Salome (Strauss), Hamburgische Staatsoper, 08.11.2016

  • Der Orchesterklang war hervorragend, allerdings deckte Kent Nagano die Sänger manchmal zu stark zu. Der Fluch des Jochanaan ging im Orchester vollkommen unter. Dabei ist Wolfgang Koch, der die Rolle innehatte, nicht gerade schmalstimmig. Stimmlich war Koch aber ideal besetzt. Die stimmkräftige Allison Oakes (Salome) lag immer gut über dem Orchester, allerdings vermisste ich bei ihr eine spezifische Stimmfarbe sowie die Fähigkeit, die unterschiedlichen Stimmungen der Prinzessin klanglich nuanciert wiederzugeben, wie es vor zwei Jahren auf derselben Bühne noch Frau Kwon gelang. Hellen Kwon schien mir jetzt als Herodias nicht unbedingt eine gute Besetzung zu sein. Man merkt ihrer Stimme (Sopran) an, dass sie eigentlich in der Höhe strahlen will, was die Rolle nicht hergibt. Jürgen Sacher überzeugte als Herodes. Sein heller Tenor lag immer gut über dem Orchester. Sacher gelang es, die Qualen und Sehnsüchte des Tetrarchen nicht nur darstellerisch, sondern auch stimmlich zu vermitteln. Dafür erhielt er auch einzelne Bravi. Der Beifall des nicht voll besetzten Hauses galt außerdem Wolfgang Koch sowie der insgesamt doch guten Leistung von Frau Oakes. Echte Jubelstimmung, wie sonst häufig nach dem Schlussgesang der Salome, wollte aber nicht aufkommen.

    Oper lebt von den Stimmen, Stimmenbeurteilung bleibt subjektiv

  • Lieber Ralf, da sind wir ja wieder!


    Keine Angst, ich werde nicht alle deine Berichte kritisch bekakeln. Aber die Salome ist für mich eine Oper, die ich in die Unterwelt mitzunehmen gedenke wie Orpheus seine Leyer. Und erst kürzlich habe ich ja hier den Rundfunk-Mitschnitt der konzertanten Frankfurter Salome besprochen, ebenfalls mit Wolfgang Koch. Seinem Jochanaan wünschte ich noch etwas mehr metallische Durchschlagskraft in der Höhe; aber die Passage "Er ist in einem Nachen..." singt ihm so bald keiner besser nach.


    Was die Titelrolle betrifft, so wünsche ich dir und anderen Hamburgern, dass man auch mal Emily Magee ins Haus lockt. Die hat alles, was Salome braucht. Und Nagano ist vermutlich zu eitel, um auch mal den Sängern das Feld zu überlassen. Aber wo gibt es schon eine Ideal-Aufführung von diesem Geniestreich?!


    Herzliche Grüße von Sixtus

  • Was die Titelrolle betrifft, so wünsche ich dir und anderen Hamburgern, dass man auch mal Emily Magee ins Haus lockt. Die hat alles, was Salome braucht. Und Nagano ist vermutlich zu eitel, um auch mal den Sängern das Feld zu überlassen.


    Das wird im April live zu überprüfen sein, wenn Magee die Kaiserin in der FroSch singen wird - unter Nagano ... ;)

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Lieber Michael,


    da wird sich vielleicht zeigen, ob die Rysanek, die von sich sagte, sie sei zur Kaiserin geboren, eine ebenbürtige Nachfolgerin gefunden hat.
    Wieso ist dies eigentlich keiner deutschsprachigen Sängerin gelungen? Oder hab ich da was verpasst - vielleicht Anja Harteros?


    Das Beruhigende bei den Spitzen-Sängerinnen ist doch, dass sie leichter nachwachsen als ihre männlichen Kollegen. Warum eigentlich? Fragen über Fragen...


    Aber wir sind ja aufmerksam - und werden es herausfinden - meint, mit herzlichen Grüßen, Sixtus

  • ob die Rysanek, die von sich sagte, sie sei zur Kaiserin geboren, eine ebenbürtige Nachfolgerin gefunden hat.


