Oper oder Operette ? Premiere der lustigen Weiber von Windsor an der Rheinoper in Düsseldorf am 24.06.2016

  • Gestern Abend fand in einem sehr gut besuchtem Düsseldorfer Opernhaus die letzte Premiere der Spielzeit statt , und zwar die lustigen Weiber von Windsor in einer konventionellen aber keineswegs langweiligen Inszenierung von Dietrich Hilsdorf statt. Ich muss gestehen, ich kannte die Oper vorher überhaupt nicht und hatte die Befürchtung, das das Ganze doch eher langweilig und altbacken sein würde. Das wurde es zum Glück nicht und es wurde ein recht unterhaltsamer ( darf das unterhaltsam im Bezug zur Oper hier im Forum überhaupt schreiben :) ?). Die Oper erinnert mich doch etwas an eine Operette, bei der sehr schönen Overtüre ( ich glaube das könnte eine meiner Lieblings Overtüren werden ) fühlte man sich als säße man im Neujahtskonzert in Wien. Dann gab es auch ab und zu einige Takte die mich an an eine Polka erinnert haben. Deshalb meine Frage an die Kenner ist die Oper nun der Gattung Oper oder Operette zuzuordnen ? Beim Bühnenbild hat sich Herr Hilsdorf an die Biedermeier Zeit gehalten. Der erste Akt spielt im Esszimmer der Familie Fluth . Das Esszimmer ist geschmackvoll tapeziert und es gibt einen langen Tisch in der Mitte und im Vordergrund einen kleineren Kaffeetisch. Der zweite Akt spielt in einer Kirche, wo sehr viel getrunken wird und der Küster wohl eine Nebenbeschäftigung als Gastwirt nachgeht . Der dritte Akt spielt wieder im Eszimmer der Familie Fluth und am Ende gibt es sogar einen Wald auf der Bühne. Die Inszenierung ist sehr konventionell und der dritte Akt ist meiner Meinung nach der schwächste und zieht sich etwas in die Länge. Außerdem erinnert er etwas an Boulevard Theater . Tür auf Tür zu , der vermeidliche Geliebte versteckt sich hinter der Tür und kommt als Frau verkleidet raus. Das Ende finde ich bei Verdis Falstaff doch besser und auch im ersten Akt wird bei Nikolai Falstaff in einem Korb zur Tür hinaus getragen, bei Verdi wird der Arme ja durch ein Fenster geworfen . Musikalisch war das auch ein sehr gelungener Abend. Vielleicht ist das ja nur mein Eindruck , aber die Schlüsse der Arien klingen im italienischen oder französischem besser als in deutsch. Hans Peter König war ein Falstaff, mit viel spielfreude und einem tiefem Bass. Anke Krabbe konnte nun endlich mal eine größere Rolle an der Rheinoper singen und machte ihre Sache darstellerisch und sängerisch hervorragend. Ein glaubwürdiger und gut singender Herr Fluth war Richard Sveda. Herrlich vor allem das Duett im zweiten Akt mit Hans Peter König. Ein erfreuliches Wiedersehen gab es mit Martha Marquez als Frau Reich. Ich hab sie immer in Erinnerung, als Cenerentola in der Ponnelle Inszenierung. Ein sehr guter Herr Reich war Sami Luttinen. Auch das junge Liebespaar Anna und Fenton war hervorragend mit Luiza Fatyol und Olvidiu Purcell besetzt. Auch der Rest der Besetzung war sehr gut. Der Küster hat mich an den Frosch in der Fledermaus erinnert. Axel Kober dirigierte auch sehr gut, Obwohl im dritten Akt doch etwas zu laut, da der Chor von den drei Rängen aus gesungen hat und man kaum etwas verstehen konnte. Am Ende gab es langen anhalten Applaus , den meisten bekamen Ovidiu Purcell, Anke Krabbe, Hans Peter König und Axel Kober. Auch das Regieteam bekam sehr viele Bravos vermischt mit einzelnen Buhrufen. Die Kostüme stammten nicht aus der Biedermeier Zeit , sondern aus der Zeit etwa 40 Jahre später , mit der Begründung das Kostüme aus der Biedermeierzeit für die Sänge zu unpraktisch wären, vor allem beim Sitzen.

