Edmund Rubbra (1901-1986): Die Kammermusik

  • Hallo zusammen,


    Edmund Rubbra (1901-1986)
    Streichquartette Nr.1-4

    + Lyrischer Satz für Streichquartett & Klavier op. 24; Mediationen über eine byzantinische Hymne "O Quando in Cruce" op. 117a; Impvorisation für Cello op. 124; Sonate für Cello & Klavier op. 60
    Alastair Blayden, Pierre Doumenge, Michael Dussek, Dante Quartet
    Dutton, DDD, 2010 2 CDs 


    Man findet kaum etwas zu Rubbras Kammermusik, im Tamino-Forum. Allein Alfred hatte hier mal etwas zu den Quartetten geschrieben. Vielleicht kann ich daran zumindest ein wenig ändern...


    Rubbra schrieb vier Streichquartette, die von der zeitlichen Entstehung her recht weit auseinanderliegen. Die Quartette 1 und 3 sind dreisätzig, dass 2. Quartett hat vier, das 4. - und letzte - Quartett hat 2 Sätze.


    Das erste Quartett begann der Schüler von Gustav Holst im Jahre 1934 (dem Todesjahr von Holst). Es ist nicht seinem Lehrer gewidmet, sondern vielmehr Ralph Vaughn Williams, der Rubbra bei der Revision des Werkes unterstützte bzw. ihn diese Richtung "schubste". Die überarbeitete Version des Quartetts wurde 1946 fertiggestellt und im selben Jahr erfolgt die Uraufführung durch das Blech Quartett in der Wigmore Hall.
    Nr. 2 aus dem Jahre 1951 ist dem wahrscheinlich größten Komponisten von Streichquartetten überhaupt gewidmet, Ludwig van Beethoven. Es wurde 1952 durch das Griller Quartett aus der Taufe gehoben.
    Das 3. Streichquartett war eine Auftragsarbeit für das Allegri Quartett und wurde im Jahre 1963 vollendet. Es wurde der Öffentlichkeit 1964 im Rahmen des Cheltenham Festivals vorgestellt (vermutlich eben durch das beauftragende Quartett).
    Streichquartett Nr. 4 schließlich konnte 1977 fertiggestellt werden. Aufgrund seiner Zweisätzigkeit sowie der eher kürzeren Dauer der beiden Sätze ist es Rubbras wohl "kompaktester" Gattungsbeitrag. Widmungsträger war hier der Komponist Robert Simpson.


    Wo Rubbras Vorbilder liegen mögen, ist nicht so einfach auszumachen. Er orientiert sich jedenfalls nicht, wie auf der Insel recht verbreitet, an volkstümlichem Material. Seine Quartette bewegen sich irgendwo zwischen Traditionalismus und Moderne. Ich hatte zunächst überlegt, wo ich diesen Thread eröffnen soll, der Ausschlag erfolgte dann doch recht eindeutig in Richtung "FORUM für KLASSISCHE MODERNE - NEUE MUSIK - POSTMODERNE". Wer primär wohlige Romantik sucht, wird bei Rubbra nur bedingt fündig. Wirklich "schöne" Stellen existieren in den Kompositionen zwar durchaus, nur dominieren sie eben nicht. Vielmehr erscheinen die Quartette überwiegend nachdenklich, stellenweise nervös-getrieben, manchmal auch pessimistisch. Interessant, gut gemacht, anhör- und genießbar sowie abwechslungsreich sind sie in meinen Ohren aber allemal! Es kommt - wie so oft - eben darauf an, was man sucht. Freunde einer gemäßigten Moderne werden bei Rubbra jedenfalls gut bedient. Wer mit den Gattungsbeiträgen von Britten oder Schostakowitsch keine Schwierigkeiten hat, sollte zumindest mal ein Ohr riskieren.


    Das hervorragende Dante Quartet erweist sich als gleichsam feinsinniger, wie zupackender Anwalt dieser Musik. Das Klangbild ist klar und direkt, vielleicht etwas zu trocken.
    JPC listet mit der Einspielung durch das auf britische Werke spezialisierte Maggini Quartet lediglich eine Alternativaufnahme (Naxos). Vermutlich eine gleichwertige Wahl:




    Viele Grüße
    Frank

  • Als Ergänzung führe ich an - und berichte vielleicht in absehbarer Zeit auch kurz dazu:


    (Sterling String Quartet)


    :hello: Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Hallo Frank
    vielen Dank für die Eröffnung dieses threads. Die von Dir besprochenen Aufnahmen besitze ich auch, habe sie aber nur einmal gehört und das war vor meiner aktiven Zeit hier. Ich werde sie mir zeitnah mal wieder zu Gemüte führen. Die Symphonien habe ich - im Gegensatz zu einigen anderen hier - auch in guter Erinnerung.
    Gruß
    lutgra :hello:

  • Eigentlich habe ich ja schon vor geraumer Zeit über Rubbras Streichquartett Nr 1 etwas geschrieben. Ich betrachte es als Herausforderung, das heute zu wiederholen und einen neuen Text zu verfassen. Hörberichte sind ja nicht unbedingt eine korrekte Beurteilung des Gehörten, sondern sie spiegeln auch ein wenig die persönliche Verfassung des „Rezensenten“ zum Zeitpunkt der Hörsitzung wider.
    Rubbras 1. Streichquartett in f-moll op 35 wurde im November 1934 uraufgeführt, er war indes nicht wirklich zufrieden und unterzog 1946 das Quartett einer Revision, wo er den Finalsatz ersetzte.


    Das erste Streichquartett beginnt ein wenig weinerlich, ein Eindruck der nach kurzem Hören verschwindet, die Musik wird eindringlicher und wird immer wieder von Klangeffekten aufgelockert oder belebt – wie man es sehen will. Sie gewinnt an Temperament ohne übermütig zu werden, wird jedoch in gewissen Abständen sehr intim und introvertiert, so klingt auch der erste Satz aus.
    Still in sich ruhend, nachdenklich, von sanften Zupfgeräuschen begleitet – so beginnt der zweite Satz (Lento). Wenn der Klang stellenweise kurzzeitig eindringlicher wird, dann ändert das nichts an der Gesamtstimmung, die gelegentlich eine beinahe hypnotische Wirkung erzeugt. Die Violine spielt gegen Ende des Satze beinahe solistisch, begleitet von leisen gezupften tönen und einem unterschwelligen Raunen.
    Der dritte Satz (Vivace) ist unruhig vorantreibend, gelegentlich wird er kurzzeitig beruhigt um kurz darauf bis zum plötzlichen Ende seiner Linie treu zu bleiben…..

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo,



    Edmund Rubbra (1901-1986)
    Violinsonaten Nr.1-3 (opp.11,31,133)
    + 4 Stücke op. 29 für Violine & Klavier; Variations on a Phrygian Theme op. 105 für Violine solo


    Krysia Osostowicz, Michael Dussek
    Dutton, DDD, 99


    Rubbras Violinsonaten sind zwar tonal komponiert, erscheinen mir zumindest für die Werke ab der 2. Sonate nicht als "leichte Kost" und verlangen vom Hörer ein gewisses Maß an Beschäftigung und ggf. Wiederholung. Hier ist eine eigenständige Stimme zu vernehmen, abseits britischer Wohlfühl-Romantik-Heimeligkeit. Bitte nicht mißverstehen: Rubbra klingt in vielen Momenten in diesen Werken durchaus "schön" und angenehm, es kann aber nicht sein vorrangiges Ziel gewesen sein, dem Hörer durchgängig zu schmeicheln. Er scheut sich eben nicht davor eine gewisse Sperrigkeit in Noten zu fassen. Dieser Mix ist IMHO sehr reizvoll, denn einerseits für meinen Geschmack noch nicht "anstrengend", andererseits mit genügend Tiefe ausgestattet, dass die Beschäftigung und wiederholtes Hören Freude bereitet.
    Für Rubbra-Anhänger (gibt es die abseits der Insel?) ist die Aufnahme sicher ein Muss, umso ärgerlich ist es, dass die Einspielung nicht mehr gelistet wird und Alternativen nicht zur Hand sind. Doppelt unverständlich, angesichts der Qualitäten der Produktionen, siehe z. B. hier.
    Wer noch eine Chance auf diese CD haben will, sollte die aktuelle "Gebraucht-wie neu"-Offerte bei Amazon für rd. 15 EUR zzgl. nicht ungenutzt lassen.


    Viele Grüße
    Frank


  • Erwähnenswert ist übrigens noch, dass Rubbras Violinkonzert mit der Geigerin Krysia Osostowicz bei Naxos vorliegt. Auch diesbezüglich herrscht im Katalog nicht gerade ein Überfluss.

  • Erwähnenswert ist übrigens noch, dass Rubbras Violinkonzert mit der Geigerin Krysia Osostowicz bei Naxos vorliegt.


    Die Violinsonaten und das Konzert kenne ich (noch) nicht. Muss ich mal auf die Wunschliste setzen, vor allem das Konzert. Krysia Osostowicz ist übrigens auch Primaria des Dante Quartetts (Beitrag 1).

  • Rubbras Streichquartett Nr 2 entstand 1951. Es war ein Auftragswerk eines einst bekannten englischen Streichquartettes, dem Griller Quartett, welches 1931 gegründet wurde und bis 1961 (1963?) existierte. Das Werk wurde dann im Mai 1952 durch eben dieses Ensemble uraufgeführt und es wurde in etwa dieser Zeit, jedenfalls vor 1953, eine Schallplatteneinspielung für DECCA gemacht. Soweit ich weiß gab es bis vor einiger Zeit eine Veröffentlichung dieser Einspielung auf DUTTON, die aber bereits gestrichen ist.



    Dutton hat diese Aufnahme ja durch eine weiter oben bereits gezeigte Aufnahme (2000 DDD) mit dem Dante Quartett ersetzt.
    Das Quartett ist als einziges seiner 4 Streichqartette viersätzig und wie alle Werke des Komponisten der Tonalität verpflichtet.
    Dennoch ist es alles andere als eingängig oder leicht überschauber, weshalb ich mich zumindest derzeit einer aubjektiven Stellungnahme enthalte, das Werk sollte mehrmals gehört werden, vorzugsweise in Einspielungen verschiedener Ensembles.
    Ungeachtet dessen ist unüberhörbar, daß auch die Aufnahme mit dem Maggini Quartett ideal besetzt ist.


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Dutton hat diese Aufnahme ja durch eine weiter oben bereits gezeigte Aufnahme (2000 DDD) mit dem Dante Quartett ersetzt


    Ne, so kann man das nicht sagen. Dutton veröffentlicht ja zwei verschiedene Produktlinien. Zum einen die sozusagen "ursprüngliche" des Labels, mit (Wieder-)Veröffentlichungen historischen Materials, zum anderen eine Serie mit aktuellen Aufnahmen von von der Insel stammender Musik. Die Griller-Aufnahme ist ersterer Schiene zuzurechnen. Die Neuproduktion steht hier nur bedingt in Konkurrenz, denn nicht wenige Hörer stören sich an historischen Klangbildern. Das Verschwinden der Griller-Einspielung wird seine Gründe haben, in der Neuproduktion würde ich diese aber nicht vermuten.


    Viele Grüße
    Frank

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