Die Zauberflöte - Wiener Volksoper, 22.04.2017

  • Heute abends besuchte ich ganz überraschend eine Repertoirevorstellung der Volksoper: "Die Zauberflöte" und ging begeistert nach Hause.
    Die inzwischen in die Jahre gekommene Inszenierung von Helmut Lohner wurde behutsam "aufgefrischt" was ihr guttat und für ein bisschen mehr Spannung und Komik sorgte. (Die drei Damen gingen für meinen Geschmack aber zu sehr ran an den kleinen Prinzen.) Und das Hintergrundbild bei der ersten Arie der Königin (Hausfassade?) macht mich ratlos. Aber insgesamt immer noch eine schöne, spannende Sache.


    Nun zum musikalischen Teil: Chor und Orchester unter der Leitung von Guido Mancusi waren tadellos. Es wurde flott musiziert, so dass keine Langeweile aufkam, nur bei Papagenos zweiter Arie und Selbstmordszene war es mir etwas zu schnell.
    Der Sarastro von Stefan Cerny war gutaussehend, würdevoll und mit voller dunkler Stimme ausgestattet. Nur sein Sprecher war ein kleiner Minuspunkt für mich. Günther Haumer hat eine nicht sehr große Baritonstimme, und damit hat der großartige JunHo You als Tamino in dieser Szene die Kraft auf seiner Seite. Er hat sich stimmlich weiterentwickelt und kann auch heldisch auftrumpfen. Ich bin auf seinen weiteren Weg schon neugierig!
    Beate Ritter als Königin der Nacht wirklich erstklassig, erhielt zu Recht Beifallsstürme nach ihrer zweiten Arie. Die Pamina von Julia Koci war schön, aber nicht ganz anstrengungsfrei gesungen. Sie ist sichtlich nicht im Mozart-Fach zuhause.
    Papageno (Michael Havlicek) und Papagena (Johanna Arrouas) sind beliebte Hauskräfte und räumten dementsprechend ab.
    Der Rest: 3 Damen (Birgid Steinberger, Elvira Soukop, Annely Peebo), Monostatos (Karl Michael Ebner), zweiter Priester (Christian Drescher), 3 Knaben (Wiener Sängerknaben) sowie die zwei Geharnischten (Mehrad Montazeri, Yasushi Hirano) waren ausgezeichnete Ensemblekräfte, die für jedes Haus ein Gewinn sind.


    Insgesamt ein lohnender Abend!

  • Lieber Erich,


    danke für den Bericht. Schön, dass eine Repertoireaufführung so befriedigt. Meine Frau und ich sind längst Volksopernfans geworden. Wenn wir in Wien sind besuchen wir immer gerne Aufführungen an diesem Haus. Das Volksopernteam scheint eine gute Balance zwischen frischen, lebendigen Inszenierungen und bewahrendem Stil gefunden zu haben. Wer z. B. die "Turandot"-Aufführung, die wir beim letzten Wien-Aufenthaltt an der Volksoper erlebt haben, besucht, für den ist die Frage traditionell oder modern zweitrangig geworden. Er genießt einfach einen wundervollen Opernabend.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Wobei in Wien an beiden großen Opernhäusern, der Volksoper als auch der Staatsoper gilt, dass sie an Inszenierungen einen sehr guten Mix haben. Es gibt zahlreiche alte und konservative bzw. historische Produktionen und diverse Regieheaterproduktionen.


    Somit ist an der Staatsoper und auch an der Volksoper für jeden Geschmack etwas dabei! Besonders spannend ist für mich jedoch das Theater an der Wien mit vielen unbekannteren Stücken und spannenden Regisseuren.
    Musikalisch ist Wien sowieso immer eine Reise wert! Und wem die Tickets in Wien zu teuer sind ist ein Ausflug ins benachbarte Bratislava zu empfehlen: Dort gibt es hervorragende Oper zu moderaten Preisen.

  • Kleiner Nachtrag:
    Ich habe in meinem Bericht zu erwähnen vergessen, dass der Schluss der Oper eine neue Deutung erhalten hat:
    Pamina, Tamino und die 3 Knaben werden von Priestern zum Schlusstableau hereingeführt. Aber anstatt sich zu Sarastro zu begeben, laufen sie einfach davon und lassen einen überraschten und ratlosen Sarastro zurück.
    Habe ich nett gefunden.

  • . Aber anstatt sich zu Sarastro zu begeben, laufen sie einfach davon und lassen einen überraschten und ratlosen Sarastro zurück.


    Habe ich nett gefunden.


    Lieber Erich, liebe Freunde,


    so weit und in dieser Form ist eine Änderung und Neudeutung akzeptabel, ja eine Bereicherung.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!