Steht die Integrität von Operntexten zur Disposition?

  • Im Leitartikel des Feuilletons der Süddeutschen Zeitung vom 15.7. macht sich der Großkritiker Reinhard J.Brembeck allen Ernstes Gedanken darüber, wie der in seinen Augen hoffnungslosen Antiquiertheit vieler älterer Operntexte beizukommen ist, die uns Heutigen vollkommen fremd geworden seien.
    Aus Anlass der bevorstehenden Neuproduktionen der Salzburger und Bayreuther Festspiele, Clemenza di Tito und Meistersinger, stellt er fest, dass auch die rebellischsten Regisseure bisher davor zurückgeschreckt seien, Operntexte notfalls umzuschreiben, sodass sie einem heutigen Publikum (wieder) vermittelbar seien.
    Er nennt, neben diesen Festspielopern, weitere Beispiele von Opern aus "vordemokratischen Zeiten", also z.B. Zauberflöte, fast den ganzen Verdi und Wagner, deren Figuren in ihrem Verhalten in unserer Zeit keine Entsprechung mehr fänden, also unverständlich blieben (etwa Pamina, Violetta, Aida, Desdemona und Otello, Elisabeth und Tannhäuser, Senta und Holländer).
    Als leuchtende Ausnahme unter den Frauen gilt ihm lediglich Norma, eine alleinerziehende, berufstätige Mutter und Vaterlandsverräterin, also eine "emanzipierte" Frau.
    Als mutigsten Regisseur nennt er Calixto Bieito, der die Traviata auf den Kopf gestellt hat, indem er aus der Tragödie der kranken Kurtisane eine schwarze Komödie machte, in der die Prostituierte ihre Freier ausnimmt, um insgeheim die lesbische Liebe mit ihrer Freundin Annina auszuleben. (Wo diese Produktion zu erleben ist, entzieht sich noch meiner Kenntnis.)
    Brembecks Fazit: Nur so könne dem schleichenden Operntod, einer langsamen musealen Erstarrung, begegnet werden.


    So weit, so schlecht. Wo ich selber hier stehe, ist unschwer zu erraten: Hier wurde eine rote Linie überschritten - ein Akt barbarischer Kulturvernichtung begangen, der von einem führenden Musikkritiker auch noch als nachahmenswert empfohlen wird. Was hier als Rettung vor dem schleichenden Operntod gefeiert wird, liefe auf seine Beschleunigung hinaus, ein Verfahren, das geeignet wäre, alte Stücke (überwiegend Meisterwerke) bis zur Unkenntlichkeit zu entstellen. Im Erfolgsfall könnte man dann bald resümieren: Oper - was ist das?
    Die von Brembeck empfohlene Rettungsaktion ließe die gesamte bisherige Regietheaterdiskussion als harmloses Kinderspiel erscheinen. Denn wenn nicht nur die Regieanweisungen missachtet werden, sondern das Stück selbst verändert wird, ist es mit der Aurede der künstlerischen Freiheit vorbei. Dann wird es zum Fall für die Justiz.


    Für die folgende Diskussion wäre es sicher nützlich, auf die sattsam bekannten Argumente der RT-Theater-Fronten zu verzichten - und gezielt den Fokus auf die hier beschriebene (neue!) Situation zu lenken.
    Das wünscht sich, mit herzlichen Grüßen,
    Sixtus

  • Der (notwendigen) Vollständigkeit wegen: Der Tod der Oper (zuletzt aufgerufen am 17.07.2017)

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Danke, Michael, für den Hinweis. Zum Nachschlagen sicher ganz nützlich.


    Eine kleine einschränkende Ergänzung fällt mit noch ein, die etwaigen Missverständnissen zuvorkommen soll:


    Bei meiner Forderung, keine Texte zu verändern, sehe ich einen gewissen Spielraum bei gesprochenen Dialogen, die meiner Ansicht nach auch manchmal etwas gekürzt werden dürfen - sofern dadurch der Sinn und der Handlungsablauf nicht beeinträchtigt wird.


    Bei gesungenen Texten haben sich an manchen Stellen kleine Varianten ergeben, die niemandem Weh tun und keinen Schaden anrichten, z.B. Tamino:
    Dies Bildnis ist bezaubernd schön, /
    wie noch kein Auge je geseh´n! (Alternative: so schön, wie keines ich geseh´n!)


    Solche Stellen werden gelegentlich von Sängern praktiziert, weil sie sich besser singen lassen o.ä. Darüber zu diskutieren, lohnt sich schwerlich.

  • "Die interessantesten Opernregisseure arbeiten jetzt nach diesem Muster. Sie glauben nicht mehr, dass man die alten Stücke nur in ein modernes Ambiente verpflanzen muss, um ihre Relevanz zu zeigen. Sie glauben, dass die Stoffe immer weniger mit den Problemen und Leidenschaften heutiger Menschen zu tun haben. Weil sich also so gut wie niemand mehr in Otello und Desdemona oder in Tannhäuser und Elisabeth zu erkennen vermag, weil aber die Stücke aufgrund ihrer grandiosen Musik nach wie vor gespielt werden, erzählen Regisseure ganz neue Geschichten. Sie hängen oft nur mehr lose mit den alten Texten zusammen, die man ja nur noch deshalb erträgt, weil sie von Mozart, Wagner oder Verdi vertont wurden."


