Deutschlands wichtigster Dirigent? - Sir Simon Rattle

  • Hallo Taminoianer,


    "Deutschlands wichtigster Dirigent", so oder so ähnlich jedenfalls war die Überschrift eines Deutschen Musikmagazins, und ich fragte mich unwillkürlich, ob das wirklich der Realität entspricht.


    Wenn ich so etwas betracht, sehe ich es natürlich immer ein wenig verzerrt, nämlich durch die Brille des Tonträgersammlers.



    Und hier muß ich mich wirklich fragen, wie interessant Rattle für Die Berliner Philharmoniker, denn die sind ja in diesem Falle "Deutschland" wirklich ist. Ähnlich seinem Vorgänger Abbado hat er nämlich seine interessantesten Aufnahmen, damit meine ich jene mit großer Verbreitungsmöglichkeit bereits gemacht, wie ich meine.


    Mahler, ein Fixpunkt im Repertoire wurde von ihm bereits eingespielt, und gibt es bereits im Abverkauf.


    Manches andere aus Birmingham gibt es bei EMI bereits im Budget-Bereich.


    Sein "Fidelio" ist lediglich ein Mitschnitt, noch dazu mit klangverschlechterndem Kopierschutz versehen (viele, gerade hochpreisige Player reagieren mit Knackern, ander spielen sowas überhaupt nicht) wird es schwer haben sich gegen die ausgezeichnet Konkurrenz "von gestern" durchzusetzen.


    Seine wichtigsten Aufnahmen, hat er, Kalkül oder Zufall, bereits mit den Wiener Philharmonikern gemacht.
    Das haben andere Dirigenten vor ihm auch gemacht,allerdings in Zeiten, wo es üblich war eine Aufnahme nach der anderen zu produzieren, was ja heute nicht mehr der Fall ist.
    einer Klappe:


    Wenn ich "wichtigste" Aufnahmen sage, meine ich natürlich den "Beethoven-Sinfonien-Zyklus" und die Aufnahme der Klavierkonzerte mit Brendel, ich kann mir schwer vorstellen, daß da in den nächsten Jahren was nachfolgt.


    Es war IMO ein geradezu genialer Schachzug der "Wiener" , ihm diese Aufnahme anzubieten. Sie schlugen damit zwei Fliegen mit einer Klappe:
    Sie haben nun einen Beethoven-Zyklus-Aufnahme der "Gegenwart" im Kasten, sind also up to date. und haben gleichzeitig (mehr oder weniger) die Gefahr gebannt, daß Rattle dies mit "seinem" Orchester tun könne. Ob die Aufnahme nun tatsächlich ein "Geniestreich" ist, ist hiebei nicht mehr von Bedeutung. Mehrheitlich wird sie so gesehen.


    Wenn Rattle, wie oft angedeutet, die Berliner Philharmoniker dür die "Moderne " öffnen will, mag es sein, daß ein paar progressive Kritiker jubeln mögen, vielleicht anfangs auch die Tonträgerindustrie, kaum jedoch die Mehrheit der durchwegs konservativen Tonträger-Sammler.
    Die werden (mehrheitlich) ihr Ohren bzw ihre Brieftaschen verschließen.


    Aber warum soll ich alleine spekulieren ?
    Was ist Eure Meinung ? Welch Aufnahmen Rattles sollte man Eurer Meinung nach unbedingt haben.


    Meine Rattle-Sammlung besteht derzeit lediglich aus 2 Stück Beethoven-Sinfonien (die beiden ohne Kopierschutz) und einer Budgetveröffentlichung mit Werken von Ravel.


    Dennoch: Sicher ein interessanter Dirigent, ob "Deutschlands wichtigster" wird die Zukunft zeigen.



    Gruß aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Wie ich schon einmal woanders erwähnte, halte ich Rattle's Erste Symphonie von Sibelius mit Birmingham für die beste Aufnahme dieses Werkes.


    Sein Beethoven ist kein Ereignis. Auch nach der Werbung.


