Musiktheater im Revier Ponchielli , La Gioconda

  • Gestern Abend habe ich mich auf nach Gelsenkirchen gemacht um eine Oper zu sehen, die ich noch nicht live erlebt habe, La Gioconda. Die Regisseurin Alexandra Szemeredy siedeltet die Geschichte wohl in Nordkorea an, was man an den Solldatenkostümen und den vielen Asiaten die als Statisten fungierten ausmachen konnte. Auf der Vorderbühne gab es eine Häuserwand mit Tür und dahinter ein Sessel mit Tisch und Lampe, was wohl Giocondas Wohnung sein sollte. Dahinter gab es eine Drehbühne die gleichzeitig Schiff, Dogenpalast oder Richtersaal war. Am Ende der Oper wurde nach dem eigentlichen Schluss noch mal der Chor vom Anfang gespielt. was wohl bedeuten soll das sich nichts ändern wird und alles so bleibt wie es ist. Der Chor und Extra Chor des Mir waren sehr gut. Die Sänger leider nur Mittelmaß. Petra Schmidt als Gioconda spielte diese Rolle als ginge es um ihr Leben, sängerisch wurde sie in den Höhen Lagen des häufigeren schrill. Hervorragend war der Enzo gesungen von Derek Taylor , kein Schönling wie Jonas Kaufmann, sondern eher ein Durchschnittstyp , aber sängerisch war er in allen Lagen sehr sicher und hatte auch bei den Hohen Schlusstönen in seiner Arie keine Probleme- Er erinnert mich etwas an Domingo aus der GIoconda Auffühurng aus Wien vom Klang der Stimme. Piotr Prochera als Barnaba konnte nur eins, brüllen. Don Won Seo hatte einen zu leichten Bass für den Alvise, ihm fehlte einfach die nötige Schwärze. Sehr gut war die Laura gesungen von Nadine Weissmann, ausgestattet mit einem höhensicheren Sopran und die Cieca gesungen von ALmuth Herbst. Der Tanz der Stunden wurde leider auch vertan, die Tänzer waren Marionetten die unter der Kontrolle von Barnaba standen und es wurde zwischendurch gezeigt wie Laura stirbt. Der Dirigent Rasmus Baumann dirigierte viel zu laut und das Publikum war ziemlich klatscht faul , am Ende gab es auch nur mäßigen Applaus und sogar Buhrufe für einige Sänger, Schade das das Mir da eine große Chance vertan hat.

  • Danke für Deine doch recht durchwachsene Besprechung, lieber Rodolfo. Da ich mich gerade in der Nachbarschaft aufhalte, wollte ich mir diese Produktion eigentlich auch anschauen, werde es mir aber nun doch noch überlegen.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Ich war nun heute doch in einer Vorstellung von "La Gioconda" in Gelsenkirchen, und mein Fazit fällt nicht ganz so negativ aus. Was die Sänger betrifft, so hatte ich von zweien einen genau entgegengesetzten Eindruck wie Rodolfo: Den amerikanischen Tenor Derek Taylor als Enzo habe ich als den großen Schwachpunkt der Aufführung empfunden. Seiner Stimme fehlte es an jedem italienischem Schmelz, sie klang für meine Ohren unangenehm und ebenso farblos, wie er in seinem braunen Kordanzug aussah. Ich war stets froh, wenn seine Arien beendet waren. Auch seine Aussprache des Italienischen war grauenhaft, was sogar mir mit meinen relativ begrenzten Italienisch-Kenntnissen mehrfach unangenehm aufgestoßen ist. Piotr Prochera als Barnaba hat mir - relativ zum Gesamtniveau - hingegen sehr gut gefallen. Er ist vielleicht kein herausragender Sänger, aber m.E. hat er diese Partie sicher bewältigt und den durchtriebenen Intriganten sowohl sängerisch als auch darstellerisch sehr überzeugend charakterisiert. Bei den anderen Partien kann ich mich der Meinung von Rodolfo anschließen. Das Dirigat von Rasmus Baumann fand ich auch nicht so schlecht; dass das Orchester viel zu laut gewesen wäre und die Stimmen zugedeckt hätte, kann ich nicht sagen. Ich saß allerdings auch in der ersten Reihe, wo die Stimmen laut sind und das Orchester eher gedämpft.


    Die Inszenierung hat mich (von einigen Details abgesehen) überzeugt. Dass die Oper hier nicht als opulentes venezianisches Ausstattungsstück gegeben wurde, kam mir sehr entgegen. Das Regieteam lässt die Handlung in einem totalitären Überwachungsstaat spielen, der auf mich wie eine Mischung aus maoistischem China (rote Fahnen schwenkende Jugendliche) und DDR (Stasi-Überwachung durch angezapfte Telefone, Inneneinrichtung in sozialistischem Einheitsbraun) wirkte. Die Inszenierung des Tanzes der Stunden mit dem Hin- und Herschwenken zwischen den Tänzern und der (scheinbar) sterbenden Laura, deren Zeit abläuft, fand ich gerade gut - so verschieden können die Ansichten sein. Am Ende noch einmal den Anfangschor "Feste e pane!" spielen zu lassen, gab dem ganzen einen besonders bitteren Beigeschamck - das Liebespaar hat die Flucht geschafft, aber das Regime besteht weiter, und das Volk klatscht notgedrungen Beifall.


    Ich habe also den Besuch der Aufführung nicht bereut. Wenn man bei den Stimmen kein Niveau erwartet, wie es Wien oder München zu bieten haben, kann man sich diese Produktion des Musiktheaters im Revier durchaus mit Gewinn anschauen.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.