  • Lieber Rodolfo,


    das Libretto benennt sie als komisch-phantastische Oper, und als solche habe ich sie auch beschrieben und in unseren Opernführer eingefügt.
    Die Handlung spielt allerdings nicht im Biedermeier, sondern im frühen 15 Jahrhundert. Vielleicht wären die Kostümbildner mit den Kostümen besser zurechtgekommen, wenn man sie in der Originalzeit belassen hätte (ich sehe keinen Grund, sie ausgerechnet ins Biedermeier zu verlegen) als mit Biedermeierkostümen und sie hätten besser zum Gesamtbild gepasst. Erstaunlich ist, dass Regisseur und Bühnenbildner tatsächlich noch den Wald kennen.
    Diese Oper wurde früher auf deutschen Bühnen sehr viel häufigerr gespielt, aber vielleicht scheuen deutsche Regisseure sie, weil sie sie nicht mit größeren Konflikten beladen können. Gut, dass Hilsdorf wenigstens teilweise zur Einsicht gekommen ist.
    Ich verstehe allerdings nicht, warum dir die Schlüsse der Arien in italienischer oder französischer Sprache besser geklungen hätten. Die Oper ist doch auf einen deutschen Text geschrieben. Sicher, Nicolai hat seine Kompositionen an Donizetti und Bellini orientiert, aber in dieser Oper empfinde ich es nicht so wie du.
    Ich habe sie früher auch schon live gesehen und häufiger auf CD gehört. Auf DVD besitze ich sie mit dem herrlichen damals noch jungen Claes H. Ahnsjö als Fenton, den ich auch jedes Jahr in Ölbronn getroffen habe, und Karl Ridderbusch als Sir John Falstaff.
    Ich denke einmal, dass man diese Oper mit Verdis Falstaff, obwohl von gleichem Stoff nach Shakespeare, nicht vergleichen kann. Das sind zwei verschiedene Welten. Übrigens habe ich noch eine ältere Version des Falstaff von Antonio Salieri, die ich ebenfalls in unserem Opernführer beschrieben habe und die ebenfalls mit keiner der beiden anderen zu vergleichen ist. Den Falstaff von Adolphe Adam kenne nicht und konnte auch leider kein Libretto dazu finden, um diese Oper zum Vergleich zu beschreiben.
    Ich kann gar nicht verstehen, warum diese Oper so sehr in Vergessenheit geraten ist - wie leider viele schöne deutsche Opern.
    (Lortzing, Flotow usw.). Ich habe deren Inhaltsangabe deshalb, als ich den Opernführer wieder aufgriff, der vor meinem Eintritt eine Zeit lang auf Eis gelegen hatte, als eine der Ersten verfasst und dort eingesetzt.
    Ich kann auch nicht verstehen, warum du den dritten Akt als langweiliger empfindest. Gerade der überwiegende Teil dieses Aktes, der im Wald spielt, kann doch - gut inszeniert - überaus lebendig gestaltet werden.
    Übrigens: Ein Küster als Rolle in "Die lustigen Weiber von Windsor" ist mir nicht bekannt. War das wohl wieder eine hinzuerfundene Person von Hilsdorf oder sollte der den Kellner ersetzen?
    Aber von wem mögen die Buh-Rufe gekommen sein? Von denen, denen die Oper nicht progressiv gewesen ist oder von denen, denen die Ansiedlung im Biedermeier mit wohl nicht zusammenpassenden Bühnenbildern und Kostümen nicht gefiel?


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Ich finde es schon bemerkenswert, dass ein so fleißiger Operngeher wie rodolfo "Die Lustigen Weiber von Windsor" bisher nicht kannte. Eine der schönsten Spielopern des deutschen Repertoires (Robert Hegers Aufnahme von 1963 mit Frick, Gutstein, Engen, Pütz, Litz, Wunderlich, Lenz, Mathis u.a. ist eine Perle aus dem EMI-Katalog)! Aber es wird wohl daran liegen, dass, wie Gerhard auch schon schrieb, dieses Genre nicht mehr interessant genug ist:


    Zitat

    Diese Oper wurde früher auf deutschen Bühnen sehr viel häufigerr gespielt, aber vielleicht scheuen deutsche Regisseure sie, weil sie sie nicht mit größeren Konflikten beladen können. [...] Ich kann gar nicht verstehen, warum diese Oper so sehr in Vergessenheit geraten ist - wie leider viele schöne deutsche Opern (Lortzing, Flotow usw.).


    :hello:

    .


    MUSIKWANDERER

  • Lieber Gerhard,
    ich hab die Oper ja erst zum ersten mal gesehen und gehört. Das war also mein allererster Eindruck den ich beschrieben habe und der kann sich ja beim wiederholten hören noch ändern. Was ich erstaunlich fand , das es sehr viele junge Zuschauer in der Premiere gab. Der Regisseur begründet die Verlegung seiner Inszenierung in der Biedermeierzeit damit, das Otto NicolaI in der Zeit aufgewachsen ist.
    Lieber musikwanderer,
    die CD ist schon bestellt. Dabei handelt es sich um eine Aufnahme mit Kurt Moll als Falstaff. Und ich muss zu meiner Schande gestehen, daß ich mich vorher wirklich nicht für diese Gattung Oper interessiert habe, was sich aber ändern wird.

  • Stilistisch würde ich die Oper vielleicht als Fortspinnung der späten komischen Opern Mozarts einordnen. 50 Jahre nach Mozart wirkt das natürlich sowohl inhaltlich als auch musikalisch etwas leichtgewichtiger. Aber abgesehen davon, dass deutschsprachige Operetten in den 1840ern als Gattung noch gar nicht etabliert waren, ist diese Oper musikalisch doch etwas gewichtiger als typische Operetten. Ein grundlegender Unterschied ist bei Opern der Singspielform mit gesprochenem Dialog zwischen den Nummern freilich schwer festzulegen.
    (Die musikalisch vielleicht "modernste" der deutschen "Spielopern" ist wohl Cornelius' "Der Barbier von Bagdad". Anders als Nikolai oder Lortzing tendierte dieser Komponist der "neudeutschen" Richtung zu.)

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Zitat von Johannes Roehl: (Die musikalisch vielleicht "modernste" der deutschen "Spielopern" ist wohl Cornelius' "Der Barbier von Bagdad". Anders als Nikolai oder Lortzing tendierte dieser Komponist der "neudeutschen" Richtung zu.)

    Ja, da erwähnst du auch eine deutsche Oper, die meines Erachtens zu Unrecht kaum noch gespielt wird und die ich in einer märchenhaften Verfilmung ebenfalls mit Karl Ridderbusch als Abu Hassan Ali IBN Bekar, Adalbert Kraus als Nurredin und Sylvia Geszty als Margiana auf DVD besitze. Ich könnte mir diese herrliche Oper allerdings nicht anders vorstellen als im Orient und in Tausend und einer Nacht angesiedelt und nicht in irgendeiner Zeit, in der der Komponist gelebt hat und gar in unsere Gegenwart, wie es meistens der Fall ist. Deshalb und weil es hauptsächlich um die reizvolle Figur des Abu Hassan geht, wird auch diese Oper wohl kaum etwas für die Intendanten und Regisseure unserer Zeit sein, die in der Regel ja nur die dunklen Seiten der Gegenwart zeigen möchten. Der Zuschauer soll sich eben nicht mehr an der Inszenierung erfreuen.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Zu diesem Premierenbericht samt Kommentaren möchte ich eine Anmerkung machen:


    Obwohl das Libretto die Lustigen Weiber in einer früheren Zeit spielen lässt, orientiert sich die Musik doch, ähnlich wie die Opern von Lortzing und Flotow, sehr stark am damaligen Zeitstil - und das war ja der Biedermeierstil. Das entspricht auch überwiegend der Aufführungstradtion der letzten Jahrzehnte. Ich habe fast nur Aufführungen in diesem Stil gesehen. Den Düsseldorfern kann man nur zu ihrem Falstaff Hans Peter König gratulieren!


    Dass die deutschen Spielopern aus dieser Zeit heute weniger gespielt werden, liegt wohl an ebendiesem Stil, dessen Treuherzigkeit etwas aus der Mode gekommen ist. Aber wenn die Besetzung stimmt, vor allem der Dirigent, dann finden solche Stücke auch heute noch ihr Publikum - zu Recht.


    Herzliche Grüße von Sixtus

  • "Die lustigen Weiber von Windsor" sind eines der schönsten Werke in der Gattung der Spielopern. Musikalisch reich an zündenden musikalischen Einfällen, sängerisch mit zahlreichen Bravourarien gesegnet und dramaturgisch im letzten Akt durchaus eine lohnende Herausforderung für einen sensiblen Regisseur. Das Problem ist, dass die deutsche Spieloper leider sträflich vernachlässigt wird, weil sie offenbar auf dem internationalen Markt nicht gefragt sei und Sänger nicht bereit wären Opern zu lernen, die sie nur im deutschsprachigen Raum und da nicht oft genug singen könnten. Welcher Reichtum uns da entgeht wird bewiesen, wenn man sich die Programme von Opern- Konzerten, besonders wenn diese Open Air geboten werden ansieht. Da gehören die Perlen aus "Undine", "Zar und Zimmermann", "Wildschütz", "Waffenschmied", "Martha" plötzlich zu den Hits des Abends. Das Heilbronner Sinfonie Orchester macht am 24. Juli mit jungen Gesangssolisten aus den Klassen von Kammersängerin Prof. Jeanne Piland, Musihochschule Düsseldorf, ein Open-Air-Konzert. Jetzt bin ich mal ein wenig stolz, mit einem Spielopernteil, der von mir konzipiert ist: Da erklingen z.B. aus "Zar und Zimmermann" "Lebe wohl mein flandrisch Mädchen", "Sonst spielt ich mit Zepter", "Darf eine niedrige Magd" und aus dem "Wildschütz" das Duett "A, B, C, D, "Auf des Lebens raschen Wogen", die kompositorisch geniale "Billardszene" und "Heiterkeit und Fröhlichkeit" übrigens der Titel des Konzerts. Im zweiten Teil kommen Ausschnitte aus den Operretten "Bettelstudent" und "Voglhändler" ( nicht von mir zusammengestellt) . Ein Konzert bei dem die Begeisterung des Publikums quasi programmiert. ist. Wenn wir das breite Publikum für die Oper gewinnen wollen lohnt sich jeder Einsatz für die Spieloper sehr!


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Lieber Operus,


    ich denke, es muss nicht mit berühmten (internationalen) Sänger geglänzt werden, wenn in deutschen Opernhäusern auch mal deutsche Spielopern gegeben werden, zu denen mit Recht "Die lustigen Weiber von Windsor" gehören. Die Ensemblemitglieder eines deutschen Opernhauses aber dürften doch wohl die deutsche Sprache beherrschen.
    Wie du schon erwähntest, geraten viele Opern mit herrlichen und populären Melodien, die durchaus in Wunschkonzerte, in Open-Air-Konzerten usw. gerne gesungen werden und ankommen, auch auf diese Weise in Vergessenheit, wenn man nur noch Auszüge davon zu hören bekommt, u.a. die ebenfalls von dir erwähnten Opern von Cornelius, Flotow, Goldmark, Kreutzer, Lortzing, Nessler und (mit Ausnahme des "Freischütz", der sich für die Regisseure wohl eher verhunzen lässt) auch von Weber.
    Eigentlich eine Schande für die deutschen Bühnen!


