Rigoletto im Römersteinbruch St. Margarethen am 13. August

  • Wie schon seit ein paar Jahren stand auch heuer der Besuch der Opernfestspiele St. Margarethen auf unserem Sommerprogramm. Während die Vorstellungen der letzten Jahre einen durchweg positiven Eindruck hinterließen, war die diesjährige Aufführung leider aus meiner Sicht ein kompletter Reinfall:


    Es ist klar, dass an eine Freiluftaufführung bezüglich der musikalischen und akustischen Qualität andere Maßstäbe anzulegen sind als an eine Aufführung in einem Theater. Dass es aber um Klassen besser geht als dieses Jahr, beweisen anderen Open-Air-Festivals (z.B. das benachbarte Mörbisch) und auch die eigene jüngere Geschichte von St. Margarethen. In der besuchten Vorstellung klappte akustisch fast nichts, so dass es schwer fällt einzuschätzen, welchen Anteil die Stimme und welchen die schlechte Wiedergabe an dem akustischen Eindruck hatte. Insofern die nachfolgenden Eindrücke mit Vorbehalt:
    Die räumliche Ortbarkeit der Stimmen war schlichtweg nicht vorhanden, einzelne Stimmen waren von argen Verzerrungen und unschönen Flatterechos verzerrt. Besonders gelitten hat dabei der Darsteller des Rigoletto (Davide Damiani). Seine Stimme hatte jeglichen Kern verloren und und klang ausgefranst. Zudem machten ihm einige der exponierten hohen Töne spür- und hörbar zu schaffen. Anteilnahme vermochte er mit seinem Gesang bei mir nicht zu erregen. Etwas besser kamen die Stimmen der Gilda (Tatiana Larina) und der Herzogs (Arthur Espiritu) über die akustische Rampe. Larina‘s Stimme ist eher dunkel timbriert; sie meisterte ihre Partie sehr achtbar und bewegend. Der Herzog verfügt über eine höhensichere und durchaus ansprechende Stimme. Die Stimme der Maddalena/Giovanna (Annely Peebo) litt unter ähnlichen akustischen Ausfällen wie Rigoletto. Positiv hervorzuheben noch der Sparafucile des Luke Stoker, ein junger australischer Sänger mit einer schönen und volltönenden Bassstimme. Das Sinfonie-Orchester des Slowakischen Rundfunks wurde von Daniel Hoyem-Cavazza eher routiniert als inspiriert geleitet. Zusätzlich störend war, dass alle Stimmen generell im Dauerforte erklangen (entweder so gesungen oder aber so verstärkt).


    Auch bei der Inszenierung wollte man anscheinend mit den letzten Jahren (Robert Dornhelm mit La boheme, Aida, Tosca) brechen und neue Wege gehen. Philippe Arlaud zeichnet für Regie, Bühne und Licht verantwortlich. Die Kostüme entwarf Andrea Uhmann. Dabei herausgekommen ist eine unansehnliche, langweilige und beliebige Inszenierung, die mit der Größe der Freilichtbühne und den damit verbundenen Möglichkeiten hoffnungslos überfordert war. Das linke Drittel der Bühne wird von einem riesigen Gestell aus drei übereinander gestapelten Pentagondodekaedern dominiert, an dem im 1. Akt ein großer Findling hochgezogen wird, der dann bis zur Schlussszene dort hängt. Dieser Stein symbolisiert den Fluch Monterones… aha. Ansonsten gibt es nur ein Einheitsbühnenbild aus zwei hohen Betontürmen, zwischen denen eine endlose, natürlich rote Treppe hinunter auf die Bühne führt, und ein paar Tische und Stühle als Requisiten. Dazu die unvermeidlichen Video-Installationen: einige durchaus eindrucksvoll (wenn z.B. bei Rigoletto‘s Racheschwur ein Flammenmeer die Felswände im Hintergrund überzieht), andere eher nervig wie z.B. die Pseudosternbilder oder die Pentagondodekaeder, die über weite Strecken den Hintergrund dominieren oder die permanenten Verfremdungen von Gilda‘s Gesicht während ihres Duettes mit dem Vater. Alle „Bösen“ des Stücks (Herzog und sein gesamter Hofstaat) waren einheitlich in rote Kostüme gekleidet. Gilda trägt weiß, Rigoletto eine Art schwarzer Livree, mit einer zusätzlichen roten Halskrause, wenn er im Dienst ist.


    Dies ist natürlich mein subjektiver Eindruck; die meisten Pressekritiken überschlagen sich in Lobpreisungen und sprechen von einem fesselnden Psychodrama, dass Arlaud dort auf die Bühne gewuchtet habe…


    Wer sich selbst einen kleinen Eindruck verschaffen möchte:


    Die Festspiele für 2018 (Il trovatore) sind wegen finanzieller Querelen zwischen Veranstalter und Landesregierung des Burgenlandes abgesagt. Auf Grund des diesjährigen Erlebnisses hält sich mein Bedauern dafür in Grenzen… leider.

    ... in diesem Sinne beste Grüße von orsini


    „Das Denken ist zwar allen Menschen erlaubt, aber vielen bleibt es erspart.“
    Curt Goetz

  • Wie schon seit ein paar Jahren stand auch heuer der Besuch der Opernfestspiele St. Margarethen auf unserem Sommerprogramm. Während die Vorstellungen der letzten Jahre einen durchweg positiven Eindruck hinterließen, war die diesjährige Aufführung leider aus meiner Sicht ein kompletter Reinfall:


    Dies ist natürlich mein subjektiver Eindruck; die meisten Pressekritiken überschlagen sich in Lobpreisungen und sprechen von einem fesselnden Psychodrama, dass Arlaud dort auf die Bühne gewuchtet habe…

    Hallo, Orsini
    Vielen Dank für Deinen interessanten und ausführlichen Bericht. Selbstverständlich, und da spricht nichts dagegen, ist es Deine subjektive Meinung und Ansicht.
    Das ist völlig normal und Du hast Deine Eindrücke sehr gut anschaulich und nachvollziehbar beschrieben.
    Danke auch für das Video. Wenn auch nur kurz, hat es doch einen kleinen Eindruck vermittelt. Aus dem wenigen Hörbaren, klangen die Stimmen eigentlich ganz gut.
    Aber man muß das natürlich ganz erleben, um das beurteilen zu können. Die Inszenierung, mit Bühnenbild und Kostümen, wäre bestimmt nicht "meins" gewesen.
    Da bin ich froh, im Liberecer /Reichenberger Theater doch einen für mich rundum beglückenden RIGOLETTO erleben zu dürfen.
    Besonders interessant war das Einfangen der Stimmen mit der Meinung einiger Zuschauer. Und das waren natürlich alles nur positive Äußerungen.
    Das ist aber der Trend der Zeit - was nicht paßt, wie gewünscht, erwartet und vorgegeben, wird passend gemacht und in die gewünschte Richtung gesteuert und manipuliert.
    So erlebt man es doch auch täglich in der Nachrichten Politik mit ihren willfährigen, hörigen Medien in Presse und TV. Kritik darf es nicht, oder nur als Randerscheinung geben.
    Es werden ein paar Gutmenschen präsentiert, die der vorgegebenen Richtung und Personen zujubeln und das wird als "Stimme des Volkes" verkauft.
    Hatten wir alles schon und kennen es zur Genüge. Es hat sich nichts geändert - ein neuer Hund, das alte Halsband!
    Nochmals danke, für Deinen interessanten Bericht.


    Zitat Alfred:
    Aber der Markt regelt auch, wenn die Klassikhörer draufkommen, daß sie manipulierten Kritiken aufgesessen sind.
    Wer die politische Szene beobachtet, der wird bemerken, daß alte MAchtstrukturen auseinanderfallen und die "Mächtigen" diesem Prozess "machtlos" gegenüberstehen. So ähnlich wird es auch mit der Klassikszene sein.....


