Es sind nur noch wenige Wochen bis zu 2oo. Geburtstag von Niels Wilhelm Gade.
In unserem Forum gibt es bis heute noch keinen eigenen Thread für diesen Komponisten, der den nordischen Ton in die europäische Musik bracht.
Geboren: 22. Februar 1817, Kopenhagen, Dänemark
Gestorben: 21. Dezember 1890, Kopenhagen, Dänemark
Eine groß angelegte statistische Auswertung von Konzertprogrammen aus der gesamten Welt hat das überraschende Ergebnis erbracht, dass zwischen 1850 und 1890 weltweit keine Sinfonie eines lebenden Komponisten häufiger aufgeführt wurde als die vierte Sinfonie von Niels Wilhelm Gade. Damit rangierte er vor Brahms. Tschaikowski und Dvorak.
Gewiss: Niels Wilhelm Gade gilt uns heute als einer der bedeutendsten Vertreter der dänischen Nationalmusik des 19. Jahrhunderts. Dass er aber mal eine große Wertschätzung in Deutschland und weit darüber hinaus genoss, ist vergessen.
Als Fünfzehnjähriger begann Niels Gade, Violine bei Frederik Torkildsen Wexschall (1798-1845) und Musiktheorie bei Andreas Peter Berggreen (1801-80), einem führenden Bearbeiter dänischen und nordischen Lied- und Balladengutes, zu studieren. Ab 1834 war er Geiger im königlichen Orchester in Kopenhagen. Unter seinen frühen Kompositionen waren einige Lieder sehr erfolgreich, eine Socrates-Ouvertüre hingegen vernichtete er, nachdem sie durchgefallen war.
Seine Biografie ist eng mit Leipzig verbunden. Durch ein königliches Stipendium kam er 1843 zum Studium nach Leipzig, wo er schnell engen Kontakt zu Robert Schumann und Felix Mendelsohn Bartholdy bekam. An Mendelssohns Seite dirigierte Gade einige Gewandhauskonzerte, unter anderem die Uraufführungen seiner 1. und 2. Sinfonie (op. 5, c-Moll und op.10, E-Dur). 1847 wurde er als Nachfolger Mendelssohns zum Leipziger Gewandhaus-Kapellmeister berufen. Als der 1848 der deutsch-dänische Krieg begann und die Preußen Gade einziehen wollten, verließ er Leipzig und kehrte nach Kopenhagen zurück.
Hier wirkte er als Direktor des Kopenhagener Musikvereins und später als Hofkapellmeister. 1866 wurde er Leiter des Königlich-Dänischen Konservatoriums der Musik. Alle Anstrengungen, ihn wieder nach Leipzig zurückzuholen scheiterten. Er widmete sich ganz der Aufgabe, das dänische Musikleben neu zu organisieren. Es gelang ihm, durch seine ungeheure Produktivität und freundliche Art Kopenhagen mehr Strahlkraft zu geben als Leipzig zu der Zeit verbreitete. Die "Niederrheinische Musikzeitung" stellte 1861 fest, Gade habe "Mendelsohn und Schumann in den Hintergrund gestellt."
Am 21. Dezember 1890 starb Gade in Kopenhagen. Danach wurde er außerhalb der skandinavischen Länder bald vergessen. Dass er nicht nur viel von Mendelssohn und Schumann gelernt hat sondern dass er seinerseits Einfluss auf deutsche Komponisten gehabt hat, wird meist sträflich übersehen. Gerade Einflüsse auf Werke von Schumann und Brahms sind durchaus offensichtlich.
Aber darüber kann ja später noch diskutiert werden.
Erst mal sollte ein Überblick über sein Werk gewonnen werden. Es gibt immerhin ein Violinkonzert, 8 Sinfonien, Suiten, große und kleinere Chorwerke, Kammermusik, Klavierstücke, Lieder und Ballette.
Da es seit einiger Zeit eine beschiedene Gade-Renaissance gibt, kann auf viele CD-Produktionen verwiesen werden.
Ich beginne mal mit dem Op. 1
"Efterklange af Ossian" (Nachklänge von Ossian)
Konzert-Ouverture op. 1 (1840)
Mit der Ouvertüre gewann Gade einen von der 'Kopenhagener Musikforeningen' ausgeschriebenen Kompositionspreis (in der Jury saß u. a. Louis Spohr). Zur Uraufführung kam die Ouvertüre am 19. November 1841 in der Kopenhagener Musikforeningen. Als Gade nach Leipzig kam, führte Mendelssohn auch diese Ouvertüre mit durchschlagendem Erfolg auf.
Ossian ist ein angeblich altgälisches Epos aus der keltischen Mythologie. Der literarische Vorwurf dieser Ouvertüre entstammt einigen Stellen aus den Gesängen von James Macpherson (1736-96), in welchen der Barde Ossian Balladen aus längst vergangnen Zeiten vorträgt. Diese Ossianischen Gesänge waren seinerzeit äußerst populär und wirkten auf viele Künstler, darunter auch Herder und Goethe, äußerst anregend. Später stellte sich heraus, dass der blinde keltische Sänger Ossian aus dem dritten Jahrhundert eine freie Erfindung Macphersons war.
Der Ouvertüre sind zwei Zeilen von Ludwig Uhlands Gedicht 'Freie Kunst' voranstellte:
"Formel hält uns nicht gebunden,
unsre Kunst heißt Poesie."
Diese Poesie in ihrem Reichtum und in ihrer Farbigkeit zu hören, ist glücklicherweise auf etlichen Aufnahmen des Werkes möglich.
Der Orchesterprolog - von den Celli intoniert - basiert auf einer spätmittelalterlichen Melodie. Diese Melodie wird gegen Ende des Prologs von Akkorden begleitet, die wie von Ferne herüberklingende Harfentöne den Gesang des Barden zu stützen scheinen. Im Hauptteil der Ouvertüre - so ist gleichsam als Sonatensatz aufgebaut - gibt es ein martialisch kämpferisches Thema und ein milderes, gelegentlich fast verträumtes, teilweise der Soloklarinette anvertrautes Thema. Im Epilog führt uns Gade dann zurück zu dem singenden Barden des Prologs. Ein wundervolles Werk!
Und natürlich gibt es etliche Aufnahmen bei Youtube!
Viel Vergnügen bei Entdecken wünscht
Caruso41