"Carmen" in der Deutschen Oper am Rhein in Düsseldorf, 24.04.2016

  • Ich habe gestern eine Aufführung der in diesem Jahr wieder aufgenommenen Carmen-Produktion von 2011 in der Deutschen Oper am Rhein in Düsseldorf besucht. Ich habe den Besuch nicht bereut, war aber auch nicht so recht begeistert, denn die Leistungen waren durchwachsen. Gut gefallen hat mir die aus Rumänien stammende Ramona Zaharia in der Titelrolle, die die freiheitsliebende Zigeunerin stimmlich und auch darstellerisch eindrücklich gestaltete und auch die nötige Erotik vermitteln konnte, ohne die die Rolle unglaubwürdig wirkt. Ganz anders hingegen Sergej Khomov als Don José, der mir gar nicht gefiel. Den anfangs feurig Liebenden und dann später von Eifersucht gequälten jugendlichen Spanier hat man ihm überhaupt nicht abgenommen, zu angestrengt und eng war seine Stimme, und gerade die leisen, lyrischen Passagen gelangen ihm gar nicht. Tiefpunkt war die Liebeserklärung an Carmen am Ende des 2. Akts, wo er auch deutliche stimmliche Probleme offenbarte. Nach der Pause hatte er sich wieder etwas gefangen, blieb aber blass. Und das nicht nur stimmlich, auch auf der Bühne wirkte er lahm und grau, was durch sein fortgeschrittenes Alter unterstrichen wurde. Dass eine von allen begehrte Frau wie Carmen erklärt, in diesen Mann „verliebt bis zum Wahnsinn“ zu sein, wirkte geradezu lächerlich. Damit war der Oper natürlich schon viel genommen. Dass Khomov am Ende vom Publikum mit ebenso vielen Ovationen überschüttet wurde wie Ramona Zaharia, kann ich mir nur durch die Tatsache erklären, dass er viele Jahre dem Ensemble des Opernhauses angehört und sich dabei offenbar die Sympathien des Publikums erworben hat.


    Die kleineren Rollen waren mittelprächtig besetzt. Sehr gut die Micaela von Brigitte Kele, eher mittelmäßig der Don Escamillo von Bogdan Baciu. Marc Piollet am Pult ließ hingegen nichts zu wünschen übrig, ihn kannte ich schon von der hochinteressanten Carmen-Produktion des Katalanen Calixto Bieito aus Barcelona (mit Roberto Alagna stand dort allerdings eine andere Kategorie von Don José auf der Bühne).


    „Hochinteressant“ ist leider kein Prädikat, dass man der Inszenierung von Carlos Wagner zusprechen möchte, „langweilig-ästhetisierend“ würde schon eher passen. Bühnenbild und Lichtregie sind angeblich von Goya inspiriert, insbesondere von dessen Behandlung des Lichts und seinen Kontrasten. Herausgekommen ist ein Bühnenbild, das ästhetisch ansprechend ist, auf mich aber doch recht beliebig wirkte. Auch die Kostüme waren weder Fisch noch Fleisch, eine seltsame Mischung aus modernisierten hellblauen Phantasie-Uniformen und folkloristischen Flamenco-Kleidern, die in der Taverne des Lillas Pastia noch passen, im Lager der Schmuggler im Gebirge dann aber doch reichlich deplatziert wirkten. Wenn die Bilder über einen eher allgemein-abstrakten Rahmen hinausgingen und konkret wurden, wirkten sie oft unglaubwürdig und bemüht. Das Schmuggelgut im dritten Akt zum Beispiel bestand aus riesigen Kisten, in die Personen offenbar zum illegalen Grenzübertritt verladen wurde. Ob das eine Anspielung auf die Flüchtlingsproblematik sein sollte, blieb im Dunkel. Immerhin funktionierte die Personen-Regie leidlich gut.


    Hier ein paar Links für Fotos der Aufführung (aus Urheberrechtsgründen stelle ich sie nicht direkt in den Beitrag ein):


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    Besondere Erwähnung verdient noch der Düsseldorfer Mädchen- und Jungenchor, der wirklich ganz ausgezeichnet war.


    Während für mich bei der „Carmen“ sonst die ersten beiden Akte die Höhepunkte sind, habe ich dieses Mal erstaunlicherweise den 3. und 4. Akt erheblich mehr genossen. Wahrscheinlich lag es daran, dass ich die bekannten Ohrwürmer aus der ersten Hälfte der Oper in weitaus besseren Darbietungen in allzu guter Erinnerung hatte, um mich nun wirklich daran begeistern zu können.


    Fazit: eine durchschnittliche Aufführung, bei der nicht nur das Bühnenbild Licht und Schatten bot.


    P.S. Weiß jemand, ob Ramona Zaharia mit der ebenfalls an der Deutschen Oper am Rhein auftretenden Adela Zaharia verwandt ist? Beide sind Rumäninnen. Ich habe dazu keine Hinweise gefunden.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Vielen Dank für deinen Bericht. Ob die beiden verwandt sind, kann ich die leider auch nicht sagen. Mir gefällt die Inszenierung auch nicht besonders. Witzig sollte wohl sein , das Don Jose als Metzger arbeitet und im letzten Akt grosse Fleischbrocken hinter sich herzieht. Sergej Komov ist der Don José vom Dienst , denn er singt ihn in allen Vorstellungen, seit der Premiere,