    Da hat er nicht unrecht. Deswegen bin ich auch kein Gegner davon, die Geschichten umzudeuten wie in der erwähnten Bieito-Traviata (lief in Hannover, ich habe sie leider nicht gesehen) oder - um ein anderes prominentes Beispiel zu nennen - der Kušej-Rusalka aus München (die habe ich gesehen, und ich fand sie großartig).


    Den Schritt, die Texte selbst zu verändern, möchte ich dann allerdings nicht mitgehen. Das ist vielleicht nicht konsequent, aber die Musik ist immerhin für diesen Text geschrieben worden, und ebenso wie ich Aufführungen in anderen als den Originalsprachen ablehne, lehne ich auch Veränderungen des Textes ab. Was nicht heißt, dass es "verboten" ist, es gefällt mir einfach nicht, und ich würde mir Opern mit neuen Texten wahrscheinlich nicht anhören.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • So weit, so schlecht. Wo ich selber hier stehe, ist unschwer zu erraten: Hier wurde eine rote Linie überschritten - ein Akt barbarischer Kulturvernichtung begangen, der von einem führenden Musikkritiker auch noch als nachahmenswert empfohlen wird.


    Das Wort "führenden" solle man - wie schon gelegentlich in anderem Zusammenhang angeregt - eher hinterfragen und meinetwgen durch "bekannten" ersetzen. Denn "Führend" aber auch "bekannt" werden Kritiker vo allem dadurch, daß sie immer wieder zitiert werden.


    Hierzu meine harte und kompormisslose Meinung. Wer man glaubt, daß Oper heute nicht in ihrer ursprünglichen Form nicht spielbar sei, der möge die Finger davon lassen, wir müssen sie nicht umschreiben, daß jeder sie versteht, auch wenn er den Pflichtschulabschluß nur mit äusserster Mühe und dank der Gnade seiner Lehrer geschafft hat. Das gilt auch für jene, die sich dank ungeklärten Umständen heute in "Schlüsselpositionen" befinden, die früher der geistigen Elite vorbehalten waren und dort nichts als Unheil anrichten.


    Wie auch immer - wir sollten uns diesen Leuten nicht anbiedern, sondern sie auf allen Ebenen bekämpfen, was zugegebenermaßen schwierig ist, sitzen sie doch beinahe überall und zerstören ao ziemlich alles was ihnen in die Nähe kommt. Daß so mancher Autohersteller sich nocht traut für seine Produkte zu werben, das ist schon tollkühn, ebenso geht es mir in Sachen Politik.
    Eine Themenabweichung ? Nein keineswegs, in der Persönlichkeitsstruktur der "Opinion-Leader" ist die Ursache allen Übels.
    Oper war schon seit frühesten Tagen stets eine Einrichtung für die Minderheit, und sie hatte immer schon Anspielungen (oft unter Zuhilfenahme der klassischen Antike oder aber Szenarien aus der Religionsgeschichte) die nur eine kleine Minderheit verstand, nämlich der Adel und das gehobene Bürgertum, und auch davon nur ein gewisser Prozentsatz, denn gesllschaftlicher Status und sogar wissenschaftliche Bildung sind natürlich auch kein Garant für Musikalität.


    Die Modernisierer der Oper verfügen über ein kleines, aber ziemlich zerreißfestes Netzwerk mit Verbindungen zur Politik, das erst angreifbar wird wenn ihre "Patrone" fallen - oder wenn das Geld ausgeht. Theoretisch könnte das auch sein, wenn das Publikum wegbleibt, aber das ist eine Fehleinschätzung, der ich auch manchmal unterliege, weil ich immer von gewissen "selbststverständlichen" Szenarien ausgehe.
    Versuchen wir uns aber von gewohnten Denkweisen zu lösen, so wäre eine andere Alternative, daß das Fernbleiben des Publikums das Ende der Gattung Oper, die von vielen Linken als "Bollwerk der Bildungsbürgertums" gesehen wird, noch schnelle in greifbare Nähe rückt als bislang gedacht, Ich sehe in der Verfälschung der Oper - egal wie weit man hierbei gehen will und wird. ohnehin als Hauptziel vieler "Entscheidungsträger"
    Sollte das mit der Realität übereinstimmen - dann wird die entsprechende Strategie der Abwehr eine andere sein müssen....
    Irgendwann habe ich im Kopf eine Kabarettnummer entwickelt, wo ein "progressiver" Regisseur zum Interviewer sagt. "Wir sind jetzt auf dem richtigen Weg - Was jetzt noch stört ist die furchtbare, altmodische Musik von diesem Mozart"


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Wo ich selber hier stehe, ist unschwer zu erraten: Hier wurde eine rote Linie überschritten - ein Akt barbarischer Kulturvernichtung begangen, der von einem führenden Musikkritiker auch noch als nachahmenswert empfohlen wird. Was hier als Rettung vor dem schleichenden Operntod gefeiert wird, liefe auf seine Beschleunigung hinaus, ein Verfahren, das geeignet wäre, alte Stücke (überwiegend Meisterwerke) bis zur Unkenntlichkeit zu entstellen.

    Was wäre der nächste Schritt? Die Verbrennung??


    Merkt ihr denn gar nichts mehr? So etwas hatten wir schon einmal!!!!


    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Den Schritt, die Texte selbst zu verändern, möchte ich dann allerdings nicht mitgehen. Das ist vielleicht nicht konsequent, aber die Musik ist immerhin für diesen Text geschrieben worden, und ebenso wie ich Aufführungen in anderen als den Originalsprachen ablehne, lehne ich auch Veränderungen des Textes ab. Was nicht heißt, dass es "verboten" ist, es gefällt mir einfach nicht, und ich würde mir Opern mit neuen Texten wahrscheinlich nicht anhören.

    Iregndwie klingt das ja ganz anders als Deine bisherigen Aussagen. Text darf man also nicht ändern, aber die Handlung?


    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Hierzu meine harte und kompormisslose Meinung. Wer man glaubt, daß Oper heute nicht in ihrer ursprünglichen Form nicht spielbar sei, der möge die Finger davon lassen, wir müssen sie nicht umschreiben, daß jeder sie versteht, auch wenn er den Pflichtschulabschluß nur mit äusserster Mühe und dank der Gnade seiner Lehrer geschafft hat. Das gilt auch für jene, die sich dank ungeklärten Umständen heute in "Schlüsselpositionen" befinden, die früher der geistigen Elite vorbehalten waren und dort nichts als Unheil anrichten.

    Hallo, Alfred
    Nicht nur das (auszugsweise) Zitat - insgesamt ein toller und treffender Beitrag, der es in Vielem auf den Punkt bringt und meine Zustimmung findet.
    Danke! :thumbup: :yes:


    Herzlichst
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Iregndwie klingt das ja ganz anders als Deine bisherigen Aussagen. Text darf man also nicht ändern, aber die Handlung?


    La Roche


    Habe ich irgendwo von "nicht dürfen" gesprochen? Grundsätzlich darf ein Künstler fast alles. Und die Frage, inwieweit eine Veränderung des Textes und - in letzter Konsequenz - dann auch der Musik unter ästhetischen Gesichtspunkten zu bewerten ist, inwieweit hier in Werkidentität eingegriffen wird etc., ist hochinteressant und allemal eine Diskussion wert. Mag sein, dass einiges dafür spricht, diesen Schritt zu gehen, so wie meiner Meinung nach sehr viel dafür spricht, über die Inszenierung neue Geschichten zu erzählen. Ich habe lediglich zu verstehen gegeben, dass ich eine Oper mit verändertem Text nicht hören möchte. Ebenso wie ich es im allgemeinen nicht mag, wenn im Sprechtheater der Originaltext nur als Steinbruch benutzt, stark gekürzt und mit anderen Texten angereichert wird. Das mag inkonsequent sein, aber da ich im Gegensatz zu anderen meine persönlichen Vorlieben nicht zum Bewertungsmaßstab mache, ist das nicht weiter schlimm.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Merkt ihr denn gar nichts mehr? So etwas hatten wir schon einmal!!!!


    Das ist IMO falsch. Wir hatten das nicht schon einmal, sindern derartiges zieht sich durch die gesamte Geschichte der Menscheit. Bücher wurden verbrannt, Briefe unterschlagen oder erfunden, ebenso Träume. alles nur um Einfluß auf die Gesellschaft zu nehmen. Dann kommen noch dazu (absichtliche?) Übersetzungsfehler und falsch interpretierte Doppeldeutigkeiten.
    So gibt es beispielsweie die Theorie, da die Stelle, wo Pilatus fragt: "Welche sollich euch frei geben, Jesus oder Barrabas? Ursprünglich textlich anders gefasst war. Schauen wir uns dazu mal den Namen Barrabas an:
    Zitat aus Wipikedia

    Zitat

    Der in den heutigen Fassungen der Passion Jesu überlieferte Name Barabbas ist wahrscheinlich ein Patronym, für dessen aramäische Form die Zusammensetzung bar abbas oder bar rabba(n)[1] („Sohn des Abbas“ bzw. „Sohn des Herrn“ oder „Sohn unseres Herren“) angenommen wird.


    Das bedeutet dann das, was in der Zauberkunst als sogenannte "gezwungene, oder forcierte Wahl" bezeichnet wird:
    "welchen soll ich Euch freigeben ? "den Sohn des Herrn" oder "den Barrabas" (was letztlich das Gleiche bedeutete) Pilatus konntre den Spruch des Volkes also deuten wie es ihm beliebte - Das erinnert schon sehr an heutige Politik.....



    Heute reguliert man vieles durch die sogenannte "political Correcness", das zum Beispiel "verbietet" (bezw ächtet, den verbieten können die ja (noch ?) nichts, wenn man Gesindel als "Gesindel" bezeichnet, wobei ich mich immer frage aus welcher Ecke diese Abneigung kommt. Ich habe zeitweisen Kontakt mit Kriesen der feinsten Wiener Gesellschaft, darunder auch ehemaliger Adel - Dort hat sich niemand an diesem Wort gestoßen....
    Ein Anhänger der "Political Correctness" - wir pflegten eine kurze Bekanntschaft, die dann wegen "unüberbrückbarer Meinungsverschiedenheiten in Sachen Weltbild" endete - erklärte mir allen Ernstes, es sei "verboten" "menschenverachtende" Begriffe wie "Unterschicht" oder "Gesindel" etc zu verwenden, SELBST DANN NICHT, WENN DIES (objektiv gesehen) ZUTRÄFE !!!
    Ich kümmere mich deshalb nicht um derlei "Verbote" und sage , was ich mir denke - allerdings immer (oder zumeist) in der Situation angemessenen Form.