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Das Problem ist, dass die deutsche Spieloper leider sträflich vernachlässigt wird,


    Ich vermisse sie nicht :untertauch:. Aber ich habe es ohnehin nicht so mit Lustspielen oder Komödien, egal ob sie nun in der Ausprägung der deutschen Spieloper, der französischen Opéra comique oder der italienischen Opera buffa daherkommen. Außerdem stören mich an der Spieloper die gesprochenen Dialoge. Ich habe mich nie daran gewöhnen können, dass in einer Oper Texte nicht gesungen werden. Die Rezitative der Opera buffa sind mir da schon bedeutend lieber.


    Aber im Sinne der Vielfalt hätte ich natürlich nichts dagegen, dass mehr Spielopern an deutschen Bühnen gezeigt werden. :hello:

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

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  • Zitat

    Zitat von Bertarido: Die Rezitative der Opera buffa sind mir da schon bedeutend lieber.

    Gut, das ist Geschmacksache. Ich finde z.B. dass in "Carmen" die ursprünglich gesprochene Dialoge viel wirkungsvoller sind als die nachträglich hinzukomponierten Rezitative. Ich weiß nicht wie es wirken würde, wenn mann alle gesprochen Texte der Opern nachträglich in Rezitative umwandeln würde.
    Natürlich verlangen die von dir genannten Lustspiele und Komödien auch gute Sprecher. Das hat man in Filmen und Studioaufnahmen häufig auch so gemacht, dass die Dialoge von guten Sprechern unterlegt wurden. Da muss ich andererseits sagen, dass manche Dialoge, die ich früher aus Sängermund gehört habe, etwas unnatürlich klangen.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Zitat

    Außerdem stören mich an der Spieloper die gesprochenen Dialoge.


    nun, dann müssten wir Opern wie "Die Zauberflöte", "Die Entführung aus dem Serail", "Hoffmanns Erzählungen", "Carmen" und "Fidelio" gleich von den Spielplänen streichen.
    Mich stören gesprochene Texte in Opern nur auf Schallplattenaufnahen, da wirken sie meist hölzern. Und am schlimmsten ist es, wenn sie von Schauspielern gesprochen werden, Das ist nicht einzusehen, weil letztlich Opernsänger auch als Schauspieler agieren müssen.
    Auf der Bühne wird der Bruch zwischen Schrache und Gesang durch Bewegung der Darsteller auf der Bühne, oder durch Hintergrundgeschehen cachiert und ist daher nicht störend


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ich musste mich auch erst an die Dialoge gewöhnen, aber sie störten auch nicht und waren manchmal ganz witzig. Selbst in Fidelio ist es ja modern die Dialoge zu kürzen. Mit zwei Pausen hat die Oper 3 1/2 Stunden gedauert. Was mich bei den Dialogen etwa gestört hat war, das einige Sänger nicht akzentfrei Deutsch gesprochen haben .

  • Gesprochene Dialoge in Opern sind ja eine Erfindung von Mozart, der damit einem Bedürfnis seiner deutschsprachigen Landsleute entgegenkam, dass man den Text auch verstehen wollte. Und weil die Entführung einschlug wie eine Bombe (und die Zauberflöte erst recht), setzte sich die teutsche Oper neben der italienischen (nicht gegen sie!) durch. Einem Italiener wäre eine solche Idee nicht gekommen, in einer Oper zu sprechen (außer beim Vorlesen eines Briefes). Dass Dialoge in Opern Fremdkörper sein könnten, kam erst allmählich ins Bewusstsein. Zunächst wurden diese singspielhaften Stücke im deutschsprachigen Raum populär.


    Die später einsetzende Kritik an den Dialogen hatte zwei Zielrichtungen. Einmal waren Sänger nicht immer gute Sprecher, zum anderen waren die Dialogtexte oft noch schlechter als der gesungene Text. Das lässt sich durchgängig bei fast allen Spielopern nachweisen. Daraus folgten die verschiedenen Lösungsversuche: Kürzen, ganz weglassen bzw. durch etwas anderes ersetzen etc. Der Streit darüber hält bis heute an.


    Richard Wagner kannte das Problem zur Genüge und zog seine eigenen Konsequenzen. Wie man auch sonst zu Wagner steht: Seine Lösung hat sich bewährt. Auch seine Nachfolger haben sich der durchkomponierten Form bedient. Und was die Spieloper betrifft, so meine ich, ihre Dialoge sind zum Verständnis wichtig, aber sie sind nicht sakrosankt. Man darf sie getrost auf das nötigste Maß straffen. Dann bekommen die vielen musikalischen Schönheiten dieser Stücke auch mehr Gewicht.


    Dass sich die deutsche Spieloper außerhalb des deutschsprachigen Raumes kaum durchgesetzt hat, liegt wohl auch an diesen Dialogen, die im Ausland nicht nur wegen ihrer Qualität kaum Verbreitung finden, sondern auch wegen der fremden Sprache - und, nicht zu vergessen: wegen der fremden Mentalität.


    Genug der Wort´! Herzlich grüßt Sixtus

  • Dass sich die deutsche Spieloper außerhalb des deutschsprachigen Raumes kaum durchgesetzt hat, liegt wohl auch an diesen Dialogen, die im Ausland nicht nur wegen ihrer Qualität kaum Verbreitung finden, sondern auch wegen der fremden Sprache - und, nicht zu vergessen: wegen der fremden Mentalität.


