Netrebko und die Hochzeit des Figaro auf den Salzburger Festspielen

  • Hallo liebe Taminos,


    heute war ich wieder in der Bibliothek um ein paar CDs zurück zu geben und neues aus zu borgen.
    Eigentlich wollte ich mir Tosca von Puccinii holen weil das eine meiner Lieblingsopern ist. Dann bin ich aber am Mozartregal vorbei gegangen und habe die Hochzeit des Figaro mit Anna Netrebko entdeckt.
    Diese Aufnahme wurde 2006 auf den Salzburger Festspielen gemacht:



    Da ich noch nie etwas mit Netrebko gehört hatte war ich gleich Feuer und Flamme und habe mir die CD ausgeborgt (oben seht ihr das Cover der DVD, aber auf der CD ist es genau gleich)
    Daheim angekommen habe ich die CD eingelegt und war ehrlich gesagt entäuscht.
    Der Grund dafür war Netrebko. Ihr Gesang war irgendwie recht dünn (also wenig kraftvoll) und ab und an hätte er auch deutlicher sein können. Das besserte sich zwar im Laufe des ersten Aktes aber im Duett blieb sie meiner Meinung nach hinter ihren Duettpartnern zurück
    Hat vielleicht jemand die Aufnahme auch gehört und kann mir seine Meinung zu Netrebko in dieser Aufnahme sagen? Vielleicht lags ja an mir.... ?(
    Gibt es vielleicht eine bessere Aufnahme von ihr?
    Weil ehrlich gesagt bin ich jetzt etwas entäuscht von ihr, dabei hab ich schon so viel gutes von ihr gehört :S Vielleicht bin ich ja auch mit zu hohen Erwartungen hinein gegangen.....


    Nicolaus Harnoncourt hat einen großartigen Job gemacht als Dirigent. Ich bin ein großer Mozartfan und mag vor allem seine Opern sehr, weil die Musik einfach so locker, leicht und wunscherschön ist und Harnoncourt hat genau das geliefert mit dem Orchester!
    D´Arcangelo als Figaro hat mir gut gefallen, bei "Non piú andrai, farfallone amoroso" ist mir wie immer das Herz aufgegangen. Ich mag die Arie einfach :jubel:


    Trotz der Netrebko-Entäuschung war der Figaro aber wie immer ein Erlebnis, besonders erheiternd natürlich die Szene als alle bei Susanna im Zimmer versteckt sind und hervorspringen. Der Conte hinter dem Stuhl, der Page davor :D



    Freu mich schon auf eure Denkanstöße, lg. Traubi :)

    Die gute Zeit fällt nicht vom Himmel, sondern wir schaffen sie selbst; sie liegt in unserem Herzen eingeschlossen

    .

  • Lieber Traubi,


    zur Live-Übertragung dieser Aufführung hat es damals eine lange Diskussion mit über 300 Beiträgen gegeben:


    http://www.tamino-klassikforum…page=Thread&threadID=3636


    Mit Harnoncourt sind damals einige hart ins Gericht gegangen, weil er nicht werkgetreu dirigiert habe. Ich bin zu wenig Musikfachmann, um das überprüfen zu können, aber mir hat das Ergebnis so wie Dir sehr gefallen. Unter den Sänger(inne)n fand ich die Leistung von Christine Schäfer herausragend.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Oh, Verzeihung, soll man den Thread dann schließen? Dann gebe ich dort einen Beitrag ab! Oder vielleicht kann man das ja zusammenführen...
    Ja, Schäfer war wirklich wunderbar muss ich sagen, ich hätte noch keinen besseren Cherubino gehört (hab 4 Figaros bisher gehört, mit dem hier sind es 5) :-)
    Die Kritik an Harnoncourt kann ich nicht verstehen oder gar teilen....

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  • Lieber Traubi,


    Ihre Stimme hat sich bis heute natürlich weiterentwickelt und auf DVD kann ich dir die Lucia und den Onegin aus der MET empfehlen, wenn du dir ansehen bzw anhören möchtest wie sie ihre Stimme heute klingt.

  • Wieso dieser berühmte "Figaro" (vielleicht die prägendste Aufnahme dieses Jahrtausends) damals weitgehend kritisiert wurde, verstehe ich auch nicht. Besonders Harnoncourt hat man ja seinerzeit fast in der Luft zerrissen. Ich spreche jetzt gar nicht von der halbwegs erträglichen Inszenierung, sondern nur von der musikalischen Seite. Es ist ja nicht so, dass Harnoncourt der erste gewesen wäre, der diese Oper so langsam dirigiert. Er hat fast auf die Sekunde genau dieselben Spielzeiten wie weiland Otto Klemperer in seiner späten Studioeinspielung von 1970. Vor wenigen Jahren, wohl 2013, dirigierte Harnoncourt den "Figaro" übrigens nochmal im Theater an der Wien. Da ging er mit seinem Concentus Musicus sogar noch rabiater zur Sache. Das Ergebnis aber überzeugte mich.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Harnoncourt war schon extrem langsam, Netrebko fand ich erstaunlich gut (im Gegensatz zu Frau Röschmann), obwohl die Stimme für die Susanna eigentlich schon zu schwer war. Ein Jahr später habe ich die Produktion dann live gesehen und mich szenisch geärgert, weil die Fernsehregie durch Großaufnahmen manchen Unsinn gnädig zugedeckt hatte, da dirigiert dann Harding und die Susanna sang Damrau, beides nicht 100%ig überzeugend.


    Und ja, Frau Schäfer war als Cherubino weit überzeugender denn als Donna Anna, das war live wirklich schlimm (wie diese ganze Kusej-Inszenierung auch).

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"


  • Weder zu schwer, noch zu leicht!
    Ist Freund Traubi damit zufrieden?

    Dieses Video ist in Deutschland leider nicht verfügbar.


    Und ich bin mir nicht sicher, ob es Traubi im schönen Wien da wirklich besser geht...

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Und ich bin mir nicht sicher, ob es Traubi im schönen Wien da wirklich besser geht...


    Doch mir geht es da besser. In Österreich sind kaum Videos im Musikbereich gesperrt (also ich hätte bisher keines gesehen) :thumbup:
    Danke, für das Video Hami, da ist ihre Stimme schon besser wie ich finde!


    Um noch mal auf Harnoncourt zurück zu kommen, ich fand es gar nicht langsam, sicher im Vergleich zu anderen Aufnahem war es sicher "langsamer" aber ist doch auch mal nett es anders zu spielen :)

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  • Um noch mal auf Harnoncourt zurück zu kommen, ich fand es gar nicht langsam, sicher im Vergleich zu anderen Aufnahem war es sicher "langsamer" aber ist doch auch mal nett es anders zu interpretieren.


    Recht hast Du.


    Ich kann Dir in diesem Zusammenhang übrigens nochmal die Klemperer-Aufnahme ans Herz legen. Das dürfte die langsamste sein.


    Einzeln sah das mal so aus:



    Heute in dieser Box zu finden:



    Da bekommt man in einer sehr preiswerten 11-CD-Box gleich die drei Da-Ponte-Opern plus "Die Zauberflöte". Besonders letztere gilt vielen noch heute als die Referenzaufnahme.


    :hello:


    P.S. Man kann übrigens leicht zu Amazon verlinken, indem man die ASIN, in letzterem Falle etwa B00AOG6P86, zu finden auf jeder Amazon-Produktseite, hier rein kopiert und zwischen [am] und [/am] stellt (Button "Am" bei der Beitragserstellung).

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    – Luís de Camões

  • Ich kann Dir in diesem Zusammenhang übrigens nochmal die Klemperer-Aufnahme ans Herz legen. Das dürfte die langsamste sein.


