Gesangsstil im Wandel der Zeiten und in nationaler Ausprägung

  • Wenn wir Opernfilme oder Mitschnitte von Aufführungen aus verschiedenen Zeiten und Ländern vergleichen, fallen immer die unterschiedlichen Stile auf, in denen gesungen wird. Daran ist der Zeitgeschmack ablesbar, aber auch die nationalen Vorlieben beim Vortrag von gesungenem Text - und natürlich die Charktere und Temperamente der Sänger.


    Ich möchte, ausgehend von der schon an anderer Stelle gewürdigten Interpretation von Verdis Falstaff und Aida in deutscher Tradition um 1940, zunächst die stilistischen Eigenheiten dieser Zeit in deutschen Theatern beschreiben und diskutieren - und sie gegenüber den Gepflogenheiten in späteren Zeiten und anderen kulturellen Traditionen abgrenzen. Das lässt sich besonders gut demonstrieren an Sängern wie Hans Hotter oder Helge Rosvaenge, die durch ihre Eigenheiten (und teilweise Unarten) dem Operngesang im deutschsprachigen Raum ein unverwechselbares Eigenprofil gegeben haben.


    Bestimmte Stimmfarben, Tongebungen und Artikulationen kehren immer wieder, prägen den Aufnahmen ihren eigenen Stil auf und grenzen sich gegen spätere Zeiten deutlich ab. (Noch frühere Gesangsstile sollten wir in diesem Zusammenhang besser vernachlässigen, weil die Dokumente aus dieser Zeit aufnahmetechnisch nicht sehr ergiebig sind.)


    Vorab die These: Hotter steht für den deutschen Wagner-Gesang, Rosvaenge für den deutschen Stil in italienischen, vor allem dem Verdi-Gesang. Die Damen lassen wir besser erst mal beiseite, weil es da einige Besonderheiten zu beachten gilt. So viel zu später Stunde als Einstieg. Morgen mehr davon.


    Auf Anregungen freut sich Sixtus

  • Gut gebrüllt, Rheingold! Man darf dem Dr.Pingel nicht alles durchgehen lassen...
    (Das bezog sich auf den abgebrochenen Thread Historische Monumente, Beitrag 15)


    Mir ist mal wieder ein langer Text weggerutscht, den ich jetzt rekonstruiere - eine gute Alzheimer- Prävention. Also:
    In den 40er und 50er Jahren wurde ja im deutschen Sprachraum deutsch gesungen, wobei sich die Übersetzungen vor allem an der Sangbarkeit orientierten und weniger am Sinn. Das veränderte oft die Aussage beträchtlich, hörte sich aber recht schön an.
    Ein pikantes Beispiel: Dalle due alle tre! wird zu: Am Nachmittag um drei, und zwar der Nachmittag mit der Betonung auf dem i. Das hört sich gestelzt und hölzern an.
    Hinzu kamen gewisse Unarten auch in der Umgangssprache, die ich die Höhere-Töchter-Diktion nennen möchte. Man sagte Keese, weil Käse als ordinär galt. Von Christa Ludwig weiß ich, dass sie in Liederabenden nie Mädchen gesungen hat, sondern Meedchen!
    Nun war Hans Hotter keine Höhere Tochter, aber ein feiner Herr war er schon. Das merkt man auch seinem Falstaff an, zu dem es nur bedingt passt. Aber mit dem enormen Klangvolumen seiner Stimme fegte er das wieder weg, so dass man es kaum merkt.
    Um der nächsten Panne vorzubeugen, unterbreche ich erst mal.

  • Von Christa Ludwig weiß ich, dass sie in Liederabenden nie Mädchen gesungen hat, sondern Meedchen!


    Wann und wo soll das gewesen sein, lieber Sixtus. Und warum sollte sie? In den Tondokumenten, die ich von der Ludwig kenne, singt sie stets "Mädchen". Ich habe mal ein Beispiel ausgesucht: Gustav Mahlers "Wo die schönen Trompeten blasen". In dem Lied kommt das Wort Mädchen gleich zweifach vor:


    Die rasanten "Zigeunerlieder" mit Leonard Benrstein möchte ich noch nachschicken - auch hier "Mädchen" in der Nr. 5, zusätzlich wie in Liedtexten üblich "Mägdelein" oder "Mädel".



    Sollte es einen Unterschied zwischen Studio und live geben? Die "Zigeunerlieder" dürften ein Mitschnitt sein. Für Aufklärung wäre cih Dir dankbar


    Es grüßt Dich Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Damit habe ich jetzt nicht gerechnet!


    Ich habe diese Information von einem Interview, das Christa Ludwig gegeben hat - und wo sie es selbst als ordinär bezeichnet hat. Habe es allerdings nie nachgeprüft. Aber im Klassikforum darf man sich einfach keine Blöße geben!
    Das ändert aber nichts daran, lieber Rheingold, dass es dieses Phänomen gibt - und dass es auch beim Gesang eine Rolle spielt. Unter Italienern ist dies nicht möglich, wenn man z.B. an die Arie Cielo e Mar denkt, die von Italienern genüsslich mit Tschäälo ausgebadet wird. Die haben andere Unarten...


    Beim deutschsprachigen Operngesang dieser Zeit fällt auch auf (auch bei Hotter), dass die Endungen verfärbt werden: -en wird zu -ön (gegebön), -er wird zu -or (ihr Vator!). Das hat den gleichen Grund: man empfand die richtige Endung als vulgär, durfte sie aber beim Singen nicht verschlucken wie beim Sprechen. Das gibt der Gesangssprache von damals etwas Gestelztes und Abgehobenes.
    Hotters Partner Arno Schellenberg macht da keine Ausnahme, legt aber mehr Wert auf die Kantilene, was im Duett einen aparten Kontrast erzeugt, der die Verschiedenheit der Charaktere unterstreicht. (Ich sage das nicht als Kritik, sondern sher als Markenzeichen.) Schellenberg galt ja (neben Domgraf-Fassbänder) als der italienischste unter den deutschen Baritonen.


    Helge Rosvaenge hatte zusätzlich noch markantere Eigenheiten. Sein Lieblingsvokal war offensichtlich das i: Hiiier an dem Herzen... Der Vokal, der vielen zu schaffen macht (in der hohen Lage), in dem badete er am liiiebsten. Das konnte er sich erlauben, weil er in Deutschland und Österreich der unbestrittene König der Tenöre war.


    Ich denke, diese Feststellungen dürften einer Überprüfung durch Rheingold standhalten. Bevor ich mich dem schönen Geschlecht widme, bitte ich um kritische Einwände.

  • Mädchen als meetchen und Jäger als jeeg(e)a auszusprechen ist völlig korrekt. Nur Menschen, die mit Germanistik nicht viel am Hut haben, glauben, dass es da ein besonderes Ä (wie in "wäh") geben soll.

    Bitte bedenken Sie, dass lautes Husten - auch zwischen den Stücken - die Konzentration der Künstler wie auch den Genuss der Zuhörer beeinträchtigt und sich durch den Filter eines Taschentuchs o. ä. erheblich dämpfen lässt.

  • Denken wir mal an Osteuropa. Der Gesangsstil von Leonid Sobinow (1872—1934), Iwan Koslowski (1900—1993) und Sergei Lemeschew (1902—1977). Hat das irgendwelche Nachfolger gefunden? Ich fürchte: leider nein. Nur durch wundersame Fügung und schier unglaubliche stimmliche Unversehrtheit Koslowskis war es auch noch dem (russischen) Publikum in den 1970er und 80er Jahren vergönnt, Zeuge dieses Stils zu werden (der etwas jüngere Lemeschew musste früher aufhören und scheint 1972 anlässlich seines 70. Geburtstages seinen letzten Auftritt absolviert zu haben, nachdem er bereits drei Herzinfarkte und die Entfernung eines Lungenflügels überstanden hatte).

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Mädchen als meetchen und Jäger als jeeg(e)a auszusprechen ist völlig korrekt. Nur Menschen, die mit Germanistik nicht viel am Hut haben, glauben, dass es da ein besonderes Ä (wie in "wäh") geben soll.

    Und warum schreibt man's dann mit "ä" und nicht mit "e" oder "ee"? Ich glaube viel eher, dass sich das "ä" im Deutschen (wo man ja im Gegensatz etwa zum Französischen oder Englischen eigentlich alles so ausspricht, wie man es schreibt, gerade die Vokale) vom Lateinischen "ae" ableitet, das eben auch "ä" gesprochen werden muss, auch wenn man das auch nicht immer gemacht hat.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Die letzten Beiträge haben sicher alle etwas Richtiges.
    Worum es mir ging, ist vor allem die Veränderung der Sprache beim Gesang, bedingt durch die Zuordnung von Silben und Noten sowie die bequeme Zurichtung des Textes beim Singen. Das ist bei jeder Sprache anders und hat Einfluss auf den Gesangsstil. Ich glaube, da sind wir uns relativ einig?


    Ich möchte jetzt auf die Damen zu sprechen kommen. Bedingt durch die Jugendlichkeit der meisten Frauenrollen, haben es Sängerinnen meist schwerer, ihre Karriere über ein bestimmtes kritisches Alter auzudehnen. (Bei Tenören ist es ähnlich, und da kommen noch die Höhenprobleme dazu.)
    Erna Berger z.B. hatte eine Stimme, die für bestmmte Partien passte ( Hirtenknaben, Pagen; außerdem junge naive Mädchen, sofern sie nicht südländisch sein mussten). Als Furtwängler sie für seinen Don-Giovanni-Film holte, war er nicht gut beraten. Obwohl die Stimme noch intakt war, hatte sie weder den Charme der Zerlina noch die erforderliche italienische Kantilene. Cesare Siepi fiel das Verführen dieser hausbackenen Bäuerin sichtlich schwer.
    Ähnlich ist es bei der Einspielung von Rigoletto mit Schlusnus und Rosvaenge. Nur da passte die brave deutsche Tochter zum braven deutschen Vater. Denn Schlusnus stand zwar auch im Ruf, ein Belcantist zu sein, aber, wie ich glaube, nicht ganz zu Recht. Das schöne Timbre allein macht noch keinen Belcanto. Rosvaenge dagegen ist hier, trotz seiner Unarten, der perfekte Verführer. Eine etwas zwiespältige Einspielung.
    Dass Toscanini ins andere Extrem verfiel und dem Rigoletto von Warren die Gilda der Milanov zur Seite stellte, halte ich für den umgekehrten Faux-pas. Aber Dirigenten und ihre Sänger sind ein Kapitel für sich.

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  • So kann es gehen:
    Diese Aufnahme kenne ich niht, zumindest nicht ganz. Aber wer hat schon alles lückenlos im Regal stehen?! Es wäre interessant, die beiden Berger-Aufnahmen zu vergleichen. Ich bin allerdings u.a. mit Merrill und Björling nicht schlecht bedient.


    Dises Problem hat sich ohnehin erledigt, seit sich die Originalsprache durchgesetzt hat: zuerst im Studio, dann, dank Karajan, auch auf der Bühne. Wenn auch die jeweilige Landessprache etwas für sich hat (sie vermittelt eine gewisse Vertrautheit), so ist auch das inzwischen gelöst, wenn auch mit Einschränkungen: durch die Übertitel.
    Aufführungen in Originalsprache besitzen jedenfalls ein Mindestmaß an Authentizität, was den Nationalstil betrifft. Und alles zusammen ist eben nicht zu haben. Oder?

  • Schellenberg galt ja (neben Domgraf-Fassbänder) als der italienischste unter den deutschen Baritonen.


    Der dritte, für mich der erste in der Runde (wenn ich überhaupt Schellenberg mitzählen würde) ist Hans Reinmar:




    Und Gerhard Hüsch hätte ich auch noch zu bieten:



    Gruß Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Zitat

    Eine der allerbesten "Rigoletto"-Aufnahmen überhaupt, Berger und Warren hinreißend, Peerce fällt in seiner Grobschlächtigkeit etwas ab.


    Ja klar. Schwiegersohn (Tucker) wäre hier besser als Schwiegervater! :thumbsup:

    W.S.

  • Ähnlich ist es bei der Einspielung von Rigoletto mit Schlusnus und Rosvaenge. Nur da passte die brave deutsche Tochter zum braven deutschen Vater.


    Ist denn Rigoletto wirklich so brav? Wo bitte ist der brav, lieber Sixtus?

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Ja klar. Schwiegersohn (Tucker) wäre hier besser als Schwiegervater! :thumbsup:

    Lieber Wolfgang,


    abgesehen davon, dass auch mir Tucker hier lieber gewesen wäre (wenn nicht gar Björling, dessen Duca es neben warren ja in einem Live-Mitschnitt gibt), verstehe ich hier den Zusammenhang nicht ganz: Von wem war Richard Tucker der Schwiegersohn bzw. wer war sein Schwiegervater? Jan Peerce?

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht, war Tucker der Schwager von Peerce.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • nochmals zu Mädchen vs Meedchen.


    Wie schon richtig vermutet ist Meedchen die Diktion der feinen Leute, Ich weiß wovon ich spreche. Ich selbst.....äh.... :stumm:
    Lassen wir das und kehren wir zum Thema zurück. Es ist ein Austriazismus, so wie wir KaffEEEEE sagen und nicht KaFFFFe.
    Erich Kunz, Walter Berry und Sebastian Holecek, sie alle singen Meedchen. Bei Anton Scharinger liegts wo dazwischen. aber IMO doch näher bei eeee.....


    Allerdings - und hier sind wir wieder beim Thema - derartige Feinheiten ändern sich im Laufe der Jahrzehnte


    Der deutsche Sänger Gerhard Hüsch sang ebenfall (wie Anton Scharinger) dieses schlampige Ä, das eine Vermischung der beiden Möglichkeiten darstellt


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat

    Von wem war Richard Tucker der Schwiegersohn bzw. wer war sein Schwiegervater? Jan Peerce?


    Ja, Verzeihung! Ich bin noch etwas genervt und unkonzentriert von einer ausufernden Elternsprechstunde (2 Stunden)! :cursing:

    W.S.

  • Besten Dank an "Rheingold1876" und "9079Wolfgang" für die freundliche Aufklärung. Ich wusste das nicht und habe es auch nicht auf Anhieb ergooglen können. Bei Wikipedia-Artikeln und anderen offiziellen Sängerbiografien kommen solche Verwandschaftsverhältisse ja nicht immer vor, sondern eher selten.


    Wobei Rheingold sagt, Tucker und Peerce waren Schwager, während Wolfgang sagt, der eine war der Schwiegersohn vom anderen. Beides ist nicht dasselbe. Vom Alter der beiden her, glaube ich, dass Rheingold eher richtig liegt, aber dass Boris Christoff der Schwiegersohn von Gobbi war, hätte man vom Alter her ja auch nicht unbedingt angenommen. ;)

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

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  • Erich Kunz, Walter Berry und Sebastian Holecek, sie alle singen Meedchen. Bei Anton Scharinger liegts wo dazwischen. aber IMO doch näher bei eeee.....

    Nun wollen wir mal nicht die Wiener und Österreicher das letzte Wort über die korrekte hochdeutsche Aussprache haben lassen! :P

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Mädchen als meetchen und Jäger als jeeg(e)a auszusprechen ist völlig korrekt. Nur Menschen, die mit Germanistik nicht viel am Hut haben, glauben, dass es da ein besonderes Ä (wie in "wäh") geben soll.


    Na sowas,
    das "ä" in Mädchen ist ein anderes "ä" wie das "Ä" in Ähren - aber "Meetchen" geht nun überhaupt nicht; das Mädchen ist ja kein Meerrettich.

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • das Mädchen ist ja kein Meerrettich.


    Manchmal schon. :D Manchmal sind Mädchen auch wie "wie der Wind":



    Und Wolfgang Anheisser findet "Frau'n und Mädchen jung und schön":


    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Das geht ja hier anz schön rund!


    Zunächst zum braven Rigoletto: Ich meinte natürlich nicht die Partie (da sind wir d´accord, lieber Rheingold), sondern Schlusnus und seine Interpretation. Er hatte die Farben für den überbesorgten Vater, aber nicht für den schadenfrohen, boshaften Narren. Einen Bösen kann ich mir von ihm nicht vorstellen.
    Und nach den eingestelllten Beispielen dürfte die Frage nach den Vokalverfärbungen einigermaßen geklärt sein.


    Was wir noch nicht geklärt haben, sind die nationalen Unterschiede beim Gesangsstil.
    Dass ein Koslowski andere den Belcanto noch zu einer Zeit gepflegt haben, als er anderswo eher suspekt wurde (ich denke an Toscaninis Spott über Fernando de Lucia!), hatte ja verschiedene Gründe. Einer davon war sicher die Tatsache, dass in Petersburg bis 1917 ganze italienische Ensembles importiert wurden, die dort lupenreinen Verdi sangen. Und schließlich führten später russische Sänger diese Tradition fort, sodass sich sogar Stalin noch daran delektieren konnte.


    Der französische Gesangsstil hat ja in Caruso einen kompetenten Anwalt, sodass wir dies hier nicht nochmal vertiefen müssen. Ich glaube, da herrscht weithin Einigkeit. aber beiden Russen (und überhaupt in slawischen Ländern) gäbe es noch einiges zu bekakeln, besonders was die hier thematisierte Epoche betrifft.


    Auf denn, ans Werk!

  • Eine seltsame plötzliche Stille umweht mich, als ich nach ganztägiger Pause wieder hier hereinschaue. Was ist passiert?


    Zuletzt hate ich angeregt, in die slawischen Länder der 49er und 50er Jahre hineinzuhorchen - und selber etwas in den benachbarten Schelllack-Threads gegründelt. Dabei stieß ich u.a. auf den russischen Bariton Pawel Lisizian, der besonders gut hierher passt. Er dürfte, zumindest in seiner Stimmlage, die reinste Verkörperung dieser unversehrten Belcanto-Tradition in Russland sein.
    Das Timbre ist ein klassischer Bariton, wie ihn Verdi fordert und Tschaikowsky übernimmt (obwohl er sonst mit dem Italiener nicht viel anfangen konnte). Die Stimme lässt keine Registerbrüche erkennen und strömt makellos in jeder Lautstärke und und jeder Lage. Am ehesten lässt er sich mit dem Italiener Pasquale Amato vergleichen, den ich für die reinste Inkarnation des italienischen Baritons halte - und in dessen Tradition er offensichtlich steht.
    (In der Sparte Berühmte Stimmen wird er auch angemessen gewürdigt.)


    Aber auch in den anderen Stimmlagen gibt es in der Jahrhundertmitte in der UdSSR Stimmen, die die italienische Trdition hochhalten. An die Eigenheiten der russischen Sprache angepasst, lassen sie doch die klassische Schule der alten Meister erkennen - meint Sixus