    Er ist ein guter Dirigent, mit telegener Optik beim Auftritt. Er arbeitet viel und soll es auch weiter tun. Sein Posten ist wichtig, sein Beitrag (noch) nicht der wichtigste. :-)

  • Also wenn man als Gradmesser für "Wichtigkeit" (welch ein Wort!) den Medienrummel nimmt, dann gebührt ihm ohne Zweifel der erste Platz.
    Ich erwarte jedoch vom Chefdirigenten eines Orchesters mit einigem Renomee etwas mehr, als hin und wieder einen beachtenswerten
    Szymanowski, einen kaum gekannten Janacek gekonnt und mit Verve
    hinzulegen. In Sachen STANDARDREPEROIRE jedoch, das seine eigentliche Domäne sein sollte, ist er seinen Vorgängern Karajan und Abbado um Welten unterlegen.
    Die Auszeichnung seiner belanglosen Einspielung der Beethoven-Sinfonien mit einem "Klassik-Award" spricht dafür Bände, daß diejenigen, die das beurteilten , Tomaten auf den Ohren hatten.
    Ich halte ihn für ein durchaus sympathisches "Kind des Zeitgeistes" und in den Bereichen speziell des Randrepetrtoires hat er wirklich Beachtliches geleistet. Das alles hinderte mich nicht daran, mein Abo bei den Berliner
    Philharmonikern nach über 25 Jahren zu kündigen.
    Mit Kent Nagano hat Berlin (noch) einen Dirigenten, der zumindest für mich alles das hat, was Rattle abgeht: ene glückliche Hand für Mahler und Bruckner und wirkliches Charisma, das keiner groß angelegten medialen Unterstützung bedarf, um sich dem Hörer glaubhaft zu vermitteln.

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • deutschlands wichtigster dirigent???? der??? ähem...da will wohl jemand seine cds gut verkaufen? :)


    IMHO ist er ein guter Dirigent....zweifelsohne.
    Aber er hebt sich nicht sonderlich von seinen anderen Kollegen ab auch wenn er schon mit seinem "jungen" Alter viele Preise eingeheimst hat.


    Bei seiner Platte americana (emi) hagelte es nur von negativen kritiken.
    Bei der Einspielung von Beethovens 5.sinfonie hagelte es auch kritik (hab mir die cd nur geholt wegen brahms violinkonzert mit kyung hwa chung).


    Das Tempo sei unglücklich gewählt,die streicher zu lasch(!), zu wenig bass(!). Nichts neues,aufregendes.


    ICH halte ihn NICHT für Deutschlands wichtigsten Dirigenten~

  • Rattle wird meines Erachtens von den Medien stark überbewertet.Beim BPO haben Karajan und Abbado zu große Fußspuren hinterlassen,die er nicht ausfüllen kann.Deshalb muß ich Alfreds Eingangsfrage mit einem klaren Nein beantworten.

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Sagitt meint:


    Ich das Phäniomen sehr interessant. Da hat einer Schuhe, die genau passen, wechselt die Schuhe und schon wackelt er/sie.
    Ich kenne das speziell bei Filmregisseuren. Die Brüder Taviani waren großartige Filmer, als sie in Italien waren, Padre Padrone- ein Film über Bildungswut, die wie ein Blume den Stein durchbricht, Kaos, Verfilmung von Pirandellio- ganz großartig, dann gingen sie nach Hollywood und machten erst Mist und was heute ? Peter Weir, ein wunderbarer australischer Regisseur hatte das gleiche Schicksal.Eigentlich auch Bille August. Würde ich weiter nachdenken,fielen mir weitere ein.
    Rattle war sicher in Birmingham ein ausserordentlicher Dirigent, nicht nur, was die Aufbauleistung anging, aber jetzt ? Die Reaktionen im Forum sind in der Tendenz ziemlich einig: überschätzt.


    Übrigens konnte ich bei Harnoncourt auch feststellen, dass seine besten Aufnahmen nicht gerade mit den Berliner Philharmonikern waren.


    Welche Einschätzungen gibt es dazu sonst ?

  • Wie ich schon an anderem Ort schreib: Laßt ihn doch erstmal machen. Aus Abbados Anfangsphase in Berlin gibt es doch auch keine überragenden Aufnahmen (oder doch?).
    Ich weiß nicht, ob er "überschätzt" wird.
    Ich halte seine Berufung nach Berlin für eine recht glückliche Wahl. Bedenkt auch mal, daß er seit Nikisch wahrscheinlich derjenige Chefdirigent der Berliner Philharmoniker ist, der sich die meiste Zeit für sie genommen hat und nicht sonst wo in der Welt bei anderen Orchestern rummacht.
    Daß er mit "modernem" Repertoire die Kundschaft verschrecken könnte, glaub ich nicht.

  • ich habe bereits rattles berufung zu den bp als schweren fehler bezeichnet (seine große zeit lag m.e. schon damals hinter ihm) .... und wurde (leider) nicht enttäuscht ...


    nichtsdestotrotz schätze ich ihn als person und sein pädagoigsches engagement ...

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

  • Rattle war einmal interessant. Als er Birmingham von einer Provinzkapelle zu einem Orchester der Oberlige heranzog, hatte er inneres Feuer und Sendungsbewusstsein, auch der Musik gegenüber. Als der Rummel einsetzte und Rattle so richtig ins Geschäft kam, wurde er zu einem zweitklassigen Dirigenten erstklassiger Musik.
    Zu letzterer zähle ich übrigens auch Janácek - und wenn ich vergleiche, wie Rattle das macht und wie es Mackerras oder Neumann mach(t)en, ist für mich Rattle zweite Wahl: Zu glatt, zu sehr auf Effekt aus, zu maniriert, zu selbstverliebt.


    Was seinen Beethoven-Zyklus anlangt: Er wird in beiden Richtungen überbewertet. Er ist weder so schlecht, wie ihn manche haben wollen, noch so sensationell, wie ihn einige finden. Eine durchschnittliche Leistung mit vielen Manierismen und Inkonsequenzen. Angesichts der Leistungen von Klemperer, Bernstein, Harnoncourt und Leibowitz für mich einfach unbedeutend.


    Was seinen Mahler anlangt: Die Zehnte in der Ersteinspielung mit Bournemouth steht auf der Haben-Seite, dafür schreien auf der Soll-Seite in meinen Ohren zumindest die Vierte, die Sechste, die Achte und die Neunte entgegen. Und wenn jemand beim "Lied von der Erde" behauptet, Boulez sei zu kühl, der soll sich einmal Rattles Herunterbuchstabieren dieses einzigartigen Werkes anhören.


    Und wer wissen will, welches unglaubliche dirigentische Talent hier von einem fast schon beispiellosen Hype verdorben wurde, der höre sich folgende Rattle-Aufnahmen an: Gerschwins "Porgy and Bess", Maxwell Davies' Erste Symphonie, Maws "Odissey", Szymanowskis Vierte Symphonie, Sibelius' Vierte Symphonie und Bartoks Konzert für zwei Klaviere, Schlagzeug und Orchester. Was war das für ein Dirigent...!


    Wenn Rattle aber jetzt tatsächlich zu Deutschlands bedeutendstem Dirigenten hochgejubelt wird, bleibt mir nur noch die Feststellung, dass "bedeutend" kein Qualitätskriterium ist. Und wenn sich's auf den Rummel um ihn und die Marktlage bezieht, mag "bedeutend" schon das richtige Wort sein...

    ...

  • Guten Abend,


    Rattle -Deutschlands wichtigster Dirigent? Ich weiß es nicht und kann mir mangels echter Kenntnis da ehrlich gesagt kein Urteil erlauben, dazu kenne ich zu wenige Dirigenten/deren Arbeit gut genug. Was ich aber sagen kann, ist, dass er mich zwiespältig lässt.


    Bisher habe ich ihn drei Mal in Berlin erlebt. Und irgendwie habe ich den Eindruck, dass er die Musik am besten "kann", die mir eigentlich nicht so liegt (zuletzt Kybburz, also kontemporär). Hingegen haben mich sein Mahler (IV.) und sein Wagner (Tristan-Vospiel, Liebestod) seltsam kalt gelassen. Das war ohne Frage virtuos gespielt, aber tief berührt hat es mich nicht. Merkwürdig.


    Seine Einspielungen kenne ich kaum, da ich als Klassik-Novize vielfach versuche, einen Grundstock an Referenz-Einspielungen (häufig älteren Datums) anzulegen. Allerdings habe ich auch da wieder eine Überraschung erlebt: Ich kaufte letzthin das "Heldenleben" ohne groß etwas zu erwarten - und höre diese Einspielung jetzt außerordentlich gern.


    Für mich auf jeden Fall ein stets interessanter, eben auch überraschender Dirigent. Ich freue mich schon auf das nächste Konzert, das ich von ihm erleben werde.


    Viele Grüße, l.

    "Jein".

    Fettes Brot

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  • Also,
    ich warte immer noch auf Rattle's epochale Aufnahme mit den Berlinern - von dieser Kombination aus Top-Dirigent (seinem vorherigen Ruf nach) und Elite-Orchester hätte meines Erachtens längst etwas kommen müssen, um beider Ruhm zu begründen bzw. zu festigen.
    Zu Beginn seiner Berliner Zeit einen Beethoven-Zyklus mit den Wienern herauszubringen war sicherlich ein Kardinalfehler. Das ließ und läßt bei mir den Eindruck zurück, dass er es mit den Berlinern nicht so richtig ernst meint bzw. nicht (mehr) den ganz großen Ehrgeiz hat, etwas Großes zu schaffen. Dazu passt dann, dass die echte Top-Leistung bis heute wohl fehlt (ich kenne allerdings nicht alle Berliner Aufnahmen mit ihm!).
    Am positivsten aufgefallen ist mir bisher das Projekt bzw. der Film "Rythm is it", dessen pädagogischen Ansatz ich lobenswert finde und wo mir Rattle's Engagement auch glaubwürdig erscheint.
    Ich denke jedenfalls, seine Eingewöhnungszeit in Berlin müsste längst vorbei sein - aber vielleicht kommts ja jetzt auch!


    P.S.: Wie wär's mit 'ner Neuaufnahme von Holst's Planets, das können die Berliner seit Karajan und haben's schon ewig nicht mehr aufgenommen - das wär doch die Gelegenheit für einen echten Paukenschlag...!!! :D :D :D

    Herzliche Grüße
    Uranus

  • Zitat

    Zu Beginn seiner Berliner Zeit einen Beethoven-Zyklus mit den Wienern herauszubringen war sicherlich ein Kardinalfehler. Das ließ und läßt bei mir den Eindruck zurück, dass er es mit den Berlinern nicht so richtig ernst meint bzw. nicht (mehr) den ganz großen Ehrgeiz hat, etwas Großes zu schaffen.


    Ich würde meinen, dass solche Einspielungen nicht von Heute auf Morgen geplant werden, sondern lange (Jahre!) im Voraus fixiert werden. Dass Rattle dann Chef der Berliner wurde, könnte eine unvorhergesehene, pikante Situation gewesen sein.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Soweit ich mitbekommen habe, hat Rattle die Einspielung der Beethoven Sinfonien mit den Wiener Philharmonikern auf deren Einladung hinauf gemacht.


    Rattle muß gewusst haben, daß es immer die Wiener waren, die "willig zur Stelle" waren - Wenn die Berliner mit Karajan nicht konnten. Eine Ablehnung seinerseits häte bedeutet, die Wiener zu brüskieren -und eine Triumphkarte aus der Hand zu geben.


    Wenn ich mir die Beethoven Sinfonien Rattles mit den Wienern (ich kenne nur jene ohne Copy Control, - und an einem Vormittag war ich bei der Aufnahme im Zuschauerraum) hernehme - und sie mit der neuen Schubert C-Dur Sinfonie D944 vergleiche, dann schneidet die Wiener Aufnahme - obwohl auch nicht unumstritten - aus meiner Sicht besser ab. Das liegt mit Sicherheit nicht ausschließlich am Orchester, sondern an der Akustik, die im Musikverein einfach besser ist als jene in Berlin (Zirkus Karajani) über die in Wien (hinter vorgehaltener Hand) schon vor Jahren gespöttelt wurde. In einem der Zahllosen Karajan-Bücher wurde das sogar extra erwähnt, ich glaube es war jenes von Dr. Franz Endler.


    LG


    Aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Auch die 5. Mahler mit den Berlinern gehört nicht zu den Aufnahmen, die man unbedingt haben müßte. Ich habe sie - mit zeitlichem Abstand zur Neuerscheinung und gewisser Vorsicht - für wenig Geld gebraucht erworben - sie hat keine Faszination ausgelöst.


    Ich kann nach meinen Hörerfahrungen den Eindruck bestätigen, dass die früheren Mahleraufnahmen mit City of Birmingham überzeugender sind. Die 2. und die 6. sind sehr prägnant und in hohem Maße detailreich, ohne dass der Zusammenhang verwischen würde.


    Den neueren Aufnahmen nähere ich mich eher mit Skepsis - während umgekehrt Abbado mit seinen späteren Aufnahmen (6. und 2. Mahler) für mich wesentlich bedeutender ist als frühere Aufnahmen.


    Mit besten Grüßen


    Matthias

    Tobe Welt, und springe,
    Ich steh hier und singe.

  • Hallo Matthias!


    Ich finde die 5. sogar sehr enttäuschend: Die Detailarbeit scheint mir nur noch ein Selbstzweck, die gewisse Balance von Leidenschaft und Kalkül, die bei Mahler so aufregend ist, findet überhaupt nicht statt.
    Fairerweise muss ich aber sagen, dass ein Bekannter von mir, der Rattle sehr schätzt, diese Aufnahme ebenfalls für misslungen hält und meint, man habe die falsche Aufführung mitgeschnitten, als die Spannung wegen des Inaugurationskonzertes weg war, soll es wesentlich besser geworden sein.


    Rattles Aufnahmepolitik ist schon sehr eigenartig: Mahler 8 hat er wieder mit Birmingham gemacht (wahrscheinlich billiger als Berlin oder Wien). Die 2. Mahler, hat es vor ein paar Jahren geheißen, soll auch neu aufgenommen werden, weil die alte nicht mehr repräsentativ ist.


    Und jetzt also Sibelius mit Berlin. Der erste Zyklus ist damit wohl veraltet. Ich kann mir nicht helfen, ich frage mich schon: Ist das noch seriös - oder geht's nur noch ums Geld?

    ...

  • Ich glaube, Simon Rattle würde über die Titulierung als "Deutschlands wichtigster Dirigent" selbst herzlichst schmunzeln können. Ich schätze ihn nicht so ein, dass er in solchen Kategorien denkt. Diesen Titel würde er bestimmt gönnerhaft Thielemann überlassen, dem das bestimmt wichtig wäre. Dass er als Leiter des weltbesten Orchesters (Liebe Grüße nach Wien :hello: ) und als einer der einflussreichsten Musikschaffenden in Deutschland im Fokus des öffentlichen Interesses steht, liegt in der Natur der Dinge.


    Gruß
    B.

  • Ich muß immer wieder herzlich lachen.


    "Weltbestes Orchester"


    Ich glaube, die Berliner könnten Stroh zu Gold spinnen -
    den Ruf des "Weltbesten Orchesters" haben nun mal die Wiener
    auf der ganzen Welt (Deutschland logischerweise ausgenommen) -
    daran ist nichts mehr zu ändern.


    Diskussionen, Streitereien und Schlägereine zu diesem Thema bitte
    hier :


    Der Goldene Klang der Wiener Philharmoniker - Realität oder Legende ?


    :baeh01:


    Liebe Grüße


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner


    Rattle hasst dieses Stück. Seine Aufnahme machte er nur auf Drängen der EMI.
    Die Wartezeit dürfte also lange dauern...


    Hallo Edwin, hallo Uranus,


    das dürfte nicht zutreffend sein, jedenfalls wenn ich des Lesens mächtig bin. Rattle in FonoForum 02/2006, S.49/50:


    "Zu meiner großen Überraschung und Freude hat EMI vorgeschlagen, "Die Planeten" einzuspielen. Mit dieser Periode der englischen Musik war ich bis jetzt in Berlin sehr vorsichtig. Immerhin wurde meine Heimat einst "Land ohne Musik" genannt. Außerdem haben mich die Orchestermitglieder daran erinnert, dass "Die Planeten" eins von Karajans Paradestücken war und er es insgesamt drei Mal aufgenommen hat. Nun gibt es bereits einen "Pluto", den Collin Matthews nachkomponiert hat, da der Planet zu Holsts Zeiten noch nicht entdeckt war. Das brachte uns auf die Idee, noch einige Asteroiden vertonen zu lassen, und wir haben den vier genannten Komponisten dazu Aufträge erteilt."


    Ob nun diese vier kurzen neuen Werke von Saariaho, Dean, Pintscher und Turnage sowie Matthews "Pluto" ebenfalls mit eingespielt werden sollen, weiß ich nicht.


    Beste Grüsse,


    C.

    Die wirkliche Basis eines schöpferischen Werks ist Experimentieren - kühnes Experimentieren! (Edgar Varèse)

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  • Zitat

    ".......da der Planet zu Holsts Zeiten noch nicht entdeckt war"


    Hier irrt Rattle.
    Pluto wurde 1930 entdeckt - Holst starb 1934, er hatte aber persönlich an einer Ergänzung seines Werks kein interesse.


    LG


    aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Stimmt, Alfred, aber möglicherweise liegt das auch an der Übersetzung vom englischen ins deutsche (mit einem solchen Übersetzungsmissverständis - bezogen auf ein Interview Rattles im Spiegel - beginnt das FF-Interview auch.


    LG - C.

    Die wirkliche Basis eines schöpferischen Werks ist Experimentieren - kühnes Experimentieren! (Edgar Varèse)

  • Hi,


    wahrscheinlich irrt er nicht, sondern drückt sich nur etwas unpräzise aus. Pluto wurde erst mehr als ein Jahrzehnt nach der Komposition der Planeten entdeckt. Dass Holst da nichts mehr nachkomponiert hat, sollte nicht verwundern...

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Zitat

    Hallo Edwin, hallo Uranus, ...


    Das ist ja witzig - davon, dass die Planeten tatsächlich im Gespräch sind, hatte ich keine Ahnung, das sollte eigentlich nur eine Anspielung auf das von mir bekanntlich sehr geschätzte Werk sein.
    Die Neuvertonung anderer Planeten sehe ich, wie schon Pluto, eher skeptisch - mit Holst hat das jedenfalls nichts zu tun. Andererseits ist die Idee, dieses Spektrum auszuweiten, ja naheliegend und auch nicht ohne Reiz. Und wenn dadurch einige Komponisten neue Aufträe erhalten...

    Herzliche Grüße
    Uranus

  • Hallo Claus!
    Schön, dass Du wieder da bist.
    Ich bin überzeugt, dass Du Lesens kundig bist. So wie Rattle offenbar das Geldverdienen versteht. Dann also ran an die Planeten, über die er in seiner Biografie

    beispielsweise sagt, sie seien banal, schlecht instrumentiert, wie sehr er diese Musik ablehnt - und wie gerne er als Gegengewicht Messiaens "Turangalila" aufgenommen hat, die fasziniert ihn nämlich wegen ihrer Jazz-Elemente so restlos.
    Olivier Messiaen war übrigens sehr stolz darauf, der einzige französische Komponist seiner Generation zu sein, der niemals Jazzelemente verwendet hat.
    Die kleine Diskrepanz in der Auffassung dürfte erklären, warum Rattles "Turangalila"-Einspielung so ist, wie sie nun einmal ist.
    Und wenn man damit genug Geld machen kann, werden natürlich auch die Planeten wieder zum Meisterwerk. Wahrscheinlich hat Rattle erst jetzt gemerkt, welch tiefschürfende Partitur das ist. Irgendwann dirigiert er vielleicht auch noch "The Best of Abba" mit André Rieu als Sologeiger.

    ...

  • Hallo Edwin,


    über das Verhältnis Rattle-Planeten wollte ich nichts gesagt haben (ich kenne die Passagen aus der Biographie - die übrigens nicht sonderlich überzeugend ist)....mir war heute morgen aufgefallen, dass der Bezug falsch war, ich war nur zu faul, das zu korrigieren: Ich meinte mit nicht zutreffend lediglich, dass man wohl doch nicht allzu lange auf die Aufnahme der Planeten mit Berlin/Rattle wird warten müssen. Die Wartezeit wird kurz sein, denke ich. Warten wir die Aufnahme ab. Nur - ich werde sie nicht unbedingt haben wollen. Die Planeten mag ich nämlich auch nicht wirklich (oder anders: nur ganz selten hören).....


    Beste Grüsse, ich bin auch schon wieder weg....


    C.

    Die wirkliche Basis eines schöpferischen Werks ist Experimentieren - kühnes Experimentieren! (Edgar Varèse)

  • Zitat

    ich bin auch schon wieder weg....


    Schade - aber nicht für immer, hoffe ich.


    Ich hab das auch gar nicht irgendwie als Angriff verstanden. Du hast Recht: Die Biografie ist mau, war wohl ein PR-technischer Schnellschuss. Dennoch nehme ich an, dass Rattle nicht die "Planeten" mit einem anderen Werk verwechselt haben wird, wenn er gar so schlecht über sie spricht.
    Obwohl - bei dieser Kumulierung von Auftritten und Aufnahmen kann man schon mal was durcheinanderbringen.

    ...

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Ich hab das auch gar nicht irgendwie als Angriff verstanden. Du hast Recht: Die Biografie ist mau, war wohl ein PR-technischer Schnellschuss. Dennoch nehme ich an, dass Rattle nicht die "Planeten" mit einem anderen Werk verwechselt haben wird, wenn er gar so schlecht über sie spricht.
    Obwohl - bei dieser Kumulierung von Auftritten und Aufnahmen kann man schon mal was durcheinanderbringen.


    Außerdem wäre das doch nicht das erste Mal, dass jemand ein Werk aufnimmt, weil die Plattenfirma ihn dazu drängt. Wenn Rattle selbst es schonmal so gemacht hat, warum nicht nochmal ;)
    Und ich dürfte nicht der einzige sein, der Maestro Sir Simons Ansicht zu den Planeten selbst teilt...also auch das nachvollziehbar.


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Womit wir fast schon bei der Frage wären, ob es nicht zur Auszeichnung wirklich bedeutender Interpreten gehören sollte, nur jene Werke aufzunehmen, die sie so weit mögen, dass sie etwas dazu zu sagen haben. Hängt mit Ehrlichkeit zusammen. Aber wie heißt's doch gleich in lässiger Grammatik? - Ehrlichkeit ist eine Zier, doch weiter kommt man ohne ihr.

    ...

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Womit wir fast schon bei der Frage wären, ob es nicht zur Auszeichnung wirklich bedeutender Interpreten gehören sollte, nur jene Werke aufzunehmen, die sie so weit mögen, dass sie etwas dazu zu sagen haben. Hängt mit Ehrlichkeit zusammen. Aber wie heißt's doch gleich in lässiger Grammatik? - Ehrlichkeit ist eine Zier, doch weiter kommt man ohne ihr.


    Oder ob es im Gegenteil zu Professionalität guter Interpreten gehört, auch zu Werken was zu sagen zu haben, die sie nicht mögen ;)
    Wenn ich die Anekdote richtig in Erinnnerung habe, wurde der antike Philosoph Karneades (oder ein anderer akademischer Skeptiker) aus Rom verjagt, weil er etwa an aufeinanderfolgenden Tagen in Vorträgen einmal eine These, beim zweiten Mal ihr Gegenteil plausibel vertreten hatte. Die sturen Römer meinten, derartiger Relativismus sei schlecht für die Staatsräson... Man kann es aber auch als ein glänzendes Beispiel für professionelle Distanz sehen :D


    nicht ganz ernste Grüße


    JR

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