Václav Jan Tomášek/Wenzel Johann Tomaschek (1774 - 1850)

  • Václav Jan Tomášek wurde am 17. April 1774 in Skutsch in Böhmen geboren, er starb am 3. April 1850 in Prag, wo er auch die meiste Zeit seines Lebens gewirkt hat.


    Als jüngster Sohn einer achtköpfigen Stoffhändlerfamilie erhielt er ersten Violin- und Gesangsunterricht und besuchte war Schüler im Minoritenkloster in Iglau. Ab 1790 studierte er in Prag Jura, Philosophie und Medizin. Vermutlich nahm er in dieser Zeit auch Klavierunterricht bei František Xaver Dušek. Ansonsten gilt er weitgehend als Autodidakt.


    1798 hatt er die Gelegenheit, Beethoven während eines Aufenthalts in Prag zu hören und war so beeindruckt, dass er tagelang das Klavier nicht mehr anfasste. Er besuchte den Komponisten im Herbst 1814 in Wien und laut Covertext meiner LP ergingen sich die beiden bei dieser Gelegenheit in "malicious gossip".


    1824 gründete Tomášek eine Musikschule, die in kurzer Zeit zum musikalischen Zentrum Prags in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde. Tomášek galt bald als einer der bedeutendsten Klavierlehrer seiner Zeit. Beethoven schätzte ihn ebenso wie auch sein wohl berühmtester Schüler, der spätere Musikkritiker Eduard Hanslick.


    Tomášek komponierte in praktisch allen Gattungen:


    Piano:
    Sechs Sonaten
    Eclogues (7 parts, 1807–1823)
    Rhapsodies (3 parts, 1810–c. 1840)
    Dithyrambs (1818)


    Kammermusik:
    Grand trio for violin, viola and piano (1800)
    Contrapunctal string quartet (1805)
    Piano Quartet in E-flat Op 22


    Orchester:
    Symphony in C major (1801)
    Symphony in E-flat major (1805)
    Symphony in D major (1807)
    2 piano concertos


    Lieder:
    Lenora (ballad, 1805)
    Six songs (1813)
    Songs to the Goethe's poems (1815)


    Opern:
    Seraphine (1811)
    Alvaro
    Sakuntala


    Chorwerke:
    Requiem in C minor (1820)
    Missa Solemnis Op. 81
    Messa con Graduale et Offertorio Op. 46


    Derzeit gibt es nur recht wenige CDs mit seiner Musik. Vor einigen Jahren hat Tamino Hoffmann sich ausgiebig den Goethe-Liedern von Tomášek gewidmet.



  • Mir ist kürzlich das 1. Klavierkonzert von Vaclav Tomášek über den Weg gelaufen. Das Werke entstand wie wohl auch das 2. Konzert op. 20 zwischen 1803 und 1805 also zur Zeit von Beethovens 3. Klavierkonzert. Das von Tomášek ähnelt stilistisch stark den ersten beiden Beethoven- und den letzten Mozartkonzerten und ich kann keinen großen qualitativen Unterschied ausmachen. Ein sehr hörenswertes Werk mit frischen melodischen Ideen. Ich würde sogar soweit gehen, dass es mir besser gefällt als das zweite von Beethoven. Von den beiden Tomášek Konzerten gibt es eine Einspielung auf CD, die sich mit dem Label "Weltersteinspielung" brüstet. Das hätte man bezüglich des op. 18 eigentlich besser wissen müssen, denn die Aufnahme die ich besitze wurde ca. 30 Jahre früher am gleichen Ort eingespielt. Die "Neueinspielung" ist bereits geordert.


  • Aus meiner Sicht gehören die beiden hier erwähnten Klavierkonzerte von Vaclav Tomášek - sie sind seine einzigen - zum Schönsten, was am Gebiet des Klavierkonzerts existiert, das ist natürlich sehr subjektiv, und man sollte wissen, daß ich Ohrwurmcharakter und Eingängigkeit über alles stelle. Ich mag keine Werke, wo man sich den Zugang erst "erarbeiten" muß - nein umgekehrt - die Werke müssen MICH erobern. In dieser Beziehung erfüllen die Klavierkonzerte von Tomášek alle Bedingungen. Die Konzerte sind sicher Meisterwerke der Wiener Klassik, aber sie unterscheiden sich von Mozart und Beethoven doch ein bisschen, sie sind vordergründig eingängig - ohne erkennbaren "Tiefgang" sehr fröhlich und quirlig, mich erinnern sie zeitweiuse an ein paar markante Stellen in Klavierkonzerten von John Field und Muzio Clementi. Ich würde sagen, so hätte Mozart komponiert, wäre er älter geworden - eine Entwicklung in Richtung Beethoven erscheint mir kaum denkbar. Ich kann diese beiden Klavierkonzerte nur jedem Freund von Klavierkonzerten um 1800 nur empfehlen.
    Vaclav Tomášek ist heute generell unterschätzt und schlecht auf Tonträger dokumentiert: 144 Werke mit Opuszahl - und etliche ohne - harren ihrer Wiederentdeckung....


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ich danke lutgra für den Hinweis - einmal mehr, dass ich durch dieses Forum mir völlig unbekannte, jedoch m. E. sehr lohnende Komponisten kennenlerne. Wer sich einen Eindruck verschaffen möchte, kann auch youtube vor dem CD - Kauf schon einmal vorab zu Rate ziehen: