Land des Lächelns, Zürich 06.07.1917

  • Gestern kam ich seit langem wieder einmal in den Genuss einer grossartigen Opern- (Operetten-)Aufführung.
    Sogar hat es unser Intendant Homoki diesmal nicht versucht, das Werk hinzurichten, wie er es mit dem "Lodengrün" unternommen hat. Nun muss man ja eine Operette von der Handlung her nicht allzu ernst nehmen, und so hat es dem Land des Lächelns auch nicht geschadet, dass er es in die Entstehungszeit versetzt und die vielen Nebenrollen weitgehend getilgt hat. Die Bühnenbilder waren ebenso aesthetisch, wie die Kostüme, das Ballet, wie auch die die Chorsänger meisterten ihre Aufgaben vorzüglich; in der ganzen Ausstattung wurde geklotzt und nicht gekleckert. (Nun ich erwarte nicht ,dass Homoki seinen Regiestil künftig in dem Sinne ändern wird, bekanntlich macht eine Schwalbe noch keinen Sommer...).
    Fabio Luisi am Dirigentenpult hat mich nicht gänzlich überzeugt, Ich kann nicht sagen ob Lehàr sich für diese Operette wirklich ein Wagnerorchester gewünscht hat, aber was aus dem Orchestergraben drang, war mir, begonnen mit der Vorspiel, schlankweg häufig zu laut.
    Julia Kleiter in der Rolle der Lisa vermochte mich nicht restlos zu überzeugen. Positiv muss angemerkt werden, dass sie nicht mehr zu geben versuchte, als ihre Stimme hergab, dass sie nicht forcierte, aber ihre Stimme ist mir für diese Rolle zu kalt, und sie ist als Person einfach zu emanzipiert und zu wenig "weanerisch".
    Das "Buffopaar", deren Rollen durch Homoki (glücklichweise ebenso wie die übrigen Rollen arg gekürzt wurden), Rebecca Olivero und Spencer Lang, wurden ohne Fehl und Tadel gesungen.
    Was aber diese Aufführung sängerisch über alles heraushebt, was ich die letzten Jahre erlebt und gehört hat, war die Hauptpartie: Piotr Beczala hat nun ein Niveau erreicht, das ihn über alle andern Tenöre des Zwischenfachs weit hinaushebt. Mackkeben soll mal über Windgassen geäussert haben: "Der Mensch singt nicht, der atmet pures Gold".
    An diesen Satz musste ich gestern dauernd denken. Nichts ist bei Beczala forciert, er kann mit seiner Stimme technisch gesehen. machen, was er will. Sie ist weich mit metallischer Höhe, alle Lagen sind perfekt verbunden. Mittlerweile hoffe ich, dass er vom Lohengrin ausgehend auch den Stolzing mal versucht und da mittlerweile auch die Tiefe perfekt funtioniert, würde ich ihn mir sogar als Siegmund wünschen. (Übrigens ist zufällig gerade heute der Dresdener-Lohengrin auf DVD erschienen, den ich allen interessierten wärmstens empfehlen möchte!)

  • Hallo, lieber m. joho
    Vielen Dank für Deinen gut geschilderten Bericht, den ich mit Interesse und großer Freude gelesen habe.
    Denn es freut mich besonders, daß Du nach langer Zeit endlich wieder mal ein zufriedenstellendes und beglückendes Live - Erlebnis hattest
    und Dich Piotr Beczala für einige andere Schwächen begeistert und entschädigt hat. Ich habe Beczala schon mehrfach im TV gesehen und gehört
    und kann Dir beipflichten - auch ich mag und schätze diesen Tenor.


    Herzliche Grüße
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Lieber MJoho,


    danke für deinen erfreulichen Bericht und meinen Glückwunsch, dass du mal wieder eine Inszenierung erleben durftest, die das Werk nicht beschädigt hat. Eigentlich dürfte es bei einer Operette kaum etwas zu beschädigen geben, aber auch das haben wir ja leider schon erlebt. Immerhin. Vielleicht hat Homiki jetzt auch endlich erkannt, dass ihm die Liebhaber der echten Werke weglaufen. Warten wir mal die weitere Entwicklung ab.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)