlich welche unter Rene Jacobs dabei gewesen. JPC listet immerhin 17 Mozartaufnahmen unter seiner Leitung. Viele wurden gelobt.


    Natürlich, René Jacobs gehört hier definitiv genannt. Man denke nur an seinen Mozart Opern-Zyklus, der auf großen Beifall stieß.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

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  • Da Yakov Kreizberg leider schon seit 5 Jahren nicht mehr unter uns ist, bleibt für mich hier nur Kirill Petrenko übrig.


    Thielemann hatte ich zwar auch mit "Figaro" und mehrfach "Giovanni", trotzdem würde ich ihn nicht als einen der führenden Mozart-Dirigenten bezeichnen wollen, seine Stärken liegen eher bei Wagner und Strauss.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Zählen sollte doch, wie denn eine Symphonie oder ein Klavierkonzert klingt - jedenfalls mehr als die Frage, ob es von dem Interpreten diese CD-Boxen mit Mozart-Gesamtaufnahmen gibt. Nicht die Quantität ist immer ausschlaggebend, obwohl natürlich die spezialisierte Beschäftigung große Chancen mit sich führt. Von daher kommt meine Rattle-Nominierung durch Höreindrücke zustande, weniger durch Blicke auf meinen CD-Schrank. Zudem könnte es ja auch sein, dass die Industrie meint, dass der CD-Markt gesättigt ist und man dementsprechend erst gar nicht neue Mozart-Intepreten mehr besonders herausgestellt zum Zuge kommen lässt.


    Böhm war ja keineswegs nur ein Mozart-Dirigent. Er ist eigentlich durch persönlichen Kontakt mit Strauss zu Mozart gekommen und hat bekannterweise auch sehr viel Anderes gemacht.


    Ähnliches gilt auch für Harnoncourt und Andere.


    Viele der hier genannten Namen gehören zu Musikern, die entweder schon verstorben sind oder altersbedingt nichts mehr machen, wie z.B. Marriner ( oder macht der noch etwas?)
    Wie ich schon öfter erwähnte ist es wirklich auch aus mozartinischer Sicht sehr tragisch, dass Kreizberg so früh verstorben ist.
    Ebenso kann man über einen großen Verlust für die Mozartwelt durch das Ableben von Mackeras sprechen.
    Aber wer ist denn noch am Leben und aktiv?


    Vegh sehe ich ebenfalls einen jemanden an, der eine gute Hand für Mozart haben kann - der jüngste ist er aber wohl auch nicht mehr.
    Dass es für einen ganz vorzüglichen Mozart nicht immer der eigentlich aus der Romantik und späteren Zeiten kommenden Figur des Stardirigenten bedarf, sieht man an CDs wie dieser hier, die mit Musikern des Concertgebouw Chamber Orchestra eingespielt wurde:



    Es scheint so zu sein, dass die Zeit der großen Mozart-Vorbilder bei den Dirigenten vorbei ist. Wahrscheinlich war es auch die Absicht des TEs, das herauszuarbeiten.
    Wenn ich daran denke, dass mir auf Aufnahmen heutige Orchesterdirigate einfallen sollen, die das Potential zum Klassiker haben, dann ist es schon bezeichnend, dass mir ein Kammerorchester oder die in ihrer Rolle als orchesterleitende Pianistin hervorragend agierende Uchida einfallen...


    Aber es gibt ja noch Rattle ( höre oben) und Jansons, von dem ich nur ein Violinkonzert kenne, aber dem ich dennoch Einiges zutraue.


    Darüber hinaus gibt es die auf youtube gezeigten Mozart Sinfonien nicht mal auf CD !!


    Das beklage ich auch sehr, denn diese neue Art, nicht mehr auf den vermeintlich aussterbenden Tonträger, sondern nur noch aufs Internet zu setzen, ist schon sehr bedauerlich. Es soll einmal eine CD-Ausgabe für Kunden der Deutschen Bank gegeben haben - wie kann man so etwas nur als Dreingabe für gute Kunden herabwürdigen, an denen die Bank sich bereichert.
    Aber so ist es heute eben. Dieser Sponsor ist zwar finanzstark, hat aber aufgrund seines Geschäftsgebarens überall auf der Welt schwerwiegende Prozesse am Hals. Vielleicht sollte sich das Orchester jemanden mit besserem Image suchen.....also auch nicht VW ( ein anderes Thema..)


    Wenn ich mir nun diese Youtube-Ausschnitte aber anhöre, dann kann ich nicht finden, dass es nur "recht gut aber verzichtbar" wäre. Es ist eigentlich genau das, was ich mir immer so wünschte. Man achte auch auf den sehr homogenen und ausbalancierten Orchesterklang, der zur wirklich in nahezu allen Aspekten enorm hörenswerten Interpretation der Musik noch hinzukommt.


    Petrenkos Mozart kenne ich leider gar nicht, bis auf Einiges aus Youtube, was vom Orchester her vielversprechend klingt. Von Thielemann fand ich nur diesen Ausschnitt hier,



    bei dem man vornehmlich den gut spielenden Pianisten inklusive Mitbrummen hört. Die Orchesterteile klingen für mich tatsächlich auch sehr gut - durchaus nach Mozart-Kompetenz! Aber es ist einfach zu wenig Musik, um dazu wirklich substanziell etwas sagen zu können.


    Vielleicht braucht es noch etwas Zeit, bis sich Mozart-Dirigenten wieder mehr profiliert haben werden, hoffentlich dann auch mit Hilfe der "aussterbenden" Offline-Datenträger wie CD, SACD oder Blue-ray.


    Gruß
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Vegh sehe ich ebenfalls einen jemanden an, der eine gute Hand für Mozart haben kann - der jüngste ist er aber wohl auch nicht mehr.


    † 07.01.1997 in Salzburg.

    Einer der erhabensten Zwecke der Tonkunst ist die Ausbreitung der Religion und die Beförderung und Erbauung unsterblicher Seelen. (Carl Philipp Emanuel Bach)

  • Rene Jacobs - damit kann man mich jagen !!!!


    Wenigstens hier besteht Einigkeit!




    Das wusste ich nicht - umso schlimmer für die Mozartwelt.



    Gruß
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Von den noch lebenden, wenn auch (da über 90) nicht mehr so recht aktiven Dirigenten, dürfte Sir Neville Marriner quantitativ kaum zu schlagen sein, da er alle Sinfonien, die meisten Konzerte, Serenaden etc. sowie viele Opern und etliches aus der Kirchenmusik Mozarts häufig dirigiert und teils mehrfach eingespielt hat.


    Ich finde "Mozart-Dirigent" auch eine eher bizarre Charakterisierung. Die träfe eher auf Marriner (obwohl der fast alles dirigiert hat) oder Vegh zu als auf Böhm oder Bruno Walter, die mindestens ebenso (oder eher) Wagner/Brahms/Strauss/Beethoven etc.-Dirigenten waren.
    Da Mozarts Werke zu Mozarts Zeiten häufig ganz ohne Dirigent auskamen, sondern vom Tasteninstrument oder von der ersten Geige geleitet wurden, leuchtet mir auch nicht unbedingt ein, warum ein Dirigent sich hier besonders profilieren können sollte. Opern- und Konzertaufführungen werden meistens in ähnlicher oder stärkerer Weise von Solisten und Sängern geprägt sein. Und dass ein Dirigent eine Karriere auf Mozart-Sinfonien gründen könnte, scheint mir abwegig.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Aber Barenboim? Was macht den zum führenden Mozart-Dirigenten?


    Nun, immerhin beschäftigt sich Barenboim seit Beginn seiner Dirigentenkarriere in den 1960er Jahren intensiv mit Mozart und legte seinerzeit eine noch immer mehr als hörenswerte Aufnahme der späteren Mozart-Symphonien ab Nr. 29 mit dem English Chamber Orchestra vor. Zudem gibt es doch auch beachtliche Aufnahmen der wichtigen Mozart-Opern unter diesem Dirigenten (manche sogar mehrfach). Von den referenzträchtig dargebotenen Klavierkonzerten (in Personalunion) ganz zu schweigen.





    Ich denke, das kann sich alles durchaus sehen lassen und rechtfertigt die Nennung Barenboims in diesem Zusammenhang durchaus. ;)

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    – Luís de Camões

  • Ich denke, das kann sich alles durchaus sehen lassen und rechtfertigt die Nennung Barenboims in diesem Zusammenhang durchaus. ;)


    Ich bin da ganz bei Glockenton, dass es eher auf die Qualität als auf die Quantität ankommt. Und da habe ich bei Barenboim als Mozart-Dirigent doch gewisse Zweifel, ob er ganz vorne einzuordnen ist. Aber interessant, dass Du das anders siehst - für mich ein Anlass, in seine Aufnahmen mit dem ECO mal wieder hineinzuhören.

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  • Ich bin da ganz bei Glockenton, dass es eher auf die Qualität als auf die Quantität ankommt. Und da habe ich bei Barenboim als Mozart-Dirigent doch gewisse Zweifel, ob er ganz vorne einzuordnen ist.

    Ich auch! Habe ja einige Sachen live erlebt ("Figaro", "Giovanni", "Zauberflöte") und das war ziemlich weit hinten einzuordnen...

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Ich freue mich, daß dieser Thread doch auf ziemliches Interesse zu stossen scheint.
    Zunächst hat er (fürs erste) scheinbar meine Meinung bestätigt. daß es DEN führenden Mozart Dirigenten DERZEIT NICHT zu geben scheint. Interessant auch Johannes Roehls Statement, daß er daran zweifelt, daß man als "Mozart Dirigent" eine Karierre aufbauen könnte. Ich würde hier zwar widersprechen wollen, aber natürlich sieht er das mit den Augen einer andern Generation, und hat somit aus heutiger Sicht vielleicht sogar recht (?)
    Daß der Tod von Sandor Vegh und Christopher Hogwood noch nicht allen bekannt war ist auch recht aufschlussreich - hat mit dem persönlichen Stellenwert der Dirigenten zu tun, andrerseits ist aber die Szene über die Jahre hinweg so groß und unübersichtlich, daß sowas schon mal passieren kann.


    Zu Barenboim: Barenboim hat in den siebziger Jahren - abgesehen von den Sinfonien - mit dem "English Chamber Orchestra" alle Mozart Klavierkonzerte als Pianist UND Dirigent in einer Person aufgenommen und dafür die "Wiener Flötenuhr" (ein von der Mozartgemeinde Wien gestifteter renommierter Preis) erhalten. Die Kritiken im fono Forum waren ebenfalls sehr positiv. Barenboim darf also durchaus hier genannt werden, wenngleich das alles der Vergangenheit angehört - er hat sich weiter entwickelt.....


    Generell möchte ich aber den typischen "Mozart -Dirigenten" von den Opern abgekoppelt sehen, Karajans Mozart galt als nicht besonders "mozärtlich" - seine Mozart- Operdirigate indes waren eher unangefochten......


    Weiteres (Jeffrey Tate und andere) folgt demnächst


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Generell möchte ich aber den typischen "Mozart -Dirigenten" von den Opern abgekoppelt sehen

    Aha...


    Vielleicht sollte man dann auch im Parallel-Thread die typischen Wagner-Dirigenten von dessen Opern abkoppeln... :untertauch:

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

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  • Tate hätte ich nicht vergessen sollen - ich kenne ihn von den Uchida-Aufnahmen.
    Dort hat er auf mich nicht nur einen soliden, sondern schon einen ziemlich guten und stilsicheren Eindruck hinterlassen. Er hat ja auch die Symphonien aufgenommen, wobei ich diese Aufnahmen jedoch leider nicht im Bestand habe. Ebenso kenne ich ihn aus Youtube-Filmen mit Mozart und Julia Fischer, was ich auch sehr gut fand.


    Wie er heute Mozart dirigiert, weiß ich leider auch nicht, aber wenn das Internet recht hat, dann arbeitet er jetzt wohl - obwohl er ja Rentner sein könnte- in Hamburg. Da lasse ich mich aber gerne korrigieren.


    Gruß
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Auch wenn ich hier den Rahmen des Threads ein wenig verlasse, möchte ich darauf hinweisen, daß Warner im August 2013 die hier abgebildete 12 CD Box mit allen Mozart Sinfonien unter Jeffrey Tate zum Budget Preis von 30.99 Euro wiederveröffentlicht hat. Die Aufnahmen stammen von 1991/92 sind also digital. Eigenartigerweise kann ich micht, obwohl ich Tate durchaus schätzte und schätze, an die Erstveröffentlichung gar nicht erinnern. ich hatte schon den Verdacht sie wären gar nicht vollständig erschienen - aber dann fand ich doch eine Menge an alten LP-Covern im Internet. Seitetwa 2 Jahren besitze ich die Box mit der Neuauflage.
    Dennoch ist Tate hier nur aus historischen Gründen erwähnt, es ist kaum anzunehmen, daß er eine Neuaufnahme von Mozart Sinfonien mit den Hamburger Symphonikern machen wird (aber ich würde sie kaufen)
    Hier übrigens der Link zu, Jeffrey - bis dato 6327 Seitenaufrufe:
    Neuer Chefdirigent in Hamburg: JEFFREY TATE


    In meinen nächsten Beiträgen möchte ich einige Dirigenten der Gegenwart vorstellen, die vermutlich das Zeug hätten, sich als Mozart-Spezialisten zu profilieren - und gleichzeitig werde ich nach einer Erklärung suchen, warum es dazu vermutlich nicht kommen wird....


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ein idealer Mozart-Dirigent wäre meiner Meinung nach Matthias Bamert. Mit den "London Mozart Players" hat er für das Label CHANDOS so ziemlich alle Komponisten der Mozart Epoche aufgenommen - Mozart ausgenommen. Ich habe seinerzeit sehr bedauert, daß die Serie "Contemporaries of Mozart" nicht fortgesetzt wurde. Kein HIP, aber ein sehr einfühlsamer Dirigent und ein für dieses Genre nahezu ideales Orchester. Eigentlich hatte ich befürchtet, das Orchester wäre aufgelassen worden - aber nun habe ich die Internetseite gefunden - und sie spielen - Mozart.
    Einer der hier aktiven Dirigenten und Pianisten ist Howard Shelley, den ich auch gerne mit dem Namen Mozart in Verbindung bringe.

    Shelley ist in England als Mozartspezialist (vor allem als Pianist) durchaus angesehen, und um 1990/95 hat er eine Reihe von Mozarts Klavierkonzerten (alle?) mit den "London Mozart Players" für "CHANDOS" aufgenommen, die er vom Flügel aus dirigierte.
    Wir stehen jetzt vor einem Zwiespalt, Shelley konzertiert noch immer mit Mozarts Klavierkonzerten, aber eine aktuelle Neuaufnahme ist wohl nicht zu erwarten.....
    Eigenartigerweise haben diese Einspielungen jenseits der Insel nicht jene Aufmerksamkeit bekommen, die sie eigentlich verdienten......


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Bamert hat eine CD (evtl. nur als BBC Magazine disc zu haben, obwohl von Chandos produziert? jedenfalls meiner Erinnerung nach eine Studioaufnahme) mit Mozarts Sinfonie Nr. 34 (sowie einigen deutschen Tänzen) und der "Jenaer" Sinfonie von Friedrich Witt. Die ist für ein paar Euro von Drittanbietern zu kriegen und lohnt sich auf jeden Fall. (unten links in die Klammer klicken)


    Und auch wenn die Aufnahmen gut 25 Jahre alt sind und ich nicht genau weiß, was der Dirigent inzwischen für Schwerpunkte hat, verdient Hans Graf mit einer sehr achtbaren Gesamteinspielung (sehr "vollständig", also mehr als 41) der Sinfonien bei Capriccio/Delta hier Erwähnung. Ein etwas "jüngerer" (*1951...also eigentlich auch nicht mehr) Dirigent mit einigen guten Mozart-Aufnahmen (aus den 1990ern bei Arte Nova, Naxos u.a. auch eine neuere von Violinkonzerten mit Th. Irnberger (letztere kenne ich aber nicht)) ist Martin Sieghart. Es ist also nicht so, als ob die österreichischen Mozart-Dirigenten alle ausgestorben wären...


    ()

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  • Ob Roger Norrington ein "fürhrender Mozart-Dirigent für die Gegenwart" ist, möchte ich gar nicht beurteilen, weil ich das getrost den wirklichen Mozart-Kennern und Fans überlasse.


    Ich sage nur: :thumbsup: So wie spannend und "sportlich" wie Roger Norrington die Mozart-Sinfonien dirigert, so gefällt es mir !
    Da fällt der nette und passende Satz von unserem Tamino sagitt ein:

    Zitat

    Manche brauchen Mozart zum Einschlafen, andere, um wach zu werden. Dabei hilft dann Norrington.


    In der Hänssler-6CD-BOX befinden sich diese Sinfonien:
    Symphonien Nr. 1, 8, 12, 16, 19, 22, 25, 28, 29, 31 - 36, 38 - 41 + Symphonie nach der Serenade Nr. 9 "Posthorn"
    Ich war dann darin auch überrascht erstmalig Mozarts Sinfonie Nr.1 zu hören !



    Hänssler, 2006, DDD



    Für diese gut getroffene Norrington-Auswahl wäre ich bereit, andere Mozart-Aufnahmen der entsprechenden Sinfonien aus meiner Sammlung zu eliminieren (die ich nach "Norri" ohnehin nicht mehr hören möchte) und im Thread "Heute entsorgt" landen wird. Eine HIP-Auswahl von 6 Brillant-CD´s habe ich bereits weitergegeben :untertauch: ... :huh: leider war der Empfänger kein ausgesprochender Mozart-Fan.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Persönlich zähle ich Norrington zu den "Universaldirigenten"
    Ob man ihn schätzt oder nicht - er hat "Charakter" und setzt sein gewünschtes Klangbild durch, bzw erklärt es auch. Negativ betrachtet, könnte man ihn auch zu den "Querulanten" zählen, aber heute sagt man "Querdenker" dazu, das ist positiv besetzt. Aus diesem Grunde gibt es auch ein oder zwei Mozart-Aufnahmen von ihm in meiner Sammlung . Als "Mozart Spezialisten" würde ich ihn indes nicht bezeichnen.


    mfg aus Wien
    Alfred

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  • Teleton schrieb in Beitrag 25 dieses Threads:

    Zitat

    Für diese gut getroffene Norrington-Auswahl wäre ich bereit, andere Mozart-Aufnahmen der entsprechenden Sinfonien aus meiner Sammlung zu eliminieren (die ich nach "Norri" ohnehin nicht mehr hören möchte) und im Thread "Heute entsorgt" landen wird. Eine HIP-Auswahl von 6 Brillant-CD´s habe ich bereits weitergegeben


    Sollte es sich - was ich vermute - hier um Aufnahmen der Mozart Akademie Amsterdam unter Jaap ter Linden handeln, so möchte ich an dieser Stelle lediglich festhalten, daß es sich aus meiner Sicht trotz HIP um eine der klangschönsten Aufnahme der letzten Jahre handelt, die ich immer wieder mit Vergnügen höre.
    Dennoch kann man sie hier im Thread nicht als "führende Interpretation unserer Zeit" bezeichnen, dazu ist sie leider zu unbekannt und vermutlich auch schon zu alt (Aufnahmedaten zwischen 1997 und 2002)

    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Sir Neville Marriner könnte tatsächlich problemlos auch heute genannt werden:


    Aufnahme 2013


    Aufnahme 2013


    Aufnahme 2014


    Aufnahme 2014


    Ich höre gerade vie Spotify in die erstgenannte CD und bin hingerissen (auch beim Beethoven). Ich zitiere:


    "Im November 2013 dirigierte der damals 89-jährige (!) Maestro das Poznan Philharmonic Orchestra und zeigte erneut auf eindrückliche Weise, dass seine Interpretationen der Wiener Klassiker zeitlos sind und man kein radikaler Bilderstürmer sein muss, um interessant zu musizieren."


    Von Altersmüdigkeit keine Spur. In einer Woche wird er 92. Wahnsinn! :hail:

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    – Luís de Camões

  • Ähnlich wie im Schwesternthread zu Richard Wagners Dirigenten sollten eventuell auch hier die diversen Vorzüge und Nachteile einzelner Dirigenten (in Bezug auf diesen Thread) zur Sprache gebracht werden, oder - neutraler formuliert - deren Eigenarten. Marriner ist hier beispielsweise ein Idealfall, denn seine "Mozartkarriere" begann irgendwann in den siebzigern. Für DGG war Karl Böhm das Aushängeschild, für Philips war es Marriner, der vor allem auch durch die Zusammenarbeit mit Alfred Brendel bei den Klavierkonzerten profitierte. Marriner stand für einen eleganten polierten und schlanken Mozart, etwas das in den 70ern große Mode war. Seine "große Zeit" war indes vorbei, als die HIP Formationen immer mehr an Terrain gewannen und die "modernen" Orchester - und hier insbesondere Kammerorchester - verdrängten.
    Ganz verschwand er indes nie von der Bildfläche.


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Marriners Aufnahmen dominieren meiner Erinnerung nach die "Vollständige Mozart-Edition", eines der größten (wenn auch weitgehend aus schon bestehenden Aufnahmen zusammengesetzten) Projekte der Schallplattengeschichte (das überdies sehr erfolgreich war, was die damaligen Initiatoren kaum zu hoffen gewagt hatten). Sie dürften ähnlich weit verbreitet sein wie die Sinfonien unter Böhm.
    Ebenso bestand der Amadeus-Soundtrack (größtenteils) aus Marriner-Aufnahmen (allerdings von Argo/Decca, nicht den späteren Philips, soviel ich weiß).
    Ich glaube nicht, dass außer Harnoncourt jemand mehr Aufnahmen unterschiedlicher Mozartwerke gemacht hat als Marriner und vielleicht hat Marriner sogar zahlenmäßig mehr, da er zahlreiche Sinfonien und Serenaden, sowie Konzertbegleitungen zwei bis dreimal aufgenommen hat. (Allerdings hat Marriner, glaube ich, keine "exotischen" Opern und weniger Kirchenmusik eingespielt, auch die Serenaden nur teilweise.) Dann kämen vermutlich Böhm (da fehlt die Kirchenmusik außer Requiem und die exotischeren Opern, und als Begleiter gibt es auch mehr mit Marriner) und Mackerras, dann evtl. Tate oder Hogwood

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