    Lieber Sixtus,


    wäre die Rysanek zur Kaiserin geboren, hätte ihr der liebe Gott auch die Koloraturen für den ersten Akt geschenkt. Die waren wirklich nie ihre Sache.
    Aber keine Frage: sie war eine hinreißende Kaiserin - und später eine großartige Färberin. In beiden Partien habe ich sie mehrmals live gehört. Und ich möchte keinen Abend missen. Trotzdem würde ich in der Partie der Kaiserin die Krone an die Janowitz geben. Wenn die Amme von ihr sagt, "durch ihren Leib wandelt das Licht, als wäre sie gläsern", dann glaubte man das und man hörte es auch.
    Im 1. Akt war sie schlicht konkurrenzlos. Auch in der Szene im Falknerhaus. Aber keine Frage, im dritten Akt stand ihr die Rysanek in nichts nach. Da waren beide großartig! Damit ist die Entwicklung "zum Menschen hin" vielleicht noch überwältigender und bewegender weil das einfach noch ein viel weiterer Weg ist!


    Dies nur als kleine Anmerkung. Ich will ja um des Himmels Willen nicht die Rysanek herabsetzen.
    Entschuldige bitte Ralf, das hatte ja nun wirklich nichts mit der Salome zu tun, von der Du dankenwerterweise berichtet hast. Man geht ja eigentlich nur in "Salome", um die Sängerin der Titelpartie zu hören. Allison Oakes habe ich in Dortmund als Isolde gehört. Da bot sie durchaus eine überzeugende gesangliche Leistung, gestalterisch ist noch einige Luft nach oben.


    Beste Grüße


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Ja, der Teufel - nein: der Caruso - steckt im Detail! Der weiß immer noch ein bisschen besser Bescheid. Chapeau!
    Die Janowitz habe ich leider in der Partie nie gehört. Aber ich kann mir vorstellen, dass sie darin ideal war.
    Und was den lieben Gott betrifft: Der ist auch nicht mehr das, was er mal war. Sonst hätte er der Frau Merkel so viel Urteilsvermögen geschenkt, dass sie in Bayreuth der Katharina und dem Castorf einige gut gestützte BUHs geschenkt hätte. Oder dürfen Regierungs-Chefs sowas nicht?
    (Ich hoffe, dass ich diese zwiefache blasphemische Anmerkung nicht schon im Diesseits büßen muss!)


    Zur Erinnerung, lieber Ralf:
    Lass dir die FroSch im April nicht entgehen - das Leben ist zu kurz, als dass man auf erstklassige Strauss-Soprane verzichten könnte.


    Herzliche Grüße von Sixtus

  • Das Beruhigende bei den Spitzen-Sängerinnen ist doch, dass sie leichter nachwachsen als ihre männlichen Kollegen. Warum eigentlich? Fragen über Fragen...


    Was zu beweisen wäre! Allerdings könnte ich mir durchaus vorstellen, dass es so ist und daran liegt, dass sich Frauen bei der Berufswahl eher durch ihr Bauchgefühl leiten lassen, während Männer pragmatischer sind ("Ich wäre zwar lieber Sänger geworden, aber als ... verdiene ich mehr!"). - Dabei fällt mir ein, gerade anläßlich der heute in NY beginnenden Schachweltmeisterschaft gelesen zu haben, dass Wassily Smyslow (Weltmeister von 1957 bis 1958) nur knapp die Aufnahme als Bariton am Bolschoi-Theater verpasste.

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Lieber Michael,


    ich glaube, nicht alles lässt sich belegen. Und grade die Entscheidung für einen künstlerischen Beruf ist von so vielen Faktoren abhängig, dass das naheliegende Motiv des Geldverdienens hier weniger im Vordergrund steht als bei vielen anderen Berufen. Das Risiko ist einfach zu groß. Nicht unbedingt das Risiko, eine Familie zu ernähren (was auch eine Rolle spielt).


    Im Übrigen sind gerade Frauen dafür bekannt, dass sie pragmatischer sind als Männer - und das lässt sich sehr wohl belegen, wie der Witz mit dem weltfremden Trottel andeutet, der seinem Freund vorprahlt, er kümmere sich um die Weltpolitik, und seine Frau übernehme den Kleinkram wie Einkaufen, Putzen und die Kinder...!
    Ich selbst habe auf eine riskante Sängerkarriere verzichtet, weil ich nicht das Risiko eingehen wollte, in der dritten Reihe zu stehen statt in der erhofften ersten. Und ich habe es nicht bereut. Ein guter Zuhörer zu sein ist auch nicht schlecht. Mit Geld hatte das nichts zu tun.


    Weiterführende Nachforschungen überlasse ich gern Jüngeren, die einen aktuelleren Stand der Dinge repräsentieren.


    Herzliche Grüße vom (mit seinem Lebenslauf längst ausgesöhnten) Sixtus