    Sicher, die ist aber etwa ein halbes Jahrhundert früher aufgenommen worden, und dann kamen Leute wie Harnoncourt und forderten eine historisch informierte Aufführungspraxis - und zu den Erkenntnissen der Musikforschung der letzten Jahrzehnte gehört eben auch, dass Mozart lange viel zu langsam gespielt wurde. Eigentlich hat Harnoncourt mit diesem teilweise extrem langsamen Dirigat beinahe seine ganze Lebensleistung verraten... (Er hat auch das eine oder andere extreme ritardando gemacht, sowas gab es bei Mozart eigentlich gar nicht.)

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Sicher, die ist aber etwa ein halbes Jahrhundert früher aufgenommen worden, und dann kamen Leute wie Harnoncourt und forderten eine historisch informierte Aufführungspraxis - und zu den Erkenntnissen der Musikforschung der letzten Jahrzehnte gehört eben auch, dass Mozart lange viel zu langsam gespielt wurde. Eigentlich hat Harnoncourt mit diesem teilweise extrem langsamen Dirigat beinahe seine ganze Lebensleistung verraten... (Er hat auch das eine oder andere extreme ritardando gemacht, sowas gab es bei Mozart eigentlich gar nicht.)


    Das ist eine durchaus interessante Feststellung. Die Frage ist für mich allerdings, ob dies im Falle des "Figaro" unter Harnoncourt so hundertprozentig zutrifft.


    Ich will jetzt nicht die drei mir bekannten "Figaros" von Harnoncourt nochmal komplett anhören, mache aber mal einen stichprobenartigen Vergleich:


    In seiner ersten Aufnahme mit dem Königlichen Concertgebouw-Orchester von 1993 für Teldec braucht er für die Ouvertüre 4:49, in der hier behandelten Salzburger Aufnahme von 2006 kommt er auf 5:04, in der mir noch vorliegenden mit dem Concentus Musicus Wien von 2014 schließlich auf 5:12. Damit liegt er praktisch gleichauf mit Klemperer: 5:14.


    Sicherlich lässt sich also über gut 20 Jahre eine Verlangsamung feststellen, nur ist das eigentlich generell ziemlich langsam. Currentzis etwa kommt auf grad mal 3:59.


    Vermutlich müsste man noch viel mehr ins Detail gehen, gerade im Vergleich mit der alten Teldec-Aufnahme. Spannender wäre natürlich noch, gäbe es irgendein Tondokument dieser Oper unter Harnoncourt aus den 60er oder 70er Jahren. 1993 ist ja nun auch noch nicht so ewig lange her.

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    – Luís de Camões

  • Da bekommt man in einer sehr preiswerten 11-CD-Box gleich die drei Da-Ponte-Opern plus "Die Zauberflöte". Besonders letztere gilt vielen noch heute als die Referenzaufnahme.

    Dankeschön, das ist genau das Richtige für mich Studentensparefroh, Opern und Klassik hören ist nämlich nicht billig -> zum Glück gibt es die städtische Bücherei sonst wäre ich schon pleite ;)



    Zitat von »Joseph II.«
    Eigentlich hat Harnoncourt mit diesem teilweise extrem langsamen Dirigat beinahe seine ganze Lebensleistung verraten... (Er hat auch das eine oder andere extreme ritardando gemacht, sowas gab es bei Mozart eigentlich gar nicht.)

    Also das finde ich etwas übertrieben, wie kann man mit einer Vorstellung sein ganzes Lebenswerk verraten? :huh:
    Und eine Frage die sich mir Unwissendem stellt: Was ist ein "ritardando" ?

    Die gute Zeit fällt nicht vom Himmel, sondern wir schaffen sie selbst; sie liegt in unserem Herzen eingeschlossen

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  • Selbstverständlich bleiben wir bei DIESEM Thread - der alte ist immerhin schon 10 Jahre alt. Allerdings sollte man dort schon gelegentlich geklesen haben - beispielsweise meine vernichtende Kritik zur Inszenierung in Beitrag Nr 25. :baeh01:
    Live aus Salzburg: "Le nozze di Figaro" - Hype Hype hurra!


