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Ich denke, dass es mir nicht alleine so geht, wenn ich sage, dass ich bei jeder Aufführung des Figaro Cherubino tatsächlich am meisten beobachte.
Ich kenne auch keine andere Rolle, bei der der Regisseur durch die Darstellung so immens viel verändern kann!
Ja, ich weiß, Hosenrolle 1, dass du kein Freund von "Verfremdung" bist, aber ich lasse mich da wirklich gerne überraschen, welche Art Cherubino mich diesmal erwartet...
so beispielsweise, wenn er während des "Huldigungschores" im ersten Akt nicht etwa verschüchtert in der Ecke stehen bleibt- wie Cherubino das j
Übrigens hatte ich beim ersten Ansehen dieser Inszenierung bei der Verkleidungsszene ein Erlebnis, dass exakt zum Thema dieser Gratwanderung Cherubinos zwischen männlich und weiblich passt: Erinnerst du dich an die Szene ganz zu Beginn von Susannas Arie? Sie ist genervt, weil Cherubino nicht auf sie hört und immer wieder nach der Gräfin schielt. Schließlich nimmt sie die Haube und zieht sie ihm vehement über den Kopf und bedeckt dabei sein Gesicht. Cherubino schiebt die Haube nach oben und zum Vorschein kommt ein wirklich bildschönes Mädchengesicht! Einfach, weil die barockmäßigen Locken verschwunden sind und sich die Haare aus dem Band am Nacken gelöst haben und nun ein Stück weit über die Schultern fallen...
In diesem Moment dachte ich nur: Wow, sie gibt einen hübschen Jungen ab, ist aber ein noch viel hübscheres Mädchen...
Außerdem muss er ein Mezzosopran sein, um den Gänsehautfaktor beim Abendsegen zu garantieren![]()
Ach ja, bei der genannten Inszenierung mit Marina Comperato war ich beider berüchtigten Gartenszene am Schluss auf das Schlimmste gefasst! Wenn Cherubino schon vor Publikum Susanna einen beherzten Klaps auf den Hintern versetzt, was mag er dann nur anstellen, wenn er mit ihr im Dunkeln alleine ist...?Die blieb dann aber wirklich sehr zahm und beschränkte sich auf das übliche "Hasch mich"-Spielchen, was Cherubino ja in dieser Szene standardmäßig abspielt...
Mir kam da übrigens gestern noch eine neue Idee was Cherubinos Verhalten im Garten angeht: Ob es ihn vielleicht schlicht und ergreifend anstachelt, dass "Susanna" sich so wenig wehrt? Die "echte" Susanna hätte ihm vermutlich irgendwann eine gescheppert, ungeachtet des Standesunterschiedes...
Und Situationen dieser Art hat Mozart eventuell aus eigener Erfahrung gekannt...Er soll ja, was Frauen angeht, kein Kind von Traurigkeit gewesen sein. Ich erinnere mich, einmal folgendes Zitat von ihm gelesen zu haben:" Wenn ich jede Frau, mit der ich einmal gescherzet habe, hätte heiraten müssen, so hätte ich bestimmt an die zweihundert Ehefrauen."
Denn es gibt ja- die "Sprache der Musik, die du gestern erwähnt hast außen vor gelassen- durchaus Musik, die in den Grundzügen von jedem ähnlich empfunden wird. Wenn beispielsweise Wagners Siegfried im Wald sein Horn spielt und der Lindwurm sich im Orchester zu regen beginnt. Siegfried hat ihn noch nicht bemerkt und er fürchtet sich ja auch nicht. Aber die Musik sagt ganz deutlich: Gefahr!!! Da nähert sich etwas!
Und Hänsel ist kein Mezzo?!?Ich habe mehrere Aufnahmen und bin der Meinung, Hänsel wird immer von einem Mezzo gesungen...Ich schaue gleich mal nach, kann mich ja auch irren.
Das geht mir beispielsweise bei einer Inszenierung der Komischen Oper Berlin so, mit Patricia Risley als Cherubino.
Es gibt gleich zwei Studio-Einspielungen mit Elisabeth Grümmer als Hänsel, und die war definitiv kein Mezzosopran!Und Hänsel ist kein Mezzo?!?Ich habe mehrere Aufnahmen und bin der Meinung, Hänsel wird immer von einem Mezzo gesungen...Ich schaue gleich mal nach, kann mich ja auch irren.
Zitat
Er nimmt ihre Hand und streichelt sie.
Hält immer noch ihre Hand
Die Gräfin versucht ihre Stimme zu verstellen
Der Page will die Gräfin küssen, der Graf kommt dazwischen und bekommt den Kuss.
Zitat
Cherubino: Und warum darf ich nicht tun was der Graf jederzeit tut?
Die Äußerung reflektiert die patriachale Dividende - oder, anders formuliert, die Partizipation an dem aus Cherubinos Sicht hegemonialen Männlichkeitsentwurf des Grafen trotz des Fehlens der dafür erforderlichen Voraussetzungen (soziale Reputation, körperliche Stärke, Entschlossenheit, Dynamik). Dies wird nur dadurch möglich, dass Cherubino unter Berufung auf das gleiche Geschlecht eine Parallele zum Grafen herzustellen bemüht ist und aus dieser Erkenntnis heraus einen entsprechenden Anspruch Recht ableiten will. Die Berufung auf das (männliche) Geschlecht zur Herleitung sexueller Desiderate gegenüber einer Frau - Cherubino verlangt von der als Susanna verkleideten Gräfin einen Kuss - weist in einzelnen Bereichen eine Nähe zu dem von Holter beschriebenen Theorieansatz der "direkten Geschlechtshierarchie" auf.
Allerdings ist der bei Holter beschriebene Zusammenhang von Machtausübung und männlichem Dominanzverhalten im Beispiel Cherubinos allenfalls zart angedeutet und zeigt die Grenzen der Anwendbarkeit dieses Theorieansatzes auf eine Figur wie Cherubino auf. Die Tatsache der Artikulation sozialer (und amouröser) Ambitionen lässt einen Vergleich zu Leporellos Forderung: "Voglio far il gentiluomo, e non voglio piú servir" zu, wobei der wesentliche Unterschied zwischen beiden Dienerfiguren darin besteht, dass Cherubino eine Frage - und keine Forderung - formuliert. Seine Äußerung ist daher eher als Ausdruck seiner Verständnislosigkeit denn als Berufung auf Mechanismen männlichkeitsinhärenter Dominanzansprüche zu verstehen, worin sich erneut der effeminierte, konfliktablehnende Habitus des Pagen niederschlägt. (...)
Der Versuch des Pagen, die verkleidete Gräfin tatsächlich zu küssen, stellt innerhalb des Textes die einzige Passage dar, in der sich Cherubino aus seinen amourös-melancholischen Zweifeln löst und im Begriff ist, wirklich zu handeln:
Through his unappeasable appetite the page confuses the Count as well as the Countess and Susanna. In this way he imitates his master´s game; and because Almaviva recognizes himself in the youn man´s behaviour, he is almost powerless to punish him efficiently.
Zusammenfassend weist Mozart/Da Pontes Text Le Nozze di Figaro verschiedene Männlichkeitsentwürfe auf, die skalenhaft die Positionen von dominant-maskulin bis hin zu effeminiert-maskulin besetzen. Während die Männlichkeitsentwürfe des Grafen und Figaros - der männlichen Figuren der mittleren Generation - vor allem die Überblendung amouröser, sozialer und machtpolitischer Gesichtspunkte offenlegen, lässt sich Cherubino nicht ohne Weiteres einer dieser Kategorien zuordnen. Der durch zahlreiche Attribute der Androgynität gekennzeichnete Cherubino steht ganz im Zeichen des ungebändigten Eros; seine physische Interimsstellung zwischen Jugend und Erwachsenheit korrespondiert mit seiner psychischen Verwirrung, die aus der Unbeherrschbarkeit der amourösen Triebe resultiert.
Voilà, ich hätte hier gleich drei Hänsel im Sortiment: Brigitte Fassbänder (Mezzo), Je nifer Larmore (Mezzo) und Liliana Nikiteanu ((Mezzo)...
ch habe mehrere Aufnahmen
Zitat
Die Tatsache der Artikulation sozialer (und amouröser) Ambitionen lässt einen Vergleich zu Leporellos Forderung: "Voglio far il gentiluomo, e non voglio piú servir" zu, wobei der wesentliche Unterschied zwischen beiden Dienerfiguren darin besteht, dass Cherubino eine Frage - und keine Forderung - formuliert. Seine Äußerung ist daher eher als Ausdruck seiner Verständnislosigkeit denn als Berufung auf Mechanismen männlichkeitsinhärenter Dominanzansprüche zu verstehen, worin sich erneut der effeminierte, konfliktablehnende Habitus des Pagen niederschlägt.
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