    Das wäre ein interessantes und ergiebiges Thema - leider nicht im Themenkreis von Tamino enthalten....


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • Ich habe den Artikel Brembecks bis jetzt nur überflogen. Vielleicht komme ich heute Abend dazu, ihn etwas genauer zu studieren. - Was mir allerdings sofort offensichtlich erscheint (und weshalb ich spontane Rufe der Entrüstung auch für unnötig verschwendete Energie halte): Die Idee, der Oper durch Veränderung der gesungenen Texte zu mehr Aktualität zu verhelfen, funktioniert schon rein praktisch nicht! Entweder die meisten Besucher (mich eingeschlossen) können den Text in Ermangelung entsprechender Sprachkenntnisse nicht unmittelbar verstehen oder es mangelt an der Textverständlichkeit des Votrages. Etwas anders verhält es sich bei gesprochenen Dialogen und dort kommt es ja durchaus schon häufiger vor, dass der ursprüngliche Text verändert wird.

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Die Idee, der Oper durch Veränderung der gesungenen Texte zu mehr Aktualität zu verhelfen, funktioniert schon rein praktisch nicht! Entweder die meisten Besucher (mich eingeschlossen) können den Text in Ermangelung entsprechender Sprachkenntnisse nicht unmittelbar verstehen oder es mangelt an der Textverständlichkeit des Votrages.


    Das ging mir auch sofort durch den Kopf. Konsequenterweise müssten man dann alle Opern in der jeweiligen Publikumssprache spielen lassen, damit überhaupt eine Chance auf ein Verständnis der Texte besteht.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Jetzt geht es nicht mehr darum, die Handlung der Opern über den Haufen zu werfen, sondern sogar deren Texte, weil sie auf die absurde Phantasiehandlung, die der Regisseur sich ausdenkt, nicht mehr passen. Wenn die Bildung des Autors solchen Unfugs nicht mehr ausreicht, sich mit Text und Inhalt des Werkes auseinanderzusetzen, tut er mir herzlich leid.
    Also fort mit der Geschichte der Menschheit, da die Figuren der Vergangenheit und ihre Handlungen - wenn ich das richtig verstanden habe - nicht mehr mit unserer Gegenwart vereinbar und daher "nicht vermittelbar" sind. Also alles verbrennen, was vor dem Jahr 2000 entstanden ist. Stellen wir doch die Vergangenheit gänzlich in Frage und reden wir nicht mehr über die Antike oder das Mittelalter, wenn sie nach Meinung sogenannter "führender" Leute für den modernen Menschen unverständlich sind. Geschichtsunterricht abschaffen!
    Wie viele Texte habe ich gelesen, bei denen die Figuren und ihre Handlungen nicht mehr in unsere Zeit passen, auch in antiquierter Sprache bis hin zu Mittel- und Althochdeutsch. Weg damit!
    Wie arm wäre dann die moderne Menschheit. Überhaupt: Welch ein armseliger Gedanke des Autors!


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Den Text und damit die Musik zu verändern - das geht gar nicht.
    Jede Oper usw. hat einen zeitlosen Sinngehalt - diesen mit dem zeitgebundenen Libretto incl. Regieanweisungen dem heutigen Verständnis anzupassen ist Aufgabe einer verantwortungsbewussten Regie im Rahmen des Regietheaters.


    Viele religiöse Werke vor dem 20. Jh. entsprechen im Text auch nicht mehr dem heutigen Verständnis - ich blende den Text beim Hören der Musik aus, weiß meist "was Sache ist" und transponiere den Text in mein Verständnis.


    Viele Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Ich habe häufig erlebt, daß bei italienischen Opern, die auf Deutsch gesungen worden sind, der Text anders übersetzt worden ist. Die schlimmsten Übersetzungen habe ich an der komischen Oper Berlin erlebt. Da hieß es im dritten Akt : Mimi ist eine Hure , die es mit jeden treibt. Such der Rest der Übersetzung war in Jugdnddprache.Was den Text betrifft, da mache ich es wie Zweiterbass.

  • Die Diskussion um die Operntexte ist steinalt. Sie kommt im Sommerloch wieder einmal nach oben. Ich mache mir keine Sorgen. So schnell stirbt die Oper nicht. Es gab Versuche, Mozarts "Cosi" neue Texte unterzulegen, weil das Original nicht verstanden wurde. Das ist nur ein Beispiel, wenngleich ein sehr prominentes. Neulich kam ich auf die bewegte Aufführungsgeschichte von Bizets "L’Arlésienne". Die passt auch hier hinein. Rodolfo hat das Übersetzungsproblem angesprochen. Da kann man schon bis Max Brod und Werfel zurückgehen. Ihre Bearbeitungen hatten keinen Bestand. In Leipzig wurde das Libretto des "Rienzi" umgeschrieben, um es dem Zeitgeist anzupassen. Auf den Laufbändern in den Opernhäusern werden Texte in der Übersetzung oft der Inszenierung angepasst, während die Sänger das Original vortragen. Im Schauspiel ist es inzwischen gang und gäbe, die Werke zu verhackstücken und collagenhaft miteinander zu verbinden. Shakespeare wird mit Zeitungsartikeln aufgepeppt, wie ich es selbst erlebte. Im Radio hörte ich mit O-Ton von einem Shakespearschen „Otello", wo jemand sagte: "Hey, hast du Otello gesehen? " Antwort: "Nö, ruf ihn doch an. Hast kein Handy bei."