    Die Netrebko ist heute mit Sicherheit besser als damals.
    Einst hatte ich - sinngemäß - geschrieben:


    Man liest immer wieder
    "Die Netrebkow hat eine der schönsten Stimmen der Gegenwart"
    Das mag sein - ich will das gar nicht bestreiten.
    Aber WENN das so ist, dann ist das eher traurig.[/size]


    Das würde ich heute sooo nicht mehr unterschreiben - aber natürlich kennt man als "alter Hase" doch zahlreiche Aufnahmen, die man zum Vergleich heranziehen kann....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Die Netrebko ist heute mit Sicherheit besser als damals.


    So sicher bin ich mir da nicht! Die Stimme ist in den letzten Jahren immer schwerer und metallischer geworden. Ihr Sensationserfolg war im Sommer 2002 die Donna Anna in Salzburg, diese Partie konnte sie schon 2014 nicht mehr singen. Als ich sie im Dezember 2013 als Leonora im "Trovatore" live erlebte, wurde ich das Gefühl nicht los, dass sie ihren Zenit doch schon deutlich überschritten hat, und zwar nicht nur optisch...

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

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  • Archäologische Sensation, die Italiener waren allerdings schon recht früh an der Opernkunst interessiert.


    Da haste Recht, deshalb habe ich die fehlende Null jetzt auch noch eingefügt! :P

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Mit allzu getragenen Tempi kann ich mich beim „Figaro“ nicht anfreunden. Sie vertragen sich nach meiner Überzeugung nicht mit diesem Werk. Mozart und da Ponte haben hat die Ergänzung im Titel der Beaumarchaise-Vorlage vom „tollen Tag“ zwar nicht übernommen, fest steht aber, dass auch die Oper an nur einem einzigen Tag spielt. Allein dies verlangt doch eine gewisse Zügigkeit. Platz zum Verweilen und Innehalten gibt es an vielen Stellen dennoch genug. Klemperer und Harnoncourt sind mir zu langsam. Sie kommen nicht richtig in die Gänge. Der Musik wird dadurch nach meinem Eindruck auch der Aufruhr herausgespült. Der steckt nun mal drin. Vom ersten Takt der Ouvertüre an. Interessant finde ich die Beispiele im Vergleich, die Joseph II. herausgesucht hat. Von Furtwängler, der den „Figaro“ bekanntlich auch in Salzburg dirigierte, ist der Ausspruch überliefert: "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige." Willi hat ihn als Signatur in seinem Profil. Wir lesen den Satz also sehr oft. Er braucht 4.22 Minuten, liegt damit so zwischendrin. Ich habe mir den Mitschnitt wieder einmal vorgenommen und war sehr beeindruckt, wie sehr er das Tempo auch den einzelnen Szenen anpasst, so dass nichts unter den Teppich fällt. Furtwängler ließ ja in deutscher Sprache singen, weil er befürchtete, dass sonst die Handlung von einem überwiegend deutschsprachigen Publikum nicht verstanden würde.



    Es ist Jahre her, dass ich den „Figaro“ mal in Zürich unter Harnoncourt sah und hörte. So langsam habe ich ihn nicht in Erinnerung. Und was die Netrebko anbelangt, die ja der Ausgangspunk dieses Threads von Traubi gewesen ist, finde ich die ganz wunderbar und entzückend. Manchmal denke ich, sie hätte mal dabei bleiben sollten. :)


    Gruß Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Ich gehe völlig d'accord zu dem, was du über die Tempi und auch über Klemperer und Harnoncourt gesagt hast - auch damit, dass ein deutschsprachiger "Figaro" notwendigerweise etwas langsamer sein muss als ein originalsprachlicher, weil die Sprachen eben unterschiedliche Tempi und unterschiedliche Konsonantenhäufungen haben.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Manchmal denke ich, sie hätte mal dabei bleiben sollten. :)


    So viel ich weiß, hat sie mit dem Figaro angefangen und zwar im Mainskij-Theater 1994. Zwanzig Jahre lang nur Mozart ist etwas viel verlangt für eine Sängerin, die auch andere Komponisten gut beherrscht.