    Lieber Sixtus,


    wie sieht es dann mit der italienischen Opera buffa oder der französichen Opéra comique - bei der auch gesprochene Zwischentexte vorkommen- aus? Träfe die fremde Sprache und fremde Mentalität nicht auf diese Werke ebenso zu? Ich meine die modernen Regisseure haben jeglichen Bezug zur Biedermeier-Romantik verloren und trauen sich an diese ihrer Meinung nach antiquierten Stücke nicht ran. Dabei garantieren zumindest in Deutschland "Zar und Zimmermann", Wildschütz", Die lustigen Weiber von Windsor" , "Martha usw. hohe Besucherzahlen und ein zufriedenes Publikum. Gerade kleinere Häuser sollten sich der Spieloper weit mehr annehmen, sie könnten damit mehr abräumen als mit einer kaum zu bewältigenden großen Oper.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Gesprochene Dialoge in Opern sind ja eine Erfindung von Mozart


    Das kann man so nicht sagen. Es gab auch schon lange vorher Kombinationen aus gesprochenen und gesungenen Bestandteilen im Musiktheater. Man denke an die englische Semi-Opera von Purcell (King Arthur, The Fairy Queen) und Vorgängern und an die französische Comédie-ballet (Lully u.a.). Auch in der deutschen Tradition hat es schon vor Mozart Singspiele gegeben. Einige Musikwissenschaftler nehmen inzwischen an, dass Schütz' "Dafne" keine durchkomponierte Oper war, sondern ein gesprochenes Drama mit Gesangs- und Balletnummern. Der Begriff "Singspiel" ist seit dem frühen 17. Jahrhundert nachweisbar, und Salieries Singspiel "Der Rauchfangkehrer" war in Wien ein Jahr vor Mozarts "Entführung aus dem Serail" zu sehen :hello:


    Für mich ist das Verhältnis von gesungenen und gesprochenen (oder im Sprechgesang der Rezitative vorgetragenen) Stücken in der Oper ein sehr interessantes und die Grundlagen der Oper schlechthin betreffendes Problem, aber das führt hier zu weit. Ob man gesprochene Texte als störend empfindet, ist natürlich Geschmackssache, ich empfinde den Wechsel von Gesang zur Sprache und zurück jedes Mal als störenden Bruch.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Zunächst wurden diese singspielhaften Stücke im deutschsprachigen Raum populär.


    So populär, lieber Sixtus, dass so etwas wie die deutsche Nationaloper entstand. Der FREISCHÜTZ ist das beste Beispiel. Das war schon eine musikhistorische Großtat, die weit über das Singspiel hinaus ging. Endlich wurde verstanden, was sich auf der Bühne zutrug. Das Theater wurde dem Adel entrissen. Es ging zum Volk. Ohne Weber kein Wagner! Die heute ganz weitverbreitete Originalsprachlichkeit ist demgegenüber - wenn man so will - ein Rückschritt. Ich will das jetzt nicht kritiseren oder vertiefen. Das Thema ist durch. Und nicht zu ändern. Ich will es lediglich feststellen. Und hoffen, dass das Beste daraus gemacht wird. Wir sind also wieder dort, wo wir schon einmal waren. Nämlich, dass große Teile des Publikums nicht verstehen, worum es eigentlich geht. Die Übersetzungslaufbänder sind nicht viel mehr als das Nachlesen im Opernführer. Und wenn sich beispielsweise eine Amerikanerin phonetisch durch Janacek arbeitet, und behauptet, das sei die Originalsprache, hilft mir das nicht weiter. Es ist ein bisschen so, als würden wir uns Dostojewski in Russisch vorlesen lassen, obwohl wir nicht einmal wissen, was ja oder nein heißt. ;)



    Gruß Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Lieber Sixtus,
    wie sieht es dann mit der italienischen Opera buffa oder der französichen Opéra comique - bei der auch gesprochene Zwischentexte vorkommen- aus? Träfe die fremde Sprache und fremde Mentalität nicht auf diese Werke ebenso zu?


    Ich kann meine Gedanken zu dem Thema der Fremdsprache nicht mit Belegen untermauern, aber ich kann mir vorstellen, dass der deutsche Opernfreund eher bereit ist, fremdsprachliche Texte, seien sie gesprochen oder auch gesungen, eher bereit ist, hinzunehmen, als, beispielsweise, ein Bewohner auf der Insel. Und was das Sujet angeht, kann ich mir vorstellen (auch hier wieder ohne Belege zu haben), dass die deutsche Spieloper eines Lortzing oder Nicolai mit der Mentalität von Franzosen, Briten oder Italienern nicht kompatibel ist.
    Ganz meine Meinung ist dieser Teil von Operus' Beitrag:


    Zitat

    Ich meine die modernen Regisseure haben jeglichen Bezug zur Biedermeier-Romantik verloren und trauen sich an diese ihrer Meinung nach antiquierten Stücke nicht ran.


