Giuseppe Verdi hat für seine Opern vor allem seine beiden Hausgötter angezapft: Shakespeare und Schiller. Die letzte seiner vier Schiller-Opern war zugleich sein zweiter Anlauf, mit einer Grand Opéra Paris zu erobern - und sich damit den Weg zum Welterfolg zu ebnen. Zwei französische Librettisten sorgten dafür, dass nichts ausgelassen wurde: Der Beginn mit Fontainebleau, das obligate Ballett und das grandiose Autodafé. Die Uraufführung 1867 wurde ein Triumph.
Doch in Italien gingen die Uhren anders. Italiener sind ungeduldig, wollen keine Opern mit 4 Stunden Musik und 2 Pausen erleiden. Und Verdi selbst war Italiener geblieben. Also ließ er sich ein italienische Libretto anfertigen (ohne Fontainebleau, ohne Ballett und (leider) ohne den Trauergesang um den Marquis Posa) und passte die Komposition dem neuen Text an. In Mailand ging 1884 die Oper (mit 3 Stunden Musik und nur einer Pause) unter dem Jubel der Italiener über die Bühne der Scala.
Fortan spielte man in Frankreich die Pariser, im übrigen Europa vorwiegend die Mailänder Fassung - bis die Verfechter der Urfassungen sich zu Wort meldeten (nicht nur bei diesem Stück). Seitdem gibt es regelmäßig Streit, welche Fassung die echte, die praktikablere, die bessere ist.
Ich schlage vor, dass wir uns in diese Diskussion einmischen. Das obige Vorwort soll die Erinnerung etwas auffrischen und zur Diskussion anregen. Sicher haben Opernfreunde, die das Stück in beiden Fassungen kennen, dazu eine Meinung. Die zu äußern, möchte ich euch bitten - und mich dann gern in die Diskussion einmischen.
Auf eure Meinungen und Argumente freut sich
Sixtus