  • Nein, nein, nicht immer nur Mozart. Ich wollte ausdrücken, dass sie mehr im lyrischen Fach hätte bleiben sollen. Da gibt es wunderbare Partien. Aber wer bin ich, dass ich das sage. Zumal ich nicht einmal zu denen gehöre, die die Netrebko heiß verehren. Sie kann doch singen, was sie will.


    Gruß Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Rheingolds Einwände hinsichtlich einer allzu getragenen Interpretation des "Figaro" sind nicht nur richtig, sondern auch wichtig. Ich würde die Aufnahme von Klemperer auch keinem absoluten Einsteiger empfehlen. Unser Traubi scheint, zumindest was diese Oper angeht, allerdings keiner zu sein und meinte ja auch, ihm gefielen die langsamen Tempi bei Harnoncourt. Daraus erwuchs dann meine Empfehlung für die Klemperer-Einspielung.


    Furtwängler beherrschte wohl auch bei dieser Mozart-Oper meisterhaft die Kunst des immer nachvollziehbaren, "organischen" Tempowechsels. Ich weiß nicht, ob ich diese Aufnahme unter ihm mal gehört habe. Vermutlich höchstens in Auszügen (mir war nicht einmal bekannt, dass sie auf Deutsch ist).


    Dass sowohl Klemperer als auch Furtwängler nicht zu den Standardempfehlungen beim "Figaro" gehören, sollte man nicht verschweigen. Diese Oper eignet sich wohl, wie "Così fan tutte", weniger für Langsamkeit. Gerade der "Figaro" ist ja eine musikalische Revolution. Natürlich wird Klemperer dem nur bedingt gerecht. Die genannte Box halte ich trotzdem für dringend kaufwürdig, weil seine Einspielungen der "Zauberflöte" und des "Don Giovanni" ohne Frage zu den am meisten empfohlenen Aufnahmen gehören. Die vertragen das Wuchtige wohl auch besser. 1964 ("Zauberflöte") bzw. 1966 ("Giovanni") war Klemperer aber auch noch flotter unterwegs als 1970 beim "Figaro" und 1971 bei der "Così". Vielleicht hätte er diese Mozart-Opern in umgekehrter Reihenfolge aufnehmen sollen? Was wäre gewesen, wenn ... ;)

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    – Luís de Camões

  • Ich habe mir die Aufnahme heute noch einmal angehört und muss sagen, vielleicht war ich etwas zu streng mit Fr. Netrebko. Im ersten Akt ist sie zwar noch immer nicht das was ich mir erwartet habe aber je länger es dauert desto mehr steigert sie sich. Im zweiten und dritten Akt gefällt sie mir dann doch ganz gut.


    Weil wir schon das Tempo bei Harnoncourt angesprochen haben ist mir durch Zufall noch eine Aufnahme mit ihm in die Hände gefallen.
    Es handelt sich dabei um Auszüge einer Aufnahme der Zauberflöte aus Zürich. Da dirigiert er für meine Geschmack auch recht langsam wo ich es weniger passend finde, vielleicht ist das aber nur ein subjektives Gefühl (ganz nebenbei bemerkt gefällt mir an der Aufnahme nicht, dass es eine Erzählerin gibt, die die Übergänge spricht)


    Die gute Zeit fällt nicht vom Himmel, sondern wir schaffen sie selbst; sie liegt in unserem Herzen eingeschlossen

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  • Nun habe ich eine für mich neue Aufnahme von Le nozze di Figaro gehört:



    In dieser Aufnahme konnte ich einige Unterschiede entdecken.
    Hermann Prey als Figaro war ganz anders als D´Archangelo. Im fehlte meiner Meinung nach die Kraft die ich bei D´archangelo gehört habe. Besonders deutlich wird mir das bei der Arie "Non piu andrai, farfallone amoroso". Prey wirkte hier irgendwie lustlos und mir fehlte das Lebendige dieser Arie, die Kraft und die Energie. Gerade das macht doch diese Arie auch irgendwie aus?
    Hier konnte Prey für mich weniger transportieren wenngleich er ein wesentlich gefühlvollerer Figaro als D´Archangelo war.
    Um aber auch etwas positives zu sagen: Er harmoniert wesentlich besser mit seiner Susanna als es D´Archangelo mit Netrebko geschafft hat (wohlmöglich auch weil der Kraftunterschied in den Stimmen nicht so bemerkbar war wie bei D´Archangelo und Netrebko)
    Weil wir gerade bei der Rolle der Susanna sind, Edith Mathis war ganz große Klasse! Sie hatte finde ich alles was eine Susanna braucht. Deutlichkeit in den Recitativos, Kraft und aber auch großes Gefühl in den Arien! :jubel:
    Ich denke ich werde demnächst verstärkt nach Aufnahmen mit ihr Ausschau halten!


    Generell fällt mir hier vor allem die größere Harmonie in diesem Werk (das übrigens in einer Kirche aufgenommen wurde). Fischer-Diskau und Prey sind trotz ganz unterschiedlicher Herangehensweisen ein wesentlich besseres Team. Bei beiden gibt es mehr heraus zu hören, mehr Gefühl, mehr Emotion und trotz ihrer Unterschiedlichkeit was die Stimmen betrifft, trotz ihrer unterschiedlichen Rollen, schaffen sie es einen Gesamteindruck zu vermitteln der sich durch die ganze Oper zieht, nicht nur durch eine Hand voll guter einzelner Stellen.

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  • Rheingold schrieb in seinem Beitrag (22):


    Zitat

    Mit allzu getragenen Tempi kann ich mich beim „Figaro“ nicht anfreunden. Sie vertragen sich nach meiner Überzeugung nicht mit diesem Werk. Mozart und da Ponte haben hat die Ergänzung im Titel der Beaumarchaise-Vorlage vom „tollen Tag“ zwar nicht übernommen, fest steht aber, dass auch die Oper an nur einem einzigen Tag spielt. Allein dies verlangt doch eine gewisse Zügigkeit. Platz zum Verweilen und Innehalten gibt es an vielen Stellen dennoch genug. Klemperer und Harnoncourt sind mir zu langsam. Sie kommen nicht richtig in die Gänge. Der Musik wird dadurch nach meinem Eindruck auch der Aufruhr herausgespült. Der steckt nun mal drin. Vom ersten Takt der Ouvertüre an.


    Was ist denn mit Otmar Suitners (deutschsprachiger und leicht gekürzter) Aufnahme des Figaro (mit Berry - Prey - Güden - Rothenberger - Mathis - Schreier - Burmeister - Vogel und Ollendorf)? Der lässt die Staatskapelle Dresden ja geradezu im Parforce-Stil (3'48) die Ouvertüre am Hörer vorbei rauschen. Ist das dann der "tolle Tag"? Mir kommt es jedenfalls so vor...


    :hello:

    .


    MUSIKWANDERER

  • .......schaffen sie es einen Gesamteindruck zu vermitteln der sich durch die ganze Oper zieht, nicht nur durch eine Hand voll guter einzelner Stellen


    Lieber Traubi,


    da triffst Du den Nagel auf den Kopf!
    Man hört einfach, dass die Aufnahme nach einer langjährigen Repertoirepraxis gemacht wurde. Da mögen mal die eine oder andere Rolle ausgetauscht worden sein, aber das ändert gar nichts daran, dass ein eingespieltes Ensemble am Werk ist, und zwar unter einem Dirigenten, der viele, viele Aufführungen der Produktion dirigiert hat. Das ist schon was anderes, als man heute so gewöhnlich bekommt.


    Es gibt übrigens einen Mitschnitt der Produktion vom Gastspiel der Deutschen Oper Berlin unter Karl Böhm aus Tokio! Der ist noch stimulierender und geschlossener! Mit echter Bühnenathmosphäre!



    Da singen:
    Elisabeth Grümmer (Gräfin)
    Erika Köth (Susanna)
    Edith Mathis ( Cherubino)
    Dietrich Fischer-Dieskau (Graf)
    Walter Berry (Figaro)





    Es lohnt!


    Mit besten Grüßen


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

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