    Wobei ich ernsthaft überlege, ob das nicht auch gut so ist?! Meine Zweifel habe ich allerdings mit dieser Behauptung von Operus, auch hier ohne irgendwelche Belege zu haben, sondern nur ein Bauchgefühl (das sich allerdings durch Hörensagen Dritter aufgebaut hat):


    Zitat

    Dabei garantieren zumindest in Deutschland "Zar und Zimmermann", Wildschütz", Die lustigen Weiber von Windsor" , "Martha usw. hohe Besucherzahlen und ein zufriedenes Publikum. Gerade kleinere Häuser sollten sich der Spieloper weit mehr annehmen, sie könnten damit mehr abräumen als mit einer kaum zu bewältigenden großen Oper.


    In Gegenden, wo Opernbühnen nicht gedrängt wie im Ruhrgebiet stehen, mag das vielleicht funktionieren. Hier, in meiner näheren Umgebung, wo in Hagen, Dortmund, Gelsenkirchen, Duisburg, Düsseldorf, mit Abstrichen auch Oberhausen und Bochum, Oper gespielt wird und die Konkurrenz zur großen Opern verleiten mag, dürfte es schwieriger sein.


    :hello:

    .


    MUSIKWANDERER

  • Manchmal kann man nicht vorsichtig genug sein. Überall sitzt jemand auf der Lauer, um Schwachstellen aufzuspüren. In diesem Falle habe ich mal wieder etwas zu pauschal verallgemeinert und nicht mit dem listigen Bertarido gerechnet.


    Du hast natürlich recht, lieber Bertarido: Singspiele gab es schon vor Mozart. Was ich meine, ist, dass er sie als Gattung auf breiter Front etabliert hat - und dass seine Singspiele bis heute die Spielpläne der Welt bevölkern.


    Und, lieber Rheingold, der Freischütz ist natürlich (formal) ein Singspiel. Aber zugleich sprengt er diesen Rahmen. Deshalb konnte er es auch zur Nationaloper bringen und zur Gunst Richard Wagners.


    Die von dir genannten 4 deutschen Spielopern, lieber Operus, sind natürlich eine Klasse für sich und verdienen die Pflege durch deutschsprachige Theater, da sind wir uns einig. Doch bei einigen anderen (Undine, Waffenschmied...) hat sich auch einiger Staub angesammelt, wenn man nicht nur ihre Highlights betrachtet.


    Solange wir aber keine größeren Abweichungen in unseren Einschätzungen haben, können wir zufrieden sein,


    meint, mit herzlichen Grüßen, Sixtus.

  • Es gab beinahe durchweg Opern/Musiktheater mit gesprochenem Dialog, aber ebenso wurde es häufig als problematisch gesehen, zumal sobald es mehr oder weniger "durchkomponierte" Opern (also nicht nur mit Secco-Rezitativen) gab. Berlioz komponierte Rezitative für seine französische Fassung des Freischütz und im 20. Jhd. war Carmen lange Zeit in der nachträglichen Rezitativfassung zu hören. Und den meisten Werken der Opéra Comique geht es in den letzten Jahrzehnten auch nicht besser als der komischen Oper des deutschen Biedermeier.
    (Ich habe vor ein paar Monaten eine deutsche Aufführung der "Weißen Dame" Boildieus gesehen. Das ist ein nettes und sehr unterhaltsames Stück, das zwar nicht verdient hat, vergessen zu werden, aber ein dramatischer Verlust wäre es m.E. auch nicht :untertauch: )


    Andere Genres wie Zarzuela oder Gilberts&Sullivans Operetten haben noch weniger ihr angestammtes Habitat verlassen.


    Von ein paar deutschen und noch weniger französischen und russischen Stücken abgesehen, hat anscheinend nur die italienische Oper dauerhaft die internationalen Bühnen erobert, während viele andere doch weitgehend auf die jeweiligen Sprachbereiche beschränkt geblieben sind.

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  • Die heute ganz weitverbreitete Originalsprachlichkeit ist demgegenüber - wenn man so will - ein Rückschritt. Ich will das jetzt nicht kritiseren oder vertiefen. Das Thema ist durch. Und nicht zu ändern. Ich will es lediglich feststellen. Und hoffen, dass das Beste daraus gemacht wird. Wir sind also wieder dort, wo wir schon einmal waren. Nämlich, dass große Teile des Publikums nicht verstehen, worum es eigentlich geht. Die Übersetzungslaufbänder sind nicht viel mehr als das Nachlesen im Opernführer. Und wenn sich beispielsweise eine Amerikanerin phonetisch durch Janacek arbeitet, und behauptet, das sei die Originalsprache, hilft mir das nicht weiter. Es ist ein bisschen so, als würden wir uns Dostojewski in Russisch vorlesen lassen, obwohl wir nicht einmal wissen, was ja oder nein heißt. ;)


