Großartiger Macbeth (Verdi) in der Hamburgischen Staatsoper, 05.03.2017

  • Endlich gab es mal wieder eine Aufführung, die an alte sängerische Glanzzeiten der Staatsoper anzuknüpfen wusste. Nach dem sängerisch (und auch szenisch) verunglückten Otello gelang es dem Besetzungsbüro jetzt, alle 4 Hauptpartien sängerisch optimal zu besetzen. Der griechische Bariton Dimitri Platanias (Macbeth) begann wie ein schwarzer Bass, zeigte aber bald, dass er auch die Höhe beherschte; er sang stimmschön, mit hoher Legatokultur, ohne störendes Vibrato und mit großer Überzeugungskraft. Platanias erwies sich heute als würdiger Nachfolger von Piero Cappuccilli und Franz Grundheber. Ihm zur Seite stand Tatiana Melnychenko (Lady Macbeth), deren Stimme nicht unbedingt als schön zu bezeichnen ist, die aber, für die Lady gerade richtig, bei ihren Auftritten im ersten Akt stimmstark, im Forte fast schon gewalttätig, aber ohne schrill zu klingen (wie zuletzt gehört Amarilli Nizza) den dominanten Charakter dieser Frau zum Ausdruck bracht. Auch sie sang ohne stärkeres Vibrato, wie man es gerade bei der Lady nicht selten ertragen muss. Dabei gelingen ihr auch im Piano schöne Passagen. Im 4. Akt nahm sie die Stimme sogar ganz zurück und sang mit weicher, fast kindlicher, schon dem Jenseitigen anheim gegebener Tonbildung die berühmte Wahnsinnsarie. Darstellerisch war sie zudem stets präsent und überzeugend, vor allem auch bei ihrem Schlussauftritt. Alexander Vinogradov beeindruckte mit seinem kräftigen, noch jugendlich klingenden Bass als Banco, Dovlet Nurgeldiyev (Macduff), wie eigentlich immer, mit seinem zu Herzen gehenden Tenorklang am Grabe seiner Kinder. Besonders sind auch der Chor der Hexen und die musikalische Leitung von Axel Kober zu loben. So gut wurde Verdi von den Hamburger Philharmonikern zuletzt unter Simone Young gespielt (soweit ich es gehört habe). Die heutige Aufführung war die erste einer Serie, der Besuch lohnt sich auf jeden Fall, auch die Ausstattung (Tobias Hoheisel) und die Inszenierung (Steven Pimlott) sind nicht schlecht. Großer Beifall am Ende der Aufführung, langanhaltend auch für Dimitri Platanias.


    Vielleicht bessern sich die von mit zuletzt als nicht so gut wahrgenommenen sängerischen Besetzungen. Zumindest gibt es in den nächsten Wochen eine Reihe auch sängerisch interessanter Aufführungen wie Rigoletto (Petean, HY Lee, Magri), Carmen (Zhidkova, Cernoch, HY Lee), Toska (Serjan, M Giordano, Maestri), vor allem aber die Frau ohne Schatten (Nagano: Sacca, Magee, L Watson, Dobber, Lindstrom) und Dialog der Karmeliterinnen (Nagano: HY Lee, Nurgeldiyev, Soffel, Bell, Pieweck, Gansch).

    Oper lebt von den Stimmen, Stimmenbeurteilung bleibt subjektiv

  • Danke, lieber Ralf, für diese tröstlichen Nachrichten aus Hamburg, das seinen zwei Millionen Seelen wieder langsam Ehre zu machen beginnt.


    Was mir das Wasser in den Ohren zusammenlaufen lässt: Macbeth wieder einmal so, wie es Verdi wollte. Und die FroSch scheint ja auch eine Reise wert zu sein.


    Leider habe ich aus dem bescheidenen Saarbrücken nichts Vergleichbares zu berichten. Der neue Liebestrank z.B. spielt sinnigerweise im verrosteten Kulturerbe Völklinger Hütte. Ich habe die Premiere geschwänzt, zugunsten der Übertragung der herrlichen Rusalka aus der MET - und gehe merkerdienstlich in die 2.Vorstellung. Augen zu und durch!


    Herzliche Grüße von Sixtus aus dem milden Südwesten, der mir immerhin ab und zu auch Straßburg beschert- demnächst mit Salome

  • Was für eine wunderbare Musik war das, in dieser vorletzten Aufführung dieser Macbeth-Serie. Das Orchester spielte unter Axel Kober einfach fabelhaft, der Chor sang grandios und die Sänger gaben wieder ihr Bestes mit eigentlich kaum vorstellbarer gesanglicher Steigerung bei Dimitri Platanias als Macbeth (spielerisch könnte er noch etwas zulegen) und bei Dovlet Nurgeldiyev (Macduff), der seine noble Stimme frei von Nervosität schwingen lassen konnte. Hoffentlich bleibt uns dieser Ausnahmetenor im Hamburger Haus erhalten. Tatiana Melnychenko war, neben ihrer herausragenden gesanglichen Leistung ebenso eindrucksvoll in der Darstellung der Lady. Auch Alexander Vinogradov beeindruckte erneut als Banco. Für die vier Protagonisten gab es großen Jubel. Anfangs wurde zu meinem Erschrecken angesagt. Zum Glück nicht eine sängerische Indisposition, sondern ein bühnentechnischer Defekt, der die Untermaschinerie lahm gelegt hatte. Die Dekoration war zwar aufgebaut, das Verschieben der in Weiß und Schwarz gehaltenen Hinterwand fand aber nicht statt. Deswegen konnte u.a.der Bankett-Tisch nicht hereingefahren werden, auch bei den Hexenszenen gab es Änderungen. Das tat aber der Qualität der Aufführung keinen Abbruch. Am kommenden Freitag, dem 17.3., gibt es noch eine Chance, diese herausragende Aufführung zu besuchen. Karten sind noch zu erhalten.

    Oper lebt von den Stimmen, Stimmenbeurteilung bleibt subjektiv