Un Ballo in Maschera - Wiener Staatsoper, 26.4.2017

  • Nach berufsbedingter langer Pause besuchte ich wieder einmal eine Vorstellung der Wiener Staatsoper. Anbei mein Bericht -


    Un Ballo in Maschera
    Wiener Staatsoper, 26.4.2017


    Solo für Beczala


    Die in die Jahre gekommene Inszenierung von Gianfranco de Bosio in den zuckerlfarbenen Bühnenbildern von Emanuele Luzzati und den opulenten Kostümen von Santuzza Cali erlebte bereits die 95. Aufführung. Sie erfreut die Freunde des Stehtheaters und des Rampensingens nach wie vor und ich nehme an, dass sie noch lange bestehen bleibt (aus wirtschaftlicher Sicht wäre es ja schade die ganzen Kostüme zu verschrotten…).


    Jesús López Cobos leitete das Staatsopernorchester routiniert – und so klang es auch. Ein wenig Dienst nach Vorschrift, ohne großen Höhen und Tiefen.


    Der hormongesteuerte Gustaf III. wurde von Piotr Beczala dargestellt – und alleine wegen ihm war die Gesamtqualität der Aufführung doch etwas überdurchschnittlich. Der Sänger zählt sicherlich zu den besten des lyrischen Tenorfaches, seine Stimme ist schwerer und durchschlagskräftiger geworden seit meiner letzten Begegnung mit ihm. Schauspielerisch wurde ihm ja nicht viel abverlangt, deswegen konnte er sich komplett auf das Singen konzentrieren, war sicher in den Höhen, hatte eine hervorragende Mittellage und seine Stimme sprach auch bei den tieferen Passagen hervorragend an. Wie schon erwähnt – alleine schon seine Leistung machte es wert an diesem Abend die Oper besucht zu haben.


    Die fiktive „Silbermedaille“ errang die junge Maria Nazarova, die sich nach meiner Ansicht nach als einzige bemühte etwas Leben in die Stehpartie zu bringen. Als Oscar überzeugte sie mit viel Temperament, einer in den Höhen schon sehr durchschlagskräftigen Stimme, die man während der Ensembleszenen gut raushörte. Bei einigen der tiefer gelegenen Passagen musste man allerdings schon sehr aufmerksam hören, damit man sie auch wahrnehmen konnte – dieses Manko machte sie allerdings mit sicheren Koloraturen wieder wett. Sie ist ein Gewinn für das Ensemble der Wiener Staatsoper und ihre Entwicklung wird zu beobachten sein.


    Sorin Coliban ist als Graf Warting eine Luxusbesetzung in jeder Hinsicht, auch Ayk Martirossian als Mitverschwörer Graf Horn schlug sich mehr als beachtlich. Die beiden anderen Comprimarii, Igor Onishchenko (Christian) und Benedikt Kobel (Richter/Diener) waren rollendeckend bzw. hätten doch Luft nach oben.


    Nach etwas verhaltenem Beginn und kleineren Problemen in den höher gelegenen Passagen der Tessitura steigerte sich der Renato des Abends, George Petean, allerdings dürfte ihm die Partie teilweise wirklich zu hoch liegen.


    Bonigwe Nakani schlug sich als Ulrica beachtlich, allerdings merkte man doch, dass sie noch recht jung ist – da fehlte teilweise der Ausdruck, den routiniertere Sängerinnen einbringen können, um die Wahrsagerin dämonischer erscheinen zu lassen. Allerdings hat Nakani eine profunde Tiefe und wird bei entsprechendem Training und bei fortschreitender Erfahrung in ihr Fach sicherlich noch hineinwachsen.


    Sehr zwiespältig ist der Eindruck den Kristin Lewis als Amelia hinterlassen hat. Vielleicht hatte sie nicht ihren besten Tag, aber nach sehr schön gesungenen Phrasen erwischte sie immer wieder Töne nicht korrekt und musste immer ein klein wenig „nachbessern“. Sie hat ein schönes und interessantes Timbre, doch insgesamt war sie sehr unausgeglichen – in der Tiefe hat sie auf jeden Fall noch viel Potential – da waren viele Töne einfach verschenkt.


    Insgesamt eine durch Bezcalas Leistung sehr gute Vorstellung, die vom Publikum goutiert wurde. Bei den Solovorhängen wurde sehr wohl abgestuft – Beczala erhielt den längsten und lautesten Applaus mit vielen Bravo-Rufen, gefolgt von Nazarova, Petean und dann Kristin Lewis, die in etwa den gleichen Zuspruch wie das Duo Coliban/Martirossian erhielt.

    Hear Me Roar!


  • Das sind so Aussagen, die mich mit ihrer Polemik, zum besenschwingenden Hexerich mutieren lassen! Stehtheater und Rampensingerei sind mir immer noch lieber als unbegründeter Aktivismus auf der Bühne. Beides gibt es nämlich sowohl im Regisseurstheater als auch im librettotreuen Theater. Zuckerlfarben stimmt - soweit ich das von den Fotos her beurteilen kann- nicht. Die Farbschemata sind gut aufeinander abgestimmt und beweisen hohe Kunstfertigkeit. Ich kenne in Deutschland kaum mehr Bühnenmaler, die diese Kunst beherrschen.
    Nichtsdestotrotz: Welcome back!