    Lieber Rüdiger,


    Deine Ausführungen kann ich nur nachdrücklich unterstreichen. Die Hürde für breite Bevölkerungsschichten, eine Oper zu besuchen, wird durch die Originalsprachlichkeit stark erhöht. Dadurch wird die Oper wieder in eine elitäre Ecke gedrängt, aus der sie eigentlich herausgeholt werden müsste. Für viele Werke gibt es sehr gute Übersetzungen. In Hamburg während der Liebermann-Ära wurde das Singen in deutscher Sprache mit Erfolg gepflegt. Gottlob Frick und Oskar Czerwenka waren z. B. leidenschaftliche Verfechter des Singens in deutscher Sprache. Frick sagte oft, Gefühle und Humor kann man wirklich intensiv nur in der eigenen Sprache ausdrücken. Er nahm gern die Wagner-Deklamation von
    Placido Domingo als Beispiel: "Stimme wunderschön, sprachlicher Ausdruck alles nur kein Wagner. Dabei kann Domingo weit besser deutsch sprechen als die meisten Deutschen italienisch." Der Hauptgrund entsprach genau Deinem: Frick stammte ja aus einem kleinen Ot und dörflichem Milieu und der meinte, dass es so schon schwer sei ,einfachere Leute zum Opernbesuch zu bewegen; wenn dann noch in fremder Sprache gesungen würde, wäre dies dadurch noch eminent schwieriger bis unmöglich. Also kämpfen wir beide gemeinsam für gut übersetzte und gesungene Oper in deutscher Sprache.


    Herzlichst
    Hans

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  • Ich bin heute auch wieder der Meinung, dass man die Janacek-Opern auf deutsch singen sollte. Die dramatische Wucht, die natürlich auch durch das Orchester erzeugt wird, schwächt sich ab, wenn ich den richtigen Text auf einem Untertitel ablesen muss, der dann auch oft zu spät oder gar nicht kommt. Hinzu kommt, dass - wie ein tschechischer Bekannter mir erklärte - das Tschechisch der meisten Sänger nicht sehr idiomatisch sei, was ich mir gut vorstellen kann. Ideal hat man es in Münster vor ein paar Jahren mit der Katja gemacht: man sang deutsch mit deutschen Übertiteln. Noch nie hatte die Szene, in der Katja in die Wolga springt, einen solchen Eindruck bei mir gemacht. Und noch etwas Bemerkenswertes: sie wurde platschnass auf die Bühne getragen. Und es war nicht peinlich, sondern die Leute, also ich jedenfalls, haben sich am Sitz festgekrallt. Außerdem: das Ensemble bestand nur aus jungen Sängern. Das war die beste "Katja Kabanowa", die ich je gesehen habe, und deren waren es einige an hochberühmten Häusern.

    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)

  • Lieber Operus,
    wir müssen ja nicht immer einer Meinung sein. Diesmal gebe ich, bei allem Verständnis für die Argumente von prominenten Kennern wie Frick, Czerwenka und Hey, in diesem Zusammenhang einiges zu bedenken:


    Ich halte die muttersprachlichen Aufführungen für legitim und sinnvoll, wenn ein junger Mensch eine Oper kennenlernen will. Auch kleinere Stadttheater mögen, um ihr Publikum anzulocken, guten Grund haben, dies mit Übersetzungen zu tun. Aber um in eine Oper tiefer einzudringen, kommt man um die Originalsprache nicht herum. Selbst wenn der Hörer dabei nicht jedes Wort versteht, bekommt er doch einen authentischen Eindruck vom Klang des Gesungenen, wie es sich der Komponist selbst vorgestellt hat.


    Dass Karajan seinerzeit die Originalsprache in Wien auch aus kommerziellen Gründen eingeführt hat - und um die Achse mit Mailand zu stabilisieren, mag sein. Aber wenn man die Aufnahmen einander gegenüber stellt, kommt man nicht um die Erkenntnis herum, dass z.B. Wunderlichs Ottavio-Arien italienisch noch anders klingen als in der deutschen Fassung. "Mich dünkt, soll passen Ton und Wort!" Bühnen, die den Anschluss an Weltklasse anstreben, kommen heute nicht mehr um die Originalsprache herum. Dass mittlere Bühnen etwa Janacek nicht unbedingt auf tschechisch bringen müssen, ist verständlich. (Und selbst die streben es an!) Aber geläufige Gesangssprachen wie Italienisch, Deutsch (sogar in Amerika!) oder Französisch haben sich, glaube ich, mit Recht eingebürgert.


    Herzliche Grüße von Sixtus

  • Ich bin ja bekanntlich ein überzeugter Anhänger von Aufführungen in der Originalsprache. Allerdings gebe ich Rheingold Recht, dass diese Sprachen dann auch richtig gesungen werden müssen, alles andere ist ein Ärgernis. Bei Tschechisch würde ich den Unterschied zwischen richtig und falsch freilich nicht merken, bei Italienisch schon, und kürzlich hat mir ein Tenor mit grauenhafter italienischer Aussprache die Aufführung doch etwas verdorben.


    Nun habe ich dazu eine Frage an diejenigen, die sich hinter den Kulissen eines Opernhauses besser auskennen: Ich habe immer angenommen, dass dort Sprachcoaches tätig sind, die mit den Sängerinnen und Sängern die korrekte Aussprache einüben. War das ein Irrtum? Und wenn es keine gibt: warum nicht? Angesichts der immensen Kosten einer Opernproduktion und der vielen beteiligten Personen würde ein Sprachcoach doch weiß Gott keine allzu sehr ins Gewicht fallenden Zusatzkosten verursachen, während der Gewinn enorm wäre.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Ich weiß nur, dass es in Bayreuth einen Sprachcoach gibt oder gab? Bei den Sparzwängen am Grünen Hügel wäre zu klären, ob diese Position nicht gestrichen wurde.