    In der Hoffnung und dem Wunsch, daß es so kommt...
    Herzlichst
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • hallo Chrissy,


    besten Dank...


    Zitat

    Aus dem wenigen Hörbaren, klangen die Stimmen eigentlich ganz gut.


    Ich denke, da kommen mehrere Faktoren zusammen: es gibt für alle Rollen mindestens zwei alternierende Besetzungen, die Tagesverfassung der jeweiligen Sänger spielt eine nicht unerhebliche Rolle. Zudem nehme ich an, dass für den Ton des Videos die Signale direkt von den Mikrofonen abgenommen werden, ohne über die Anlage zu gehen, die für die Beschallung des "Zuschauerraumes" verantwortlich ist. Deshalb auch meine Einschränkung, dasss mein Höreindruck nur auf der sehr verzerrten Wiedergabe vor Ort beruhte.


    Dass mit den nur positiven Äußerungen der Zuschauer im Video würde ich persönlich nicht überbewerten. Es ist halt ein Werbevideo des Veranstalters. Da kann man nicht erwarten, dass sie freiwillig negative Kritiken verbreiten, um ihr Geschäft schlecht zu machen.
    ... Wäre ich an ihrer Stelle, würde ich es vermutlich ähnlich machen :stumm::untertauch:


    Gruß,
    orsini

    ... in diesem Sinne beste Grüße von orsini


    „Das Denken ist zwar allen Menschen erlaubt, aber vielen bleibt es erspart.“
    Curt Goetz

  • Das ist aber der Trend der Zeit - was nicht paßt, wie gewünscht, erwartet und vorgegeben, wird passend gemacht und in die gewünschte Richtung gesteuert und manipuliert. So erlebt man es doch auch täglich in der Nachrichten Politik mit ihren willfährigen, hörigen Medien in Presse und TV. Kritik darf es nicht, oder nur als Randerscheinung geben. Es werden ein paar Gutmenschen präsentiert, die der vorgegebenen Richtung und Personen zujubeln und das wird als "Stimme des Volkes" verkauft. Hatten wir alles schon und kennen es zur Genüge. Es hat sich nichts geändert - ein neuer Hund, das alte Halsband!


    Ja, genau! Alles Fake News ... ?(

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Zitat

    Besonders interessant war das Einfangen der Stimmen mit der Meinung einiger Zuschauer. Und das waren natürlich alles nur positive Äußerungen.


    Natürlich - Aber die waren natürlich gut ausgewählt
    Zum einen die scheidende Intendantin von Mörbisch, die natürlich nur positives sagte, wobei sie Mörbisch immer wieder erwähnte....
    Wenn ich mir deren Inszenierungen ansehe, hätte sie auch nichts kritisches sagen können: Voll auf Linie


    Eine Besucheren auf die Frage, was hier so besonderes sei in St,. Margarethen:
    "Weils im Freien ist"


    Es wurde die Stiummung erwähnt und das schöne Ambiente - Ein "Event-Publikum" - das keine besonderen Ansprüche stellt.
    Irgend jemand der Befragten sagte ganz richtig: "Es ist hier ein ANDERES Publikum"
    Wichtig ist das schöne Wetter, die herrliche Abendstimmung, ein Glas Wien und viel spektakel auf der Bühne
    Und am wichtigsten ist natürlich das abschliessende Feuerwerk das den Kunstgenuss erst vollkommen macht.....


    Wer ein geschultes Auge - und einen scharfen Blichk für die Schwächen anderer Laute hat, dem wird nicht engangen sein, daß die Leute alle betont "humorvoll" sein wollte, gelchzeitig war ihnen aber die Angst ins Gesicht geschrieben, die könnten etwas Falsches sagen, etwas, daß sie DUMM aussehen lässt..
    Und so kam eine Menge von freundlichen Belanglosigkeiten von Ihnen, die GENAU jenen Eindruck bei mir machten, den sie so krampfhaft zu verhindern versuchten.....



    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !