Ihre Eltern waren Flüchtlinge, die ihre Heimat nach dem zweiten Weltkrieg verlassen, dann zwei Jahre in einem Flüchtlingslager in Italien gelebt und schließlich auf der anderen Seite des Atlantik ein neues Zuhause gefunden hatten. Dort wurde Bernarda Fink geboren, dort wuchs sie auf.
Das Leben als Flüchtlinge war für die Familie schwer und so konzentrierte sie sich darauf, ihre kulturelle Identität zu pflegen. Zu Hause wurde slowenisch gesprochen. Und man sang die Lieder, die man mitgebracht hatte, mit besonderer Begeisterung und emotionaler Hingabe. Viel slowenische Lieder aber auch Kunstlieder von Schubert, Schumann und Brahms. Darüber entwickelte sich bei Bernarda Fink früh eine tiefe Liebe zur Musik.
Nach der Schule studierte sie zunächst Pädagogik aber eine Arbeit als Lehrerin mochte sie sich nicht vorstellen. Deshalb bemühte sie sich um eine Zulassung zum Gesangsstudium. Mit den beiden Arien der Gräfin Almaviva gelang es ihr, einen Studienplatz an dem renommierten "Instituto Superior de Arte del Teatro Colón" in Buenos Aires zu bekommen. Erst nach drei Jahren wurde dort erkannt, dass ihre Möglichkeiten eigentlich im Mezzosopranfach viel besser entwickelt werden konnten. Von hier an ging es stetig bergauf.
Nach Studienende und dem Gewinn des ersten Preises beim Wettbewerb ‚Nuevas Voces Líricas’ kam Bernarda Fink 1985 nach Europa; zunächst nach Genf. Dort lernte sie ihren späteren Ehemann, einen österreichischen Diplomaten , der zur slowenischen Minderheit Österreichs gehört, kennen. Als er nach Prag versetzt wurde, folgte sie ihm. Sechs Jahre lebten sie in der goldenen Stadt Prag. Für die junge Sängerin war das eine Zeit, in der sie viele neue Eindrücke und Impulse aufnahm. Hier kam sie intensiv mit der slawisch-böhmischen Musik in Kontakt, lernte diese zu schätzen und lieben und konzertierte mit vielen tschechischen Künstlern und Orchestern. Es war eine Zeit, die sie künstlerisch und kulturell deutlich geprägt hat. Vor allem kam Bernarda Fink damals in Prag erstmals in Berührung mit Alter Musik und der historischen Aufführungspraxis, einem Bereich, von dem sie während des Studiums noch nicht einmal eine Ahnung bekam.
Nach den Prager Jahren nahm die Karriere von Bernarda Fink richtig Fahrt auf. Sie arbeitete mit so renommierten Dirigenten wie John Eliot Gardiner, Nikolaus Harnoncourt, Trevor Pinnock, Philippe Herreweghe, Sir Neville Marriner, Marc Minkowski, Sir Roger Norrington, Riccardo Chailly, Mariss Jansons, Riccardo Muti, Sir Simon Rattle, Paul McCreesh, Andres Orozco-Estrada, Daniel Harding - und immer wieder besonders eng mit René Jacobs.
Heute ist sie weltweit als Mezzosopran gesucht und gefeiert. Zu Recht! Eine der bedeutendsten Sängerinnen unserer Zeit!
Dabei ist sie eher ein stiller Star - eine Sängerin, die sich langsam und stetig ihren Platz am Sängerhimmel erarbeitet hat. Eigenwerbung und Schlagzeilen sind ihr zuwider und auf Publicity und Ruhm scheint sie keinen gesteigerten Wert zu legen.
So verwundert es auch kaum, dass sie vergleichsweise wenig auf Opernbühnen zu hören ist sondern eher auf Konzertpodien. Dabei hat sie auf etlichen Gesamtaufnahmen von Opern bewiesen, dass sie Figuren Profil geben und Charaktere klar und tief ausleuchten kann.
Ihr Repertoire ist riesig. Es reicht von Monteverdi, Bach, Haydn, Händel, Gluck und Mozart bis zu Schumann, Brahms, Bruckner, Mahler und Schönberg. Auch Dvorak und Martinu, Berlioz, Duparc, Ravel und Debussy stehen immer wieder auf ihren Programmen. Sie singt Wagner und Elgar - und immer wieder Bach.
Soviel erst mal zu Biografie und Karriere.
Vielleicht sollte ich aber auch noch kurz angedeuten, was mich an dieser Sängerin so besonders fasziniert und begeistert.
Zunächst natürlich die Stimme selbst. Bernarda Fink verfügt über einen lyrischen Mezzosopran, der ein ungewöhnlich rundes und satt dunkles Alt-Fundament hat, dessen Lagen perfekt verblendet sind, der in der Mittellage einen verblüffenden Reichtum an Schattierungen und Farben besitzt und in der Höhe frei, hell und leuchtend aufblühen kann. Diese Stimme klingt immer sicher beherrscht und nobel im Timbre. Vorbildlich ist das Legato, in dem nichts verschmolzen oder gar verschmiert wird sondern jedes Deatil genauestens hörbar bleibt. Diese kostbare Stimme wird mit einer technischen Meisterschaft geführt, die heute keine Konkurrenz hat.
Mehr noch aber imponiert mir, wie unprätentiös Bernarda Fink singt. Sie braucht keine äußerlichen Akzente oder histrionischen Effekte. Die Gesangslinie wird gleichsam von innen heraus beleuchtet und kann den Ton des Leidens und der Klage genau so transportieren wie den der Sehnsucht oder auch den Ton der Überschwanges und des Glückes. Im Gesang von Bernarda Fink verbinden sich Schlichtheit und Reinheit mit emotionalem Reichtum und Tiefe. Dabei kann sie auch zauberhaft leicht klingen (Ich verweise auf die zweite Dorabella-Arie in der Gesamtaufnahme von Cosi fan tutte unter Jacobs.).
Bei ihr hört man hinter den Tönen immer den Sinn und die Wahrheit der Musik.
Ich bin gespannt, was ihr über Bernarda Fink erzählen könnt und welche Höreindrücke ihr in ihren Konzerten oder von ihren Aufnahmen gewonnen habt.
Caruso41