Die Metropolitan Opera feierte ihr 50jähriges Bestehen im Lincoln Center mit einer großen Gala bei der sich das Who is Who der Opernwelt die Klinke in die Hand gab.
Das Orchester der MET wurde an diesem Abend von drei Dirigenten begleitet – James Levine, Marco Armiliato und Yannick Nezet-Seguin.
Letzter begann die Jubiläumsveranstaltung mit einer fulminanten Wiedergabe der Ouvertüre zu Bernstein’s West Side Story. Danach folgte der Eröffnungschor aus Barber’s Antony & Cleopatra. Eine Reminiszenz an jene Oper, mit der vor 50 Jahren das Lincoln Center eröffnet wurde. Im Anschluss betrat Placido Domingo im Kostüm des Carlo Gerard die Bühne (wie so einige andere Künstler an diesem Abend, die in Rollenkostümen erschienen), um dessen Arie "Nemico della patria" aus Andrea Chenier zu singen. Leider war doch deutlich zu hören, dass Domingo zum einen stimmlich nicht den besten Abend hatte, zum anderen ließ er baritonale Klänge vermissen. Er ist halt doch ein Tenor. Auch Piotr Beczala konnte nicht so recht überzeugen. Bei "Quando le sere al placido" aus Verdi’s Luisa Miller fielen vor allem seine engen Spitzentöne unangenehm auf. Dass Michael Volle ausgerechnet Mozart bei der Gala gesungen hat, war eine eigenartige Entscheidung. Sein sehr eigenwilliger Vortrag von "Hai gia vinta la causa" aus dem Figaro klang sehr befremdlich und war wenig mozart-esque. Pretty Yende und Mariusz Kwieczien versuchten dann so etwas wie Belcantozauber zu erzeugen. Doch so recht wollte das mit dem Norina/Malatesta-Duett aus Donizetti’s Don Pasquale nicht gelingen. Kristine Opolais’ scharfer Sopran kommt alles andere als ideal in "Vissi d’arte" der Tosca zur Geltung. Eindringlich gestaltete dann René Pape die große Szene des Boris Godunov.
Dann endlich ein erster Höhepunkt: Das Finale des ersten Aktes aus Puccini’s La Boheme brachte Joseph Calleja als Rodolfo und Sonya Yoncheva als Mimi auf die Bühne der MET. Calleja war hervorragend bei Stimme und ließ in "Che gelida manina" nicht nur seine wunderbare Technik sondern auch seine betörende Mittellage hören und krönte die Arie mit einem herrlich aufblühenden bombensicheren hohen C. Yoncheva folgte mit "Si, mi chiamano Mimi" und erinnerte mit ihrem farbenreichen Vortrag phasenweise sogar an die Freni. Nur in der Höhe blühte ihr Sopran leider nicht so schön cremig auf wie bei ihrer berühmten Rollenvorgängerin. Im abschließenden Duett "O soave fanciulla" vereinigten sich die Stimmen dann aufs Herrlichste.
Dann kam es zum emotionalen Höhepunkt der Veranstaltung. Peter Gelb – der Direktor der MET – betrat die Bühne und kündigte den überraschenden Auftritt des schwer erkrankten Dmitri Hvorostovsky an, der mit Standing Ovations vom Publikum begrüßt wurde und Rigoletto’s "Cortigiani" sang. Aus Respekt vor dieser schwierigen Situation sollte zu seinem Auftritt auch nicht mehr gesagt werden.
Joyce DiDonato folgte mit "Va! Laisse couler mes larmes" aus Massenet’s Werther, womit der MET-Liebling nicht so recht überzeugen konnte. Dann folgte ein zweiter Auftritt von Michael Volle. Erneut mit Mozart. Doch auch Papageno’s "Der Vogelfänger bin ich ja" liegt dem Sänger nicht wirklich.
Danach folgte ein weiterer Höhepunkt. Im Didon/Enée-Duett "Nuits d’ivresse" aus Berlioz‘ Les Troyens begeisterten Susan Graham und Matthew Polenzani, deren Stimmen ganz wunderbar harmonierten und die zu herrlichen Pianophrasen fanden.
Dann betrat Dolora Zajick die Bühne, die auch noch nach mehr als dreißig Jahren im dramatischen Mezzofach und mit "Acerba volutta" aus Adriana Lecouvreur unter Beweis stellte, dass sie immer noch eine Klasse für sich in ihrem Repertoire ist.
Dann auch schon der nächste Höhepunkt. Belcanto-König Javier Camarena lieferte die neun hohen Cs des Tonio aus Donizetti’s Regimentstochter wie von ihm gewohnt souverän ab. Dann folgte Anna Netrebko mit der Briefszene der Lady Macbeth in der sie mit ihrer tollen Höhe als auch mit ihrem tiefen Register das Publikum für sich gewinnen konnte, auch wenn ihr Vortrag weniger nuanciert gewesen ist.
Den zweiten Teil der Gala eröffnete man mit dem Einzug der Gäste aus Wagner’s Tannhäuser. Pretty Yende und Eric Owens sangen wunderbar "Bess, you is my woman now" aus Gershwin’s Porgy and Bess und anschließend bot Elina Garanca einen Vorgeschmack auf ihr Rollendebüt als Daliah und sang mit herrlich timbriertem Mezzo ein betörendes "Mon coeur s’ouvre a ta voix".
Günther Groissböck als König Filippo und James Morris als Großinquisitor schienen in ihrer Szene aus Verdi’s Don Carlo etwas Mühe zu haben, gegen das große MET-Orchester anzukommen.
Vittorio Grigolo neigt zu übertriebener Theatralik, das war auch bei Romeo’s "Ah! Leve toi soleil "aus Gounod’s Oper der Fall. Und Diana Damrau’s Sopran schepperte bei "E strano … sempre libera" aus Verdi’s La Traviata. Die Stimme ist ziemlich schwer geworden und das hohe Es am Ende der Arie ist leider völlig misslungen. Stephanie Blythe und Counter-Tenor David Daniels waren dann Cornelia und Sesto bei "Son nata a lagrimar" aus Händel’s Giulio Cesare. Auch Zeljko Lucic kämpte etwas gegen die Lautstärke des MET-Orchesters an, konnte aber trotzdem mit dem "Credo" aus Verdi’s Otello seine Stärken ausspielen. Isabel Leonard, Ben Bliss und Dwayne Croft waren dann in einer Szene aus Adés The Tempest zu hören, der modernsten Oper des Abends.
Vittorio Grigolo bot in seiner eigenwilligen Interpretation von "E lucevan le stelle" aus Puccini’s Tosca eine eigenartige Dynamik und ebensolche Tempoänderungen. Dazu meinte er, manche Passagen in sonderbarem Sprechgesang darbieten zu müssen. Was war das?????
Zum Glück gelang es Renée Fleming das wieder auszugleichen, denn mit "Porgi Amor" aus Mozart’s Le nozze di Figaro sorgte sie für einen der ganz großen Höhepunkte der Gala. Immer noch eine ganz große Mozartsängerin. Gleich darauf kam dann Placido Domingo hinzu, um mit Fleming das Duett Thais/Athanael aus Massenet’s Thais zu singen. Auch hier war die Fleming absolut fabelhaft.
Angela Meade, Michael Fabiano und Günther Groissböck sangen dann das Finale aus Verdi’s früher Oper I Lombardi alla prima crociata während im Anschluss Joyce DiDonato souverän in ihrem ganz eigenen Repertoire mit "Bel raggio lusinghier" aus Rossini’s Semiramide begeistern konnte.
Dann noch ein weiterer Auftritt von Anna Netrebko. Im Kimono sang sie "Un bel di vedremo" aus Puccini’s Madama Butterfly. Sehr ausdrucksvoll, mit breiter Mittellage und kraftvoller Höhe im dramatischen Ausbruch.
Die Gala wurde schließlich mit dem Finale des 2. Aktes von Aida mit unter anderen Latonia Moore als Aida, Dolora Zajick als Amneris und Yusif Eyvazov als Radames beendet.
Alle Solisten versammelten sich am Ende auf der Bühne der MET zum Schlussapplaus. Wer schon mal eine MET-Gala gesehen hat, weiß, was da los war.
Gregor