Der visuelle Eindruck verstellt immer die Musik

  • In einem Thread über einen Pianisten, schrieb ein Teilnehmer in Bezug auf einen Youtube Videoclip (und vermutlich hat das allgemeine Gültigkeit) "Aber Mitschnitte haben doch etwas Trügerisches, der visuelle Eindruck verstellt immer die Musik."
    Das kann man in der Tat so sehen - und vielleicht ist es sogar wirklich so.
    Andrerseits habe ich zu vielen Künstlern, die ich bislang eher mit Gleichgültigkeit betrachtete, erst durch das Optische den besseren Zugang gewonnen, der sich bis zur Begeisterung steigern konnte. Die Bewegungen des Dirigenten, seine Mimik, ebenso wie beim Pianisten - sie drücken auch Musik aus - wenngleich auf außermusikalischem Wege. Es gibt allerdings auch Künsteler ersten Ranges, wo man besser beraten ist, wenn man nicht hinschaut. Ähnliches ist auch von Opernsängern zu sagen, ich habe Probleme damit sie stimmlich einigermaßen gerecht einzuschätzen, wenn sie in (historischem) Kostüm ihre Rolle verkörpen, und das mit Überzeugungskraft. Da wird dann (bei mir) über einiges hinweggesehen.....
    Da könnte man ein berühmtes geflügeltes Wort in Abwandlung zitieren: " Das Auge hört mit " ;)


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ein Musterbeispiel, wo Auge und Ohr gleichermaßen wunderschön bedient werden, ist der Auszug aus der 8. Sinfonie von Mahler unter Paavo Järvi: Anna Lucia Richter, eingestellt von Caruso im Thema Junge Stimmen. Anderes Beispiel: Philippe Jaroussky und Nuria Rial in "Pur ti miro" aus "L´incoronazione di Poppea" von Monteverdi.

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Als Beispiel:
    Bayreuther Festspiele 1976 im sogenannten »Jubiläums-Ring«


    Chéreau hatte als Regisseur für die »Todverkündung« im zweiten Akt eine Bildvision: Brünnhilde entkleidet in einem feierlichen Ritual den todgeweihten Siegmund - es war eine der stärksten Szenen überhaupt, und Peter Hofmann zeigte, dass er nicht nur eine kraftvolle, ausdrucksmächtige Tenorstimme besaß, sondern auch einen sportgestählten Körper ohne tenoralen Dickbauch. Nur so war Chéreaus Idee realisierbar. Peter Hofmann mit seinem blonden Lockenschopf und die furiose Jeannine Altmeyer als Sieglinde: ein unvergessliches Wagner-Traumpaar.

  • Zitat

    dr. pingel: Ein Musterbeispiel, wo Auge und Ohr gleichermaßen wunderschön bedient werden, ist der Auszug aus der 8. Sinfonie von Mahler unter Paavo Järvi: Anna Lucia Richter, eingestellt von Caruso im Thema Junge Stimmen. Anderes Beispiel: Philippe Jaroussky und Nuria Rial in "Pur ti miro" aus "L´incoronazione di Poppea" von Monteverdi.


    Diesen Hinweis habe ich schon in einem anderen Thread gelesen, lieber Dottore, und ich hatte kurz zuvor die Aufnahme, die ich in meiner Sammlung habe (als Blu Ray), noch gehört und gesehen. Ich kann deine Eindrücke da nur bestätigen.


    Aber grundsätzlich ist es doch so, dass wir isn Konzert gehen, und hören und gleichzeitig sehen. Wenn das nicht attraktiv wäre, würde doch kaum einer ins Konzert gehen. Seit etlichen Jahren kaufe ich, wann immer es geht von Neueinspieluingen jeglicher Art Blu Rays oder wenigstens DVD's. Auf diese Weise wird mein Eindruck kompletter, nähert sich dem Konzerteindruck an. Ob man es glaubt oder nicht, man bekommt auch von der musikalischen Struktur wesentlich mehr mit, zumindest bei Orchesteraufnahmen. Das Gehirn hört und sieht (mit Hilfe der Ohren und Augen) gleichzeitig und bekommt einen besseren Eindruck von der Struktur der Musik.
    Außerdem ist das, was hart sagte, auf die auch in meiner Sammlung befindliche Walküren-Aufnahme des Chereau-Rings, durchaus schlüssig. In der Tat ist es zielführend, wenn visuelle und akustische Informationen inhaltlich übereinstimmen.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Aber grundsätzlich ist es doch so, dass wir isn Konzert gehen, und hören und gleichzeitig sehen. Wenn das nicht attraktiv wäre, würde doch kaum einer ins Konzert gehen. Seit etlichen Jahren kaufe ich, wann immer es geht von Neueinspieluingen jeglicher Art Blu Rays oder wenigstens DVD's. Auf diese Weise wird mein Eindruck kompletter, nähert sich dem Konzerteindruck an. Ob man es glaubt oder nicht, man bekommt auch von der musikalischen Struktur wesentlich mehr mit, zumindest bei Orchesteraufnahmen. Das Gehirn hört und sieht (mit Hilfe der Ohren und Augen) gleichzeitig und bekommt einen besseren Eindruck von der Struktur der Musik.


    Bei mir ist es genau umgekehrt: mich lenkt bei rein instrumentaler Musik der Anblick der spielenden Musiker und des Dirigenten eher vom Wesentlichen ab, nämlich der Musik. Einen Gewinn sehe ich darin auf keinen Fall. Deswegen kaufe ich auch keine Konzertaufnahmen auf DVD/BluRay, und wenn es sie nicht anders gibt, schalte ich in der Regel das Bild ab. In Konzerte gehe ich sehr selten, und wenn, dann nur der besseren Akustik und der besonderen Atmosphäre wegen und nicht, um die Musiker zu sehen. Oft schließe ich im Konzert sogar die Augen, um die Musik intensiver zu erfahren.


    Ganz anders ist es bei der Oper, die ist ohne das szenisch-visuelle Element für mich uninteressant. Opern höre und sehe ich daher nur auf DVD/Bluray, Opern-CD höre ich nie, und am liebsten erlebe ich Opern live im Opernhaus.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

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  • Bei mir ist es genau umgekehrt: mich lenkt bei rein instrumentaler Musik der Anblick der spielenden Musiker und des Dirigenten eher vom Wesentlichen ab, nämlich der Musik.......In Konzerte gehe ich sehr selten, und wenn, dann nur der besseren Akustik.....wegen......Oft schließe ich im Konzert sogar die Augen, um die Musik intensiver zu erfahren.


    Das geht mir ebenso - bei mir umfasst die "Musik" auch Chöre und Gesangsolisten - in Konzerte gehe ich eher selten.


    Viele Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Das geht mir ebenso - bei mir umfasst die "Musik" auch Chöre und Gesangsolisten - in Konzerte gehe ich eher selten.


    Viele Grüße
    zweiterbass


    Lieber Bertarido, lieber Zweiterbass!
    Mir geht es im Prinzip ähnlich wie euch beiden.
    Interessant finde ich, dass man durch das Zusehen beim Musizieren eines Orchesters manchmal das Zusammenspiel oder Wechselspiel der Musiker viel deutlicher hört.
    Oft aber drängt sich auch manches in den Vordergrund, was eigentlich da nicht hingehört.


    Nur: nicht in Konzerte zu gehen, ist für mich keine Alternative.
    Früher habe ich Partituren mitgenommen und mitgelesen. Inzwischen aber haben die meisten Konzertsäle im Publikum das Licht so gedimmt, das es zum Lesen einer Partitur nicht reicht.


    Beste Grüße


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Fast jeder meiner Threads hat einen Auslöser. Im spezellen fall ist es dieser Clip.


    David Fray vermag es - so meine ich wenigstens . auch Leute für Bachs Klavierkonzerte zu begeistern, die sonst nichts damit am Hut haben. Natürlich swingt sein Bach auch ohne dass man ihn sieht, aber die optische Verstärkung ist IMO unleugbar.
    Man hat förmlich den Eindruck daß er sich mit Begeisterung selber zuhört.
    [tsp]ckr[/tsp]
    Ein Beispiel ist in der Regel ein schwaches Argument.


    Daher hier noch ein zweites
    Shunske Sato und Concerto Köln mit Vivaldis "4 Jahreszeiten"
    So gut habe ich Concerto Köln noch nie gehört !!!




    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !