Niels Wilhelm GADE (1817-1890)

  • Es sind nur noch wenige Wochen bis zu 2oo. Geburtstag von Niels Wilhelm Gade.
    In unserem Forum gibt es bis heute noch keinen eigenen Thread für diesen Komponisten, der den nordischen Ton in die europäische Musik bracht.



    Geboren: 22. Februar 1817, Kopenhagen, Dänemark


    Gestorben: 21. Dezember 1890, Kopenhagen, Dänemark


    Eine groß angelegte statistische Auswertung von Konzertprogrammen aus der gesamten Welt hat das überraschende Ergebnis erbracht, dass zwischen 1850 und 1890 weltweit keine Sinfonie eines lebenden Komponisten häufiger aufgeführt wurde als die vierte Sinfonie von Niels Wilhelm Gade. Damit rangierte er vor Brahms. Tschaikowski und Dvorak.
    Gewiss: Niels Wilhelm Gade gilt uns heute als einer der bedeutendsten Vertreter der dänischen Nationalmusik des 19. Jahrhunderts. Dass er aber mal eine große Wertschätzung in Deutschland und weit darüber hinaus genoss, ist vergessen.


    Als Fünfzehnjähriger begann Niels Gade, Violine bei Frederik Torkildsen Wexschall (1798-1845) und Musiktheorie bei Andreas Peter Berggreen (1801-80), einem führenden Bearbeiter dänischen und nordischen Lied- und Balladengutes, zu studieren. Ab 1834 war er Geiger im königlichen Orchester in Kopenhagen. Unter seinen frühen Kompositionen waren einige Lieder sehr erfolgreich, eine Socrates-Ouvertüre hingegen vernichtete er, nachdem sie durchgefallen war.


    Seine Biografie ist eng mit Leipzig verbunden. Durch ein königliches Stipendium kam er 1843 zum Studium nach Leipzig, wo er schnell engen Kontakt zu Robert Schumann und Felix Mendelsohn Bartholdy bekam. An Mendelssohns Seite dirigierte Gade einige Gewandhauskonzerte, unter anderem die Uraufführungen seiner 1. und 2. Sinfonie (op. 5, c-Moll und op.10, E-Dur). 1847 wurde er als Nachfolger Mendelssohns zum Leipziger Gewandhaus-Kapellmeister berufen. Als der 1848 der deutsch-dänische Krieg begann und die Preußen Gade einziehen wollten, verließ er Leipzig und kehrte nach Kopenhagen zurück.
    Hier wirkte er als Direktor des Kopenhagener Musikvereins und später als Hofkapellmeister. 1866 wurde er Leiter des Königlich-Dänischen Konservatoriums der Musik. Alle Anstrengungen, ihn wieder nach Leipzig zurückzuholen scheiterten. Er widmete sich ganz der Aufgabe, das dänische Musikleben neu zu organisieren. Es gelang ihm, durch seine ungeheure Produktivität und freundliche Art Kopenhagen mehr Strahlkraft zu geben als Leipzig zu der Zeit verbreitete. Die "Niederrheinische Musikzeitung" stellte 1861 fest, Gade habe "Mendelsohn und Schumann in den Hintergrund gestellt."


    Am 21. Dezember 1890 starb Gade in Kopenhagen. Danach wurde er außerhalb der skandinavischen Länder bald vergessen. Dass er nicht nur viel von Mendelssohn und Schumann gelernt hat sondern dass er seinerseits Einfluss auf deutsche Komponisten gehabt hat, wird meist sträflich übersehen. Gerade Einflüsse auf Werke von Schumann und Brahms sind durchaus offensichtlich.
    Aber darüber kann ja später noch diskutiert werden.


    Erst mal sollte ein Überblick über sein Werk gewonnen werden. Es gibt immerhin ein Violinkonzert, 8 Sinfonien, Suiten, große und kleinere Chorwerke, Kammermusik, Klavierstücke, Lieder und Ballette.
    Da es seit einiger Zeit eine beschiedene Gade-Renaissance gibt, kann auf viele CD-Produktionen verwiesen werden.


    Ich beginne mal mit dem Op. 1
    "Efterklange af Ossian" (Nachklänge von Ossian)
    Konzert-Ouverture op. 1 (1840)

    Mit der Ouvertüre gewann Gade einen von der 'Kopenhagener Musikforeningen' ausgeschriebenen Kompositionspreis (in der Jury saß u. a. Louis Spohr). Zur Uraufführung kam die Ouvertüre am 19. November 1841 in der Kopenhagener Musikforeningen. Als Gade nach Leipzig kam, führte Mendelssohn auch diese Ouvertüre mit durchschlagendem Erfolg auf.


    Ossian ist ein angeblich altgälisches Epos aus der keltischen Mythologie. Der literarische Vorwurf dieser Ouvertüre entstammt einigen Stellen aus den Gesängen von James Macpherson (1736-96), in welchen der Barde Ossian Balladen aus längst vergangnen Zeiten vorträgt. Diese Ossianischen Gesänge waren seinerzeit äußerst populär und wirkten auf viele Künstler, darunter auch Herder und Goethe, äußerst anregend. Später stellte sich heraus, dass der blinde keltische Sänger Ossian aus dem dritten Jahrhundert eine freie Erfindung Macphersons war.


    Der Ouvertüre sind zwei Zeilen von Ludwig Uhlands Gedicht 'Freie Kunst' voranstellte:
    "Formel hält uns nicht gebunden,
    unsre Kunst heißt Poesie."
    Diese Poesie in ihrem Reichtum und in ihrer Farbigkeit zu hören, ist glücklicherweise auf etlichen Aufnahmen des Werkes möglich.
    Der Orchesterprolog - von den Celli intoniert - basiert auf einer spätmittelalterlichen Melodie. Diese Melodie wird gegen Ende des Prologs von Akkorden begleitet, die wie von Ferne herüberklingende Harfentöne den Gesang des Barden zu stützen scheinen. Im Hauptteil der Ouvertüre - so ist gleichsam als Sonatensatz aufgebaut - gibt es ein martialisch kämpferisches Thema und ein milderes, gelegentlich fast verträumtes, teilweise der Soloklarinette anvertrautes Thema. Im Epilog führt uns Gade dann zurück zu dem singenden Barden des Prologs. Ein wundervolles Werk!




    -


    Und natürlich gibt es etliche Aufnahmen bei Youtube!


    Viel Vergnügen bei Entdecken wünscht


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


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  • Lieber Caruso,


    es freut mich für Dich, dass Du an Nils Gade gefallen findest. Der Threadstart stand insofern für die entsprechenden Liebhaber schon lange aus.


    Aber auch wenns jetzt böse klingt:
    :D Ich bin gerade dabei meine Gade-Sinfonien-CD´s (GA als BIS-Einzel-CD´s) zu verkaufen. Find aber seit Monaten keinen Käufer ... der "Romantikkram" ist einfach nicht meine Klangwelt. :untertauch:
    Es sind die 4 CD´s aus dieser BIS-Reihe mit allen Sinfonien Nr. 1 - 8 unter Neeme Järvi:



    BIS, DDD

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Aber auch wenns jetzt böse klingt:
    Ich bin gerade dabei meine Gade-Sinfonien-CD´s (GA als BIS-Einzel-CD´s) zu verkaufen. Find aber seit Monaten keinen Käufer ... der "Romantikkram" ist einfach nicht meine Klangwelt.
    Es sind die 4 CD´s aus dieser BIS-Reihe mit allen Sinfonien Nr. 1 - 8 unter Neeme Järvi:


    Lieber Teleton, ein besonders inniges Verhältnis zu Gade habe ich eigentlich nicht. Er ist nur ein Komponist, von dem ich meinte, dass er in unserem Forum einen Thread haben sollte. Es gibt so viele Threads für Komponisten, die ich weniger spannend finde.
    Gade hat gute Musik geschrieben. Durchaus auf Augenhöhe mit Mendelssohn. Dass du deine Aufnahmen nicht los wirst, liegt wohl daran, dass Järvi ziemlich frisch und oberflächlich dirigiert. Außerdem gibt es die ja recht billig über den Handel.
    Wenn du hören willst, was den Reiz von Gades Sinfonien ausmacht, würde ich dir Ole Schmidt, Schönwandt oder Hogwood als Begleiter empfehlen.


    Beste Grüße


    Caruso41

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  • Lieber Caruso,


    vielen Dank für die Eröffnung des Threads! Gade ist keiner meiner Lieblinge, aber dennoch ist er tatsächlich ein Komponist, der für seine Zeitgenossen sehr prägend war. Du schreibst:

    Zitat

    In unserem Forum gibt es bis heute noch keinen eigenen Thread für diesen Komponisten, der den nordischen Ton in die europäische Musik bracht.

    Dies ist so nicht ganz richtig. Vor Gade war es Friedrich Kuhlau - ein Deutscher - der wahrscheinlich erstmalig den "nordischen Ton" in die Musik brachte. So webt er in seiner Schauspielmusik zu Elverhøj (Elfenhügel) erstmals dänische Volkslieder ein und gibt dadurch Dänemark eine national gefärbte Kunstmusik - ein sehr erfolgreiches "Verfahren", welches auch Nachfolger (wie eben Gade, Hartmann) für sich eingenommen haben. Gades Musik war jedoch die erste, die tatsächlich den Sprung über das Königreich hinaus in die Konzertsäle schaffte - namentlich die wahrlich schöne Ossian-Ouvertüre. Wenn man dann die Sinfonien hört, kann man nur bedauern, dass er sich vom nordischen Ton abgewandt hat. Dennoch kann man seinen Einfluss, den er auf nachfolgende Komponistengenerationen auswirkte, nicht zu gering schätzen - er förderte diese, gründete Orchestervereinigungen und zeigte, dass Dänemark auch ein Land mit eigener Musik ist.
    Wie zu Beginn erwähnt - ich habe keine wirkliche Leidenschaft für diesen Komponisten entwickelt, allerdings fand ich großen Gefallen an seiner dramatischen Dichtung "Die Kreuzfahrer", die sehr beeindruckende Momente enhält und ich hiermit empfehlen möchte.

    Zitat

    Ich bin gerade dabei meine Gade-Sinfonien-CD´s (GA als BIS-Einzel-CD´s) zu verkaufen. Find aber seit Monaten keinen Käufer ... der "Romantikkram" ist einfach nicht meine Klangwelt.

    Du hast soeben ein Gebot erhalten :D :D


    Übrigens - in Dänemark wird Gades Geburtstag doch recht umfangreich mit einigen Ausgrabungen gefeiert. Ich nehme daher stark an, dass es demnächst ein paar Neuaufnahme geben wird.


    LG
    Christian


  • Es ist interessant. Ausgerechnet heute habe ich Gades Sinfonien bestellt (bzw. Nr 1 und 8 fehlen noch)
    Und dann habe ich diesen Thread hier entdeckt. Ich habe die Sinfonien natürlich noch nicht erhalten, daher habe ich nach etwas Brauchbarem für diesen Thread gesucht- und gefunden:

    Die hier gezeigte CD enthält einige konzertante Stücke, mit einer Spieldauer von jeweils ca 10-20 Minuten.
    Ich werde nach Maßgabe meiner Zeit gelegentlich eines davon herausgreifen und kurz beschreiben.
    "Nachklänge von Ossian" ist eine 1839 komponierte Ouvertüre, welch Bezug auf das Ossian Epos nimmt, welches der keltischen Mythologie entstammt. Die Ouvertüre ist das Ergebnis eines Preisausschreibens des Dänischen Musikvereins, sie wurde mit dem 1. Preis ausgezeichnet. Neben Gades 4. Sinfonie war dieses Werk jenes, welches am meisten aufgeführt wurde.
    Es ist ein lyrisches Werk von in sich ruhender Schönheit und Gelassenheit, unterbrochen lediglich von einigen Fanfaren,
    manchmal hört man auch das Vorbild Mendelssohn leise durchschimmern.


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ich bin gerade dabei meine Gade-Sinfonien-CD´s (GA als BIS-Einzel-CD´s) zu verkaufen.


    Falls Christian sie nicht möchte, kannst Du mir ja mal eine Nachricht mit Deiner Preisvorstellung zukommen lassen bzw. überlegen, ob ein Tausch für Dich in Frage kommt, lieber Wolfgang!

  • Ich werde nach Maßgabe meiner Zeit gelegentlich eines davon herausgreifen und kurz beschreiben.
    "Nachklänge von Ossian" ist eine 1839 komponierte Ouvertüre, welch Bezug auf das Ossian Epos nimmt, welches der keltischen Mythologie entstammt.......


    Lieber Alfred,


    es wäre sinnvoller gewesen, ein anderes Werk von der CD vorzustellen, zum Beispiel "Hamlet", denn die Nachkläge von Ossian habe ich bereits vorgestellt - und zwar einigermaßen ausführlich. Das wird von Dir zumindest nicht mit neuen Informationen überholt. Im Gegenteil: Du behauptest, das Ossian-Epos entstamme der Keltischen Mythologie! Tut mir leid: aber das stimme so nicht und bei mir kann man das präziser nachlesen.


    Aber offensichtlich liest Du andere Beiträge gar nicht. Das ist nun wirklich nicht sehr ermutigend, hier etwas zu schrieben!!


    Caruso41

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  • Aber offensichtlich liest Du andere Beiträge gar nicht. Das ist nun wirklich nicht sehr ermutigend, hier etwas zu schrieben!!


    Es sollte doch kein Grund für Befindlichkeiten sein, wenn mehrere Mitglieder ein und das selbe Werk vorstellen bzw. dazu etwas schreiben, selbst wenn es fehlerhaft sein sollte.
    Die ist ein Internetforum...

  • Zitat von »Caruso41« Aber offensichtlich liest Du andere Beiträge gar nicht. Das ist nun wirklich nicht sehr ermutigend, hier etwas zu schrieben!!


    Es sollte doch kein Grund für Befindlichkeiten sein, wenn mehrere Mitglieder ein und das selbe Werk vorstellen bzw. dazu etwas schreiben, selbst wenn es fehlerhaft sein sollte.
    Die ist ein Internetforum...


    Das sehe ich etwas anders, lieber Hüb!


    Ich hätte nichts dagegen gehabt, wenn Alfred das Werk vorgestellt hätte und zumindest im Ansatz deutlich geworden wäre, dass er wahrgenommen hat, was ich im Eröffnungsbeitrag dieses Threads geschrieben habe. Er hätte ja widersprechen oder ergänzende Informationen geben können.
    Wenn ich mir die Mühe mache und einen neuen Thread eröffne - und das braucht schon einige Zeit, weil bei diesem Komponisten doch nicht alle Informationen so einfach im Kopf abrufbar sind - dann darf ich doch wohl erwarten, dass das erst mal gelesen wird, ehe sich einer entschließt, etwas dazu beizutragen.
    Tut mir leid, wenn ich das auch im Internetforum anmahne. Dass Du das schon als "Befindlichkeit" klassifizierst, kann ich nicht nachvollziehen.


    Caruso41

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  • Lieber Christian,


    mit Deinem Einwand hast Du absolut Recht. Harmonisch und melodisch ist vieles in der Musik von Kuhlau deutlich von dem Bemühen bestimmt, einen eigenen nordischen Ton zu finden. Zum Teil mit schönem Erfolg. Die Ouvertüre und Ballettmusik zu Elverhøj ist dafür ein schönes Beispiel. Als hier mal Lieblingsouvertüren genannt werden sollte, habe ich die Elverhøj-Ouvertüre ausdrücklich auf meine Liste gesetzt. Übrigens auch die Nachklänge von Ossian!
    Als ich eine Klaviersonate von Kuhlau im Klavierunterricht gespielt habe, machte mich meine Klavierlehrerin bereits auf den nordischen Ton aufmerksam.


    Was Du über die Feierlichkeiten in Dänemark zum 200. Geburtstag von Niels Gade schreibst, macht neugierig.
    Leipzig hat ja auch einige Konzerte mit Kompositionen von Gade geplant. Unter anderem mit John Storgårds und Michael Schønwandt!
    Vielleicht springen dabei ja neue Aufnahmen raus. Wäre schön!


    Beste Grüße


    Caruso41

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  • Ich habe mir die Gade-Sinfonien unter Järvi letztes Jahr komplettiert (nachdem ich eine davon schon sehr lange hatte). Ich finde die nicht schlecht, aber man braucht vermutlich nicht alle und es könnte sein, dass die Ossian-Ouverture op.1! letztlich origineller ist als alle Sinfonien. Ich habe letztere auf der oben gezeigten "Kontrapunkt"-CD mit 4 dänischen Komponisten. Ich habe auch noch einige Kammermusik-Stücke (eine auch von Kontrapunkt und ein Oktett als Füller für Mendelssohn mit Archibudelli/Sony.) Insgesamt ist mein Eindruck von Gade, dass das gut gemachte und hörenswerte Musik ist, der ich aber nicht tiefgreifender nachgehen muss und die insgesamt nicht unfair so eingeschätzt wird, wie sie eben eingeschätzt wird: Stellenweise originell aber insgesamt nicht weltbewegend.
    (Wenn auch vielleicht nicht so klar als "nordisch" identifizierbar, halte ich die Sinfonien Berwalds für origineller und interessanter als Gades.)

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Ich habe im letzten Jahrtausend diese Aufnahme der Streichquartette von Gade gekauft:




    mit dem Kopenhagener Streichquartett gekauft. Für mich waren sie eine echte Entdeckung und eine Bereicherung des Repertoires.
    Allerdings ist diese Aufnahme momentan nur gebraucht erhältlich, und andere kenne ich leider nicht.

  • gut gemachte und hörenswerte Musik ist, der ich aber nicht tiefgreifender nachgehen muss und die insgesamt nicht unfair so eingeschätzt wird, wie sie eben eingeschätzt wird: Stellenweise originell aber insgesamt nicht weltbewegend.


    Lieber Johannes,


    da würde ich dir nicht widersprechen.


    Aber man sollte Gade nicht unterschätzen. Hinter der freundlichen Fassade und dem melodischen Überschwang steckt doch Einiges an Tiefe. Die Idyllen für Klavier op 34 etwa sind schon sehr versonnen, tiefgründig und gedankenvoll. Das ist - etwa in "Zugvögel" oder im "Blumengarten" nicht weit weg von Brahms Intermezzi. Und die sind wesentlich später entstanden.
    Trotzdem: An den stilistischen Entwicklungen seiner Zeit hatte er in seinem Spätwerk nicht so arg viel Anteil. Aber mich freuen immer die formale Experimentierlust und die versteckten hamonischen Widerhaken hinter der klassizistischen Fassade.


    Beste Grüße


    Caruso41

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  • Ich habe im letzten Jahrtausend diese Aufnahme der Streichquartette von Gade gekauft:..... Für mich waren sie eine echte Entdeckung und eine Bereicherung des Repertoires.


    Lieber Hartmut,


    es freut mich, dass du die Streichquartette Gades als Entdeckung und Bereicherung des Repertoires empfindest.


    Ich kenne sie bisher noch nicht. Aber das Streichsextett op. 44.
    Das ist wirklich schöne Musik!




    Beste Grüße


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


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  • Gade ist in meiner Plattensammlung mit ein paar LP's vertreten. Zugegeben: die sind zwar teilweise Produktionen der EMI, allerdings der dänischen. Auf dem Hüllentext einer Aufnahme der reizvollen Noveletten op. 51 und op. 58 finde ich diese, wie ich meine zutreffende Beschreibung des Werkes Gades:


    "Den Großteil seiner Musik betrachtete Gade als ausgeprägte Gebrauchsmusik, die der Erziehung des gebildeten Konzertpublikums dienen sollte. Von großer Bedeutung für das bürgerliche Kunstleben war die Vorstellung von dem harmonischen Menschen mit ihrem Ausgangspunkt in dem organischen Gleichklang: Das Gute, das Schöne, das Wahre. Dieses Schönheitsideal spiegelt Gades umfangreiche Produktion - 8 Sinfonien, Werke für Chor und Orchester sowie Kammermusik - wider: Die klare, überschaubare Form, der Fluss der Themen, die strömende Melodik und leuchtende Klangschönheit."


    Ich halte das für zutreffend und meine auch genau hier den Grund zu ahnen, warum Niels Wilhelm Gade nicht mehr so bekannt ist: aus irgendwelchen Gründen scheint sich das (deutsche?) Musikpublikum gegen das melodisch-schöne zu sträuben, ein Schicksal, das Gade mit einigen Generationsgenossen teilt. Volkmann fiele mir z.B. dazu ein.


    Zum "nordischen Ton" indes die Nachfrage: ich nehme Gade eher als Vertreter einer deutschen Musiktradition war, denn als Archäologen im Steinbruch einer dänischen Nationalmusik. Zeitlich wäre das wohl auch zu früh; solche Nationalschulen oder die entsprechende Archäologie etablieren sich erst gegen Ende des 19. Jh., etwa mit der böhmischen Musica Antiqua Bohemica, den Veröffentlichungen Bela Bartoks (Ungarn), den Werken von Jean Sibelius (Finnland) oder dem Esten Heino Eller für Estland (dem man auch einen Thread stiften sollte, wie ich finde).


    Was also wäre der "nordische Ton" oder ein nordisches Idiom?


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Hartmut Spiesecke - Beitrag Nr 12:



    Als Alternative bietet sich eventuell dies Aufnahmen mit dem Kontra Quartett an. Ich besitze sie (noch) nicht, habe aber kurz in die Samples hineingehört und einen positiven Eindruck gewonnen. Soweit meine kurze Recherche ergab, ist diese Formation speziell auf nordische Komponisten spezialisiert Die Tontechnik ist - wie fast immer bei BIS - formidable ..... (Ist auf meiner Bestell-Liste)

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo zusammen,


    im Zuge der Diskussion um die Musik Gades der Hinweis, dass die Violinsonaten sowie das Violinkonzert momentan günstig bei jpc zu bekommen sind. Es spielt Thomas Albertus Irnberger, der mir im Violinkonzert von Hans Gál ausgezeichnet gefallen hat. Insofern sollte man sich von der dicken Meerjungfrau auf dem Cover nicht allzu sehr abschrecken lassen... :D

    Viele Grüße
    Frank

  • Auf dem Hüllentext einer Aufnahme der reizvollen Noveletten op. 51 und op. 58 finde ich diese, wie ich meine zutreffende Beschreibung des Werkes Gades:


    "Den Großteil seiner Musik betrachtete Gade als ausgeprägte Gebrauchsmusik, die der Erziehung des gebildeten Konzertpublikums dienen sollte. Von großer Bedeutung für das bürgerliche Kunstleben war die Vorstellung von dem harmonischen Menschen mit ihrem Ausgangspunkt in dem organischen Gleichklang: Das Gute, das Schöne, das Wahre. Dieses Schönheitsideal spiegelt Gades umfangreiche Produktion - 8 Sinfoniene, Werke für Chor und Orchester sowie Kammermusik - wider: Die klare, überschaubare Form, der Fluss der Themen, die strömende Melodik und leuhctende Klangschönheit."


    Ich halte das für zutreffend und meine auch genau hier den Grund zu ahnen, warum Niels Wilhelm Gade nicht mehr so bekannt ist: aus irgendwelchen Gründen scheint sich das (deutsche?) Musikpublikum gegen das melodisch-schöne zu sträuben, ein Schicksal, das Gade mit einigen Generationsgenossen teilt. Volkmann fiele mir z.B. dazu ein.


    Lieber Thomas Pape!


    Das ist ein schöne Beschreibung der Musik von Niels Gade.


    Wenn man sich eine Vorstellung davon gewinnen will, wie enorm beliebt und lange Zeit hochgeschätzt Niels Gade in der zweiten Hälfe des 19. Jahrhunderts war, lohnt es sich bei Theodor Fontane nachzulesen!


    Im Roman "Der Stechlin" begegnet der Leser Dr. Niels Wrschowitz einem böhmischen Musiklehrer und Dirigenten. Fontane verrät auch, wie er an diesen sonderbaren Vornamen gekommen ist: "Wrschowitz' Vater, ein kleiner Kapellmeister an der tschechisch-polnischen Grenze, war ein Niels-Gade-Schwärmer, worauf er seinen Jungen einfach Niels taufte."
    Wrschowitz litt unter dem ungewöhnlichen Vornamen, der auf "Kulturmischung" hindeutete. Und Fontane erklärt, dass er wohl nur "aus einer Art Verzweiflung" promoviert habe, um den unliebsamen Vornamen mit dem Doktortitel auszutauschen.


    In einer Unterhaltung bei Tisch rühmte Cujatius den Maler Melby und spricht von dem Eindruck, den seine Bilder auf ihn machen. Er schließt: "...... so berührt mich das jedesmal spezifisch skandinavisch, etwa wie der ossianische Meereszauber in den Kompositionen unseres trefflichen Niels Gade." Darauf entgegnet Wrschowitz barsch: "Niels Gade? Von Niels Gade spricht man nicht."


    Letztlich zeigt Fontane aber nicht nur die enorme Popularität Niels Gades, er macht auch deutlich, warum denn ein Komponist wie Niels Gade schließlich in Vergessenheit fallen musste. Er stellt ihn Richard Wagner gegenüber. Es heißt in dem Romen:
    Der "allmählich ein scharfer Wagnerianer werdende Wrschowitz" entwickelte sich "zum direkten Niels-Gade-Verächter". "Niels Gade war ihm der Inbegriff alles Trivialen und Unbedeutenden". Ihm, dem passionierten Kritiker und Revolutionär, war das Balance-Ideal eines in der Tradition verwurzelten Kassizismus zuwider. "Deutsche Kunst ist viel Kritikk. Erst muss sein Kunst, gewiss, gewiss, aber gleich danach muss sein Kritikk. Kritikk ist wie große Revolution. Kopf ab aus Prinzipp! Kunst muß haben ein Prinzipp. Und wo Prinzipp ist, ist Kopf ab."


    Wagners Kunst geht von einem Prinzip aus und das macht sie revolutionär. Gades Kunst steht in der Tradition. Sie muss notwendigerweise eine Orientierung an Prinzipien mit anderen, überlieferten Prinzipien in Einklang bringen.
    Ja, das ist ein weites Feld. Und Gade vielleicht einer der Marksteine.


    Soviel von Fontane.
    Im Roman erfährt man in vielfältigen Dialogen noch viel über die die gesellschaftliche und kulturelle Wirklichkeit zur Wende vom 19. auf das 20. Jahrhundert!


    Beste Grüße


    Caruso41


    ;) - ;) - ;)


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  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Angeregt durch diesen Thread über Niels Gade, habe ich mir 3 CDs mit Sinfonien gekauft. Natürlich die BIS Serie. Lediglich di erste und 8 Sinfonie fehlt noch. Ich dacht ursprünglich die sei bereits gestrichen, aber es ist klediglich so daß diuese aks einzige der Serie nicht bei den Sondergangeboten zu finden war, weil si noch immer vollpreisig ist, Ungeachtet dessen werde ich sie im Feber bestelllen. So habe ich heute begonnen die Sinfonie Nr 2 zu hören. Ich war sobegeistert, daß ich mich entschlossen habe Gades Sinfinie gesondert . und zwar EINZELN zu behandeln - ähnlich wie dies bei Raff und anderen interessanten Komponisten gehandhabt wird.
    PAUSCHAL kann natürlich hier ebenfalls über die Sinfonien berichtet werden, also über einen ganzen Zyklus...
    Persönlich glaube ich, dass Gade ein immenses Potential hat und ich wundere mich, daß er nicht öfter gehört wird.


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Lieber Alfred!

    Angeregt durch diesen Thread über Niels Gade, habe ich mir 3 CDs mit Sinfonien gekauft. Natürlich die BIS Serie.


    Schön, dass dieser Thread Dich neu für Gade begeistern konnte.
    Aber warum hast Du "natürlich" die Aufnahmen von Järvi gekauft. Er dirigiert frisch und schwungvoll aber doch etwas pauschal und oberflächlich. Gewiss: klanglich sind die Einspielungen sehr attraktiv. Aber das Bessere ist immer des Guten Feind. Deshalb begeistert mich Hogwood mit seiner rhytmischen Präzision, seiner Farbigkeit und dem charaktervollen Auskosten der melodischen Schönheiten und auch der Kontraste einfach wesentlich stärker.
    Nicht umsonst kam der Kritiker von Gramophe nach den ersten zwei Alben der Hogwood-Aufnahme zu dem Ergebnis

    Zitat

    von gramophone
    Järvi’s and Schønwandt’s cycles are still worth getting to know‚ but at this half­way stage Hogwood’s is clearly now – unless things go very awry in Volumes 3 and 4 – the clear recommendation.


    Und ich kann Dir sagen: nichts ist schief gegangen in den letzten Sinfonien! Im Gegenteil!!


    Ich war sobegeistert, daß ich mich entschlossen habe Gades Sinfinie gesondert . und zwar EINZELN zu behandeln - ähnlich wie dies bei Raff und anderen interessanten Komponisten gehandhabt wird.


    Wäre das wirklich nötig gewesen?
    Ich habe doch auch die "Nachklänge von Ossian" ausführlich in diesem Thread - bereits im Eingangsbeitrag - vorgestellt. Der Plan war, dass andere Taminos weitere Werke Gades vorstellen.
    Angesichts der Tatsache, dass Gade nicht mehr so bekannt ist wie zu Fontanes Zeiten, würde das Forum wohl gut beraten sein, erst mal nur in einem Thread die Diskussion über ihn zu führen. Das Beispiel der Raff-Threads zeigt doch, wie wenig Reaktion auf die Vorstellung einzelner Sinfonien in separaten Threads kam. Dadurch entsteht keine wirklich intensive Diskussion. Das zumindest hätte Gade schon verdient, dass wir uns ein bischen intensiver mit im beschäftigen.


    Beste Grüße an diesem herrlich sonnigen Wintermorgen


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


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