    Ich halte solche Versuche für opportunistisch. Die Oper und das Schauspiel sind dadurch nicht zu retten, wenn es denn schon so weit sein sollte. Es braucht Bildung, um die Stücke zu verstehen. Nichts anderes. Wenn ich in eine Galerie gehe, sollte ich auch einiges wissen, um Gemälde entschlüsseln und verstehen zu können. So ist es auch in der Oper. Eine gute und phantasievolle Inszenierung kann dabei hilfreich sein. Nach meiner Beobachtung werden Stücke aber ehr überfrachtet denn in ihrer Struktur und Sinnhaftigkeit offengelegt. Das "kleine Schwarze" statt der Krönungsrobe ist noch keine Aktualisierung, höchsten alberne Spielerei. Regie ist in meinen Augen wirklich eine große, verantwortungsvolle Kunst. Aktualisierungen und Anpassungen an unsere Alltagserfahrungen um jeden Preis finde ich lässlich und langweilig. Dafür gibt es Zeitungen, Bücher, das Radio, die Tagesschau und Talkrunden. Oder ZIP2, die ich bevorzuge, weil dort auch Dinge berichtet werden, die deutsche Sender gern weglassen. Das alles gab es zur Zeit von Mozart, Verdi oder Wagner nicht. Als ganz gut informierter Zeitgenosse muss ich beispielsweise das Flüchtlingsdrama und den Terror nicht auch noch auf der Opernbühne sehen. Das bringt in meinen Augen nichts. Es reicht mir, wenn ich die Terroristen täglich auf dem Bildschirm ertragen muss. Schließlich sitzen in der Regel auch nicht diejenigen im Theater, die den politischen Nachhilfeunterricht bräuchten und dringend nötig hätten. Ich gehe davon aus, dass die meisten ohnehin gut Bescheid wissen.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Schließlich sitzen in der Regel auch nicht diejenigen im Theater, die den politischen Nachhilfeunterricht bräuchten und dringend nötig hätten. Ich gehe davon aus, dass die meisten ohnehin gut Bescheid wissen.


    Bescheid wissen allein reicht nun allerdings nicht aus. Und die These, dass Operngänger keinen politischen Nachhilfeunterricht benötigten, wird - leider - durch so manche Äußerung hier im Forum widerlegt. Wobei ich da wenig Hoffnung habe, dass der Unterricht etwas nützen würde.


    Ich bin der Meinung, dass die Herstellung aktueller Bezüge bei Opernaufführungen sinnvoll ist. Was nicht notwendig eine Banalisierung oder eine "Abholung" auf niedrigstem Bildungsniveau bedeuten muss, die lehne auch ich ab. Ansonsten sollte Oper, wie Theater allgemein, das Publikum zu geistiger Aktivität anregen, sollte es fordern, gerne auch herausfordern und sich einer bequemen Konsumhaltung verweigern.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Ich bitte um Nachsicht, wenn ich dieses Tempo der Beiträge nicht lückenlos verfolge. Man ist ja nebenher auch noch Mensch usw... Ich habe also nicht alles genau gelesen, will aber, was ich mitbekommen habe, mit meinen eigenen Gedanken ergänzen.
    Es geht ja um den Operntexte, die Komponisten zur Komposition angeregt und (manchmal) sogar inspiriert haben. Im Idealfall ist das Ergebnis große dramatische Vokalmusik, bei der Text und Musik eine Einheit bilden. Diese Einheit ist schon gefährdet, wenn der Text in eine andere Sprache, z.B. in die jeweilige Landessprache, übersetzt wird. Warum?
    Die Übersetzung hat einen anderen Klang, einen anderen Rhythmus, passt also nicht so genau zur Musik wie das Original. Übersetzungen haben zwar ihre eigene Berechtigung (größere Vertrautheit usw.), aber dieses Defizit können sie nicht ganz ausgleichen.
    Um wieviel größer wird aber die Kluft zwischen Text und Musik, wenn der veränderte Text eine ganz andere Geschichte erzählt?! Es kann nicht zu einer völligen Kongruenz kommen, sondern es bleiben Reibungsflächen - nach dem Motto "Reim dich, oder ich fress dich!" Kurzum: Wir hören nicht mehr das Stück der Autoren, sondern ein anderes - allenfalls eine Variation über...
    Wenn eine Oper einen neuen Text bekommt, dann ist es nicht mehr diese Oper, sondern müsste gekennzeichnet sein mit einem Untertitel oder einem Gattungsvermerk wie "frei nach Verdi" oder "nach Motiven von Mozart". Alles andere wäre in meinen Augen (und Ohren!) Etikettenschwindel und Falschmünzerei.
    So viel für heute von Sixtus

  • Zitat

    Zitat von Sixtus: Die Übersetzung hat einen anderen Klang, einen anderen Rhythmus, passt also nicht so genau zur Musik wie das Original. Übersetzungen haben zwar ihre eigene Berechtigung (größere Vertrautheit usw.), aber dieses Defizit können sie nicht ganz ausgleichen.

    Lieber Sixtus,


    das habe ich auch schon immer festgestellt und deshalb auch immer für die Originalsprache plädiert. Besonders störend macht sich das in den italienischen und französischen Opern bemerkbar, die von sich aus schon weit klangvoller sind als vieles im Deutschen.
    Ich stelle das häufig an folgendem Beispiel klar:
    Bella figlia dell'amore
    und die deutsche Übersetzung : Holdes Mädchen sieh' mein Leiden.
    Welch ein Unterschied!
    Manche deutsche Übersetzungen habe aber auch den Sinn teilweise verändert. Heute, wo durch Über- oder Untertitel eine wörtliche Übersetzung möglich wäre, stelle ich häufig auch fest, dass dies nicht der Fall ist und etwas Anderes ausgesagt wird.
    Es gibt auch Fälle, wo man den Text in den Über- oder Untertiteln bewusst an die vom Regisseur gefälschte Handlung anpasst und damit schon einen neuen sinnverändernden Text geschaffen hat


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Den Artikel habe ich auch gelesen. Klar, wie er hier aufgenommen wird. Leider ist des den RT-Gegnern nicht möglich, mal über ihren Schatten zu springen die Fxierung auf das Thema Oper mal einen Moment zu vergessen. Was Bieito etc. da nämlich amchen, ist nämlich Bereich Instrumentalmusik längst üblich. Die quasi religiöse Verehrung von "Werken" stammt aus der Romantik. Die Romantiker hatten dabei allerdings wirklich erhabene Werke im Blick wie Dürer, Michelangelo, Beethoven usw. Es haben aber nun mal nicht alle "Werke" diese erhabene Qualität, wozu eben auch eine ganze Reihe von Opern gehören. Was also tun, wenn das Libretto ein Machwerk und die Musik grandios ist? Was ist mit den obsoleten Ideologien vergangener Zeiten, die heute einfach kein Mensch mehr erträgt? Muss man denen auch den Heiligenschein des Unantastbaren verleihen, nur weil Werke Werke sind und als solche wie Heiligtümer zu verehren sind?


    Heilsam wäre hier ein Blick auf die Instrumentalmusik: Der Kitsch, der Bombast, der Ende des 19. Jhd. bei Komponisten so beliebte Apotheosendonner wirkt auf den heutigen Hörer nur peinlich und hohl. Was machen Dirigenten? Die Werke werden "entschlackt", ein Kitschthema (einer dramatischen Person in einem Theaterstück vergleichbar) bekommt eine ganz neue Gestalt, so dass es überhaupt anhörbar ist. Man bemüht sich also, dem Werk durch die Art der Interpretation und Aufführung zu einem besseren Ansehen zu verhelfen, es also zu "verbessern" statt zu sagen: Das Geschriebene, sei es nun so hohl-kitschig wie es will, ist heilig.


    Schöne Grüße
    Holger

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  • Lieber Holger, diesmal kann ich Dir nicht so folgen wie sonst. Wer entscheidet eigentlich, was ein Machwerk mit grandioser Musik ist und was nicht? Ist Mozarts "Tito" so ein Beispiel? Ich erinnere mich an eine Inszenierung von Ruth Berghaus, die das Stück völlig plausibel und ohne Änderung auf die Bühne brachte. Da braucht es eben viel Phantasie und Können. Ich sehe vor allem die Regisseure gefragt und in der Verantwortung - und nicht die Umdichter. Wenn sie mit einem Stück nichts anfangen können, sollten sie die Hände davon lassen. Dann findet sich einer, der es vielleicht kann. Mir ist es zu einfach, die Stücke so lange zu bearbeiten, bis es jeder versteht. Das Theater von heute bietet unendlich viele Möglichkeiten, die Umarbeitung des Originals wäre für mich die letzte. Auch deshalb, weil ich mich an Zeiten erinnere, in denen derlei Eingriffe nicht nur aus künstlerischen Erwägungen geschehen sind.


    Neulich habe ich hier in Berlin eine Ausstellung über die Geschichte des Kolonialismus besucht. Sehr anspruchsvoll. Überall hingen neben den gängigen Erläuterungen auch Texte in - ich sage es salopp - Eh-Alter-was-guckst-Du-Deutsch. Meine Nachfrage wurde dahingehend beantwortet, dass man auch Besuchern mit eingeschränkter Bildung die Ausstellungen verständlich machen wolle. Ist das die Lösung? Ist es nicht sinnvoller, die Menschen erst zu bilden - und nicht den Gegenstand von Ausstellungen an deren beschiedenes Wissen anzupassen? Kunst aller Art ist anstrengend und sollte es bleiben.


    Wenn ich in Paris bin, besuche ich immer das Musée d'Orsay. Dort sind "Machwerke" mit grandioser Kunst eng beisammen. Ich bin davon überzeugt, dass die Besucher - mich eingeschlossen - deshalb kommen. Wir wüssten ja nicht, was wirklich gut und revolutionär ist, wenn wir die Gegenstücke nicht kennten. Ich finde Meisterwerke am laufenden Band unerträglich.


    Und nun nenne mir bitte eine Instrumentalwerk, bei dem Dirigenten den "Apotheosendonner" entschlacken? In den Konzerten, die ich besuche, rumst es immer ganz schön. Ich sehe eine starke Hinwendung zu Schostakowitsch und Mahler. Und Werke vom Rand, auf die vielleicht am ehesten zutrifft, was Du meinst, vermisse ich auf den Programmen.


    Auf meinem Tisch liegt die Kassette mit den frühen Erzählungen aus der aktuellen Thomas-Mann-Gesammtausgabe von S.Fischer. Mit 600 Seiten ist der Kommentarband genau so umfänglich wie der Erzählungsband. Eine sehr aufwändige Arbeit, die ich zu schätzen weiß. Wäre es nicht auch denkbar, die originalen Texte so zu bearbeiten, dass keine erklärenden Kommentare mehr nötig wären?

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Es ist hier schon ganz schön spannend und verspricht es auch zu bleiben. Das trifft sich gut. Dann muss ich kein schlechtes Gewissen haben, wenn ich mich jetzt für drei Tage in den privaten Online-Status zurückziehe. Ich komme dann hoffentlich gut erholt zurück.
    Bei der Lektüre der letzten Beiträge ist mir zweierlei aufgefallen:
    - Ich habe keine Probleme mit einer Aneinanderreihung von Meisterwerken in einem Museum. Aber da ist eben jeder etwas anders gestrickt.
    - Wenn ich mir vorstelle, dass ich die Bieito-Traviata vorgesetzt bekomme, eine Gauner(innen)komödie mit Verdis Musik der tragischen kranken Violetta, kann ich mich einer Gänsehaut nicht erwehren. Und da, finde ich, hört der Spaß auf. Zumindest sollte dann das Stück nicht mehr ausschließlich mit Verdi firmieren, damit man nicht in die Falle läuft.


    Also bis bald!
    Herzliche Grüße von Sixtus

  • Kunst aller Art ist anstrengend und sollte es bleiben.

    Ja und nein, lieber Rheingold.
    Kunst, so es Kunst auch tatsächlich ist, kann entspannend und emotional beglückend wirken, vor allem im Theater und natürlich auch bei Konzerten.
    Da gehört solch ein Machwerk aber ganz sicher nicht dazu:

    die Bieito-Traviata, eine Gauner(innen)komödie mit Verdis Musik der tragischen kranken Violetta, kann ich mich einer Gänsehaut nicht erwehren.
    Und da, finde ich, hört der Spaß auf.

    Herzliche Grüße
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Zum Beitrag 20 weigere ich mich, direkt zu zitieren. Wenn dem Verfasser der "Apotheosendonner" nicht gefällt, dann haben alle Jajaja zu sagen. Wenn nicht gehört man zu den Ungebildeten. Ich mag den "Apotheosendonner", wie sonst sollte mir Richard Strauss, Gustav Mahler oder Anton Bruckner zusagen? Wobei der Begriff Apotheose in der Musik keine eigentlich Definition besitzt, sondern Anwendung im Vergleich mit "Göttlichem" findet, als Verklärung, Verherrlichung und eigentlich aus der Antike stammt, dem Altgriechischen, und seine erste Anwendung aus der griechischen Tragödie kommt.


    Derartige in der Musik als Apotheose zu definierende Crescendos bis ins fff dann als Kitsch zu bezeichnen, weil sie dem ach so gelehrten Herrn Verfasser nicht mehr zeitgemäß erscheinen, damit hat er einmal mehr gezeigt, daß er seine Meinung als "göttlich" oder unantastbar hält. Die Grenze zur Diktatur ist da nicht meht weit, nicht zur politischen Diktatur, aber zur künstlerischen.


    Ein Trost ist es mir, daß der Verfasser auch in anderen Threads (nicht nur bei Opern) Zunder bekommt, man ihm auch bei Chopin Arroganz vorwirft, und auch Leute ihm widersprechen, von denen ich das nicht geglaubt hätte.


    Herzlichst La Roche


    Im Nachhinein habe ich gerade gesehen, daß dieser Beitrag meine Nr. 1848 ist. Eine besondere Jahreszahl!!

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Zit.: "auch Leute ihm widersprechen, von denen ich das nicht geglaubt hätte. "


    Falls Du, lieber La Roche, damit mich gemeint haben solltest, so ist das verständlich - dieses "Nicht-geglaubt-Haben". Denn Du kannst nicht wissen, wie viele Kommentare ich schon zu der Art und Weise verfasst habe, wie hier von einem bestimmten Mitglied dieses Forums argumentativ und diskursiv mit anderen Mitgliedern umgegangen wird. Der letzte bezog sich übrigens auf die Sache mit Hans-Georg Gadamer. Ich habe bislang alle meine Stellungnahmen dazu nicht hier ins Forum eingebracht, sondern wieder gelöscht, weil ich mir keine Wirkung davon verspreche. Der Groll freilich und die Empörung über schlechterdings ungehöriges Verhalten sind geblieben.


    Meinen Beitrag im Chopin-Thread, den Du wohl im Auge hattest, überschrieb ich ganz bewusst mit dem Titel "Klassische Musik - nur für die Gebildeten unter ihren Hörern?". Ich bin mir nämlich - als langjähriger intensiver Leser dessen, was sich in diesem Forum ereignet - ziemlich sicher, dass es einen inzwischen tiefen Dissens unter den Mitgliedern hinsichtlich all der Fragen gibt, die sich auf die Rezeption von klassischer Musik und den diskursiven Umgang damit beziehen. Symptomatisch dafür ist der hier schon mehrfach von einigen wenigen Mitgliedern erhobene Vorwurf, es gebe bei einer anderen Gruppe eine tief sitzende Abneigung, ja Abwehrhaltung gegen einen intellektuell-reflexiven Diskurs über Musik. Dabei wird nicht gesehen, dass es dergleichen in diesem Forum nicht an sich gab, sondern dass diese Abwehrhaltung regelrecht erzeugt wurde durch das geradezu arrogante Reklamieren eines derartigen Diskurses und eine Diffamierung all derer, die nicht einsehen wollen, dass zum Beispiel die Einbeziehung musiktheoretischer - und historischer Kenntnisse und rezeptionsästhetischer Kategorien die notwendige Bedingung für den Erfolg eines solches Diskurses sein soll. Ihnen wird, wenn sie argumentativ dagegenhalten, dann sofort "Apotheose des Dilettantismus" vorgeworfen.


    (Ich bitte um Entschuldigung dafür, dass ich vom Thema dieses Threads abgewichen bin.)


  • :jubel::hail::jubel::hail::jubel:

    Gott achtet mich, wenn ich arbeite, aber er liebt mich, wenn ich singe (Tagore)

  • Lieber Helmut Hofmann,
    erlaube, dass ich Dir ganz herzlich zu Deinem unaufgeregten, sachlichen Beitrag gratuliere!
    Deine Argumentation wird durch das Faktum gestützt, dass seit meinem Forumsbeitritt praktisch alle Streitigkeiten und Threadschliessungen im Zusammenhang mit diesem einen
    Mitglied standen. Des Weiteren hast Du leider recht, das eine Wirkung nicht erzielt werden kann.
    Deutlicher zu werden erübrigt sich: Sapienti sat est!

  • Danke, lieber Helmut,


    Deine Waffe ist mehr die spitze Nadel, ich greife da zum Säbel. Ich geb zu, Deine Art des Widerspruches ist eleganter, aber um so wirkungsvoller.


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Symptomatisch dafür ist der hier schon mehrfach von einigen wenigen Mitgliedern erhobene Vorwurf, es gebe bei einer anderen Gruppe eine tief sitzende Abneigung, ja Abwehrhaltung gegen einen intellektuell-reflexiven Diskurs über Musik. Dabei wird nicht gesehen, dass es dergleichen in diesem Forum nicht an sich gab, sondern dass diese Abwehrhaltung regelrecht erzeugt wurde durch das geradezu arrogante Reklamieren eines derartigen Diskurses und eine Diffamierung all derer, die nicht einsehen wollen, dass zum Beispiel die Einbeziehung musiktheoretischer - und historischer Kenntnisse und rezeptionsästhetischer Kategorien die notwendige Bedingung für den Erfolg eines solches Diskurses sein soll.


    Machst Du es Dir da nicht zu einfach, lieber Helmut? Ich habe zwar die Anfänge des von Dir beschriebenen Dissenses nicht miterlebt (die Gnade des späten Foreneintritts), aber anhand der vielen Streitereien, die ich dann verfolgen konnte und musste, bestehen bei mir doch erhebliche Zweifel an der Wahrheit dieser Schuldzuweisung. Könnte es nicht auch sein, dass das vielleicht manchmal etwas übertriebene Reklamieren eines intellektuell-reflexiven Diskurses über Musik eine Reaktion auf die penetrante Verweigerung eines solchen Diskurses ist? Und könnte die Verweigerung eines solchen Diskurses nicht auch damit zusammenhängen, dass hier kaum jemand Holger Kaletha intellektuell ebenbürtig ist und dann gerne mangels besserer Argumente auf eine andere Ebene ausgewichen wird, nämlich die der persönlichen Diffamierung und eines tumben Anti-Intellektualismus? (Womit ich, Gott behüte, nicht Dich meine.)

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Kunst, so es Kunst auch tatsächlich ist,

    Passend dazu fällt mir ein Erlebnis von vor einigen Jahren ein:
    Wir haben da mal in Halberstadt eine Ausstellung eines "modernen Künstlers" besucht. Dieser hat, ich sage es mal bewußt etwas salopp und überspitzt,
    ein paar von einem Schrottplatz gefundene Metallteile zusammengeschweißt oder geschraubt, und das war oder sollte dann die Kunst sein.
    Es lag auch ein Gästebuch aus, wo Besucher ihre Meinung kund tun konnten. Da haben wir mal reingeschaut und einiges nachgelesen.
    Interessant dabei war, da äußerten sich manche wortreich und überschwenglich, die unbedingt ihre zur Schau getragene Intelligenz beweisen mußten
    (solche Leute soll es ja nicht nur bei Ausstellungen geben),
    wie toll das alles ist, sie hätten den Künstler (und seine meist undefinierbaren Gebilde) verstanden.
    Einer dagegen, natürlich ein minderbemittelter Kunst - und Kulturbanause", brachte das Ganze kurz und bündig auf den wohl wahren Punkt -
    er schrieb in das Buch: "Das ist alles Rotz"!


    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

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