    Herzlichst
    Operus

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  • An der Rheinoper gibt es auch Sprachlehrer , nur was mir zum Beispiel bei Sängern aufgefallen ist, bei denen Deutsch nicht Muttersprache ist, das sie zwar ein verständliches Deutsch sprechen, aber mit furchtbarem Aktzent. Deshalb höre ich auch lieber Oper in Origianalsprache.

  • An der Rheinoper gibt es auch Sprachlehrer , nur was mir zum Beispiel bei Sängern aufgefallen ist, bei denen Deutsch nicht Muttersprache ist, das sie zwar ein verständliches Deutsch sprechen, aber mit furchtbarem Aktzent.


    Aber es wäre doch gerade Aufgabe eines Sprachlehrers, diesen Akzent zu korrigieren!

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Ich denke mak das das Sprachtraining eher zweitrangig ist und die Sänger, sofern sie nicht dem Ensemble zugehörenden, auch sehr wenig Zeit dazu haben, da die musikalischen bzw. szenischen Proben wichtiger sind.

  • So populär, lieber Sixtus, dass so etwas wie die deutsche Nationaloper entstand. Der FREISCHÜTZ ist das beste Beispiel. Das war schon eine musikhistorische Großtat, die weit über das Singspiel hinaus ging. Endlich wurde verstanden, was sich auf der Bühne zutrug. Das Theater wurde dem Adel entrissen. Es ging zum Volk. Ohne Weber kein Wagner! Die heute ganz weitverbreitete Originalsprachlichkeit ist demgegenüber - wenn man so will - ein Rückschritt. Ich will das jetzt nicht kritiseren oder vertiefen. Das Thema ist durch. Und nicht zu ändern. Ich will es lediglich feststellen. Und hoffen, dass das Beste daraus gemacht wird. Wir sind also wieder dort, wo wir schon einmal waren. Nämlich, dass große Teile des Publikums nicht verstehen, worum es eigentlich geht. Die Übersetzungslaufbänder sind nicht viel mehr als das Nachlesen im Opernführer. Und wenn sich beispielsweise eine Amerikanerin phonetisch durch Janacek arbeitet, und behauptet, das sei die Originalsprache, hilft mir das nicht weiter. Es ist ein bisschen so, als würden wir uns Dostojewski in Russisch vorlesen lassen, obwohl wir nicht einmal wissen, was ja oder nein heißt. ;)

    Ein ausgezeichneter Beitrag, das muss ich sagen!


    Lieber Rüdiger,


    Deine Ausführungen kann ich nur nachdrücklich unterstreichen. Die Hürde für breite Bevölkerungsschichten, eine Oper zu besuchen, wird durch die Originalsprachlichkeit stark erhöht. Dadurch wird die Oper wieder in eine elitäre Ecke gedrängt, aus der sie eigentlich herausgeholt werden müsste. Für viele Werke gibt es sehr gute Übersetzungen. In Hamburg während der Liebermann-Ära wurde das Singen in deutscher Sprache mit Erfolg gepflegt. Gottlob Frick und Oskar Czerwenka waren z. B. leidenschaftliche Verfechter des Singens in deutscher Sprache. Frick sagte oft, Gefühle und Humor kann man wirklich intensiv nur in der eigenen Sprache ausdrücken.

    Auch das deckt sich völlig mit meiner Meinung!


    Also kämpfen wir beide gemeinsam für gut übersetzte und gesungene Oper in deutscher Sprache.

    Zu dritt! ;)


    Ich weiß nur, dass es in Bayreuth einen Sprachcoach gibt oder gab? Bei den Sparzwängen am Grünen Hügel wäre zu klären, ob diese Position nicht gestrichen wurde.


    Herzlichst
    Operus

    Als Suitner an der Berliner Staatsoper in den 1960er Jahren die Originalsprachlichkeit einführte, wurde auch eine Sprachtrainerin (Isolde Ranft) engagiert, die mit den Sängern die Partien in italienischer Sprache sprachlich erarbeitete.
    Heute gibt es an den Theatern viel zu wenige Sprachcoachs!


    nur was mir zum Beispiel bei Sängern aufgefallen ist, bei denen Deutsch nicht Muttersprache ist, das sie zwar ein verständliches Deutsch sprechen, aber mit furchtbarem Aktzent. Deshalb höre ich auch lieber Oper in Origianalsprache.

    Dann geht es dir um Genuss und Berieselung, nicht um das Werkerlebnis! Selbst wenn ich mich an einem Akzent störe und mich darüber ärgere, bekomme ich trotz des Akzents noch weit bewusster die so wichtige textliche Komponente des Werks mit, als wenn ich mich genussvoll zurücklehne und den Tönen lausche, ungestört sowohl von jedem Akzent als auch überhaupt von jeder bewussten sprachlichen Wahrnehmung... So kann Oper auch sehr schön und genussvoll sein, aber meinem Opern-Ideal entspricht das nicht!

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Lieber stimmenliebhaber,
    Ich habe ja schon häufiger geschrieben, warum ich in die Oper gehe und wie ich mich auf einen Opernbesuch vorbereite. Der Akzent stört mich nicht wirklich und mein Reclam Heft hab ich fast immer dabei, grade wenn ich eine Oper nicht kenne

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